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Klassisch-traditionsreiche High-End-Marken mit besonderem Nimbus – zu diesem exklusiven Kreis zählt sicherlich auch Krell: Vor fast 40 Jahren von Dan und Rondi D’Agostino gegründet und schlussendlich von einer Investorengruppe übernommen, weisen die Amerikaner eine ereignisreiche Vita auf – insbesondere mit dem Bau gewichtiger Verstärker erwarb man sich über die Jahrzehnte eine fast schon „kultige“ Reputation: Entsprechend markierte eine Class-A-Endstufe – die mit „Studiohenkeln“ bewehrte Krell KSA 100 – dann seinerzeit auch den Startschuss. Das Thema „D/A-Wandler“ hatte man Ende der 80er-Jahre aber ebenfalls nicht verschlafen. Gleichwohl ist der hier zum Test stehende Vanguard Universal DAC „der erste Standalone-DAC von Krell seit über 20 Jahren“, wie der Hersteller (deutscher Vertrieb: www.audio-reference.de) stolz verlautbart.
Sein oder Nichtsein?
Wobei „Standalone-DAC“ im Grunde zu kurz greift: Der Krell Vanguard Universal DAC ist mit einer Ethernet-Schnittstelle ausgerüstet und mithin ein waschechter Streamer/Netzwerkplayer. Das verwendete Streamingmodul sei dabei keine Lösung von der Stange, wie der deutsche Vertrieb betont: Eine besonders hochwertige Clock beziehungsweise hohe Taktpräzision und Störungsarmut standen bei der Entwicklung des Moduls, die in Kooperation mit einem externen Spezialisten erfolgte, vielmehr ganz weit oben im Pflichtenheft.
Dass dem vermeintlich profanen Streamingprozess neben der eigentlichen Wandlung und weiterfolgenden analogen Signalverarbeitung entscheidende Klangrelevanz zukommt, wird häufig noch immer unterschätzt. Den tatsächlichen Stellenwert kann man sich beispielsweise recht eindrucksvoll von hochwertigen Streamingbridges à la Auralic Aries und noch mehr dem SOtM-sMS-200ulta vor Ohren führen lassen.
Ein bisschen zu weit greift das Wörtchen Standalone-DAC aber womöglich auch: Halten viele eine USB-B-Schnittstelle bei einem solchen Gerät mittlerweile für selbstverständlich, glänzt diese bei unserem Probanden durch Abwesenheit. Dafür lassen sich an den Amerikaner via frontseitiger USB-A-Buchse ein Stick oder eine Festplatte anstöpseln, wodurch im heimischen Netzwerk ein „Vanguard Universal DAC Server“ erscheint – ein extra NAS-Server ist also nicht unbedingt vonnöten. Mittels S/PDIF (optisch + elektrisch) oder HDMI lässt sich der Amerikaner aber ebenfalls verkabeln. Last but not least ist dem Krell Vanguard Universal DAC via Bluetooth aptX auch drahtlos beizukommen. Analog werden die Musikdaten dann sowohl per Cinch als auch XLR entlassen, als digitaler Ausgang steht wiederum HDMI zur Verfügung.
Digital + analog
Chipseitig hat sich Krell für den angesagten, highendigen 32-Bit-ESS9018-DAC entschieden, der zwar auch für noch Schnelleres berufen wäre, nichtsdestotrotz im Krell Vanguard Universal DAC bis zu 192 kHz/24 Bit wandelt (Toslink naturgemäß maximal 96 kHz).
Netzwerkseitig ist der Krell Vanguard Universal DAC problemlos mit lokalen UPnP/DLNA-Servern (NAS) kompatibel, bei meinen Versuchen diente ein von meinem SOtM sMS-200ultra etablierter MinimServer als Datenlieferant. Dabei ließ er sich nicht nur mittels der von Krell empfohlenen „mconnect“-App von meinem iPad steuern, sondern auch problemlos via „Bubble“-bewehrtem Android-Tablet – inklusive Lautstärkeregelung. Darüber hinaus ist der Krell für Roon gewappnet (Roon Ready), klinkt sich bei Spotify, Tidal und Deezer ein und taucht auf Befehl in die Untiefen des Internetradios.
Aber der Krell ist ja kein reiner Digitalo, sondern hat auch eine analoge Seele und kann mithin als lautstärkeregelnde Vorstufe dienen: Die diskret aufgebaute Class-A-Schaltungsdomain des Vanguard Universal DAC entspräche, so Krell, jener, die auch in der Vorstufe Krell Illusion 2 (um 7000 Euro) zum Einsatz gelangt. Ich selbst hatte vor knapp vier Jahren das Topmodell Krell Illusion zu Gast, einer der besten Vorverstärker, die mir jemals zu Ohren kamen – extreme Unverfärbtheit und Durchlässigkeit zählen zu seinen Kardinaltugenden. Zur analogen Seelenverwandtschaft zwischen Universal DAC und Illusion 2 passt zudem, dass sich die Energieversorgung des DACs klassisch-audiophil gibt: Statt auf einem Schaltnetzteil fußt diese auf einem gewichtigen Ringkerntrafo.
Wer will, kann die Lautstärkeregelung aber auch deaktivieren – wobei wir dann bei den Menüeinstellungen des Krell Vanguard Universal DAC wären, die sich per zum Lieferumfang gehörendem Metallfernbedienungsklopper, auch zur Selbstverteidigung oder zum Heimwerken geeignet, vornehmen lassen: Regelbar sind unter anderem unterschiedliche Eingangsempfindlichkeiten, der Kontrast des Displays oder dessen Abschaltautomatik (15 bis 129 Sekunden). Softwareupdates sind ebenfalls möglich.
In praxi
Apropos Display: So robust, wertig und schnörkellos-professionell designt der Krell auch daherkommt – ja, irgendwie strahlt der Amerikaner etwas angenehm Seriöses aus –, der zirka 12,5 x 2,25 Zentimeter messende „Anzeigeschlitz“ wäre neben dem fehlenden USB-B-Eingang ein Punkt, der sich in Sachen „Praxistauglichkeit“ bekritteln ließe. Gar nicht mal, weil man sich mit der Fernbedienung eigentlich unmittelbar vors Rack hocken muss, wenn man klaren Auges in den Menüeinstellungen wühlen will – schließlich muss man da eh nur selten ran. Die rechts in die obere Displayzeile gedrängte Laustärkeanzeige ist da schon relevanter: Gereicht sie aus einigen Metern Abstand eher zum Ratespiel, insbesondere, wenn man eher von oben auf das die untere Racketage bevölkernde Gerät hinabsieht.
Krell Vanguard Universal DAC: Hörtest & Vergleiche
Bisweilen überraschen manche Hersteller ja dadurch, dass sie mit in der Vergangenheit gepflegten Klangphilosophien gerne mal brechen: Marantz fällt mir da beispielsweise ein, ein Hersteller, der mittlerweile einige durchaus straight und meiner Meinung nach hervorragend abgestimmte Komponenten im Portfolio hat, wie den kürzlich getesteten PM8006 oder den schon etwas älteren NA 8005. Mit Blick auf die Abstimmung von neuzeitlichen Krell-Komponenten – den seinerzeit in China gefertigten S-300i mal außen vor – habe ich hingegen eine recht klare Erwartungshaltung: Neutrale Abstimmung, gleichwohl tiefreichender Bass, hohe Dynamik und Auflösung.
Aber schließen wir den Krell Vanguard Universal DAC erst einmal an und hören, was er zu solchen Erwartungshaltungen zu sagen hat. Getestet habe ich vorwiegend über LAN, den Server (MinimServer) stellte wie gesagt mein SOtM-sMS-200ultra (mit Netzteilupgrade um 1900 Euro) mittels angestöpselter USB-Festplatte, der zusammen mit dem Krell DAC über ein Lancom-Switch mit dem Netzwerk verbunden ist. Zum Vergleich stehen mein Linnenberg Telemann, ein DiDiT DAC 212SE, mein NuPrime DAC-10H sowie mein „good old“ Electrocompaniet ECD 2 bereit. Im Gegensatz zum Krell allesamt reine DACs, die vom erwähnten SOtM – dann nicht in seiner Funktion als bloßer Server, sondern als audiophiler Renderer/Netzwerkplayer – per USB gefüttert werden.
Vorweg sei der Vollständigkeit halber gesagt: Wer meint, mittels eines mit gutem Mediaplayer bewehrten „normalen“ Rechners plus eines sehr guten USB-DACs klanglich in die Nähe einer solchen Streamer/DAC-Kombination wie dem Vanguard Universal DAC zu kommen, täuscht sich. Selbst mein formidabler, immerhin 4.400 Euro schwerer Linnenberg DAC lässt es im direkten Vergleich zum Vanguard schlieriger, räumlich weniger fokussiert angehen, wird er von meinem klangoptimierten Windowsrechner via USB-B mit Musikdaten versorgt. Was wie oben schon erwähnt deutlich macht, dass es klanglich nicht nur auf den DAC, sondern eben auch auf dessen digitalen Zuspieler ankommt. Und darauf schließen lässt, dass Krell bei der Integration des Streamingmoduls in den Universal DAC tatsächlich audiophile Sorgfalt hat walten lassen.
Aber auch im direkten A/B-Vergleich zwischen einer sich aus NuPrime DAC-10H und SOtM-sMS-200ultra zusammensetzenden Kombi (3.750 Euro insgesamt) und dem Krell Vanguard Universal DAC lassen sich leicht Unterscheide heraushören: Die feinen, sustainreichen, raumfüllenden Beckenklänge in Øystein Sevågs „Hanging Gardens“ (Album: Bridge; auf Amazon anhören) vermittelt der Krell merklich filigraner und offener. So als ob er in Richtung Superhochton noch einige Sprossen mehr auf der Leiter erklimmt, was sicherlich auch ein Scherflein zu seiner etwas höheren „Feinpixeligkeit“ und Geschmeidigkeit beiträgt. Die sich im weiteren Verlauf des Stückes über ein prägnant eingefangenes Sopran-Saxophon, Flöte und Piano aufziehende Bühne mutet schließlich offener und noch etwas größer, ja involvierender an, wenn’s über den Krell DAC geht. Klar, wir haben es hier mit Digitalquellen zu tun, besagte Unterschiede treten mithin nicht so deutlich zutage, wie das etwa beim Vergleich verschiedener Lautsprecher zu erwarten steht, werden aber zumal über gute Anlagen unmittelbar ins Ohr fallen.
Verbanden wir als nächstes den Electrocompaniet ECD 2 mit dem SOtM-sMS-200ultra (zusammen 4.290 Euro). Der SOtM ist aufgrund seiner Variabilität und hochakkuraten, unverfälschten Klangcharakteristik übrigens ein sehr praxisdienliches, unbestechliches und damit sehr hilfreiches Tool nicht zuletzt für Vergleiche wie diesen. Der norwegische ECD 2 (2.390 Euro) hingegen ist zwar nicht mehr der Allerjüngste, aber gerade in Sachen (Fein-)Dynamik und Hochtonoffenheit immer noch voll auf der Höhe und hier preisklassenübergreifend ein guter Vergleichsmaßstab. Unmittelbar gegengehört, bestätigt sich, dass der Krell Vanguard Universal DAC zu den linear bis in allerhöchste Lagen durchzeichnenden Komponenten zählt. Und wenn er die oberen Lagen ebenso frei von Schönfärberei oder besonderem goldenen Schimmer zeichnet wie der Electrocompaniet, empfinde ich den Hochton unseres Probanden als tonal noch stimmiger in den Rest des Geschehens eingebunden und klangfarblich noch etwas organischer: Becken und Hi-Hat in Dysrhythmias „Running Towards The End“ (Album: Test of Submission; auf Amazon anhören) kommen über den Krell prägnant wie sich das nach reiner Lehre gehört, muten aber im Vergleich wie von einer letzten diffusen Note befreit und einen Tick „entgrateter“ an. Dynamisch treffen sich die Electrocompaniet/SOtM-Kombi und der Vanguard Universal DAC auf Augenhöhe und dürfen hüben wie drüben zu den schnellen Vertretern ihrer Zunft gezählt werden. In puncto Basstiefgang würde ich ebenfalls keine Unterschiede herausstellen. Eher schon in Sachen Klangfarben und Räumlichkeit: Die E-Gitarre tönt mit dem Krell Vanguard Universal DAC nicht nur einen Tick substanzieller, sondern erhält auch einen eindeutigeren Fokus, mutet definierter umrissen an. Was ich persönlich übrigens sehr schätze, zieht es einen doch schlichtweg noch ein Stückchen überzeugender in die Aufnahme hinein.
Wuppt man den DiDiT DAC 212SE ins Rack und vernetzt ihn mit dem SOtM-Player (insgesamt 5.900 Euro) schießt einem nach einigen Vergleichshörrunden mit dem Krell ein „eher Geschmackssache“ in den Sinn: In Sachen Klangfarbenreinheit, Differenzierungsvermögen und räumlicher Definition von Instrumenten spielt der vor Kurzem von Benjamin Baum sehr treffend charakterisierte DiDiT auf einem vergleichbar sehr hohen Niveau wie der Krell Vanguard Universal DAC. Nichtsdestotrotz zielen beide Geräte auf unterschiedliche Hörertypen ab: Der tonal leicht angewärmte, auf Geschmeidigkeit bedachte DiDiT wird sicherlich eher den „entspannten Genusshörer“ ansprechen, der Krell hingegen eher den Freund zackiger Dynamik und kompromissloser tonaler Neutralität. Meinen Zuspruch findet eindeutig der Krell, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass sich Kollege Baum anders entscheiden würde …
Besonders spannend finde ich das finale Duell zwischen dem Krell Vanguard Universal DAC sowie meiner Topreferenz Linnenberg Telemann, die im Verbund (alles zusammen 6.300 Euro) mit besagtem SOtM sMS-200ultra samt Netzteilupgrade seit einiger Zeit nicht mehr aus meinem Rack wegzudenken ist. Im Test von Martin Mertens vom Februar dieses Jahres heißt es zum Telemann: „Auflösung, Feinzeichnung, Detailwiedergabe – diese Aspekte bringt der Telemann auf ein neues Level“, auch im Bass werde außergewöhnlichen Kontrolle und Akkuratesse geboten sowie „rhythmisch mimt der Telemann den Musterknaben“.
Bei Blurs „Ice Cream Man“ (Album: The Magic Whip; auf Amazon anhören) fallen zunächst die im Viervierteltakt auf Eins geschlagenen, mit reichlich Sustain angereicherten Bassimpulse auf: In Sachen Tiefgang, Vehemenz und Präzision tönen beide Lösungen absolut amtlich und auf Augenhöhe. Die etwas eigenwilligen Bassbeats sind übrigens ein echter Stolperstein – sie dynamisch konturiert und in der richtigen tonalen Dosis an den Hörer zu bringen ist fürs HiFi jedenfalls kein Leichtes, wie ich aus vielen Hörrunden weiß. Beide Duellanten lösen das gleichwohl mustergültig.
Auch in Sachen Feinauflösung herrscht quasi patt: Die subtilen metallischen Geräusche zu Beginn des Titels, als ob Münzen aneinanderreiben, der eher unscheinbare Shaker auf dem linken Kanal oder das abrupt einsetzende Becken: Nebensächlichkeiten, feine Texturen und flinke Transienten haben sowohl der Krell wie die Linnenberg/SOtM-Combo absolut drauf, sicherlich nicht zuletzt auch aufgrund ihrer jeweils absolut grisselfrei-reinen, fokussierten Spielweise. Das Linnenberg/SOtM-Gespann lässt bei alledem eine noch etwas fließendere Gangart durchscheinen, die seiner Präzision und Dynamik nichtsdestotrotz keinerlei Abbruch tut. Der Vanguard Universal DAC Krell hingegen legt ein klein wenig mehr Gewicht auf die Attackphase von Tönen, mutet dadurch einen Tick crisper und anmachender an, was an seiner Langzeittauglichkeit und Natürlichkeit aber ebenso wenig rührt.
Test: Krell Vanguard Universal DAC | Netzwerk-Player