Inhaltsverzeichnis
Ingo Hansen und seine Firma Phonosophie sind seit Jahrzehnten eine Konstante im HiFi-Kosmos und bekannt für das Ziel, Musik möglichst „livehaftig“ zu übertragen. Dazu bedient man sich zum Teil theoretischer Ansätze, die man getrost als eher „left-field“, also als außerhalb des Gewöhnlichen stehend, bezeichnen kann. Umso spannender ist, dass das neue Top-Lautsprecherkabel Phonosophie LS4 (2.800 Euro | www.phonosophie.de) auf ganz klassischem Wege – also ohne zusätzliche „Aktivatortechnologie“, obwohl natürlich ein Upgrade möglich ist – eine herausragende Performance erzielen soll, wie die Hamburger versprechen.
Ungewöhnlich …
Wobei auch beim LS4 etwas ungewöhnlich ist, nämlich die Standardlänge fürs Stereopärchen. Wo andere Hersteller ein Set mit drei Meter langen Verbindern anbieten, oft gar noch kürzer, startet das Phonosophie LS4 „aus klanglichen Gründen“ mit zweimal vier Metern, ist also ungewöhnlich lang. Warum? Ingo Hansen erklärt mir, dass hier Einflüsse der Elektromotorischen Kraft (EMK) des Lautsprechers sowie der Wellenwiderstand der gesamten Verbindung zwischen Verstärker und Lautsprecher eine Rolle spielten. Übrigens gelte das nicht nur für Phonosophie-Kabel, für Lautsprecherkabel ähnlicher Bauart von anderen Herstellern gelte ähnliches. Optimal seien sogar sechs bis sieben 7 Meter – „nicht die oft kolportierten kleinen Längen“, so Ingo Hansen. Allerdings sind Sonderlängen auf Anfrage selbstverständlich machbar – der Kunde ist eben König.
Robust & langlebig
Äußerlich macht das Phonosophie LS4 trotz seines stattlichen Durchmessers von 20 Millimetern einen mechanisch sehr robusten, ansonsten aber Bling-Bling-freien Eindruck. Das Lautsprecherkabel besitzt einen schlichten schwarzen Mantel (übrigens zum ersten Mal bei Phonosophie rund) aus der belastbaren, halogenfreien Kunststoffmischung Perivin und kommt ohne Blendwerk wie Textilgeflecht und Holz- oder Metallkästchen aus. Zur Isolation der beiden Litzenleiter aus sauerstofffreiem Kupfer verwendet Phonosophie ein ähnliches Material namens Perilen. Perivin und Perilen sollen eine besonders hohe Diffusionsbeständigkeit aufweisen, also Feuchtigkeit und Sauerstoff weitestgehend vom bindefreudigen OFC zurückhalten und so den Alterungseffekt des Kabels auf ein Minimum reduzieren. Das ermögliche eine auf Dauer optimale klangliche Leistung, so Phonosophie.
Gute Nachricht für die Umwelt: Das Kupfer der jeweils mit ordentlichen sieben Quadratmillimetern Querschnitt daherkommenden Leiter stammt aus der nachhaltigen Produktion der Hamburger Firma Aurubis AG. Die soll satte 85 Millionen Euro in eine State-of-the-Art-Abluftreinigungsanlage investiert haben, die Feinstaubemissionen um beachtliche 70 Prozent reduziere. Zudem arbeite Aurubis eng mit der Wärme Hamburg GmbH zusammen, um mit der entstehenden Produktionsabwärme Haushalte mit Fernwärme zu versorgen und so signifikant CO2 einzusparen.
Wider den Resonanzen
Neben der sorgfältigen Materialauswahl und den unmittelbaren elektrischen Parametern zählt Phonosophie das Resonanzverhalten des Lautsprecherkabels – Stichwort: Mikrofonie-Effekte – zu den größten klanglichen Einflussfaktoren. Daher habe man sich insbesondere um die Geometrie und die dafür am besten geeigneten Materialen Gedanken gemacht. Um die Leiter an definierter Stelle zu halten und gleichzeitig für eine maximale mechanische Dämpfung zu sorgen, sitzen rundherum zehn Polyethylen-Faserstränge in drei Größen sowie ein Vlies aus Perivin. Schlussendlich verleiht ein mit Glasfaser verstärkter Kern, um den herum Phonosophie die beiden Leiter verseilt, mehr Stabilität. Ingo Hansen betont, dass das Phonosophie LS4 keinerlei Maßnahmen zur Resonanzminderung mehr benötige – es könne ohne klangliche Beeinträchtigung einfach auf dem Boden liegen.
Massig, aber leicht
Da die gewählten Isolationsmaterialien eine niedrige Materialdichte besitzen, bleibt das gesamte Kabelkonstrukt trotz der recht massigen Erscheinung relativ leicht. Zudem lässt es sich mit einem Biegeradius von sechzehn Zentimeter noch praxisgerecht handhaben. Das Phonosophie LS4 ist übrigens nicht als Meterware verfügbar: Die (Hand-)Konfektionierung mit den hauseigenen Silber-Bananas findet stets bei Phonosophie statt, nur so könne man die gewünschte Qualität sicherstellen.
Phonosophie LS4: Klangtest und Vergleiche
Zwischen meiner Endstufe Norma Audio REVO PA150 und den Lautsprechern ATC SCM50PSL ersetzt ein Stereopärchen des Phonosophie LS4 mein optisch ganz ähnliches Ortofon Reference SPK Black. Letzteres käme in der Single-Wiring-Variante mit den bei mir verwendeten Audioquest-Silber-Bananas der 500-Series in zwei mal vier Metern Länge auf einen Preis von 1458 Euro – ohne Konfektionierung. Zudem klemmt zwischen dem Norma und den ATC regelmäßig auch mein „fairaudio’s favourite Award“-prämiertes Kimber Kable 12TC All Clear (2 x 4 Meter für 2.580 Euro), das mir als weiterer Vergleichsmaßstab dient. Hören wir mal rein.
Vornehm
Mit dem Phonosophie LS4 gerät die Detailauflösung insbesondere im unteren und mittleren Hochton etwas detaillierter als dem Ortofon SPK Black. Das Kimber Kable 12TC All Clear bietet in den aller obersten Frequenzetagen hingegen noch einen Tick mehr ätherisches Drumherum, mehr Luft als das LS4. Das Hamburger Lautsprecherkabel hält sich ganz, ganz oben im direkten Vergleich zwar ganz vornehm zurück, läuft aber nie Gefahr, das Klangbild merklich zu verdunkeln. Quasi eine langzeittaugliche Abstimmung auf der „sicheren Seite“, aber ohne Schlagseite.
Klare Kante
Unterschiede sind auch mit Blick auf die Texturen zu vernehmen: Das Kimber zeichnet den Hochtonbereich insgesamt sehr fließend und feinpixelig, mit viel „Informationsaura“, während das Phonosophie LS4 etwas klarere Kante zeigt, sich stärker den eindeutigen Konturen und dem ersten Impuls als dem Ausklingen widmet: Die Schlagzeugbleche in Max Roachs „Lonesome Lover“ und das elektronisch erzeugte Rasseln und Klirren in „Bubbles“ von Yosi Horikawa scheinen dadurch übers LS4 etwas mehr Biss und konkrete Substanz zu besitzen, ohne aber jemals aggressiv zu wirken.
Beachtlich finde ich, dass das LS4 im Mittelton auf noch höherem Niveau detailfreudig und transparent spielt. In „Tabula Rasa: II. Silentium“ von Arvo Pärt entdecke ich selbst bei niedrigen Abhörpegeln Hintergrundgeräusche wie knarzende Stühle sich bewegender Musiker oder Zuschauer, die mir mit dem Ortofon Reference SPK Black schlichtweg verborgen blieben.
Wichtige Unterschiede
Sowohl das Kimber- als auch das Phonosophie-Lautsprecherkabel gewährleisten einen sehr, sehr sauberen, pechschwarzen Hintergrund – ein Zeichen für die Abwesenheit der Wirkung von Störeinflüssen –, während das Ortofon dann schon etwas mehr Klangnebel zu produzieren scheint. Das sind Unterschiede, die zwar erst im direkten Vergleich offenbar werden, unterschwellig für den Langzeitmusikgenuss gleichwohl wichtig sind – wichtiger als akustischer Feenstaub im audiophilen Äther.
Lowrider
Meine Lautsprecher ATC SCM50PSL sind das Gegenteil dessen, was man einen Papiertiger nennt und strafen die sehr konservative Datenblattangabe der unteren Grenzfrequenz von 40 Hertz bei -6 Dezibel ein ums andere Mal Lügen. Über das Phonosophie LS4 offenbart sich das mühelos – ähnlich wie über das Kimber 12TC All Clear. Beide Lautsprecherkabel lassen meine Lautsprecher hörbar tief nach unten in den Basskeller hinabsteigen.
Allerdings: Das LS4 suggeriert eine schwärzere, energiegeladenere und körperhafter spürbare Performance im Tiefbass als das 12TC. Nicht im Sinne von fett, vielmehr straff und definiert und doch mit einer nahezu haptisch fassbareren Substanz. Eine ähnlich taktile Qualität kenne ich vom Audioquest William Tell Zero (2 x 4 Meter, 4.699 Euro), das quantitativ unterhalb von 40 Hertz noch satter abliefert. Bei langgezogenen Tiefbässen mag das beeindruckender wirken, doch sobald Kontur und Präzision gefragt sind, zum Beispiel beim abgrundtiefen Grollen im Mittelteil von Nicolas Jaars „Colomb“ vom Album Space Is Only Noise, gefällt mir das sehr disziplinierte Phonosophie LS4 besser: Es spielt wunderbar griffig, körperhaft, und doch präzise und kontrolliert. Vielleicht passt dieses Bild: Der Unterschied erinnert mich ein bisschen an den eines horngeladenen Bassabteils mit steifer großer Pappe zu einem Bassreflexgehäuse mit kleinen Langhubmembranen.
Genusshörer, die eine Prise Wärme schätzen, freuen sich bei alldem bestimmt über das klitzekleine Pegel-Bäuchlein im Oberbass, sprich über die unterschwelligen Anklänge von Wärme und Substanz bei Kontrabässen und Celli, die sich bis in den Grundton hineinziehen, und nicht zuletzt Klangfarben schön satt erscheinen lassen.
Famos festgemeißelt
Apropos Genuss: Szenenwechsel zu Carl Orffs Carmina Burana und dem berühmten „O Fortuna“. Der Chor steht wie an der Schnur aufgereiht auf der Bühne. Etwas näher an mir dran als gewöhnt, aber auch mit klarer voneinander differenzierten Einzelstimmen, als ich sie mit dem Ortofon Reference SPK Black wahrnehme. Die dreidimensionale Abbildung gerät mit dem Phonosophie LS4 famos, egal, mit welchem Material. Alles steht wie festgemeißelt auf der Bühne, die einzelnen Komponenten eines Drumkits lassen sich ganz beiläufig orten, und selbst Gitarren und Bass kommen sich nicht ins Gehege. Hier kann sogar das diesbezüglich fantastisch klar definierende Kimber 12TC All Clear keinerlei Vorteil herausspielen.
Spurtreu
Besonders viel Spaß macht das Phonosophie-Lautsprecherkabel mit handgemachter Musik, die Emotion und Soul mitbringt. So gerät das Gitarrensolo am Ende des Tracks „The Lay Down“ von DRAM mit dem LS4 herzzerreißend intensiv und realistisch. Das ist – genau wie die zackige und präzise, aber nicht überprononcierte Impuls- und Transientenwiedergabe von Percussion-Instrumenten aller Art – nicht nur ein Beleg dafür, dass das LS4 grobdynamische Sprünge anstandslos mitgehen kann, sondern auch ein klarer Hinweis auf dessen Fähigkeit, feindynamisch originalgetreu zu differenzieren. Denn nur eine in dieser Sache sehr unverschliffene Übertragung ermöglicht es dem Hörer, der Intention des Musikers mittels dessen Phrasierung und Intonation nachzuspüren.
Hm, so eine intensive Präsenz (da kommt die von Ingo Hansen so gebetsmühlenartig gepredigte Livehaftigkeit wieder ins Spiel) und gefühlt hohe Transparenz im Mittenbereich sind selten. Mir kommt da eine Vermutung in den Sinn …
Das gefällt!
Und diese Vermutung erhärtet sich spätestens, wenn der E-Bass in „Money“ von Pink Floyd (Album: The Dark Side of the Moon) einsetzt: Der tönt recht knackig und minimalst mittiger, als ich ihn kenne. Das liegt keineswegs an einem schlanken Tief- oder Grundton – das Thema hatten wir oben ja bereits geklärt –, sondern an einer subtilen Prominenz des (oberen) Mittenbereichs. Die fällt in der Gesamtschau kaum auf, trägt aber bestimmt zur eher direkten Ansprache von Stimmen und der virtuellen Bühne generell sowie der angenehmen Fülle von Klangfarben (die meisten relevanten Obertöne von Instrumenten tummeln sich in dem Bereich) bei.
Und ich muss sagen: Mir gefällt diese Charakteristik, denn nicht zuletzt sie ist es, die mich „Tabula Rasa: I. Ludus“ von Pärts Album Tabula Rasa besonders intensiv genießen lässt: Faszinierend, wie klar und hell scheinend die erste Violine die hypnotischen Melodien vor das Orchester malt, wie sie im glasklaren Tanz mit der zweiten Violine aufsteigt, ihren Counterpart harmonisch umgarnt und umarmt, bis der anfangs zarte, dann hypnotisch-leidenschaftliche Tanz eine dramatische Wendung erfährt und in einem teilweise atonalen Crescendo mündet, und wie ich dem musikalischen Drama auf der virtuellen Bühne geradezu mit Blicken folgen kann – toll!
Testfazit: Phonosophie LS4
Das Phonosophie LS4 zeigt Charakter. Und der wirkt involvierend: Der tiefreichende, „schwarze“, energiegeladene und gleichsam präzise Bass, die famose Abbildung sowie die subtile Prägnanz der oberen Mitten kreieren ein Klangbild, das mich emotional stärker anspricht, als dies mit anderen Kabeln der Fall ist. Ebenfalls hervorzuheben ist die Reinheit des Gesamtklangbilds – ein typisches Merkmal von wirklichen High-End-Kabeln – dieses überdies sehr gut verarbeiteten Lautsprecherkabels.
Sehr dunkel und warm abgestimmte Ketten würde ich wegen des minimal zurückhaltenden Superhochtons und der ebenso minimalen Oberbassbetonung, die dem Phonosophie-Lautsprecherkabel trotz der frischen oberen Mitten summa summarum eine minimal warme Note verleihen, weniger als optimales Habitat fürs LS4 sehen. Besser dürfte es sich in neutral oder leicht schlank klingende Ketten einfügen.
Unterm Strich empfinde ich das Phonosophie LS4 als hervorragende Lösung für Fans handgemachter Musik mit emotionaler Tiefe und allgemein Hörer, die sich Musik nicht tonmeisterlich sachlich und analytisch erarbeiten wollen, sondern sie schlichtweg erleben und spüren möchten.
Fakten
Phonosophie LS4
- 2 x 4 Meter mit Phonosophie AG Bananas: 2.800 Euro
- Single-Wiring
- andere Längen individuell nach Kundenwunsch
Hersteller und Vertrieb
PHONOSOPHIE / I. Hansen Vertriebs GmbH
Luruper Hauptstrasse 204 | 22547 Hamburg
Telefon: 040 – 83 70 77
E-Mail: support@phonosophie.de
Web: https://www.phonosophie.de
Test: Phonosophie LS4 | Lautsprecherkabel