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Michael A. Muller – Mirror Music

Michael A. Mullers neues Album Mirror Music baut auf verschiedenen musikalischen Kollaborationen auf – und bietet nicht nur ruhige Ambient Sounds. Mit jazzigen Elementen und einem Touch Klassik begibt man sich auf eine meditative musikalische Reise, die von Stück zu Stück ganz unterschiedliche Einflüsse offenbart.

Michael A. Muller - Mirror Music

Der Multiinstrumentalist, der seine Kompositionen auf Mellotron, Synthesizer und Rhodes-Orgel entwickelt, leitet das Album mit „Mirror 1“ sanft ein. Fließende Klänge kommen hier mit offenen Gitarrenakkorden zusammen, die Danny Paul Grody auf seinem zwölfsaitigen Instrument beisteuert. Die sanften Anschläge werden mit weiteren Klangwolken immer kräftiger untermalt, behalten aber ihre musikalische Schwerelosigkeit bei. Alles ist im Fluss – und die Synthi-Akkorde und die Gitarre spiegeln sich zunehmend.

Der zweite Track „Mirror 2“ beginnt zögerlicher, bei genauem Hinhören kreieren die Synthies in ihren hohen Lagen aber nahezu eine Melodie. Die nachdenklichere Atmosphäre wird mit Chuck Johnsons Pedal-Steel-Gitarre untermalt, während die Klangwolke im Hintergrund stetig weiter anwächst. Das Gefühl, abschalten und entspannen zu können, stellt sich unweigerlich ein, so meditativ fließt die Komposition. Umgekehrt verlangt die Entwicklung des Stücks auch Ruhe, nur so entdeckt man alle Details und kann die Entwicklung der Klänge wirklich wahrnehmen.

Etwas wilder wird es auf „Mirror 5“, wo Douglas McCombs von Tortoise mit seiner E-Gitarre die klangliche Atmosphäre aufmischt und aufleben lässt. Die bluesigen Gitarrenklänge haben eine szenische Qualität, sodass das Stück eigentlich wie Filmmusik wirkt.

Der nächste Track wird nicht zuletzt durch den rhythmischen Beitrag von Perkussionist Rama Parwata interessant. Hier wird das Album mit sanften, dennoch blitzschnellen Schlägen wachgerüttelt, die an Free Jazz erinnern. Aber keine Bange, der fließende Charme von Mirror Music geht dank der stoischen und nur zwischen wenigen Akkorden wechselnden Synthis nicht verloren. Besonders schön ist das Fade-Out des Tracks, der sich wie ein langsames Entfernen vom Jam zweier Musiker anfühlt. Für eine anregende musikalische Stunde unbedingt reinhören!

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Torres – What an enormous room

Torres - What an enormous room

Die US-amerikanische Musikerin Mackenzie Ruth Scott ist zurück und überzeugt unter ihrem Bühnennamen Torres mit ihrem neuen Album What an enormous room. Mit schlauen Kompositionen abseits des Radio-Pops und fetzigen E-Gitarren-Einsätzen sind die Songs etwas für Liebhaber des Besonderen.

Es beginnt mit „Happy man’s shoes“, einer wabernden Komposition, die zwar eher eine betrübte Atmosphäre entwickelt, aber durch Torres energetischen Gesang auflebt. Zunächst liegt der Fokus auf dem stichelnden Bass und dem perlenden Synthesizer-Motiv. Zusammen mit Torres Gesang tritt dann ihre verzerrte und mit Delay belegte Solo-Gitarre auf den Plan. Diese nimmt während der Strophen fast so viel Raum ein wie die vokale Darbietung, weil Torres, die stets mit Gitarre auftritt, das ausgeklügelte Hin- und Her von Gitarre und Stimme perfekt inszeniert. So kommt es, dass der Song mit seinen vielen Details nach wiederholten Hörrunden immer besser wird.

Die Solo-Gitarre mutet auch im nächsten Stück „Life as we don’t know it“ dominant an. Dieses Mal ist sie mit quietschig kreischenden Effekten von Beginn an am Start – und tritt in der röhrigen Nummer, die durch einen fuzzigen Bass und peitschenden Drums schnell und dynamisch wirkt, immer wieder nach vorne.

Der nächste Song „I got the fear“ ist ein klarer Hit: Die Low-Tempo-Nummer besticht mit Akustik-Gitarre und Torres hier schon fast fragiler Stimme. Sie singt in leichten Melodien einen starken Songtext über Angstzustände, Panik-Attacken in der Öffentlichkeit und einem depressiven Gefühl, das sich nicht so einfach abschütteln lässt. Trotz allem bleibt Torres positiv: „And the dread doesn’t pay any rent money / But as long as it doesn’t get ahold of my honey / Think I’ll be alright” – Solange sich dieses Gefühl nicht auf die Beziehung überträgt, ist alles gut.

Später rockt die Musikerin noch einmal richtig. „Collect“ ist energiegeladen, trotzig und wummert im Chorus mit vollem Gitarren-Einsatz. „Did I hit a nerve?“ fragt Torres wiederholt. Besonders gut ist auch „Artificial limits“. Anstatt ohrwurmartiger Melodien oder einem sogenannten Chorus überträgt sich eher so etwas wie ein schweres und mächtiges Gefühl. Das ist auch das Besondere an diesem Album und der Grund, weshalb man sich zugegebenermaßen erst einmal reinhören muss. Torres punktet gleichwohl mit dem gewissen Etwas und ihre Musik wächst einem mehr und mehr ans Herz.

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Any Other – stillness, stop: you have a right to remember

Any Other - stillness, stop: you have a right to remember

Laut dem italienischen Rolling Stone gehört Adele Altro, Any Other mit Bühnennamen, aktuell zu den besten italienischen Musikern. Und wenn man Any Others sanften Indie-Pop hört, steckt dahinter wirklich nur Adele – angefangen beim Songwriting über das Einsingen, Einspielen, Produzieren und Arrangieren der Songs. Auf der neuen Platte stillness, stop: you have a right to remember stechen vor allem die eleganten Arrangements der Songs hervor, die mit bedachten Streichereinlagen eine berührende Fragilität ausstrahlen.

Obwohl die Mehrzahl der Tracks eher ruhig erscheinen, beginnt die Platte mit Schwung – „Stillness, Stop“ ist eine aufgeweckte Pop-Nummer, bei der ein gleichförmiges Klaviermotiv den Takt vorgibt. Das Schlagwerk akzentuiert dieses zusätzlich, ein Saxofon spielt ein Solo und Any Other singt mit viel Attitüde über das immer lauter werdende Arrangement. Das anschließende „Zoe’s Seeds“ ist wiederum eine Singer-Songwriter-Nummer, die mit simplen Gitarrenakkorden und Adeles Gesang anfängt; dazu gesellen sich ein sachtes Schlagzeug, Bass sowie ein Klavier, bevor die zarten Streicher nach dem ersten Chorus einsetzen. Das Arrangement ist so liebenswürdig geschrieben, dass es leichtfällt, den Song sofort zu mögen. Besonders das gefühlte Innehalten im letzten Teil des Stücks, das in einen klangvollen Instrumentalpart übergeht, ist schön zu verfolgen.

Auch „Need of Affirmation“ entwickelt sich wunderbar. Angefangen mit sanften Synthie-Akkorden und Adele Altros Gesang, baut sich das Stück über fünf Minuten auf und wird durch effektbeladene Drums, einen ersten Akustik-Gitarren-Chorus mit den flankierenden Worten „Thank god I didn’t listen to them“ sowie eine volle Bandbesetzung inklusive orchestraler Begleitung zu einem wuchtigen Pop-Song. Klare Empfehlung!

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