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Manchmal passt ein Produktname einfach – es ist mir tatsächlich eine „große Freude“, die „Gran Gioia“ 2×10 von Blumenhofer Acoustics begrüßen zu dürfen (Web: www.blumenhofer-acoustics.com). Einmal abgesehen von professioneller Neugier interessiert mich dieser Hornlautsprecher nämlich auch persönlich: Seit dem Test des größten Modells aus Blumenhofers zweitgrößter Linie spielt die Genuin FS1 Mk2 bei mir – und mit besagter Gran Gioia 2×10 ist jetzt das kleinste Modell aus der größten Serie zu Gast. Also der nächste logische Schritt, wenn man so will. Das wird interessant.
Die Gran Gioia 2×10 als zweitgrößten Blumenhofer-Lautsprecher zu bezeichnen, stimmt streng genommen aber nicht so ganz. Zwar steht in der „offiziellen“ Produkthierarchie nur noch die Gran Gioia Mk2 über ihr, doch wenn Thomas Blumenhofer Zeit und Lust hat, entstehen noch gewagtere, ausladendere Konstruktionen, die unter der Sammelbezeichnung „Research & Development“ laufen.
Demgegenüber bleibt man mit der Blumenhofer Gran Gioia 2×10 fast noch auf dem Teppich, wenngleich das Modell sicherlich nicht ganz zierlich ist: Es reckt sich 1,33 Meter in die Höhe, der Horntrichter misst 93 x 50 Zentimeter, die Tiefe einen halben Meter. Man hat mit ihr also schon ein bisschen Lautsprechertechnik im Zimmer stehen, doch gemessen an Konzept und Preisklasse (39.900 Euro) ginge es durchaus noch dicker. Das war auch die Zielvorgabe: ein vollwertiges Horn zu entwickeln, das etwas weniger ausladend rüberkommt und sich in normale Wohnumgebungen integrieren lässt.
Konzeptionelles
Die Blumenhofer Gran Gioia 2×10 ist ein recht ungewöhnlicher Lautsprecher, denn es handelt sich um ein Zweiwegedesign. Hmm, was soll daran bitteschön besonders sein, fragen Sie? Nun, generell natürlich nichts. Aber wie oft sieht man das denn in dieser Klasse? Ist schon ein reichlich großer Zweiwegler, oder? Tom Blumenhofer gewichtet die möglichen Nachteile des Konzepts offenbar geringer als die Vorteile, wie die seiner Ansicht nach größere klangliche Homogenität, die sich mit solch einem Design erzielen lässt oder das kohärentere Timing durch einen besseren Phasengang als bei Lautsprechern mit mehr Frequenzübergängen.
Wie dem auch sei, die Frequenzweiche der Blumenhofer Gran Gioia 2×10 trennt die beiden Wege jedenfalls bei 750 Hertz, und das mit einer Flankensteilheit von 12 dB/Oktave. Die Weiche sitzt in ihrer eigenen, vom Rest des circa 150 Liter großen Lautsprechergehäuses separierten Kammer, was Neigungen zu klangschädlicher Mikrofonie deutlich reduzieren soll. Wie üblich bei Blumenhofer, gibt es auch bei der 2×10 eine steckbare Impedanzlinearisierung beim Bi-Wiring-Terminal – dies kann insbesondere bei Röhrenverstärkern eine sinnvolle Maßnahme sein. Ich habe es mit einem Unison-Röhrenamp ausprobiert und fand die Impedanzlinearisierung tatsächlich hilfreich: Die räumliche Sortierung und die Durchzeichnung im Bassbereich gewannen. Apropos Impedanz: Nominal liegt sie bei 4 Ohm. Der Kennschalldruck der Gran Gioia 2×10 wird mit 95 dB/W/m angegeben.
Laut Blumenhofer stellt die Gran Gioia 2×10 ein koaxiales Horn dar. Die drei Treiber des Lautsprechers sind – wie man auf den Fotos leicht erkennt – zwar nicht auf Achse, aber durch die „Waveformer-Technologie“ und die Schallführung arbeiteten die beiden 10-Zöller wie eine akustische Einheit, deren äußerer Rand vom Hornmund des Tiefmitteltonhorns umrissen wird. Und da das Hochtonhorn nun einmal genau in der Mitte des größeren Horns steckt, spricht er von einer „virtuellen koaxialen Konfiguration“. Das ist natürlich schon etwas anderes als beispielsweise beim Abacus Horn, bei dem ein echter Koaxialtreiber auf ein einziges Horn arbeitet. Aber es verdeutlicht den Unterschied zu den anderen Blumenhofer-Modellen, bei denen die Hoch- und Tiefmitteltoneinheiten eben nicht ineinander verschachtelt konfiguriert werden so wie hier.
Thomas Blumenhofer betont zudem, dass es sich um ein zeitrichtiges Konzept handelt. Die akustischen Zentren der beiden 10-Zoll-Woofer liegen auf gleicher Höhe wie das des Hochtöners, und durch die besondere Form des großen Oberbass-/Mitteltonhorns (es arbeitet ab circa 100 – 150 Hertz) sowie des vorgelagerten „Waveformers“ wird ein zylinderförmiges Abstrahlverhalten erreicht, so Blumenhofer weiter. Im Endergebnis entstehe eine zeitrichtige Zylinderwelle und die Phasenverhältnisse im Crossover-Bereich blieben auch bei Änderung der Hörposition relativ stabil. Konzeptionell ist das schon etwas anderes als im restlichen Blumenhofer-Portfolio: Beim Flaggschiff Gran Gioia Mk2 beispielsweise lässt sich das Hochtonhorn auf die Sitzposition einstellen, und so erfolgt auch bei den Modellen der Genuin-Serie das Time-Alignment. Bei der 2×10 ist dieses Alignment dagegen „fix verbaut“ und vorgeblich unabhängig(er) von der Hörposition.
Treiber & Gehäuse
Das Hochtonhorn der Gran Gioia 2×10 wird von einem Durchkammertreiber mit 3-Zoll-Titanmembran und 1,4-Zoll-Öffnung bespielt. Die Druckkammer selbst werde stark modifiziert und so auch die Dämpfung und Zentrierung der Membran. Ferner sei der Hornverlauf auf diesen Treiber hin „maßgeschneidert“ worden, mit dem Ziel, eine möglichst perfekte Frequenzganglinearität zu erreichen. Selbstverständlich erfolgt auch ein Paarabgleich der verbauten Chassis. Die 10-Zöller für den Bass-/Mitteltonbereich sind eine Eigenentwicklung, die man exklusiv bei Ehmann & Partner anfertigen lässt. Bei der Membran handelt es sich nicht um eine „reine Pappe“, sondern um ein Papier-Hartschaum-Papier-Sandwich.
Zu den Blumenhofer-Standards gehört inzwischen das achteckige Grundlayout des Lautsprechergehäuses, wie es auch die 2×10 besitzt. Die einzelnen Gehäusefacetten und die Verjüngung nach hinten sollen dabei nicht nur stehenden Wellen im Innern das Leben erschweren, sondern auch einen Beitrag dazu leisten, unvermeidlich verbleibende Gehäuseresonanzen spektral möglichst „harmonisch“ zu verteilen: lieber einige kleine Resonanzen als eine dominierende große, so das Motto.
Ein weiterer Blumenhofer-Quasi-Standard: Die Bassreflexöffnung strahlt Richtung Boden. Statt des üblichen Rohrs findet man hier eine Art „Holztunnel“, von dessen Formgebung man sich klangliche Vorteile verspricht. Die gesamte Fertigung des Gehäuses findet übrigens in der eigenen Schreinerei in Walkertshofen nahe Augsburg statt (siehe Firmenbericht Blumenhofer), das Material der Wahl ist im Falle der Gran Gioia 2×10 19 Millimeter starkes Birke-Multiplex.
Blumenhofer Gran Gioia 2×10: Klangeindruck
Hörner machen es dem Rezensenten nicht gerade einfach. Meine Notizen konnte ich gleich mehrfach überarbeiten, war der in den ersten Wochen gewonnene Klangeindruck doch immer nur eine Durchgangsstation. Ist ja auch ganz logisch: Um hohe Pegel zu erreichen, müssen sich die Membranen deutlich weniger bewegen als bei konventionellen Lautsprechern, da Hörner nun mal lauter spielen. Was durchaus von Vorteil ist, wird so doch die Anfälligkeit für Verzerrungen – und insbesondere Intermodulationsverzerrungen – reduziert. Doch wer sich weniger bewegt, muss eben länger trainieren, um in Topform (sprich: Bestklang) zu kommen. Okay, ich will Sie nicht volljammern. Erst nach geschlagenen sechs Wochen „Dauerlauf“ hatte ich das Gefühl, dass sich nichts Wesentliches mehr tut und ich ernsthaft zuhören kann.
Von HiFi-Mythen …
Klassischer Audiophilen-Dialog: „Ich habe gerade einen Hornlautsprecher daheim!“ – „Oh, das wäre ja nichts für mich, die verfärben zu sehr.“
Ach ja, wirklich? Komisch. Die meisten Hörner, die ich bisher hörte, hatten zwar eine tonale Tendenz, doch die war auch nicht ausgeprägter als bei normalen Lautsprechern – geschweige denn, dass sie durch die Bank zum Näseln neigten. Vielleicht war das vor zwanzig Jahren ein Problem, vielleicht ist das bei kruden Selbstbauprojekten immer noch der Fall, aber es geht doch nicht automatisch mit dem Konzept einher. Kollege Frank Hakopians konnte jüngst bei der Acapella High Cellini (49.000 Euro) diesbezüglich auch nichts feststellen. Trotzdem scheint sich die Story hartnäckig zu halten.
Was nun die Blumenhofer Gran Gioia 2×10 angeht, so dürfte es sich bei ihr tatsächlich um den „studiohaftesten“ Speaker der bayrischen Manufaktur handeln, den ich bis dato hören durfte, auch wenn einem diese Bezeichnung angesichts des riesigen Holztrichters, in den man da schaut, nicht gleich als erstes in den Sinn kommt. Doch was soll ich machen? Ich kann einfach keine Tendenz entdecken. Vom mittleren Bass bis in den Superhochton hinein wird einfach durchgezogen. Weder lockt die Gran Gioia mit einem leicht sonoren Oberbass/Grundton wie meine Genuin 1, noch mit einem lebendigen Spritzer in den Präsenzen, sie dämpft nichts im Luftband, pustet aber auch kein Extra-Air ins Zimmer. Ja, es ist in der Tat erstaunlich reine Lehre, was die große Blumenhofer hier abliefert.
Gleichwohl vermute ich, dass einige Hörer, die gemeinhin nichts mit Hörnern zu tun haben (wollen), leicht betonte obere Mitten diagnostizieren würden. Meine Theorie hierzu: Es liegt eine Verwechslung vor. Da hört man mal zur Abwechslung dynamisch unkomprimierte Impulse – Saitenanrisse, Klavieranschläge, Percussion etc. – und schon hält man das für eine tonale Eigenheit. Zu Unrecht. Wäre dem so, müssten ja auch nicht-transiente Ereignisse im Mittenband heller/klarer/präsenter tönen, oder? Tun sie aber nicht, wie sich etwa bei der Stimmwiedergabe zeigt. Männer- und Frauenstimmen werden super-differenziert präsentiert, auch tonal – aber eben nicht in eine bestimmte Richtung koloriert. Beispiel: Das Stück „(Do you wanna) Come walk with me“, bei dem es Isobel Cambell und Mark Lanegan (Album: Ballad of the Broken Seas; auf Amazon anhören) im Duo zu hören gibt. Er versoffen-kaputt-brüchig-dunkel, wie man das schätzt, sie ätherisch-säuselnd-lieblich. Ihm wird weder Volumen hinzugedichtet noch geraubt, ihr kein Hauchen unterlegt oder bedämpft. Die Blumenhofer Genuin 1 Mk2 wirkt demgegenüber etwas sonorer und nach obenraus weniger offen und frei.
„Streicher und insbesondere Violinen über Hörner, das geht gar nicht!“ Noch so ein Ammenmärchen. Mit der Gran Gioia 2×10 geht’s jedenfalls ganz hervorragend. Normalerweise höre ich so etwas wie Entrendre vom duoW (auf Amazon anhören) eher selten, aber mit der großen Blumenhofer war ich wirklich angetan, wie nah am Ton, wie fest, strukturiert und differenziert Cello und Geige präsentiert werden. Klingt die Violine nicht manchmal durchdringend? Natürlich tut sie das. Das muss so. Wer hier stets Sanftheit verlangt, hat das Instrument noch nicht live erlebt. Glaubt mir, ich weiß wovon ich Rede, meine Tochter lernt gerade Geige.
Um die tonale Betrachtung abzuschließen und dabei auf einen konzeptionellen Trade-off hinzuweisen, der im Gegensatz zum Mythos „Horn-Verfärbungen“ tatsächlich nicht outdated ist: Aufmerksame Leser werden vielleicht bemerkt haben, dass ich oben „Vom mittleren Bass …“ schrieb. Der Tiefbass der Gran Gioia stellt mich persönlich vollumfänglich zufrieden; was sie kann, macht glücklich und klingt auch richtig groß. Die Angabe der unteren Grenzfrequenz von 35 Hertz halte ich für absolut realistisch.
Aber man kann für noch mehr Geld natürlich noch größere Lautsprecher – wie etwa eine Focal Maestro Utopia Evo – kaufen und bekommt dann auch die unterste Oktave serviert. Mit einem Aktiv-Konzept kriegt man das ebenfalls hin, wie etwa die Ascendo Live 15 (circa 27.000 Euro) beweist. Ihre von jeweils 1000 Watt angesteuerten 15-Zöller holen mehr Tiefgang raus, klare Sache.
Die Blumenhofer Gran Gioia 2×10 ist aber nun mal ein Passivlautsprecher, und da wird‘s mit „flat bis 16 Hertz runter“ schon mal prinzipiell sehr schwer, und zudem, nicht ganz unwichtig, ein „Fast-Vollhorn“. Bei gegebener Gehäusegröße muss man sich im Bass zwischen Wirkungsgrad oder Tiefgang entscheiden. Entschiede man sich für Letzteres, kombinierte man einen Mittel-/Hochton-Speedfreak mit einem Normalo-HiFi-Bass, der immer zu spät kommt, dafür aber „Bumm“ macht (etwas lapidar formuliert). Darauf hat Kohärenz-Fanatiker Blumenhofer offenbar keine Lust und lebt deshalb lieber mit Abstrichen bei der Subkontra-Oktave, die man bei normalem Musikprogramm – und vor allem in normalen Wohnzimmern – sowieso selten erlebt. Stattdessen liefert die Blumenhofer dem geneigten Audiophilen in anderen Bereichen mehr als die Ascendo, insbesondere bei Auflösung und schierem Sex-Appeal im Mittel-/Hochtonband, dem Klangfarbenrealismus, der Plastizität der Abbildung, der Feindynamik und der Tiefenstaffelung. Das sind die Gründe, warum einen eine Verstärker-plus-Gran-Gioia-2×10-Kombination ungefähr das Doppelte der Live 15 zu stehen kommt.
… und dynamischen Wahrheiten
Die Genuin 1 Mk2 habe ich seinerzeit gekauft, weil sie erstens ein guter Allrounder ist und zweitens auf dynamischem Felde deutlich mehr kann als konventionelle Lautsprecher dieser Klasse. Jetzt steht die Gran Gioia 2×10 vor mir, und das ist ein bisschen so, als hätte sich die stämmige Genuin zwei Lines Koks gezogen, sich aufgerichtet, die Hände gerieben und mich mit leicht irrem Blick gefragt: „Sollen wir mal loslegen?!“
Manchmal sind es die simplen Dinge, die einem schlaglichtartig deutlich machen, es mit einem Ausnahmeschallwandler zu tun zu haben. Ich höre irgendwas von Nik Bärtsch, die rhythmischen Figuren umkreisten sich gefühlt seit zwei Stunden, da tut’s einen Schlag auf die Triangel. Oh mein Gott! Den Stoff kriegt man mit einer schnuckeligen 1-Zoll-Kalotte so natürlich nicht rübergebracht. Nein, nein, da braucht’s schon ‘nen (sorry) geiles Horn! Ernsthaft: Mir fällt gerade wirklich kein Lautsprecher ein, der mir dieses Stück schwirrendes Metall vergleichbar energiereich, dynamisch-echt und verzerrungsfrei in den Raum hineinexplodieren lässt. Auch die Genuin 1 kann das nicht so. Wenn ich vergleichen will, muss ich mich schon in ein Konzert hineinimaginieren, auch wenn sich das jetzt etwas abgedroschen anhören mag.
Aber es ist nun mal der springende Punkt, warum manche Leute auf die extravagante Idee verfallen, sich Hörner vom Format einer Blumenhofer Gran Gioia 2×10 ins Zimmer zu stellen: Man hat mal live eine Bassdrum und ein angeschlagenes Becken gehört und musste feststellen, dass der Sound nur entfernt etwas mit dem zu tun hat, was die HiFi-Anlage daheim so veranstaltet – und will das ändern. Ich versteige mich jetzt nicht zu der Behauptung, die Gran Gioia 2×10 schaffe das zu 100 % – kein Lautsprecher der Welt schafft es –, doch man kommt mit ihr schon ein gehöriges Stückchen näher an die „dynamische Wahrheit“ als mit normalen Boxen. Das muss man aber auch wollen. Ich vermute ja schon länger, dass den meisten live zu hart ist. Ein völlig legitimer – und so viel günstigerer – Hörgeschmack.
Ein paar Stunden später dann das nächste „simple Ding“. Ich schaue gerade diese Michael-Jordan-Doku auf Netflix, da geht das Telefon. Hm, wieso liegt der Hörer denn im Rack, rechts neben der Phonovorstufe? Und wer hat eigentlich diesen furchtbaren Klingelton eingestellt? Ach … schau mal an, da ist ja gar nichts! Vor einem Vierteljahrhundert hat wohl nicht jeder US-Sender Hintergrundgeräusche auf der Tonspur sauber wegeditiert.
Wenn aber nun schon ein derart räudiges LowRes-Signal so echt rüberkommt, wie dann erst bessere Aufnahmen? Mit einem Wort: spooky. Feindynamisches wie Fingertapping auf dem Fell von Congas, Saiten-Picking bei Akustikgitarren und vor allem und immer wieder: die Stimmwiedergabe wirken derart auf den Punkt und unmittelbar, dass die Schwelle von „toller Reproduktion“ hin zu „das passiert jetzt wirklich da vorne“ spielerisch genommen wird.
Ja, insbesondere Stimmen bekommen mit diesem Horn eine Ausdruckskraft, die ganz erstaunlich ist. Ich kenne Ähnliches schon von der Genuin 1. Ihr „Trick“ besteht zum Teil aber auch darin, den Grundton leicht anzufüttern und die räumliche Abbildung etwas üppiger zu gestalten. Groß, saftig, dynamisch – macht Spaß. Mir jedenfalls. Bei der Gran Gioia 2×10 verhält es sich etwas anders. Wie schon gesagt, füttert sie tonal nichts an und die Abbildung gerät ihr vergleichsweise kompakter – dafür aber umso präziser und griffiger. Trotzdem oder gerade deshalb kommen Stimmen mit ihr noch dramatischer, ausdrucksstärker und emotional intensiver rüber. Dieser Eindruck muss wohl von der gesteigerten Dynamik und damit vom größeren Horn herrühren, das bei der 2×10 schon drei-vier Oktaven früher einsetzt als bei der Genuin 1.
Natürlich bleibt grobdynamisch erst recht kein Auge trocken. Percussion und Schlagzeug wirken näherungsweise wie live, wer es nicht gewohnt ist, wird sich erschrecken, was hier abgeht. Und auch grob gemischte Dub-Tracks wie „Fuck Back“ von Burnt Friedman & The Nu Dub Players werden 1:1 ans Ohr gereicht. Mann, haben die sich mit dem Metzgerbeil durch den Track dirigiert? Die 2×10 macht jedenfalls keine Gefangenen, dagegen wirkt die Genuin 1 fast harmlos – und deren Ding ist ja gerade die Impulsverarbeitung. Okay, genannte Ascendo Live 15 beherrscht solche Brutalo-Beats im Bass noch etwas besser, doch das geht, wie erwähnt, mit Abstrichen in anderen Bereichen einher.
Detailreich-raumgreifend
Zwischenfazit Blumenhofer Gran Gioia 2×10: tonal reine Lehre, dynamisch außer Rand und Band. Kommen wir zu den Themen Auflösungsvermögen und Raumdarstellung.
Die Gran Gioia 2×10 spielt ausnehmend detailreich. Seien das nun leise Nebengeräusche beim Musizieren, ein genaues Aufdröseln von Klangtexturen und -farben, seien es Raumrückwürfe und -hall oder das „Hinwegschimmern“ eines angeschlagenen Beckens: Die 2×10 bringt es genauer, deutlicher, klarer rüber als die Genuin 1 Mk2 aus dem gleichen Hause. Ein Lautsprecher wie die Dynaudio Confidence 50 (26.000 Euro) steht dem allerdings nicht nach – dynamisch sieht die Dänin natürlich nur die Rücklichter, irgendwo muss ja auch der Haken sein. Also: Man entscheidet sich nicht in erster Linie ob der an sich tollen Auflösung für die Gran Gioia 2×10, sondern weil sie einen dynamisch umhaut – und das andere eben auch beherrscht.
Ähnlich sehe ich die Geschichte, wenn’s um den Raumeindruck geht. Interessante Erfahrung: Ich höre „Tupelo“ von Nick Cave & The Bad Seeds und habe Angst, dass es mir auf die Hose regnet, schwebt da anfangs doch diese Gewitterwolke über meinem Kopf. Hui, stets kreuzbrav auf der Boxen-Grundlinie verharren ist wohl nicht ganz das Konzept der großen Blumenhofer! Zwar marschiert sie nur selten derart weit nach vorne wie bei diesem Stück, aber generell ist „mittendrin statt nur dabei“ schon ihr Motto, das sollte man wissen. Ich mag das.
Erstaunlicher als dies finde ich aber, dass sie zudem eine sehr überzeugende Tiefenstaffelung hinbekommt, denn den Vorwärtsgang einlegen und gleichzeitig die Tiefe des Raums auskundschaften geht meiner Erfahrung nach selten Hand in Hand. Hier aber schon, das zeitrichtige „Koax-Konzept“ scheint sich auszuzahlen. Zumal auch Lokalisationsschärfe, Instrumentenseparation und Griffigkeit der Abbildung Talente sind, die man der 2×10 bescheinigen muss. Nicht schlecht gestaunt habe ich beim Morcheeba-Track „Part Of The Process“ (Album: Big Calm; auf Amazon anhören): wie 3D-haft gezeichnet doch dieses Blubbergeräusch am Anfang des Stücks links aus der Box kommt! Dagegen ist meine Genuin fast wolkig.
Okay, wenn es Ihnen um eine richtige akustische Holografieshow geht und Dynamik weiter unten auf der Prio-Liste steht – hören Sie mal in die erwähnte Confidence 50 von Dynaudio oder in eine Wilson Sabrina rein. Da geht schon noch etwas mehr. Die Gran Gioia 2×10 bietet ein involvierendes, großes und für ein Horn erstaunlich präzises und tiefes Bühnenbild – gut gemachte Nicht-Hörner ermöglichen aber nicht selten eine noch höhere Abbildungsschärfe. Ob man das braucht oder nicht, steht auf einem anderen Blatt.
Eine Sache noch, wo wir beim Thema sind: Ab und an firmiert die Aussage, die räumliche Abbildung eines Lautsprechers sei unabhängig vom Pegel – Bühnenraum und Akteure besäßen stets die gleiche Größe – als so eine Art Qualitätssiegel. Das sollte man mal dem Saxofonisten im Jazzklub oder den Berliner Philharmonikern sagen: Immer schön gleich groß klingen, auch wenn ihr laut werdet! Auf die Antwort wäre ich ja mal gespannt. Tatsächlich halte ich das Gegenteil für eine Tugend. Eine Bühne sollte „atmen“ können, denn das korrespondiert mit der dynamischen und tonalen Spannbreite des Vortrags und wirkt für mich deshalb echter. Schön, dass die Blumenhofer-Lautsprecher – und so auch die Gran Gioia 2×10 – das beherzigen und statt eines starren ein lebendiges Bühnenbild bieten.
Test: Blumenhofer Acoustics Gran Gioia 2x10 | Standlautsprecher