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HiFi-Lexikon: Verzerrungen bei Audio- und Hifi-Geräten: linear und nicht-linear

Von einer Verzerrung im Zusammenhang mit Audio- und Hifi-Geräten wird gesprochen, wenn das Ausgangssignal vom Eingangssignal in einer Form abweicht, die nicht ausschließlich das Ergebnis einer reinen Verstärkung oder Wandlung ist.

Man unterscheidet zwischen linearer und nicht-linearer Verzerrung. Die lineare Verzerrung fügt dem Signal keine zusätzlichen Frequenzen hinzu, die ursprüngliche Wellenform – sei es ein einfacher Sinuston oder ein komplexes Signal, wie bei der Musikwiedergabe – wird also beibehalten. Es wird aber die Amplitude oder die Phase geändert. Bei nicht-linearer Verzerrung werden dem Ausgangssignal zusätzliche Frequenzen hinzugefügt, es entstehen also weitere Obertöne im Frequenzspektrum. Schematisch können Verzerrungen folgendermaßen dargestellt werden:

verzerrung-systematisierung

Lineare Verzerrung

Amplitudenverzerrung

Aus einer Amplitudenverzerrung resultiert ein ungleichmäßiger Frequenzgang. Je nach Frequenz erfolgt die Verstärkung mit unterschiedlicher Amplitude, so dass es zu Abweichungen von der horizontalen Ideallinie – der gleichen Verstärkung über das Frequenzspektrum – kommt. Besonders im Bereich zwischen ein und fünf kHz sind solche Verzerrungen kritisch, da das Gehör hier die höchste Empfindlichkeit hat. Je breitbandiger solche Verzerrungen ausfallen, desto deutlicher sind sie zu hören.

amplituden-frequenzgang
Phasenverzerrung (= Laufzeitverzerrung)

Eine Phasenverzerrung liegt dann vor, wenn das Ausgangssignal nicht in Phase mit dem Eingangssignal liegt und diese Phasendifferenz zudem frequenzabhängig ist. In Phase liegen bedeutet, es liegt zeitliche Deckungsgleichheit vor – über das gesamte Frequenzband hinweg. Ein Beispiel für eine Phasenverzerrung ist ein schneller Höchtöner, der Oberton-Anteile eines Klanges schon abstrahlt, während der Tief-/Mitteltöner erst startet.

Von linearen Verzerrungen wird meist nicht explizit gesprochen, die oben genannten Themen werden unter „Frequenzgang-Abweichungen“ oder „fehlende Zeitrichtigkeit“ diskutiert.

Nicht-lineare Verzerrungen

Wie im Schema dargestellt, wird bei nicht-linearen Verzerrungen zwischen harmonischen und nicht-harmonischen unterschieden. Harmonisch ist ein Ton, wenn er im ganzzahligen Verhältnis zur Frequenz des Grundtons steht.

Harmonische Verzerrung

Eines der bekanntesten Maße in der HiFi-Technik ist der Klirrfaktor, im Englischen auch Total Harmonic Distortion (THD) genannt. Der Klirrfaktor gibt das Verhältnis der harmonischen Verzerrungen zum Gesamtsignal an. Gemessen wird in Prozent.

Ein Beispiel: Am Verstärker-Eingang liegt ein 100 Hz Signal an, nun misst man am Ausgang das Frequenzspektrum. Findet man nicht nur den verstärkten 100 Hz Ton wieder, sondern auch Vielfache der Frequenz dieses Tons, also 200 Hz, 300 Hz, 400 Hz, etc. , ist dies eine nicht-lineare, harmonische Verzerrung, da die Wellenform verändert wird, diese Veränderung aber im ganzzahligen Verhältnis zum Ausgangssignal geschieht. Meist liegt der Grund darin, dass der lineare Arbeitsbereich des Transistors oder der Röhre verlassen wurde, sprich, sehr hohe Leistungen abgerufen worden sind. Die Höhe des Klirrs ist aber auch abhängig von anderen Parametern, so auch von der Frequenz.

Am empfindlichsten ist das Gehör im Mitten-Bereich, hier können schon Werte von 0,3% Klirr stören, insbesondere bei obertonarmer Musik. Im Bassbereich werden dagegen Werte bis 5% als unkritisch angesehen.

Interessant ist, dass es nicht nur auf möglichst geringe Klirrwerte ankommt, sondern auch auf die Form bzw. die Verteilung des Klirrspektrums. Wenn Klirr schon nicht zu vermeiden ist, dann sollte er möglichst geradzahlige Obertöne erzeugen, also startend beim Grundton k1 die Vielfachen k2, k4, k6, usw. Tatsächlich lässt sich nachweisen, dass Röhrenverstärker ein solches Klirrspektrum eher unterstützen, als Transistorgeräte.

Warum aber soll geradzahliger Klirr besser klingen? HiFi-Kabalistik? Nicht nur, denn auch in der Musik werden Oktavabstände als harmonisch empfunden. Betrachtet man folgende Tabelle so wird klar, dass geradzahlige Harmonische eines Grundtons entweder einen Oktavabstand haben, oder ein ganzzahliges Vielfaches einer Oktave dieses Tons sind:

oktaven-100-hz
Da das Klirrspektrum typischerweise in der Amplitude abfällt, k3 also leiser als k2 ist usw., kommt es in der Praxis vor allem auf die Harmonischen k2 bis k5 an.

Zwei schematische Darstellungen zum Abfall der Klirr-Spektren:

klirr-spektren-1

klirr-spektren-2

Noch höhere Harmonische sind im Pegel zu gering, als das sie wesentlich stören können. Bei manchen HighEnd-Geräten wird nicht nur eine Minimierung des Gesamtklirrs angestrebt, sondern vor allem eine der k3 & k5 Komponenten, während die k2 und k4 Werte manchmal sogar durchaus erwünscht sind – dies ergibt dann den analogen, warmen Klang.

Zwei schematische Darstellungen zur Verteilung der Klirr-Spektren:

klirr-spektren-3

klirr-spektren-4
Nicht-harmonische Verzerrung

Nicht-harmonischen Verzerrungen werden von den meisten als die kritischere Art der Verzerrung angesehen, denn die hierbei neu hinzukommenden Frequenzen stehen in keinem ganzzahligen Verhältnis zum Nutzsignal. Ganzzahlige Verhältnissen „sind der Musik aber näher“ (siehe auch Oktave) , weshalb Klirr, insbesondere geradzahliger, zwar das ursprüngliche Signal verfremdet, dies aber in einer „natürlicheren“ Weise geschieht, als bei den Intermodulationsverzerrungen – diese werden als Disharmonie wahrgenommen, als Fremdkörper im musikalischen Klangspektrum.

Zu IM-Verzerrungen kann es nur kommen, wenn mindestens zwei Frequenzen gleichzeitig wiedergegeben werden, ein Signal muss das andere modulieren. Das geschieht beispielsweise, wenn über einen Wandler zwei Sinustöne mit der Frequenz 500 Hz und 50 Hz abgespielt werden und der tiefe Ton eine so große Auslenkung am Chassis erzeugt, dass der lineare Bereich verlassen wird. Läge nur der 50 Hz Ton an, so lässt sich leicht vorstellen, dass die Berge und Täler dieser Sinusschwingung abgeflacht würden, wenn die Sicke die Membran von der gewünschten Schwingung abhält. Nun liegt aber auch der 500 Hz Ton an, mit dem Ergebnis, dass es durch Überlagerung der Wellen zu Summen-/Differenztönen kommt. Diese liegen bei 450 Hz und 550 Hz.

Ein Maß für die Güte eines Gerätes ist ein geringer Intermodulationsfaktor – dass Verhältnis des Effektivwertes des IM-Signals zum Nutzsignal. Für eine hochwertige Musikwiedergabe ist es entscheidend, die IM-Verzerrungen möglichst gering zu halten, die Werte sollten unter 0,3% liegen.

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Audio Research bei Audio Components

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