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Ehrlich, unprätentiös, geradlinig, technologisch, ja: durchaus ingenieursgetrieben „toolig“. So empfinde ich die Premiummarke „Aurum“ des hannoveranischen Traditionsanbieters Quadral, der die erste Generation seines populären Top-Modells „Titan“ vor fast 40 Jahren an den Start brachte und mit hausgemachten Bändchentreibern oder spezifischen ALTIMA-Membranen stets für eigenständige Lösungen gut war und ist.
Ich mag die Marke. Wundere mich bisweilen nur etwas darüber, dass beispielsweise der Internetauftritt Quadrals mit seinen teils lauschig-lifestyligen Bildern eher in eine andere Richtung geht. Und finde es ein wenig schade, dass die zum Test anstehenden Aktivlinge Quadral Aurum Gamma (12.000 Euro | www.quadral.com) ausgerechnet in Staubwedelmich-Schwarz – neben Bling-Bling-Weiß die Standardfarbe – bei mir eingetroffen sind. Ein Grau, warum nicht sogar in matt, wäre doch beispielsweise cool! Ist aber leider wie die gesamte RAL-Palette aufpreispflichtig. Der streamingfähigen Gamma mit ihrem unverwechselbaren Quadraltreiber-Gesicht stünde ein authentisches „Industriedesign“, das jedem modernen Loft zur Ehre gereichte, bestimmt super, oder?
Okay, die Geschmäcker sind verschieden. Checken wir also lieber ab, ob mir die Quadral Aurum Gamma wenn nicht optisch, so doch akustisch ein Wunschkonzert abliefern. Zuvor aber selbstverständlich noch ein Blick auf die Technik:
Quadral Aurum Gamma: Technik und Handling
Verantwortungsträger
Fangen wir oben an – beim „hausgemachten“, am Firmenstandort gefertigten Bändchen, das den Hochtonbereich der Quadral Aurum Gamma verantwortet. Die von Quadral „quSENSE“ benannte Treibertechnologie hielt vor vier Jahren im Zuge des Marktstarts der 9er-Generation der Aurum-Reihe Einzug in die Premiumlautsprecher der Hannoveraner. „Beste Dynamik und minimaler Klirr“, zählten, so Chefentwickler Sascha Reckert, unter anderem zu den Entwicklungszielen. Ebenso das „Vermeiden von Überbrillianz“ wie der eine oder andere das womöglich von manch anderem Bändchen her kennt und wie es laut Sascha Reckert auch bei vielen AMTs vorkomme, die am Markt ja recht angesagt sind. Auch die mit Blick auf die Größe (70 mm in der Vertikalen) und Preisklasse des Bändchens recht niedrige Trennfrequenz sei mit AMTs weniger unproblematisch realisierbar: Ab 3000 Hertz aufwärts unterwegs, vermag der quSENSE-Treiber der Gamma für den Großteil des musikalischen Geschehens verantwortlich zu zeichnen.
Wer so viel Verantwortung zu schultern hat, muss sich auf seine unmittelbar zuarbeitenden Kollegen natürlich besonders verlassen können. Und da Class-D-Verstärker filterbedingt nicht unbedingt Ausbünde an Luftigkeit in Richtung Superhochton sind, steht zur amtlichen Befeuerung des Bändchens klassische Class-AB-Technik bereit, die bis zu 50 Watt an die Lötfahnen des Hochtöners bringt. Übrigens: Die Treiberkontakte der Konusse der Quadral Aurum Gamma sind tatsächlich verlötet und nicht gesteckt. Ein Umstand, der selbst bei hochwertigsten Lautsprechern nicht unbedingt zu den Standards zählt und sich über die Jahre bei naturgemäß nachlassender Kontaktgüte (Stichwort: Übergangswiderstand) klanglich signifikant bemerkbar machen kann. Hörern, die im Umgang mit dem Lötkolben versiert sind, bietet sich hier mitunter überraschendes Tuningpotenzial, so meine Erfahrung. So oder so: ein kleines audiophiles Extralob für die Gamma an dieser Stelle. Das Bändchen hingegen verfügt über vergoldete „Push-Terminals“ mit hoher Klemmkraft, wie man sie auch aus dem PA-Bereich kennt. Die Schnittstellen zu den Verstärkerzügen vermittelt dann eine schraubenbewehrte Lüsterklemmenleiste.
Je ein Doppel an Mitteltönern (15,5 cm) und seitlichen Tieftönern (23,5 cm) hat’s an jeder Quadral Aurum Gamma. Die summierte Membranfläche des Mittendoppels macht nach unten hin eine tiefe Trennung (115 Hz) möglich, was verhindern soll, dass die seitlichen Tieftöner akustisch geortet werden können. Das Bassdoppel verheißt – zumal von unspezifischer Arbeit befreit – einen amtlichen Tiefton. Und die bei sämtlichen Konussen zum Zuge kommenden ALTIMA-Membranen ein optimiertes Verzerrungsverhalten: Eine gegenüber anderen Metallmembranen verringerte und insbesondere kontrollierbarere, weil vorwiegend in definierten Frequenzbereichen auftretende Resonanzanfälligkeit sei hier laut Hersteller ins Feld zu führen. Das Aluminium-Titan-Magnesium-Kompositum zählt seit mittlerweile 20 Jahren zu den bewährten Spezialitäten Quadrals.
Die Verstärkung des Mitteltons und des Basses übernehmen jeweils in Class-D-Technik gehaltene 150-Watt-Verstärker, die hier ihre Stärken ausspielen können: Effizienz, geringe Wärmeentwicklung und zudem „Schnelligkeit“: Verstärker mit Pulsweitenmodulation (siehe fairaudio-Lexikon Class-D) vermögen Signalflanken von Impulsen zügiger nachzuzeichnen als lineare Verstärker, die nicht zuletzt durch das Regelverhalten der Gegenkopplung gebremst werden. Die Class-D-Endstufen stammen von Meracus, dem deutschen Kooperationspartner Quadrals, der für die Entwicklung der Aurum-Vollverstärker und -Endstufen mitverantwortlich zeichnet.
Die Kraft der zwei DSPs
In jeder Quadral Aurum Gamma stecken zwei DSPs: Zum einen für die Frequenzaufteilung und die Dirac-Live-Raumeinmessung, die mit den Quadral Aurum Gamma in der Vollversion Einzug hält (Download MAC/PC: www.quadral.com/service/download/#software). Ich halte die Gamma grundsätzlich für nicht sonderlich raumkritisch, dazu tragen auch die geschlossene Gehäusekonstruktion (kein „Bassreflex“ also) sowie die vertikal bündelnd wirkende Anordnung des Mitteltöner-Bändchen-Trios bei. Mit Mikrofon bewaffnet, kann der geneigte Hörer dennoch eine raumindividuelle Messkurve erstellen und versuchen, mittels Wunschzielkurve (bis zu vier sind abspeicherbar) insbesondere Frequenzpeaks zu Leibe zu rücken. Wohlgemerkt: Das Ganze ist natürlich reine Symptom- und keine Ursachenbekämpfung! Dem Wissen um meinen raumakustisch optimierten Hörraum, der Vergleichbarkeit sowie meinen Höridealen geschuldet, beziehen sich die Klangbeschreibungen auf den unbehandelten Frequenzgang der Quadral Aurum Gamma. Dirac lässt sich mittels der zugehörigen Aurum-App jederzeit per Fingertipp (de)aktivieren.
Keine Kompromisse
Die Quadral Aurum Gamma lassen sich natürlich auch analog (XLR, RCA) ansteuern, hier kommt allerdings eine zusätzliche A/D-Wandlung ins Spiel. Gerade mit Blick auf die eigentlich keine unnötigen Kompromisse mehr zulassende Preisklasse sind die Quadral Aurum Gamma wohl insbesondere für jene anspruchsvollen Hörer interessant, die in erster Linie auf digitale Musikbibliotheken zurückgreifen. Und mithin die Streamingfähigkeiten der Quadral Aurum Gamma schätzen. Die Verbindung mit dem heimischen Netzwerk ist sowohl per LAN als auch WLAN möglich, quellseitig lassen sich so Tidal oder Internetradio, aber freilich auch ein lokaler NAS anzapfen. Darüber hinaus finden sich auf der Rückseite der Masterbox ein Toslink-Eingang sowie eine USB-A-Schnittstelle. Erstere verhilft etwa den flachsoundigen Flachfernseher auf die Sprünge, letztere dient dem Anschluss von Sticks oder Festplatten. Die Musikdaten stehen nach Anschluss eines Speichermediums (FAT32-formatiert funktionierte bei mir, exFAT hingegen nicht) ohne Zeitverzug bereit, das Musikhören kann also sofort losgehen (optimal), allerdings nur in der Ordnerstruktur und ohne Coveranzeige (suboptimal). Das USB-A-Streamen funktioniert ausschließlich mit der Quadral-eigenen Aurum-App, die zwar im ersten Moment einen nicht gerade übertrieben smarten optischen Eindruck macht, aber anstandslos und zuverlässig arbeitet. Lediglich, dass das bei der Rückkehr von einem Album zurück zur Albenlistenansicht stets nach „A“ gesprungen wird, störte mich beim Durchstöbern meiner Musikbibliothek. Bei meinen Hörrunden habe ich dann BubbleUPnP und vorwiegend meinen lokalen Minim-Server (die Coveranzeige funktioniert beim Netzwerkstreaming natürlich, ebenso die Bibliotheksstrukturen) verwendet.
Last but not least
Bevor wir die Quadral Aurum Gamma endlich anschmeißen, noch ein paar letzte Dinge: Die Aufstellung der Lautsprecher im Hörraum sollte so erfolgen, dass die Basstreiber jeweils nach innen, sprich zueinander zeigen – daraufhin wurden sie von Quadral klanglich optimiert. Die Masterbox übernimmt dann den linken Kanal. Dabei habe ich die Aurum Gamma nicht ganz, aber annähernd auf Achse ausgerichtet (vulgo: geradewegs aufs Ohr zielen lassen). Da in der Masterelektronik wie beschrieben zwei DSPs verbaut sind, nehmen sich die Gamma entsprechend Zeit für Ihren Morgenkaffee: Vom Drücken der Play-Taste bis zum klangvollen Erwachen aus dem Standby-Schlummer vergehen mal keine 30, aber auch mal knapp über 50 Sekunden. Also bitte nicht hektisch die Lautstärke hochregeln, falls Sie nicht gleich was hören …
Quadral Aurum Gamma: Klangtest
Ein hochgeschossener Aktivlautsprecher mit 350 Watt-Motorisierung und großen seitlichen Bässen: Was sind die typischen Erwartungen an ein solches Konzept? Klar, ein tiefer, mächtiger und nichtsdestotrotz kontrollierter Bass. Und bestimmt eine nicht ganz so überzeugende Räumlichkeit.
Bühne frei!
Fangen wir mit Letzterer an und rufen uns in Erinnerung, dass die Bässe sehr tief getrennt werden und der Mitteltöner einen ziemlich weiten – was der Kohärenz gemeinhin dienlich ist – Übertragungsbereich aufweist. Diese Kniffe sind bestimmt mitentscheidend dafür, dass die Quadral Aurum Gamma einen der „korrektesten“ Raumeindrücke illusioniert, die man für Geld und gute Worte bekommen kann. „Korrekt“ liest sich etwas langweilig?
Nun, Stimmen positionieren sich bestens definiert und exakt mittig (sofern man relativ genau im Sweetspot sitzt), durchs Stereopanorama wandernde Wirbel von Toms und Snares lassen sich exakt „beobachten“ und selbst subtile Transienten sind auffallend sauber zu verorten. Das Klangbild löst sich zudem hervorragend von der Lautsprechergrundlinie nach vorne ab, ohne dem Hörer allzu sehr auf die Pelle zu rücken. Die Größendimensionierung einzelner Instrumente wie auch der gesamten Bühne gereichten jeder Studioabhöre zur Ehre. Ergo: Über Langeweile oder nicht lässt die Quadral Aurum Gamma allein die Aufnahmequalität und die Musik entscheiden – und folgt damit reiner highfideler Lehre. Die von meinen Bryston 7B³ befeuerten, passiven AudioSolutions Virtuoso M (23.000 Euro) oder auch Sehring 903 (neueste Version) lassen Instrumente noch eine Tick griffiger, klarer fokussiert wirken und meine einen Hauch diffuseren Spendor D9 (um 9.000 Euro) sorgen mit ihrer offensiven, etwas größer als Normalnull abbildenden Art für mehr Anmachfaktor. Doch das Entscheidende ist: Die Neutralität und Akkuratesse, mit der die Gamma einen realistischen Raumeindruck illusionieren, genügen höchsten Ansprüchen, sofern man hier nicht tendenziöse Geschmacksrichtungen bevorzugt.
Higher Fidelity
Quadrals exklusiver Bändchenhochtöner begegnete mir ja bereits bei der Quadral Aurum Rodan 9 und Quadral Aurum Orkan 9. Um Enttäuschungen vorzubeugen: Mag sich das Bändchen auch unterschiedlich abstimmen lassen (so klingt die Orkan beispielsweise etwas forscher als die Rodan), die Extraprise Frische oder zusätzliche Pfeffernote, das spektakulär Flirrende, das manch anderes Bändchen in den Ring wirft, liefert die Quadral-Lösung generell nicht. Was von Reckert wie bereits erwähnt nur gewollt und nach meinem Empfinden der Langzeittauglichkeit und Natürlichkeit förderlich ist. Ob es gilt, hochwertig-fein aufgenommene, luftige Beckengespinste definiert aufzudröseln, giftige Hi-Hats als schlüssige Obertongarnitur verzerrter E-Gitarren darzureichen, unsauber mikrofonierte Sibilanten weder zu verschlucken noch auf dem Silbertablett zu präsentieren oder der Musik per Chimes-Einsatz einen ätherisch-engelhaften Glanz zu verleihen: Die Quadral Aurum Gamma spielen mit. Ebenso unaufdringlich wie unlimitiert. Auch in Anbetracht der gehobenen Preisklasse darf man für den Hochton der Quadral Aurum Gamma voll des Lobes sein. Ein echtes Sahneteil – sofern man auf Musikdienlichkeit und nicht Effekthascherei aus ist. Kurz noch zur Musikauswahl der eben genannten Klangbeispiele: Øystein Sevågs „Hanging Gardens“ (Album: Bridge; auf Amazon anhören), Isis „So did we“ (Album: Panopticon, auf Amazon anhören), Alarma Man „Cabin in the Wood“ (Love Forever, auf Amazon anhören), Celebration „Evergreen“ (Album: The Modern Tribe; auf Amazon anhören).
Lustvoll langwellig?
Als saubere Pflichtübung geht die Basswiedergabe durch: Denn wo, wenn nicht tief im tonalen Süden, sollte solch ein System wie die Quadral Aurum Gamma sonst seine Stärken besonders offenkundig ausspielen? Stellen wir den Hannoveranerinnen also einfach mal ein paar Aufgaben für Fortgeschrittene:
a) Die holpernden, tiefen Bassbeats in „Turbulence“ von Free the Robots (Album: Ctrl Alt Delete) uneingeschränkt knackig-druckvoll, aber nicht minder lässig-souverän aus den Ärmeln schütteln? Haken dran. b) Die ultratiefen Bassflächen in Burials „Etched Headplate“ (Untrue) physisch spürbar werden lassen und bei hohen Pegeln PA-Feeling suggerieren? Geht. (Auch wenn eine Audioplan Konzert oder Nubert nuVero 170 mit geeigneter Verstärkung noch einen Ticken tiefer kamen, die erwähnte AudioSolutions hingegen weniger tief). c) Den wabernden, dominanten Basslauf in Eyots „Drifters“ (gleichnamiges Album) schön straff-konturiert halten, und keinesfalls so fett werden lassen, dass er gar noch das Klavier überdeckt? Null Problemo.
Kurzum: Untenrum geht’s mit den Quadral Aurum Gamma zu, wie sich es für einen geschlossenen Aktivling dieser Preisklasse gehört: punchy, konturiert, tief, neutral.
„But … one more thing …“, hätte Steve Jobs an dieser Stelle gesagt: Denn das nach meinem Empfinden eigentlich Überraschende ist, dass die Gamma bei entsprechendem Musikmaterial (beispielsweise Downloads „Outafter“ mit seinem im Break abgestuften Basslauf, auf Amazon anhören) zum einen so etwas wie die physische Manifestation von Bassläufen hinbekommen, zum anderen dabei das Gefühl vermitteln, bei aller Schwerstarbeit dennoch jederzeit feinfühlig aufs Gaspedal zu reagieren. Dieses Talent der Quadral Aurum Gamma sorgt für eine emotionale Spannungsgeladenheit, die man zumindest mit den Passivlautsprechern, die ich noch so Ohr habe, nicht erlebt. Die Kirsche obendrauf: Dröhnen oder Wummern glänzen in meinem Hörraum selbst bei hohen Pegeln durch Abwesenheit. Und wer wider Erwarten doch mal Probleme bekommt, kann ja immer noch auf Dirac zurückgreifen.
Feine Manieren in den Mitten
„Kultiviert“ – ein Wörtchen, das ich bei der Beschreibung des Hochtons nicht hatte fallen lassen, obwohl es dort prima gepasst hätte. Im Hinblick auf die Mittenwiedergabe ebenso: Denn hier beeindrucken abermals die Reinheit, die Abwesenheit jeglicher harscher oder spröder Anklänge oder sonstiger Artefakte. Was – ohne, dass ich die Gamma in den Mitten als Klanglupe bezeichnen würde – automatisch zu einer guten Differenzierung und Transparenz führt. Und klar bringen die Quadral gut aufgenommene Stimmen à la Laura Veirs „July Flame“ (auf Amazon anhören) oder die faszinierend „pur“ abmikrofonierten Instrumente auf Clair Obscurs Album Antigone – Geige, Bratsche, Handtrommeln, Cello, Flöte, Klarinette etc. – so zur Geltung, wie man das von einem High-End-Lautsprecher erwartet.
Woran meiner Erfahrung nach selbst teure Lautsprecher eher scheitern, ist Musik vom Schlage Car Bombs großartigem Mathcore-Album Meta. Was die vier virtuosen New Yorker etwa auf „From the Dust of This Planet“ lostreten, ist purer Wahnsinn. Mit seiner Abstraktion und polyrhythmischen Vielschichtigkeit, den Takt- und Tempowechseln ist Meta unterm Strich aber nicht minder genial. Bei alledem wurde bisweilen – absichtlich oder nicht – insbesondere das Mittenband gehaltvoll abgemischt, selbst die Bassdrum wildert eher in den Mitten als dass es abgrundtiefe Beats gäbe. Auch Hi-Hat und Becken entwickeln Präsenz südwärts Richtung Mittelton. Dazu gesellen sich Toms, brettharte Gitarrensalven und (Growl-)Gesang. Das Resultat des Toningenieurtreibens ist ein über weite Strecken extrem trockener Sound mit einer „Mittendichte“, bei der im Grunde kein Blatt Papier mehr zwischen die Instrumente passt.
Hier weder diffus-matschigen Klangbrei anzurichten noch den Hörer mit klobig-harten Soundklumpen zu traktieren, ist schon eine Kunst für sich. Und die Quadral Aurum Gamma differenzieren Konturen, Texturen und Klangfarben so gut es eben geht, ohne dass es dabei an Lockerheit mangeln würde. Respekt – ein untrügliches Zeichen, dass sich die Mittenwiedergabe der Gamma nicht an Effekthascherei orientiert, in Sachen Auflösung weder unter- noch übertreibt und vor allen Dingen anstandslos verzerrungsarm-rein agiert.
Erste Tendenzen
Ein kleine Tendenz ist mir dann doch noch aufgefallen: Die Quadral Aurum Gamma setzen ab obere Mitten aufwärts tonal eher auf leichte Dezenz denn forsche Präsenz. Was sich weniger bei „From the Dust of This Planet“ und interessanterweise auch nicht bei gut eingefangenen Stimmen offenbart, sondern etwa bei cleanen, „strahlenden“ Gitarren: Das ebenso eingängig wie eigenständig seine Wiederholschleifen drehende Lick auf Dysrhythmias „Running towards the End“ (Album: Test of Submission) bohrt sich einen Tick weniger prägnant-leuchtend in den Gehörgang als ich das gewohnt bin. Bei der tonalen Über-alles-Abstimmung haben die Entwickler der Quadral Aurum Gamma offenbar eine, wenn auch häufig nur unterschwellig zu spürende, Portion zusätzlicher Gefälligkeit & Langzeittauglichkeit mit auf den Weg gegeben.
Quadral Aurum Gamma: Vergleiche
Lautsprecher, wie ich sie wahrlich nicht alle Tage zu Gast habe, waren die letztes Jahr im April getesteten, ebenfalls aktiven (ohne DAC und Streaming) Abacus Horn. Gamma und Horn sind einerseits grundverschiedene Charaktere: Luftiger Superhochton und leicht abgemilderter Präsenzbereich (Quadral Aurum Gamma) treffen auf leicht gedimmten Superhochton und frische Mittenpräsenz (Abacus Horn). Die Gamma bieten zudem eine merklich bessere Bassdifferenzierung, die Horn überflügeln die in Sachen Räumlichkeit eigentlich anstandslos guten Hannoveraner mit ihrer außergewöhnlichen Kohärenz. Andererseits ist beiden Lautsprechern gemein, dass sie mehr als bloße nüchterne Abhören sein wollen: Die Gamma gehen den emotionalen Aspekt der Wiedergabe von der eher kultivierten, die Horn von der sportlichen Seite an. Wobei ich hier bewusst in Schwarz-Weiß male, beide Lautsprecher liefern so wenig Schlagseiten, dass sie „ehrlich“ tönen – im Gegeneinander kontrastieren sich ihre Prioritäten aber sehr schön.
Dass in Sachen Auflösung und Feinstofflichkeit – ohne jedwede analytische Anklänge – noch mehr geht, zeigen die AudioSolutions Virtuoso M, die zusammen mit meinen Monos Bryston 7B³, aber auch schon rund das dreifache der Quadral Aurum Gamma kosten: In den Mitten und Höhen bieten die Virtuoso M schlichtweg ein noch ergreifenderes, faszinierenderes Hörerlebnis. In Sachen Tiefgang und Basspräzision liegen allerdings die Quadral Aurum Gamma vorne.
Leine ich meine Spendor D9 (um 9.000 Euro, mittlerweile gibt eine neuere Variante) an meine kanadischen Verstärkerklötze, faszinieren mich sofort die große (etwas übergroße, aber ich mag das …) Bühne und die strahlend-luftigen Mitten und Höhen – ja, es flirrt so schön involvierend. Merke aber ebenso den Druckabfall im Bass, der den Spendor ansonsten ebenso präzise wie den Quadral gelingt. Zudem muten die, ja, das Wort muss hier wieder hin: „kultivierten“ Aurum Gamma im Mitten-Hochtonbereich zwar nicht feinauflösender an, aber einen Tick beruhigt-klarer: So als wären die letzten Wellenkräusel auf der Wasseroberfläche verschwunden, um einen noch ungestörteren Blick auf den Grund zu erhaschen. Hier grüßt schlichtweg das Thema Verzerrungen.
Test: Quadral Aurum Gamma | Streaming-Lautsprecher