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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Massiv natürlich
  2. 2 HiBy R6 PRO – Hörtest & Vergleiche

Wenn ein Newcomer wie der aus der chinesischen Stadt Dongguan stammende Hersteller HiBy mit seinem R6 Pro (899 Euro | deutscher Vertrieb: www.audionext.de) die etablierte Hi-Res-DAP-Elite zum Duell herausfordert, wird es spannend und nicht nur für ausgewiesene DAP-Fans interessant. Müssen sich Hersteller mit klangvollen Namen wie Astell & Kern, Pioneer oder FiiO nun künftig warm anziehen?

Digitale Audio Player (DAP, siehe auch unser DAP-Testarchiv) sind in der heutigen Zeit musikalische Wegbegleiter wie einst der iPod, nur mit audiophilem Anspruch. Optimal für unterwegs, auf Geschäftsreisen oder bei längeren Aufenthalten im Hotel oder Ferienhaus, bieten sie gleich mehrere Vorteile. Einerseits verfügen sie über klangliche und meist auch ausreichend leistungsbezogene Kompetenzen, mit denen sie selbst höherohmige Kopfhörer während so mancher sonntäglichen Sofa-Session antreiben. Und andererseits bieten sie mittels Speicherkartenaufnahme auch für größere Hi-Res-Musikbibliotheken genügend Platz. Für kurzweilige Unterhaltung sorgen dank rechenstarker Prozessoren nicht zuletzt unzählige Apps außerhalb des HiFi-Segments.

HiBy R6 Pro DAP Albenauswahl

In einem an sich gesättigten Markt tummeln sich neben großen Fischen wie etwa Sony, Pioneer, Onkyo oder Astell & Kern mittlerweile auch hoch angesehene kleinere Brands. Beispielsweise FiiO, iBasso, HiFi-Man oder auch Shanling, Questyle und natürlich ebenso Cayin, Cowon sowie Lotoo, wobei ich jetzt hier mal lieber mit der Aufzählung aufhöre. Erfreulich also, dass nun mit HiBy ein bis dato mir zumindest unbekannter Hersteller mitmischt und frischen Wind einbringt. Unmittelbare Informationen zum Unternehmen selbst sind eher rar gesät, lediglich, dass die Entwickler und Ingenieure schon seit über zehn Jahren im Geschäft sind und in OEM-Manier für andere Anbieter DAPs und D/A-Wandler fertigen, ist bekannt. Offensichtlich Zeit genug also, um Erfahrungen zu sammeln und nunmehr die eigenen Schöpfungen an den Start zu bringen.

Der hier getestete HiBy R6 Pro bedient ganz klar das High-End-Segment, während im gehobenen Bereich der HiBy R6 und im Einsteigerbereich der noch kompaktere HiBy R3 bereitstehen. Vielleicht ein kleiner Satz zur besseren Einordnung: Der nur in einer Edelstahl-Ausführung erhältliche R6 Pro ist die technische Weiterentwicklung des R6. Diesen gibt es ebenso im optisch identischen Edelstahlgehäuse, aber zudem in einer günstigeren Aluminiumvariante (ab 599 Euro).

HiBy R6 Pro DAP USB-C

Liegt der HiBy R6 Pro in meiner Hand, fällt zunächst das relative hohe Gewicht von 285 Gramm auf. Kein Wunder, schließlich besteht das handschmeichelnde, silbrig schimmernde Metall aus hochwertigem, fein gebürstetem Edelmetall – in Sachen Verarbeitung versprüht der R6 Pro Panzerschrankcharme und den festen Willen, die nächsten vier oder fünf Generationen als Erbstück überdauern zu wollen. Beidseitig angebrachtes Gorilla-Glass trägt dazu ebenfalls sein Scherflein bei. Summa summarum wohl kein Wunder, dass der R6 Pro bei meinem Lieblingsitaliener postwendend die neugierigen Blicke der Tischnachbarn auf sich zieht. Das alles bedeutet nicht unbedingt extremst teuer – mit einem abgerufenen Preis von 899 Euro kann man sich gerade noch so entspannt zurücklehnen und einen weiteren Valdobbiadene Prosecco Superiore ordern.

Systemfragen

Bei Digital Audio Playern gibt es im Grunde diverse Strömungen, welche die Konzeption des Betriebssystems fast schon wie ein Glaubensbekenntnis aussehen lassen – und diesem selbstredend klangliche unterschiedliche Meriten zusprechen. So wundert es auch nicht weiter, dass viele audiophil veranlagte Zeitgenossen eher ein spezialisiertes Betriebssystem favorisieren. Dieses verpönt Streaming aus der Cloud und konzentriert sich hauptsächlich auf das Abspielen von lokal abgespeicherten Medien. Hier glänzen beispielsweise Cowon mit seinem Linux-basierten System oder Calyx (extrem abgespecktes Android).

HiBy R6 Pro DAP seitlichBesagte audiophile Naturen sind dann aber ganz erstaunt, wenn sie feststellen, dass die klanglich bestens beleumundeten Astell & Kern-Player mit Android-Unterbau daherkommen, der von unnötigem Betriebssystem-Ballast befreit wurde, aber Streaming möglich macht. Andere Hersteller, wie Onkyo, Pioneer oder auch eben HiBy mit seinem R6 Pro und dem R6 setzen bewusst auf die vollumfängliche Android-Plattform. Auch weil die friedliche Koexistenz von hochwertiger Musikwiedergabe und den Annehmlichkeiten des Google Stores mit seinen abertausenden, jeden Geschmack abdeckenden Apps so möglich ist.

Um die Nachteile beziehungsweise Störungen der im Hintergrund laufenden Operationen des Betriebssystems nicht auf die Musikwiedergabe einwirken zu lassen, haben sich die Hersteller tatsächlich etwas einfallen lassen. Während Pioneer oder Onkyo (siehe Test Onkyo DP-X1) beispielsweise einen „Stand Alone“-Modus parat halten, der alle unnötigen Prozesse und sogar das Display deaktiviert, geht man bei HiBy andere, „bitgenaue“ Wege. Hier wird, so ist zu vernehmen, über eine sogenannte „Direct Transport Audio“-Architektur, die Fehler- und somit jitteranfällige Sample-Rate-Konvertierung von Android und mithin von Musik-Apps wie Tidal, Qobuz und Konsorten schlicht umgangen.

Schnittstellen & Kompatibilitäten

Werfen wir hier bei dieser Gelegenheit schnell einen Blick auf die geräteoberseitige Ausgangssektion, wo auch die augenscheinlichen Unterschiede zum R6 sofort sichtbar werden. Während beim HiBy R6 Pro sowohl ein klassischer 3,5-mm- als auch mir bis dato unbekannter symmetrischer 4,4-mm-Klinkenausgang parat stehen, bietet der R6 statt letzterem die 2,5-mm-Version. Bei beiden stehen wahlweise digitale oder analoge Signale mit festem Ausgangspegel an einem zweiten 3,5-mm-Ausgang an. Da ich keinen einzigen Kopfhörer mit 4,4-mm-Pentaconn-Klinke im Repertoire habe, bin ich zunächst auf einen Adapter (4,4 mm auf 2,5 mm) angewiesen, wenn ich den symmetrischen Anschluss nutzen möchte. Die Idee sowie die Komponenten des 4,4-mm-Anschlusses stammen vom japanischen Hersteller Nippon DICS und sollen eine größere Haltbarkeit und Stabilität als die 2,5-mm- und 3,5-mm-Pendants bieten, gleichzeitig aber praktikabler als die 6,35-mm-Klinke sein. Gleichmäßigere Widerstandswerte und eine größere Störunempfindlichkeit werden der 4,4-mm-Variante ebenso zugesprochen. Und wenn schon Sennheiser und Sony bei ihren Edelmodellen auf den neuartigen 4,4-mm-Anschluss zurückgreifen, dann wird fairaudio auf jeden Fall hier am Ball bleiben.

HiBy R6 Pro DAP und HiBy R6

Links der HiBy R6 Pro mit seinem symmetrischen 4,4-mm-Klinkenausgang, rechts der HiBy R6

Der HiBy R6 Pro ist ein waschechter Hi-Res-DAP. Was das bedeutet? Man kann ihn mit allen relevanten Dateiformaten wie FLAC, ALAC und WAV (AAC oder MP3 gehen natürlich auch) bis hinauf zu 32 Bit und 384 kHz (vergleiche Wortbreite und Samplingrate in unserem Lexikon) füttern kann. DSD? S`il vous plait, nativ natürlich bis DSD 256. Wobei, braucht man letzteres wirklich? Aber gut, ich mit meiner Handvoll DSD-Alben muss nun wirklich keine Diskussionen anzetteln. Benötigt wird, was gefällt. Eine bündig in die Einschalttaste eingelassene LED informiert – neben den wie üblich per Display abrufbaren Daten – bei alledem farblich über die aktuell gefahrene Auflösung.

Auch wenn ich persönlich mit Android auf Kriegsfuß stehe, weil es aus einem DAP notorisch ein imaginäres Telefon macht, liefert es dem HiBy R6 dennoch die Vorteile der Vernetzung per WLAN. Und das sowohl im 2,4-GHz- als auch im störunempfindlicheren 5-GHz-Band. Gleichwohl muss ich hier ein wenig mosern. Denn so schön das CNC-gefräste Edelstahlgehäuse auch ist, es bremst den Empfang doch recht ungemütlich ab, so dass man besser in der Nähe seines Routers weilt. Im direkten Vergleich ist aber der R6 Pro hier etwas gutmütiger als der ebenfalls in Edelstahl vorliegende R6.

Steht der Empfang, ist hier die Möglichkeit mit dem HiBy-DAP sowohl als Client als auch als Server in Erscheinung zu treten, durchaus als pfiffig zu bezeichnen. Dadurch können entweder auf einer NAS oder einem freigegebenen Laufwerk von PC/Mac Inhalte abgerufen oder umgekehrt ins Netzwerk eingebracht werden. Letzteres wollte nicht so recht gelingen, was an eventuellen Bugs oder auch an Limitierungen meines Netzwerks liegen kann. Möglich macht all dies letztlich der „HiBy Link“, der sich in der eigens entworfenen „HiBy Music App“ versteckt. Steuerung des HiBy R6 Pro mittels Smartphone inklusive.

HiBy R6 Pro DAP Display Play-Modus

Sicher, alles vielleicht auch Spielerei, aber das Ganze ermöglicht wunderbare Anwendungsmöglichkeiten. Denn direkt an Aktivboxen oder die Anlage angeschlossen, wird der R6 Pro so vom Sofa aus fernbedienbar. Nice. Umgekehrt lassen sich vorhandene Netzwerkplayer natürlich auch mit dem R6 Pro beziehungsweise Apps wie Linn Kazoo oder Bluesound App  steuern. Per TuneIn Radio hören, ist mit dem HiBy zudem möglich. Bluetooth darf heutzutage ebenfalls nicht fehlen: im R6 Pro sogar via aptX/aptX HD (24 Bit/48 kHz) und LDAC (24 Bit/96 kHz) auch in hochaufgelöst realisierbar. Obgleich zu Beginn des Tests je nach Kopfhörermodell einige Unzulänglichkeiten wie Drop-Outs ihr Unwesen trieben und ich Bluetooth bereits links liegen lassen wollte, besserten die Chinesen mit Updates erfreulicherweise nach. Während es mit dem Audio-Technica ATH-M50xBT wunderbar funktioniert, klappt es auch mit dem Beyerdynamic Aventho wireless mittlerweile nahezu reibungslos und auch klanglich gibt es nichts zu monieren.

Neben alldem gibt’s Zugriff auf den Google Play Store und damit die Nutzung unzähliger Musik-Apps wie Tidal, Qobuz, Deezer oder auch Spotify, wenn‘s datenreduziert sein darf. Da bemühe ich dann doch lieber Tidal, das unter anderem mit MQA daherkommt – strittiges Konzept in Sachen HiRes-Streaming hin oder her. Der HiBy R6 Pro spielt auch die MQA-Master-Files von Tidal klaglos ab.

Interna

Sein interner Speicher gibt sich mit 32 GB eher klassenüblich zurückhaltend, reicht aber aus, um zur Not mit verlustbehafteten und platzsparenden Musikdateien befüllt zu werden, oder aber die abertausenden Emails aufzunehmen, sollte der HiBy R6 Pro mit dem eigenen Postfach synchronisiert werden. Speicherplatzbedenken kann man jedoch heutzutage mit einer 400-GB-Micro-SD-Karte locker von der Hand weisen. So bietet der HiBy R6 zwar nur einen Steckplatz, der laut Hersteller aber auch mit einer Terabyte großen Micro-SD zurechtkommen würde.

HiBy R6 Pro DAP angeschlossener Klinkenstecker

Gewandelt wird im HiBy R6 Pro mit zwei hochmodernen ES9028Q2M des amerikanischen Wandlerkäferspezialisten ESS Technology. Diesen wird ja per se eine eher analytisch helle denn warm-weiche Klangsignatur zugesprochen. In diesem Zusammenhang ist es auch spannend zu wissen, welche Schaltungstopologie Verwendung findet: doppelt differenziell beschaltet oder in reiner Doppel-Mono-Konfiguration? Letzteres ist der Fall. Der technische Unterschied zwischen R6 und R6 Pro? Hier wird es auch interessant:

Beim R6 kümmern sich nach erfolgter Wandlung des Signals ins Analoge jeweils zwei bipolare OPA1612-Operationsverstärker um Filterung und Gain Stage. Anschließend übernehmen zwei TPA6120A-Bausteine, ebenfalls von Texas Instruments in klassischer Class-A/B-Manier die Verstärkung des Signals. HiBy gibt pro Kanal eine Ausgangsleistung von jeweils 300 mW (symmetrischer Ausgang) beziehungsweise 120 mW (3,5-mm Ausgang) an 32 Ohm an. Beim HiBy R6 Pro hingegen durften sich die Ingenieure mal so richtig austoben. Strom- statt Spannungsausgang heißt es am DAC und zusätzlich zu den beiden hochpräzisen Quarzoszillatoren mit niedrigem Phasenrauschen kommen sowohl hochwertige Elna-Kondensatoren wie auch Polymer-Kondensatoren von Panasonic zum Einsatz. Der Muses 8920 J-Fet Operationsverstärker des japanischen Herstellers New Japan Radio findet sich gleich in vierfacher Ausführung wieder, während für die Ausgangsleistung zwei SSM6322-Verstärker von Analog Devices Sorge tragen. Das erklärt auch die massiven Leistungsreserven in Höhe von 750 mW (symmetrischer Ausgang) beziehungsweise 245 mW (3,5-mm Ausgang) und den sehr niedrigen Ausgangswiderstand. Mit dem SSM6322 sind theoretisch nicht nur klassische Spannungs-Verstärkung sogar ultraleckere Stromverstärkungs-Schaltungen möglich, wie sie beispielsweise Bakoon seit Jahren eindrucksvoll praktiziert. Aber ich schweife ab.

Für schnelles Handling noch so großer Musikbibliotheken und verzögerungsfreie Reaktion im User Interface (UI), auf das ich noch zu sprechen komme, spendierten die Ingenieure dem HiBy R6 Pro neben einem 3 GB großen internen RAM auch den Snapdragon 425-Prozessor. Diesem wird geringer Energiehunger bei großer Rechenleistung nachgesagt.

Praxis & UI

HiBy R6 Pro DAP mit Over-Ear-Kopfhörer

Überhaupt bietet der HiBy R6 Pro je länger man sich mit ihm beschäftigt, so manche Überraschung. Akkulaufzeiten von knapp zehn Stunden bei angenehmer Lautstärke, Verzicht auf Bluetooth und WLAN sowie energiesparenden Einstellungen sind absolut mehrheitsfähig. Während mir das superschnelle Aufladen durchaus sogar noch mehr zusagt. In gerade mal zwei Stunden (nachgemessen, nach 1 h 57 Min standen 99% an) ist der 4000-mAh-Akku wieder prall gefüllt.

Noch ein vertiefter Ausblick auf das UI des HiBy R6 Pro, bevor wir uns den Fähigkeiten bei der Musikreproduktion widmen. Im Gegensatz zum R6, der zum Testzeitpunkt – vermutlich bis die vorproduzierten Bestände weg sind – nach wie vor mit dem Android-6.0-Betriebssystem ausgestattet ist, bekommt der R6 Pro gleich das moderne Android 8.1 (Oreo) verpasst, das im direkten Vergleich eindeutig leistungsfähiger ist und nicht zuletzt mit schnelleren Reaktionszeiten sowie einer schlanker gehaltenen Design-Ästhetik daherkommt. Aber keine Bange, der R6-Androide kann via PC auf Android 8.1 upgedatet werden.

Android hin oder her: Die Bedienwege sind kurz, logisch und übersichtlich gehalten. Intuitiv die Menübedienung, tiefer gehende Menüstrukturen braucht es nicht. Und flott geht das Ganze, Respekt. Die Aufreihung von Titeln, Interpreten, Alben oder Genres ist Standard, Haken dran. Etwas versteckt ist der Zugriff auf die private Cloud, sprich NAS (UpNP/DLNA).

HiBy R6 Pro DAP mit In-Ear-Kophörern

Dass man, sobald ein Track angewählt ist, nicht bloß das Album-Cover – wenngleich beim HiBy-DAP grafisch ansprechend dargestellt – über das hochauflösende Display (1280×768) sieht, sondern weitergehende Informationen abrufbar sind, gefällt mir ebenfalls. Alle relevanten Infos stehen auf einem Blick innerhalb einer dreiteiligen Segmentierung parat: Lautstärke, Auflösung, Akkustand, Interpret sowie der jeweilige Song werden auf einer Ebene sichtbar, während die Wiedergabefunktionen mit Restlaufanzeige unterhalb des Covers ihre Dienste anbieten. Ob es möglich ist, den Sperrbildschirm, der löblicherweise eine Bedienung erlaubt und Coveranzeige bietet, als Standard festzulegen, konnte ich leider nicht herausfinden. Auch die Übermittlung der Song-Texte blieb theoretisch, hat für mich aber auch keine große Priorität. Naja, das sind eher Luxusprobleme.

Luxus kann ansonsten mit vielen weiteren Features und Einstellmöglichkeiten des HiBy R6 Pro vorzüglich gefrönt werden. Kurz aufgezählt: Der R6 Pro verfügt über einen gewöhnlichen Equalizer, der sich über sechs Bänder erstreckt, wie auch über eine unkonventionelle MSEB genannte Variante, welche Eingriff auf die Luftigkeit, das Bassgefüge oder die „Über-alles-Klangtemperatur“ erlaubt. Dinge also, die bei orthodox-audiophilen Naturen eher auf Desinteresse stoßen, miesen Aufnahmen aber unter Umständen noch ein Quäntchen Gutmütigkeit entlocken. Wer all diese Features nicht braucht, lässt sie einfach ausgeschaltet.

Replay Gain? Aber klar, so können Aufnahmen mit dem für sie vorgesehen und entweder mittels externen Datenbanken „getaggten“ oder mit dem beim Import in den Metadaten abgelegten Dynamikumfang wiedergeben werden. Wischt man von oben nach unten, erscheinen die „spezielleren“ Audioeinstellungen: Hier lassen sich nicht nur die subtilen DAC-Filter verändern, sondern mit den Parametern „warm“, „Referenz“, „Röhrenverstärker“ auch gewisse Grundcharaktere abstecken. Auch der Gain, hilfreich bei hochohmigeren Kopfhörern oder empfindlichen In-Ears, ist ebenso anpassbar wie die Begrenzung der maximalen Lautstärke.

HiBy R6 Pro DAP Taster

Der HiBy R6 Pro verfügt über „echte“ ins Gehäuse eingelassene Taster

Ebenfalls erwähnenswert: Für die einfache Bedienung von Hand verfügt der HiBy R6 Pro über – Hut ab – hochwertige, im Gehäuse eingelassene Tipp-Tasten. Eine spontane, blinde Key-Features-Bedienung ist so jederzeit bequem möglich.

Wo Licht ist, gibt’s auch Schatten? Ein paar Unzulänglichkeiten gibt es durchaus, aber keine, die sich nicht durch Updates aus der Welt schaffen ließen – und mit letzteren geizten die Chinesen bisher nicht: Bei der Anwahl des Interpreten erscheinen – zwar gut gemeint, aber umständlich – alle Tracks diverser Alben in durchmischter Form. Erst nach Betätigung eines Icons zeigen sich die sortierten Alben.

Zubehör

Apropos sortiert, vielleicht noch kurz etwas zum Lieferumfang. Praktischerweise liefert HiBy ein passendes  Koaxial-Kabel (3,5-mm-Klinke auf Cinch) mit. Ebenso ein vor unliebsamen Kratzern schützendes Set für das Display und die Glas-Rückseite, sowie das obligatorische USB-C-Ladekabel. Auch eine Silikonschutzhülle liegt bei, aber da greife ich für unterwegs dann doch lieber zur deutlich ästhetischeren Lederhülle, die es aber nur optional gibt.

HiBy R6 PRO – Hörtest & Vergleiche

HiBy R6 Pro DAP Coveranzeige

Moderne Digital Audio Player dieser Preisklassen sind generell auf einem sehr hohem klanglichen Niveau angekommen. Der Vergleich mit einem 2004er 40-GB-iPod ist im Grunde sowas wie Formel-1-Renner gegen Seifenkiste. Getan hat sich viel und für die letzten paar Prozent zum Gipfel muss tatsächlich tief in die Tasche gegriffen werden. Wo reiht sich der HiBy R6 Pro ein? In den oberen Rängen, wo es sich ein Astell &Kern A&ultima SP1000M gemütlich gemacht hat? Deutlich oder geringfügig darunter? Die unteren Etagen können schon mal kategorisch ausgeschlossen werden, bereits der kleine HiBy R3 lässt jedes Smartphone vor Neid erblassen. Und diesen überflügelt in der Wiedergabegüte wiederum der „einfache“ HiBy R6 ohne große Mühe.

Kurz zum Test-Setup: Kopfhörerseitig klopfen der Meze Audio 99 Classics und Neo, der MrSpeakers Aeon Flow Open und der In-Ear RHA T20 die „Alltagskompatibilität“ ab. Die unbestechlichen Präzisionsinstrumente Focal Utopia und Meze Empyrean sollen hingegen insbesondere dem „Grenzenausloten“ dienen. Zur besseren Eingrenzung in Sachen DAP-Konkurrenten stehen mit dem Astell & Kern A& Ultima SP1000M sowie dem AK 380, AK 70 MK II und dem Pioneer XDP-300R profunde Mitstreiter eigens für diesen Test parat. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen, nehme ich die DAPs sowohl im Solobetrieb am Kopfhörer als auch als USB-DACs am Macbook Air via Audirvana in die Pflicht.

Steigen wir also in den Ring: Was die Pegelfestigkeit anbelangt, lässt sich dem HiBy R6 Pro eine sehr hohe Leistungsstärke attestieren. Niederohmige Kandidaten wie der Meze 99 Classics mit 32 Ohm beziehungsweise Neo mit 26 Ohm oder der RHA T20 (16 Ohm) benötigen nicht mal 30% bis 40% des Lautstärkeregelbereichs des HiBy R6 Pro, um für meine Verhältnisse laut und dynamisch aufzuspielen. Puffer genug nach oben also, was sofort folgende Frage nach sich zieht. Er wird doch nicht etwa den 600-Ohm-Beyerdynamic DT 880 ohne Schwierigkeiten laut genug antreiben? Doch, tut er. Logischerweise ist das aber keine optimale Paarung und gerade grobdynamisch ist mit einem stationären Kopfhörerverstärker noch mehr drin. Aber für einen DAP, zumal in dieser Preisklasse, ist die Performance an einem solchen Hochohmer dennoch aller Ehren wert.

Cassandra Wilson - Silver PonyBei den rhythmisch-flirrenden perkussiven Elementen auf Cassandra Wilsons „Lover Come Back To Me“ (Album: Silver Pony; auf Amazon anhören) zeigt der HiBy R6 Pro, dass er das Balance-Spiel von Auflösung ohne Schärfe beherrscht. So gibt er sich in den höheren Lagen anders, als man das vielleicht von einem typischen ESS-DAC-Vertreter erwartet. Detailfreudig, aber in der Durchzeichnung nach oben hin etwas sanfter. Schwierig zu beurteilen, was hierfür im Detail ursächlich ist. Sind es die analogen Ausgangsstufen, die aufwendige Schaltungstopologie mit den hochpräzisen Clocks oder liegt es tatsächlich an der Beschaltung der Sabre-ES9028Q2M-Wandler? Oder an der guten Mischung aus allem? Und wenn der R6 Pro auch kein überambitioniertes Hochtonfeuer zündet, leuchtet er etwa feine Hallfahnen heller und strahlender aus als der kleinere R6 – der Pro mutet obenrum insgesamt feinsinniger und präziser an. Gleichwohl kann man den HiBy R6 Pro pegelseitig auch gerne mal aufdrehen, ohne dass etwa Sibilanten zu harsch oder sonst wie unangenehm wirken würden.

Paul Anka - Rock SwingsAuch im Mittenband folgt der HiBy R6 Pro einer „härtefreien“, musikalischen Gangart, Klangfarben leuchten fein und ausdifferenziert auf. Im Zweifelsfall spielt er einen Hauch auf der wärmeren statt kühleren Seite von neutral, ohne hier einer allzu ausgeprägten Grundtonbetonung anheimzufallen. Bei Paul Ankas „Black Hole Sun“ (Album: Rock Swings) muten sowohl das Klavier als auch die zu Beginn vordergründig aufspielenden Streicher angenehm austariert an. Tatsächlich beeindruckt mich das irgendwie „schöngeistige“ Mittenband je mehr Singer-Songwriter auf die Playlist kommen.

Im Tiefton packt der HiBy R6 Pro sehr konturiert und kraftvoll-präzise zu, liefert gleichzeitig ein gut im Saft stehendes und tief in den Frequenzkeller hinabreichendes Fundament ab. Ein übermotiviertes Kawooom, um Drama zu suggerieren, ist ihm aber fremd. Gleichwohl zeigt sich der R6 Pro kräftiger und fülliger als der minimal schlanker wirkende R6. Und auch wenn der Pro die kompromisslose Straffheit sowie Elastizität und schlussendlich die temporeich-leichtfüssig anmutende Durchhörbarkeit beispielsweise eines Astell&Kern SP1000M schuldig bleibt, verliert er weder präzise Strukturen noch das korrekte Timing aus dem Blickwinkel. Es sind Nuancen, die hier den Unterschied ausmachen. Der HiBy R6 Pro ist untenrum nicht „boomy“, liefert gleichwohl tonal eine solide Unterfütterung abseits einer steril-nüchternen Darbietung.

HiBy R6 Pro DAP Display

Räumlichkeit? Nun, bühnentechnisch rückt der HiBy R6 Pro das Geschehen zielgerichtet in Richtung des Zuhörers und bietet dafür quasi als vorauseilende Entschädigung einen penibel und akkurat gestaffelten Tiefeneinblick. Das lässt die minimal geringere Ausdehnung der Bühne in ihrer Weite umgehend in Vergessenheit geraten. Dass sich der HiBy R6 Pro um die äußersten Randbereiche nicht mit der gleichen pingeligen Akribie kümmert, wie es kostspielige High-End-DAPs tun? Geschenkt.

Dynamik und Timing? Zählen eindeutig zu den Kernkompetenzen des HiBy R6 Pro. Auch bei komplexesten Passagen lässt er nicht ins Schleudern kommen. Der R6 Pro kann stupende Dynamikfeuerwerke vom Zaun brechen und ein Live-Konzertfeeling vermitteln, dass einem der Groove förmlich ins Blut überspringt. Erstaunlich dabei, wie mühelos sich der Pro von seinem kleineren R6-Bruder absetzt.

Quervergleiche zu DAP-Konkurrenten

HiBy R6 Pro DAP mit Laptop

Die Sensation kann der HiBy R6 Pro zwar nicht perfekt machen, er ist meinen DAP-Referenzen dennoch löblich nah an den Fersen. Kostspielige Digitale Audio Player wie der Astell & Kern A&Ultima oder auch sein Vorfahre AK 380 verfügen über eine auch noch allerfeinsten Musikverästelungen nachgehende Präzision, die mit einer langzeittauglichen Musikalität derart verwoben ist, dass mir dieses Sowohl-als-auch jedes Mal fast die Sprache verschlägt.

Interessanter ist der Vergleich mit dem Astell & Kern AK70 MK II und dem Pioneer XDP-300R. Hier reiht sich der „kleinere“ HiBy R6 in die enge Lücke zwischen den beiden Konkurrenten ein. Kernig und druckvoll geht der AK 70 MK II zur Sache, der Pioneer setzt hingegen mehr auf Filigranarbeit und räumliche Weite. Der HiBy R6 nimmt von beiden die jeweiligen Vorzüge vereinend in seine klangliche Charakteristik auf, während der R6 Pro noch eine Schippe drauflegt: Unterm Strich resultiert mit dem Pro ein noch anspringenderes, informativeres, luftigeres, ja, intensiveres Klangbild.

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Test: HiBy R6 Pro | Mobiler Player (DAP)

  1. 1 Massiv natürlich
  2. 2 HiBy R6 PRO – Hörtest & Vergleiche

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