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Lyravox Karlsson & Karlotta

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Anregendes Ambiente
  2. 2 Dynaudio Evoke 10: Klangtest und Vergleiche

Von Dynaudio hatte ich schon so einige Modelle bei mir zu Gast, und das ist sicherlich kein Umstand, über den ich mich beschweren möchte. Ob auch die kleinsten Kompaktlautsprecher der neuen, seit Februar 2019 in Europa, ab April 2019 in anderen Märkten erhältlichen „Evoke“-Serie eine überzeugende Vorstellung abliefern werden, versucht dieser Hörbericht zu klären (Web: www.dynaudio.de, Preis: 1.400 Euro).

Glückszahl 13

Die Chancen dazu stehen auf jeden Fall schon mal gut: Haben Sie sich den Werbetrailer zur Evoke-Serie einmal angeschaut? Allein die Freifeldmessung der Lautsprecher mithilfe eines rotierenden Mikrofon-Arrays ist mehr als beeindruckend. Roland Hoffmann, Direktor der Dynaudio Academy, erzählt nicht ohne Stolz: „Im Jahr 2017 konnten wir dank unserer Konzernmutter Goertek massiv in Skanderborg, Dänemark, investieren: in Europas größten und modernsten Lautsprecher-Messraum, den Jupiter-Messraum. Dabei handelt es sich um einen 13 x 13 x 13 Meter großen Kubus, ein sogenannter „Infinite Response Measurement Room“, der so groß ist, dass wir quasi ohne Raumartefakte messen können. Zweiunddreißig hochgenaue Bruel/Kjaer-Messmikrofone und eine um 360 Grad drehbare Plattform ermöglichen es uns, sehr genau das Rundstrahlverhalten zu vermessen und in sehr kurzer Zeit die Auswirkungen verschiedener Chassis, Gehäuseformen und Frequenzweichen auszuprobieren. Die neuen Confidence und Evoke sind die ersten Modellreihen, die vom Projektstadium bis zum Finetuning komplett im Jupiter-Messraum entstanden sind.“

Ambiente Dynaudio Evoke 10

Zudem haben die Dänen mit den neuen Contour- und Confidence-Serien sowie ihren früheren Entwicklungen (wie zum Beispiel den „Esotar“-Hochtönern) einen reichhaltigen Fundus an Technologien zur Verfügung, um eine neue Lautsprecher-Familie der oberen Mittelklasse auf den Markt zu bringen, die nach Höherem strebt. Mit der Evoke-Serie will Dynaudio nichts anderes als den Thron im entsprechenden Marktsegment erobern.

Dynaudio Evoke 10 - Kalotte

Nesthäkchen

Die Dynaudio Evoke 10 sind die Nesthäkchen der neuen Boxen-Familie. Mit knapp über 31 Zentimeter Höhe und exakt 18 Zentimeter Breite machen sie überall eine schlanke Figur, sogar auf dem Bücherregal. Wirklich dafür gedacht sind die Bassreflex-Lautsprecher mit ihren 14-Zentimeter-Tieftönern allerdings nicht – das (Achtung, Spoiler!) wird der Hörtest noch unter Beweis stellen. Wer mehr Tiefgang wünscht und/oder ein größeres Raumvolumen zu beschallen hat, der kann sich zwischen den größeren Geschwistern Evoke 20 (um 2.000 Euro) oder den beiden Standmodellen Dynaudio Evoke 30 (um 3.200 Euro) oder Evoke 50 (um 4.400 Euro) entscheiden. Ein Center-Lautsprecher namens Evoke 25C (um 1.200 Euro/Stück) komplettiert bei Bedarf auch die Ausstattung eines Heimkinos.

Innen größer als von außen sichtbar?

Die neuen „Esotec+“ getauften Tieftöner der Evoke-Serie verwenden – wie alle Lautsprecher von Dynaudio seit Gründung der Firma im Jahre 1977 – ein Magnesium-Silikat-Polymer (MSP) als Membranmaterial. Wie gesagt durchmisst der Tief-/Mitteltöner der kleinsten Evoke gerade einmal 14 Zentimeter, und gemeinhin ordne ich solche Dimensionen, zumal dann, wenn sie in so kompakten Gehäusen verbaut wurden, in die Gattung „audiophil-feingeistiger Bassverweigerer für Triangel-Liebhaber“ ein. Doch die Erfahrung, auch (und insbesondere) mit kleineren Dynaudio-Lautsprechern, hat mich diesbezüglich manches mal eines Besseren belehrt.

Dynaudio Evoke 10 auf Sessel

In der Evoke-Serie kommt gleich eine ganze Reihe von Neuerungen zum Zuge, die die Performance der Treiber noch weiter voranbringen sollen. So zum Beispiel neue, asymmetrische Sicken (sollen für besseres Schwingverhalten im äußeren Bereich der Membran sorgen) und ein weiter verbessertes Magnetsystem aus „Ferrit+“, einem Strontiumcarbonat-Keramik-Magnetmaterial. Beides soll unter anderem dazu dienen, die Auslenkungen der Treiber auch bei hohen Pegeln linearer zu gestalten, die Dynamik zu erhöhen und den Frequenzgang zu erweitern – und zwar, ohne die klangliche Leistung im Mitteltonbereich zu beeinträchtigen. Das ist gar keine leichte Aufgabe, denn man muss sich klarmachen, dass bei einem Zweiwegler wie diesem von einem einzigen Treiber mehr als die Hälfte des gesamten Frequenzgangs unverzerrt und unverfärbt wiedergegeben werden muss; die widerstreitenden Anforderungen und Materialeigenschaften bei so unterschiedlichen Frequenzen unter einen Hut zu bekommen ist keine Banalität.

Dynaudio Evoke 10 in Schwarz

Die Membran selbst ist ganze 0,4 Millimeter dünn. Laut Dynaudio bietet das MSP bei dieser Stärke eine optimale Kombination aus Gewicht, Steifigkeit und innerer Dämpfung. Wie bei Dynaudio üblich, ist auch in der Evoke 10 die Membran komplett einteilig; was wie eine Staubschutzkappe aussieht, ist Bestandteil der eigentlichen Membran und direkt mit dem darunterliegenden, besonders steifen und leichten Schwingspulenträger aus Glasfaser verbunden. So will Dynaudio die Bewegung der gesamten Membraneinheit optimal kontrollieren – auch, weil die 38 Millimeter durchmessende Schwingspule aus Aluminiumdraht dank des vergleichsweise geringen Gewichts des Materials mit mehr Wicklungen aufwarten kann, was wiederum eine bessere Kontrolle der Bewegung auch bei hohen Leistungsanforderungen und im höheren Frequenzspektrum nach sich ziehe. Eine besonders formstabile Zentrierspinne aus Nomex sorge dabei für ein gleichmäßiges Schwingverhalten über alle Frequenzen, so Dynaudio.

Hex-Hex

Dynaudio Evoke 10 im Raum

Auch im Hochton bringt Dynaudio eine Neuerung in die Evoke-Serie ein: Der neue „Cerotar“-Hochtöner besitzt unter seiner 28-Millimeter-Softdome-Membran eine sogenannte „Hexis“-Innenkuppel, die zuvor nur in der Confidence-Reihe zu finden war. „Die Hexis-Kuppel ist eine Art Dom hinter der Gewebekalotte, der durch seine Form und Struktur wie ein Diffusor stehende Wellen aufbricht, was zu geringeren Resonanzen und höherer Effizienz führt“, so Roland Hoffmann. Wie der Tieftöner verwendet auch der neue Cerotar-Tweeter in seiner Antriebseinheit Ferrit+, was den Hochtöner noch leistungseffizienter machen soll.

Dynaudio Evoke 10, Hochtöner im Detail

Kabinettstückchen

Jaja, wir alle wollen Lautsprecher, die vor allem … gut klingen? Sicher. Doch das Auge hört mit, glauben Sie mir. Deshalb ist es für die Dynaudio Evoke 10 mit Sicherheit kein Nachteil, dass sie optisch, mit Verlaub, ein absoluter Hammer geworden ist. Kein anderer mir bekannter Lautsprecher dieser Klasse vereint so kompakte Maße, so stimmige Proportionen und ein dermaßen handschmeichelndes, satinartiges Echtholzfurnier.

Dynaudio Evoke 10 - Walnuss-Furnier

Die passenden Dynaudio Stands 10 könnten sich kaum harmonischer ins Gesamtbild einfügen und bieten einen absolut sicheren Stand – alleine die Konterscheiben der Spikes unterliegen wohl einer kleinen Serienstreuungsproblematik: Während sich sechs von acht Spikes problemlos schrauben lassen, verweigern zwei ohne Schmiermittelzugabe den Dienst oder lassen sich nur sehr widerwillig durchs Gewinde drehen. Egal, das sind Kleinigkeiten.

Dynaudio Evoke 10 - Stand

Bei den zur Evoke 10 passenden Lautsprecherständern lassen sich die Kabel innen führen

Richtungsweisend

Eine der für Dynaudio wichtigsten Komponenten im Lautsprecher ist die Frequenzweiche, an deren Auslegung sich die Geister durchaus schon mal scheiden. Denn Dynaudio setzt traditionell auf eher komplexere Filtersysteme, die den Frequenzgang und die Impulsantwort der Lautsprecher so weit wie möglich linearisieren sollen, und angesichts ihrer Erfolge fahren die Dänen damit auch sehr gut. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die komplexen Widerstände der Frequenzweichen für die angeschlossenen Verstärker eine gewisse Herausforderung darstellen können. Das hat auch Dynaudio erkannt und mit der Excite-Serie vor etwa sechs Jahren eine „verstärkerfreundlichere“ Lautsprecherserie mit etwas weniger aufwendigen Frequenzweichen entwickelt.

Dynaudio Evoke 10 - Treiber ausgebaut

Die Excite-Serie befindet sich nach wie vor im Programm, weshalb die Dänen die Entwicklung der Evoke-Serie etwas kompromissloser vorantreiben konnten: „Preisbezogen und qualitativ gehen wir hier davon aus, dass schon „ausgewachsene“ Verstärker mit den Evoke-Lautsprechern kombiniert werden. Allerdings ist es ein Merkmal der vergleichsweise sehr starken Ferrit+-Magnete, dass die Chassis leistungseffizient sind, das heißt, dass sie zusammen mit den leichten Aluminiumschwingspulen Musiksignale schnell und akkurat umsetzen können“, sagt Roland Hoffmann. „Die Dynaudio Evoke 10 und 20 sind 6-Ohm-Modelle, die sich naturgemäß recht brav gegenüber Verstärkern verhalten. Dennoch: Mit jedem Mehr an Strom und Spannung wächst eine Dynaudio klanglich“, fügt er hinzu. Im Zusammenspiel mit der unkritischen Nennimpedanz sollte der Wirkungsgrad von 84 dB/1W/1 m in Ordnung gehen. In der Dynaudio Evoke 10 kommt übrigens ein Filternetzwerke 2. Ordnung (also mit einer Flankensteilheit von 12 dB/Oktave) zum Einsatz.

Dynaudio Evoke 10 - Terminal

Dynaudio Evoke 10: Klangtest und Vergleiche

Meine Hörtests finden überwiegend am „großen Besteck“ statt – also an den Norma-Audio-PA-160-MR-Monoblöcken, die von der Vorstufe Norma Audio SC-2 DAC mit Signalen versorgt werden –, denn am Linn Classik Movie 2 (um 3.200 Euro, 5 x 75 Watt an 4 Ohm) mit seinem Schaltnetzteil produzieren die Dynaudio Evoke 10 zwar vollkommen ausreichend viel Bass, jedoch ist der wenig druckvoll, seltsam aufgebläht und wattig-hohl. Das können die Evoke 10 doch besser?

Dynaudio Evoke 10 - Woofer

Ja, das können sie – und dafür sind natürlich mitnichten derart „überqualifizierte“ und teure Verstärkermonos vom Schlage meiner Normas nötig, sondern eine sorgfältige, nicht unbedingt an der Ausgangsleistung allein festzumachende Auswahl des Verstärkers, wobei die kleinen Däninnen eine „gewisse Dominanz“ der Endverstärkung schon zu schätzen wissen. Um sicherzugehen, dass die Liaison von Amp und Speaker eine glückliche sein wird, dürften etwa 100 möglichst stabile Watt an den 6 Ohm der Dynaudio Evoke 10 und großzügig dimensionierte Verstärkernetzteile eine grobe Empfehlung darstellen. Röhrenverstärker und auch Class-D-Endstufen sollte man zumindest zuvor ausprobieren – deren Verhalten an komplexeren Lasten ist ja nicht immer ganz berechenbar.

Dynaudio Evoke 10 von oben

Die angesprochene Dominanz macht sich dann vor allem in einem für die Größe der Lautsprecher unerhört raumfüllenden, griffigen Bass bemerkbar, der selbst in meinem mittelgroßen 25-Quadratmeter-Raum Substanz und bei höheren Lautstärken sogar eine gewisse Wucht bis in die Grenzfrequenzregion von etwa 50 Hertz besitzt. Die grundsätzliche Charakteristik der Dynaudio Evoke 10 im Bass ist dabei eher als leicht warm denn sehnig-mager zu bezeichnen, wobei sie zum Glück nicht mit einer singulären Betonung im Oberbass daherkommen und auch keinen Hang zur Fettleibigkeit besitzen.

pete belasco deeperDer Roll-off nach unten fällt sanft und linear aus, sodass auch sehr tieffrequentes Geschehen wie in Pete Belascos „Deeper“ vom gleichnamigen Album (auf Amazon anhören) noch hörbar wiedergegeben wird. Interessant und bemerkenswert ist dabei das Vermögen der relativ kleinen Treiber, auch ganz tief unten noch Strukturen zu differenzieren und nicht einfach nur noch irgendetwas zu reproduzieren, das Tiefe simuliert – auch wenn die allertiefsten Noten in „Deeper“ natürlich nicht so druckvoll rüberkommen wie mit größeren, aber nicht unbedingt viel teureren Standlautsprechern vom Schlage einer B&W 601 (um 1.600 Euro), oder mit deren grobdynamischen Wucht aufwarten können. Auch die B&W 706 S2 (um 1.400 Euro) liefert einen etwas herzhafteren Punch und teilt grobdynamisch noch saftiger aus, insbesondere bei beherzten Drumattacken wie auf Phil Collins legendärer Live-Aufnahme von „In the Air Tonight“.

Dynaudio Evoke 10 - Detail Woofer

Zentrales Anliegen

So richtig zauberhaft wird’s dann im Mittelton. Ohne dass die Dynaudio Evoke 10 diese Frequenzregion in der Amplitude betonen würden, lassen sie hier am deutlichsten durchblicken, was sie wirklich können. Herrlich offen und dabei stressfrei, sauber, durchsichtig und dynamisch ungebremst singt Jacintha in „Danny Boy“ (Album: Here’s to Ben), da kommen die gleichteuren, vor circa drei Jahren getesteten Dynaudio Excite 18 dann nicht mehr mit. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass die große Dynaudio Contour 60 in dieser Beziehung keine Vorteile verbuchen konnte, was allerdings auch einfach an meinen räumlichen Gegebenheiten gelegen haben mag.

Aber zurück zur Dynaudio Evoke 10. Auch das Saxophon-Solo im selben Song swingt mitreißend energetisch und dabei farbstark, deckkräftiger zum Beispiel als mit einer knapp halb so teuren B&W 606, aber auch als mit der teureren Focal Aria 926 (circa 1.900 Euro). Beim Hören dieser Passagen stellt sich wieder dieses Gefühl einer Initialzündung der erwachenden HiFi-Begeisterung ein. Woran das liegen mag? Nun, meistens handelt es sich um Neues, das ebenso neue Gefühle verursacht. Hier ist es vor allem die mühelose Darstellung von Mikroinformationen – vor allem (aber nicht nur) solchen im oberen Mittelton, Präsenzbereich und Hochton –, die ich in dieser Art einfach nicht erwartet hatte. Diese Details offeriert die Dynaudio Evoke 10 so präsent und klar, dass ich mich an keinen Lautsprecher bis 2.000 Euro – wahrscheinlich sogar so einige Hunderter darüber – erinnern kann, der diesbezüglich Vergleichbares leistet. Noch ein Beispiel gefällig?

cantate dominoIn „Take the Power Back“ von Rage Against the Machine präsentieren die Dynaudio Evoke 10 den Slap-Bass gänsehauterregend transparent und lassen jedes Klangfitzelchen bis hin zum Schnarren der Saiten auf den Bundstegen detailliert durchscheinen. Auch das Vibrato des abschließenden Tons im Bassriff findet Beachtung: herrlich! Oder „Julsang“ von der wunderbaren Aufnahme Cantate Domino (auf Amazon anhören): Die Dynaudio Evoke 10 trennt die Stimmen des Chors wunderschön plastisch voneinander, kennt keine Verzögerungen im Antritt und spreizt den dynamischen Headroom, also die Lautstärkeunterscheidung von ganz leise bis laut, sehr weit. Die Emotionen der Sängerinnen und Sänger kommen wunderbar zur Geltung, unbeeindruckt von der Orgel, die im Grundton Wucht und im Präsenzbereich Definition besitzt. Und noch eines, weil’s so schön ist: In John Adams „Absolute Jest: The Beginning“ verleiht die Dynaudio Evoke 10 jedem einzelnen Streicher des Quartetts eine individuelle Präsenz, und doch verweben sich die einzelnen Melodieverläufe miteinander zu einem schwindelerregend aufsteigenden, sehnsuchtsvoll-verzweifelten, leidenschaftlichen Tanz.

Felix LabandeDer Hochton der Dynaudio Evoke 10 hält sich nach dieser grandiosen Mittenshow fast schon vornehm zurück; ganz typisch für die großen Seidenkalotten der Dänen, schließt er unprätentiös und sehr homogen an die Mitten an und gibt eine tendenziell eher sanfte, seidige, fein granulierte Vorstellung. Im direkten Vergleich zu den ebenfalls gerade bei mir residierenden B&W 606 integriert sich der Cerotar-Hochtöner noch besser ins tonale und zeitliche Gesamtbild und wirkt auch etwas weniger stark ins Spotlight gestellt. Dass der Dynaudio-Tweeter qualitativ in einer höheren Liga spielt, zeigt sich darin, wie spielerisch er die Ausschwingvorgänge von Becken und das Verhallen selbiger im Raum in Felix Labandes „Black Shoes“ (Album: Dark Day Exit; auf Amazon anhören) nachvollziehbar macht – noch klarer und deutlich sauberer als die ringverstärkten Aluminiumkalotten der Britinnen beispielsweise. Okay, zum doppelten Preis darf man auch mehr verlangen.

Dynaudio Evoke 10 Ambiente

Impulsiv

Die Impulswiedergabe der Dynaudio Evoke 10, vor allem im oberen Mittelton und Präsenzbereich, kann ich nicht anders als „sensationell für die Klasse“ bezeichnen. Die Antrittsschnelligkeit der Evoke 10 geht einher mit einer ebenso ungewöhnlichen Fähigkeit zur Detailauflösung und feindynamischen Abstufung.

nicolas jaarDie von mir oft zur Beweisführung herbeizitierten Nicolas Jaar (Album: Space Is Only Noise; auf Amzon anhören) und Felix Labande belegen es auch in diesem Fall wieder: Die Jaarschen Synthies in „Colomb“ oder das Rollen der Sticks auf der Snaredrum in Labandes „Dirty Nightgown“ (beides findet vor allem im (oberen) Mittelton statt) besitzen einen Grad an individueller Klangausgestaltung, der auf mich geradezu euphorisierend wirkt. Dabei sind die schnellen Energie-Bursts der Slap-Bass-Impulse auch in Rage Against The Machines „Take the Power Back“ sauber vom Rest des Geschehens getrennt, ohne – und das ist der Clou – sich davon künstlich abzusetzen und den Groove zu zerstören. Die auf der Zeitebene extrem kohärente Wiedergabe lässt diese kleinen Lautsprecher mit fast schon unglaublich mitreißender Hingabe funken und grooven – dabei sind die dänischen Boxen doch traditionell eher für eine gesittete, distinguiert-aristokratische Gangart bekannt, oder nicht?

Dynaudio Evoke 10, gestapelt

Raumeffizienz

Die Beobachtung von Tonalität, Auflösung, Transparenz und Impulswiedergabe ist die eine Sache, das sich Fallenlassen in den atmosphärischen Raumeindruck, den Lautsprecher kreieren, eine andere. Manche Lautsprecher entwerfen eine Art „Aufsicht“, kultivieren den distanzierten Blick – andere beziehen den Hörer in das mit ein, was da passiert. Kino vs. Theater mit Zuschauerbeteiligung, sozusagen.

Dynaudio Evoke 10 in Weiß

Die virtuelle Bühne – der Platz, an dem die Musiker zu stehen scheinen – löst sich bei der Evoke 10 sehr gut von den Lautsprechergehäusen ab und ihre Grenzen sind äußerst variabel, sprich weitestgehend abhängig von dem, was das Quellmaterial vorgibt. Den richtigen Abstand der Boxen zur Rückwand (in meinem Hörraum etwas über 60 Zentimeter) erkennt man daran, dass Bassfülle und Bühnentiefe in ausgewogenem Verhältnis zueinander stehen und dass Stimmen und Instrumente sich dreidimensional greifbar, solide körperlich (deutlich „fester“ zum Beispiel als mit den B&W 706 S2) und nicht ätherisch manifestieren – wiederum gut nachvollziehbar mit dem Chor in „Julsang“ (Cantate Domino), aber auch mit Jacintha in „Danny Boy“.

Dynaudio Evoke 10 vor Anlage

Die eigentliche Kunst der Dynaudio Evoke 10 ist es allerdings, den Hörraum mit ambienten Klangkomponenten auch abseits der eigentlichen Bühne zu füllen – man hat als Hörer oft den Eindruck, subtil vom „Raumambiente“ umgeben und somit „dabei“ zu sein. Diese schwer zu greifende Qualität hebt die Dynaudio Evoke 10 von vielen anderen kompakten Lautsprechern ab, die ich gehört habe. Die KEF LS50 (um 1.180 Euro) zum Beispiel, aber auch die hORNS FP6 (um 2.900 Euro) können Klangereignisse zwar noch minimal (KEF) beziehungsweise deutlich (hORNS) konturenschärfer auf der Bühne abbilden, belassen die Atmosphäre der Aufnahme aber auch dort, während die Däninnen den Hörer quasi mit einem Klangambiente „umhüllen“. Stellen Sie sich Q-Sound vor – so ähnlich, wenn auch in stark abgeschwächter Ausprägung, erwecken die Dynaudio Evoke 10 den Raum um mich herum zum Leben. Klar, die Band spielt immer noch vor mir, und doch kriege ich irgendwie mehr akustische Raumanteile mit. Das kann man mit Fug und Recht „immersiv“ nennen.

Billboard
Kircher HiFi

Test: Dynaudio Evoke 10 | Kompaktlautsprecher

  1. 1 Anregendes Ambiente
  2. 2 Dynaudio Evoke 10: Klangtest und Vergleiche

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