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Die Teufel-Modelle Real Blue TWS 2 und Real Blue NC konnten mich für sich einnehmen, denn sie bieten eine umfangreiche Ausstattung mit interessanten Features und einen überraschend neutralen – wenn auch immer noch spaßorientierten – Klang. Der neue Over-Ear-Kopfhörer Teufel Real Blue Pro (Preis: 349,99 Euro) bietet nicht weniger Ausstattung, setzt aber noch stärker auf die audiophile Karte als seine beiden Familienmitglieder. Nun assoziiert man Teufel (Web: https://teufel.de/) immer noch nicht gleich mit „High End“, doch was die Berliner in den jeweiligen Preisklassen mittlerweile abliefern, dürfte selbst den ein oder anderen versnobten Audiophilen aufhorchen lassen. Doch schauen wir uns nun zuerst einmal an, mit was wir es hier zu tun haben.
Wie beim „NC“ handelt es sich beim „Pro“ um einen Bluetooth-Kopfhörer mit aktivem Noise Cancelling (ANC). In beiden Modellen setzt Teufel auf eine hybride Mikrofonanordnung, bei der innerhalb und außerhalb der Kopfhörermuschel Mikrofone installiert sind, womit das ANC durch den permanenten Abgleich zwischen Außen- und (gecancelten) Innengeräuschen besonders effektiv ausfallen soll. Wie schon beim Real Blue NC kommt die Verpackung des Teufel Real Blue Pro ohne Plastik aus – sehr gut.
Die App ist der Chef
Moderne ANC-Kopfhörer kommen nicht ohne App aus, mit der man die oft weitgehenden Funktionen steuern kann, und der Teufel Real Blue Pro macht da keine Ausnahme. Klar lassen sich die wichtigsten Funktionen über Knöpfe an den Ohrmuscheln regeln, doch für die EQ-Einstellung und weitere Spezialitäten braucht‘s eben die Teufel Headphone-App, die es kostenlos für Apple und Android in den jeweiligen Stores zum Download gibt. Was aber sind die „weiteren Spezialitäten“?
Bekannt von den anderen Real-Blue- und Supreme-Modellen ist „ShareMe“. Damit lassen sich zwei Teufel-Ohr- beziehungsweise Kopfhörer zu einer Gruppe zusammenfassen, innerhalb derer eine einzelne Quelle an alle Kopfhörer und In-Ears dasselbe Signal verteilt. Super praktisch zum Beispiel bei Gaming- und Heimkino-Anwendungen, wenn es (für die Nachbarn) mal nicht so laut werden soll. Auch Multipoint geht – dabei kann der Kopfhörer simultan mit zwei Quellen, zum Beispiel einem Smartphone und einem PC, verbunden werden. So lassen sich Inhalte von beiden Quellen hören, ohne dass man immer eine Verbindung trennen und eine andere neu herstellen muss.
Mit den EQ-Funktionen lässt sich der Klangcharakter des Kopfhörers auf gewisse Zielkurven hin anpassen, die für ein jeweiliges Genre optimal sein sollen. Ich persönlich halte diese Kurven für recht stark und auf ungewöhnliche Weise ins Klangbild eingreifend – und komme auch mit der manuellen Manipulation nicht so ganz zurecht. Dabei greift man über das Verschieben eines zentralen Fokuspunkts im Frequenzdiagramm immer in das gesamte Klangbild ein. Verschiebt man zum Beispiel das „Zentrum“ auf etwa 100 Hertz und hebt den Pegel um sagen wir mal 6 dB an, fällt der Pegel zum Hochton hin immer stärker ab. Diese starke Abhängigkeit anderer Frequenzen von der Fokussierung auf einen Punkt macht die EQ-Funktion einigermaßen unflexibel – auch wenn sich Teufel sicherlich (hörpsychologisch) was dabei gedacht hat.
Die Geräusch- und Echounterdrückung beim Freisprechen „cVc“ von Qualcomm soll eine hochwertige Sprach- und Telefonqualität sicherstellen, um den Gesprächspartner auch in lauten Umgebungen gut zu verstehen und unangenehme Echoeffekte zu vermeiden. Wie der NC versteht der Real Blue Pro zwar aptX, verzichtet jedoch auf die HD-Version dieses Codecs.
Unterschiede zum Real Blue NC
Die offensichtlichen konstruktiven Unterschiede zum Real Blue NC halten sich in Grenzen. Der augenscheinlichste, wenn auch unsichtbare Unterschied ist der Einsatz neuer 44-mm-Linear-HD-Treiber im Teufel Real Blue Pro. Diese neuen Schallwandler sind vier Millimeter größer als die im NC-Modell, was Wirkungsgrad, Bassvolumen und Tiefgang – Tugenden, an denen es dem NC beileibe nicht mangelt – weiter guttun dürfte. Auch die neuere Bluetooth-Version 5.1 ist beim Real Blue Pro mit an Bord, während der NC noch auf Bluetooth 5.0 vertraut. Mit „über 56 Stunden ohne ANC“ fällt die maximale Spielzeit des Real Blue Pro laut Teufel minimal, bei eingeschaltetem ANC mit 44 Stunden etwas besser aus als beim NC (55 Stunden beziehungsweise 41 Stunden).
In Sachen App-Funktionen gibt es zwei größere Vorteile für den Real Blue Pro. Einerseits führt Teufel hier die Mimi-Hearing-Sound-Personalisierung ein. Die soll wie auch immer bedingte Hörverluste über eine individuelle Anpassung des Frequenzgangs ausgleichen, damit „Details bei Sprache, Musik und Filmton besser gehört werden“. Dazu muss man einen kurzen Hörtest durchführen, den Rest machen die Algorithmen der Berliner Akustiker – wie gut, klären wir im Praxis- und Hörtest. Und zweitens soll die ein- und ausschaltbare „Dynamore Headphones“-Funktion dem Hörer ein breiteres Stereopanorama bieten und die Im-Kopf-Lokalisation verringern. Auch dazu gleich mehr.
Hörtest und Vergleiche: Teufel Real Blue Pro
Dass es eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Teufel Real Blue und seinem Pro-Upgrade geben würde, war zu erwarten. Die äußert sich allerdings eher in einer sehr ähnlichen Verhaltensweise beim Einsatz oder eben Nicht-Einsatz der diversen Features. So blendet zum Beispiel die dreistufige aktive Geräuschunterdrückung nicht nur recht effektiv den von außen kommenden Störschall aus, sondern fügt dem Standardklang zudem eine mäßige bis ordentliche Portion Loudness-Charakter hinzu. Diese Abstimmung ist nachvollziehbar, da insbesondere bei mobiler Anwendung eine „Extraportion Bass“ oft gelegen kommt.
Tonalität
Das Problem dabei: Wer den Real Blue Pro zuerst mit eingeschaltetem ANC hört, egal, auf welcher Stufe, wird beim Ausschalten mit einiger Sicherheit mehr oder weniger überrascht sein und ihm im Standard-Modus einen überschlanken Klang zusprechen (und ihm damit Unrecht tun) – vor allem bei Musikgenres, die vom Druck und einer gewissen Basswucht leben.
Filters neue Album „The Algorithm“ zum Beispiel klingt mit eingeschaltetem ANC auf höchster Stufe richtig saftig, üppig, und pflanzt den angezerrten E-Bass und die Bass-Drum schön nachdrücklich in die Gehörgänge. Auffallend ist, nebenbei bemerkt, dass der Real Blue Pro es auch im ANC-Modus deutlich besser schafft, Nuancen und Strukturen im Bass aufzuzeigen als der Real Blue NC. Er lässt zudem Obertöne natürlicher nachschwingen und füllt und staffelt große Räume überzeugender – doch zu Raum, Mikroauflösung und so weiter kommen wir gleich etwas ausführlicher, lassen Sie uns erst mal bei der Tonalität bleiben.
Ohne die Klangbeeinflussung durch den ANC-Modus scheint der Sound im ersten Moment fast schon in sich zusammenzufallen, wirkt geradezu dünn. Aber: Da ich das Album bereits über die Stereoanlage gut kenne, weiß ich, dass es eben nicht besonders mächtig und fett abgemischt wurde und grundsätzlich eine eher schlanke Tonalität mitbringt. Das legt nahe, dass der ANC-freie Betrieb mit dem Teufel Real Blue Pro näher an der Realität liegt als die „gepimpte“ Klangvariante.
Diese These bestätigt sich mit dem genialen Jazz-Titel „On That Side (Live)“ des Moses Yoofee Trio: Mit den akustischen Instrumenten des Trios erweist sich die Ohne-Alles-Abstimmung des Real Blue Pro insgesamt zwar als tendenziell schlank, auch schlanker als die des Denon AH-D7200 (UVP um 800 Euro), aber eben als deutlich neutraler als die ANC-Modi und dabei im Bass ebenso tiefgehend – richtig tief und dort unten dann auch kontrollierter als mit aktivierter Geräuschunterdrückung. Die ANC-On-Position macht in der Tat mehr Spaß und lässt die Teufel-Gene voll zur Geltung kommen – und zwar auf einem Niveau, das der Real Blue NC nicht erreichen kann. Doch die wahrhaftigere Interpretation des Geschehens liefert der nüchternere Modus ohne ANC, auch wenn er direkt nach dem Umschalten vergleichsweise langweiliger wirkt.
Auflösung, Hochton und Raum
Im Vergleich zum Real Blue NC gelingt dem Pro eine merklich offenere und luftigere Hochtondarstellung. Er reproduziert die Becken in „On That Side (Live)“ feiner, seidiger texturiert und verteilt sie definierter im Raum. Gleichzeitig öffnet der Pro-Kopfhörer den Raum weiter als sein NC-Pendant. Während dieser die Grenzen des Raums immer irgendwo erahnen lässt und so zu einem stärkeren Im-Kopf-Gefühl beiträgt, begrenzt der Real Blue Pro das Geschehen kaum noch, sodass sensible Naturen seinen Klang als angenehmer und langzeittauglicher empfinden dürften.
Apropos: Teufel bietet mit dem erwähnten Dynamore Headphones im Real Blue Pro eine Technologie an, die der Im-Kopf-Lokalisation zusätzlich entgegenwirken und eine „Stereobühne wie mit richtigen Lautsprechern“ kreieren soll. Ich persönlich empfinde den Effekt als eher unnatürlich – allerdings ich bin generell recht empfindlich, was Phasenspielereien angeht. Objektiv betrachtet leidet dennoch die im Grunde sehr präzise und scharf umrissene Abbildung – auf diesem Qualitätsniveau ein weiteres Novum für Teufel-Kopfhörer – ein wenig, sodass ich lieber im Normalmodus ohne Dynamore weiterhöre.
Mimi-Sound-Personalisierung
Das gilt nicht für die Personalisierung des Klangbilds mit der Mimi-Technologie, denn die hilft dem Klang in der Tat deutlich auf die Sprünge. Man nimmt sich fünf Minuten Zeit für einen Hörtest und erhält eine EQ-Empfehlung, die erstaunlich gut passt. Die empfohlene Kompensation der hohen Frequenzen lässt sich in drei Stufen (weicher, empfohlen, reicher (sic!)) einstellen und dann nochmals jeweils in der Intensität anpassen. Ich bleibe bei der schwächsten Stufe und einer Intensität von 80 % hängen – so klingt’s merklich frischer und klarer, ohne dass die oberen Register stressen oder nerven.
Testfazit: Teufel Real Blue Pro
Der bisher audiophilste und ohne Zweifel bestklingende Kopfhörer von Teufel heißt Real Blue Pro. Seine Grundabstimmung ist erstaunlich neutral mit einer leichten Tendenz zum schlanken, trockenen Bass, den ich so natürlich und schlackenfrei bei Teufel bisher nicht gehört habe. Damit setzt er sich sogar von bestens beleumundeten Konkurrenten aus den Häusern Bose oder B&W ab, die jeweils etwas üppiger rüberkommen – Geschmackssache.
Der Real Blue Pro kann aber – im ANC-Modus – auch all das, was Teufel-Fans erwarten, wenn es sein muss und soll: Druck, Wucht, Dynamik, Pegel – Musik mit Schmackes (bis zum Überfluss) also. Dazu kommen eine umfangreiche Ausstattung, eine feine Verarbeitung, hochwertige Materialien und ein sehr guter Tragekomfort.
Tipp: Hören Sie den Teufel Real Blue Pro erst mal einige Zeit ohne den ANC-Modus, um sich nicht den klanglichen Gaumen von der üppigen „Umami-Komponente“ der aktiv geräuschunterdrückten Betriebsart beeinflussen zu lassen. So kann er in Sachen musikalischer und klanglicher Wahrhaftigkeit sogar klassischen passiven Over Ears seiner Preisklasse ernsthaft Konkurrenz machen. Dann kann man die Mimi-Sound-Personalisierung testen, die den Klang ziemlich gut und individuell an das jeweilige Gehör anpassen kann. Alles andere ist dann „nice to have“ im täglichen Gebrauch.
Fakten:
- Modell: Teufel Real Blue Pro
- Konzept: geschlossener Over-Ear-Kopfhörer mit Bluetooth und ANC
- Preis: 350 Euro
- Gewicht: 296 Gramm
- Ausführungen: Schwarz, Silber
- Lieferumfang: 3,5-mm-Klinke-Kabel (1,2 m) inklusive Inline-Fernbedienung, Softcase mit Zubehörbeutel, USB-C-Ladekabel
- Akku-Betriebsdauer: 56/44 Stunden (ohne/mit ANC, mittlere Lautstärke)
- Sonstiges: Codecs: Bluetooth 5.1, AAC, Bluetooth aptX; Freisprecheinrichtung Qualcomm cVc, Dynamore Headphones, Mimi Sound Personalisierung
- Anschluss: Bluetooth, 3,5-mm-Klinke, USB-C (nur laden)
- Garantie: 2 Jahre
- Weitere Informationen auf der Website des Herstellers
Hersteller & Vertrieb:
Lautsprecher Teufel GmbH
Budapester Straße 44 | 10787 Berlin
Telefon: +49(0)30–217 84 217
E-Mail: info@teufel.de
Web: https://teufel.de/
Test: Teufel Real Blue Pro | Kopfhörer