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Ein Teufel-Kopfhörer für mehr als 200 Euro macht neugierig, schließlich sind schon die günstigeren Vorgängermodelle – vom frühen Aureol Real über den Teufel Real Z bis hin zum Real Pure – gute Hörer fürs Geld gewesen. Den Teufel Real Blue NC (230 Euro) gibt es zwar auch schon ein Weilchen, doch Ende 2021 haben die Berliner ihr Kopfhörer-Topmodell überarbeitet. Wir hören rein und schauen, was sich im Vergleich zur ersten Ausführung des Modells getan hat.
Das Kürzel „NC“ lässt schon darauf schließen: Beim Teufel Real Blue NC handelt es sich um einen Bluetooth-Kopfhörer mit aktivem Noise Cancelling (ANC), das bei Teufel hybrid, also mit innerhalb und außerhalb der Kopfhörermuschel installierten Mikrofonen realisiert ist. So soll das ANC besonders effektiv ausfallen. Den Real Blue gibt es auch ohne „NC“ als reines Bluetooth-Modell für immerhin 60 Euro weniger. Lobenswert: Die Verpackung des Teufel Real Blue NC kommt ohne nennenswerte Mengen an Plastik aus – auch Beyerdynamic (siehe Test der Modelle DT 700 PRO X & DT 900 PRO X) geht diesen Weg. Das sollte Industriestandard sein.
App-Funktionen
Der aktuelle Teufel Real Blue NC ist eigentlich ein ganz neuer Kopfhörer – und das nicht nur wegen des Designs. Er lässt sich, wie mittlerweile fast alle kabellosen Teufel-Hörer, über die hauseigene Headphones-App für Android und iOS steuern, per EQ den eigenen individuellen Vorlieben anpassen und so einiges mehr: Bekannt aus den beiden günstigeren Modellen Teufel Supreme ON (150 Euro) und Supreme IN (120 Euro) ist die ShareMe-Funktion, bei der sich zwei Teufel-Ohr- beziehungsweise Kopfhörer mithilfe der Teufel-Headphone-App zu einer Gruppe zusammenfassen lassen, sodass beide die Signale einer einzelnen Quelle parallel wiedergeben. Das fehlte dem Vorgänger ebenfalls noch. Ebenso wie die umfangreichen EQ-Funktionen, mit denen sich der Klangcharakter des Kopfhörers deutlich und sinnvoll anpassen lässt. Auch die Geräusch- und Echounterdrückung beim Freisprechen – cVc von Qualcomm – ist neu. Sie soll eine hochwertige Sprach- und Telefonqualität sicherstellen, um den Gesprächspartner in lauten Umgebungen gut zu verstehen und das gefürchtete und unangenehme Echo seiner selbst vermeiden. Zudem besitzt der neue Real Blue NC nun aptX-Fähigkeiten, verzichtet jedoch auf die HD-Version des Codecs.
SchwarzWeißBlau
Bevor jetzt die Hertha-Fans aufhorchen: Es geht um die verfügbaren Gehäusefarben des Teufel Real Blue NC. Denn als augenscheinlichster Unterschied zum Vorgänger fällt das (nicht zwangsläufig blaue) Gehäuse des Real Blue NC 2021 auf.
Der Vorgänger schien mir noch mehr auf eine technikverliebte, martialisches Design goutierende (Gamer-)Kundschaft ausgerichtet – das Facelift kommt mit einem ungleich eleganteren, klarer und glatter gestalteten Gehäuse daher. Neben der zum Test verfügbaren und dem Namen gerecht werdenden Ausführung in Steel Blue steht noch Night Black und Pearl White zur Auswahl. Ich persönlich finde das Blau ziemlich genial – echt mal was anderes.
Akku-Laufzeit
Eine weitere wichtige Veränderung des Teufel Real Blue NC ist in der Praxis noch bedeutsamer, denn mit bis zu 55 Stunden Spielzeit bei mittlerer Lautstärke und ausgeschaltetem Noise Cancelling überbietet er seinen älteren Bruder um satte 25 Stunden. Selbst mit eingeschaltetem NC soll der neue Teufel-Over-Ear 41 Stunden lang Musik machen – der Alte macht bereits nach maximal 23 Stunden Schluss. Der neue Lithium-Ionen-Akku hat eine Kapazität von 700 mAh und dürfte wahrscheinlich für das um moderate 20 Gramm höhere Gewicht des Neulings verantwortlich sein.
Technische Daten
Den 40 Millimeter durchmessenden Linear-HD-Treiber mit Membranen aus mit Nickel beschichtetem Kunststoff, einer belüfteten Rückkammer und Neodym-Magneten teilen sich beide Modelle. Die Linear-HD-Treiber sollen dem Teufel Real Blue NC zu einem Frequenzgang von 10 bis 20000 Hertz verhelfen – mehr muss ja auch nicht sein. Der Wirkungsgrad ist mit 99 dB/1 mW (gegenüber 93,5 dB beim Vorgänger) recht gut, und die Nennimpedanz von 16 bis 32 Ohm (1 kHz, 1 mW) niedrig genug, um auch den meisten portablen Musikquellen (MP3-Player, Smartphone etc.) beim optional möglichen kabelgebundenen Betrieb nicht zu viel Spannung abzuverlangen.
Handschaltung
Hatte der erste Real Blue NC noch eine Touch-Oberfläche auf dem Gehäuse, verlässt sich der neue auf einen Knubbelknopf – dem Joystick – an der rechten Ohrmuschel, der Lautstärke und Titelsprung ebenso steuert wie Play und Pause.
Ich persönlich komme damit besser klar als mit berührungssensitiven Oberflächen. Das weiß ich spätestens, seit ich ein Auto fahre, das nur noch Touch-Bedienung zulässt, und die Beschäftigung mit so manchen entsprechend ausgestatteten Kopfhörern hat mir diesbezüglich ebenfalls die Augen geöffnet. Was ist eigentlich so falsch an rastenden Knöpfen und klickenden Schaltern? Danke dafür an Teufel. Auch das Noise Cancelling und die „Transparency“-Funktion, mit der man vom Mikrofon aufgefangene Außengeräusche von der Elektronik verstärkt deutlicher an sein Ohr dringen lassen kann, lassen sich über einen kleinen Drucktaster bedienen. Ein zwei Sekunden langer Druck aktiviert (LED leuchtet grün) oder deaktiviert das Noise Cancelling, ein kurzer Druck schaltet die Außengeräuschverstärkung ein (LED leuchtet weiß) oder aus. Die Effekte der jeweiligen Funktion hört man recht deutlich, wobei schon die passive Schalldämmung des Teufel Real Blue NC 2021 ordentlich, wenn auch nicht übermäßig ausfällt. Nahe Stimmen und wichtige Verkehrsgeräusche dringen bereits bei ausgeschaltetem Noise Cancelling und geringen Lautstärken ohne „Transparency“ verständlich ans Ohr.
Die Ohrmuscheln des Teufel Real Blue NC finden einen guten Kompromiss aus Weichheit und festem Sitz – sie sind auch nach längerem Hören recht bequem, und das bei geschlossenen Kopfhörern für mich unvermeidliche „Ohrschwitzen“ hält sich in Grenzen. Zudem lassen sich die Pads sehr einfach tauschen – wer das mal bei einem Denon gemacht hat, weiß, dass es auch weniger erfreulich sein kann. Nur mit meinen breit abstehenden Brillenbügeln (Hipster-Tribut) scheint die Soundbearbeitung des hybriden Noise Cancelling ein wenig auf Kriegsfuß zu stehen, denn ein winziger Luftspalt an der rechten Hörmuschel lässt wohl Außengeräusche auch an das innenliegende Mikrofon durch. Ohne Brille ist aber alles schnieke.
Alles in allem ist Teufels 2021er Real Blue NC also ein ganz neuer Kopfhörer, der mit seinem Vorgänger nur noch den Namen gemein hat und ihm zumindest auf dem Papier keine Chance lässt. Hören wir also mal rein und schauen, ob, und wenn ja, wie sich die ganzen Neuerungen im Klang niederschlagen.
Teufel Real Blue NC (2021): Hörtest & Vergleiche
Ganz erstaunlich finde ich, dass – im Gegensatz zum Ergebnis im Test des Vorgängers – das Klangbild des neuen Teufel Real Blue NC über Bluetooth und mit aktiviertem NC deutlich kohärenter, voller und gleichmäßiger um den Kopf des Zuhörers verteilt wirkt als ohne Rauschunterdrückung oder gar am Kabel angeschlossen. Vor allem elektronisch erzeugte oder rockige Mucke kommt mit fühlbar mehr Schmackes und Verve rüber. Einen Ermüdungseffekt durch das ANC kann ich dabei nicht erkennen, ebenso wenig ein erhöhtes Grundrauschen.
Letzteres stellt sich hingegen ein, wenn man den „Transparency“-Modus aktiviert, der Außengeräusche aktiv verstärkt an die Ohren weiterleitet. Das funktioniert leidlich gut, nimmt dem Klangbild aber ebenfalls etwas von seiner ausgewogenen Fülle. Das verwundert nicht, denn so muss sich die Elektronik des Real Blue NC 2021 nicht nur um die Musik, sondern zudem noch um die von außen aufgefangenen Geräusche kümmern und alles miteinander konsolidieren. Ähnliches passiert wie bereits angedeutet, wenn der Teufel Real Blue NC mit dem Kabel am Macbook Pro oder einem ifi nano iDSD nuckeln darf: Das Klangbild verliert merklich an Fülle, Kohärenz und Schwung. Fazit: Alle weiteren Höreindrücke beziehen sich auf die Bluetooth-Übertragung mit eingeschaltetem Active Noise Cancelling.
Getting real
Der Real Blue NC legt, nach 10- bis 20-stündiger Einspielzeit, Teufel-typisch druckvoll und tief los – und wartet doch mit einer Überraschung im Tieftonkeller auf: So straff (bei entsprechendem Musikmaterial) und differenziert im Bass kenne ich die bisherigen geschlossenen Modelle der Berliner nicht. Der Teufel Real Blue NC agiert auch deutlich leichtfüßiger, agiler, federnder und mit Sicherheit linearer als jegliche mir bekannten Beats- oder Monster-Modelle. Wobei, das mit dem „linear“ ist gar nicht so einfach reproduzierbar zu validieren, denn je nach Musikstück kann der Teufel durchaus richtig die Kuh fliegen lassen – oder aber den strengen Zuchtmeister geben. Solch Wandelbarkeit bei der Quantität der Basswiedergabe ist mir in dieser Preisklasse einigermaßen neu. Mein AKG N60 NC jedenfalls hat das so gut nicht drauf, verleiht dem Kontrabass in „Lonesome Lover“ von Max Roach (Album: It’s Time; auf Amazon anhören) weniger charakteristisches holziges Knarzen und den Elektrobässen in „Variations“ des Submotion Orchestra vom Album Kites (auf Amazon anhören) weniger fetten Ooomph. Der Teufel Real Blue NC arbeitet also klarer als die meisten anderen mir bekannten Kopfhörer unter 500 Euro heraus, wie viel Pegel der Toningenieur im Frequenzunterstübchen zugelassen hat, eine echte Tendenz zu „warm und satt“ oder „schlank und drahtig“ kann ich daher nicht konstatieren.
Dazu passt, dass der Teufel Real Blue NC im Mittelton neutraler spielt als sein Vorgänger und sich weder besonders farbenleuchtend noch ausnehmend dünn gibt. Wenn ich mich festlegen müsste, dann würde ich – zu meinem Erstaunen – eher eine gewisse Schlankheit und Kopftendenz bei der Stimmwiedergabe denn eine Brustbetonung konstatieren. Das passt zum – in den meisten, aber eben nicht allen musikalischen Fällen – auf der straff-linearen Seite angesiedelten Bassbereich des Teufel Real Blue NC, zumal der 40-mm-Linear-HD-Treiber sich Stress oder Aufdringlichkeiten vom Mitten- bis Präsenzbereich komplett verkneift. Nur bei Kabelbetrieb oder ausgeschaltetem Noise Cancelling wiederum gerät mir persönlich die Balance einen Tick zu sehr ins Trockene verschoben.
Im Hochton gibt sich der Real Blue NC wiederum fast schon erstaunlich offen und prononciert, ohne tonal wirklich über die Stränge zu schlagen. Klar, so seidig fein wie ein Denon AH-D 5200 (600 Euro) spielt der Teufel nicht, kann sich aber in Sachen Auflösung und Detailreichtum immerhin auf Schlagdistanz zum Audioquest Nighthawk (600 Euro) heranpirschen. Sie merken: Wir sprechen hier von einer Wiedergabegüte, die über dem liegt, was in der Um-200-Euro-Preisklasse für kabellose ANC-Kopfhörer üblich ist. So gibt er den – keinesfalls spaßbefreiten – Musterschüler im Teufel-Programm und setzt eher den klanglichen Weg des halboffenen Teufel Real Z (180 Euro) mit gesteigerter Qualität fort als den seines direkten Vorgängers.
Räumlich ordnet sich der Teufel Real Blue NC gut in seine Preisklasse ein. Nicht gerade ausufernd weit, sondern eher kompakt und intim, und dementsprechend nicht holografisch-luftig voneinander separiert, sondern direkt miteinander kommunizierend stellt er die Band von Max Roach in „Lonesome Lover“ auf eine etwas dichter gestaffelte Bühne.
Dass der Fun dabei nicht zu kurz kommt, dafür sorgt die knackige Dynamik des Teufel Real Blue NC – bei Piano, Stimmen und mit großen Orchestern gleichermaßen. Ganz besonders mag ich die mühelose Geschwindigkeit von Impulsen im Mittel- und Hochton bei Toms, Congas und anderer Percussion. Transienten und – zu einem gewissen, preisklassengerechten Maß – subtile feindynamische Gradierungen mag der Teufel einen Hauch lieber als grobdynamisch massiv rummsende Hip-Hop- und Techno-Bässe. Klar, das geht auch. Doch man merkt schon, wenn die Präferenzen eigentlich andere sind.
Testfazit: Teufel Real Blue NC (2021)
Über Bluetooth und mit eingeschaltetem Noise Cancelling ist der Teufel Real Blue NC des Jahrgangs 2021 der wahrscheinlich tonal am audiophilsten abgestimmte geschlossene Teufel-Kopfhörer, den ich bisher gehört habe – ohne „nur“ ein audiophiler Kopfhörer zu sein oder sein zu wollen. Mit ausgeschaltetem Noise Cancelling oder am Kabel betrieben verschiebt sich die tonale Balance für meinen Geschmack ein wenig zu sehr ins Schlanke, aber auch das kann man mögen.
Hip-Hop-Rapper-Techno-Jünger mit bereits stark reduziertem Hörvermögen im Bassbereich finden einschlägig bekannte Alternativen, die mehr Bassquantität liefern können. Die dürften jedoch in jeder anderen Hinsicht gegen den Teufel Real Blue NC auf lange Sicht vordergründig wirken und Ausgewogenheit vermissen lassen.
Der neue Teufel Real Blue NC ist ein sehr gelungener Kompromiss aus sachlicher High-Fidelity-Treue und einem den Bauch ansprechenden Sound, den Fans der Marke zu recht schätzen – und das zu einem sehr angemessenen Preis.
Fakten:
- Modell: Teufel Real Blue NC (2021)
- Konzept: geschlossener, faltbarer Over-Ear-Kopfhörer mit Bluetooth und Active Noise Cancelling
- Preis: 230 Euro
- Gewicht: 280 Gramm
- Ausführungen: Schwarz, Blau, Weiß
- Lieferumfang: 3,5-mm-Klinke-Kabel (1,2 m) inklusive Inline-Fernbedienung, Softcase mit Zubehörbeutel, USB-C-Ladekabel
- Akku-Betriebsdauer: 55/41 Stunden (ohne/mit ANC, mittlere Lautstärke)
- Sonstiges: Codecs: Bluetooth 5.0, AAC, Bluetooth aptX; Freisprecheinrichtung Qualcomm cVc
- Anschluss: Bluetooth, 3,5-mm-Klinke, USB-C (nur laden)
- Garantie: 2 Jahre
Weitere technische Angaben auf der Produktseite des Herstellers.
Hersteller & Vertrieb:
Lautsprecher Teufel GmbH
Budapester Straße 44 | 10787 Berlin
Telefon: +49(0)30–217 84 217
E-Mail: info@teufel.de
Web: https://teufel.de/
Test: Teufel Real Blue NC (2021) | Kopfhörer