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Test: Denon AH-D7200 | Kopfhörer, Over-/On-Ears

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  1. 1 Test: Denon AH-D7200 | Kopfhörer, Over-/On-Ears

April 2017 / Benjamin Baum

Auf 106 Jahre Entwicklung, Design und Vertrieb unterschiedlichster Audioprodukte vom Plattenspieler bis hin zum volldigitalen Bluetooth-Surround-Receiver kann der japanische Hersteller Denon mittlerweile zurückblicken. Beinahe die komplette Zeitspanne seit dem 100-jährigen Firmenjubiläum hat Chefentwickler Yoshinari Fukushima mit der Weiterentwicklung seines geschlossen-dynamischen Kopfhörer-Flaggschiffs Denon AH-D7100 zugebracht. Was hat er da bloß so lange getrieben? Eine mögliche Antwort soll dieser Test liefern.

Material und Technik
Starten wir den Bericht über den Denon AH-D7200 (www.denon.de) doch, wenn wir schon einen klanglich und verarbeitungstechnisch kompromisslos abgeschmeckten Gourmet-Kopfhörer mit der Zutat „Walnuss“ vor uns haben, mit einem magazinjournalistischen Klassiker: dem kulinarischen Vergleich. Et voilá: Was braucht es zu einem besonders luxuriösen Menü? Nun, viel Erfahrung, die jeweils besten Zutaten, ein bisschen Zeit zum Herumprobieren, Abkochen und Garen – und natürlich einen kultivierten Koch, der es versteht, die einzelnen Bestandteile so miteinander zu verbinden, dass am Ende ein Produkt serviert wird, das nach mehr schmeckt als die Summe seiner Zutaten.

Denon AH-D7200 Bügel

Entsprechend scheint Denon-Chefentwickler Yoshinari Fukushima die Entwicklung des neuen geschlossenen Spitzenkopfhörers AH-D7200 angegangen zu sein. Seine Vision: ein langzeittauglich-urbequemer Genusshörer für die heimischen vier Wände, der trotz geschlossenen Konzepts so ausgewogen, effektfrei und schlüssig aufspielt, dass der Musikliebhaber alle technischen Details rasch vergisst und sich ganz in der Musik verliert.

Und wer sich auch nur ein paar Takte mit Yoshinari Fukushima über materialbedingte Resonanzen, Verfärbungen, Vibrationen, Reflexionen oder Dämpfungen beim Kopfhörerbau unterhält, bekommt rasch eine Vorstellung davon, warum die Entwicklung eines von allem technischen Beiklang befreiten Heimkopfhörers selbst für einen derart erfahrenen Entwickler eine halbe Dekade Forschungs- und Entwicklungsarbeit in Anspruch nehmen konnte.

Denon AH-D7200 Klinke

Für das Ansinnen, beim neuen Kopfhörerflaggschiff AH-D7200 Design, Komfort und Klang auf höchstmöglichem Niveau zu verbinden, griffen die Japaner nahezu ausschließlich auf neue Materialien und Technologien zurück. Wie Fukushima betont, wurden sämtliche eingesetzten Stoffe gegen eine Vielzahl von Alternativen unter Laborbedingungen getestet sowie auf den jeweiligen klanglichen Einfluss im Rahmen des Gesamtkonzepts hin bewertet – und erst, wenn beides passte, für die Verwendung im fertigen Kopfhörer freigegeben. Bei den meisten Verbindungen der Einzelmaterialien brachte Fukushima dabei ein Verfahren zur Anwendung, was ich in Ermangelung eines passenden Fachbegriffs einmal behelfsweise als „Puffertechnik“ bezeichnen würde. Bedeutet: Die Übergänge zwischen den Materialien – beispielsweise vom Kabel zum Gehäuse oder von der Membram zum Treibergehäuse – sollten durch resonanzoptimierte Stoffe möglichst bruch- und damit eigengeräuschlos gestaltet werden.

Denon AH-D7200 Ohrpolster

Das prominenteste Beispiel für die entwicklungstechnische Sorgfalt in Auswahl und Komposition der Einzelmaterialein beim AH-D7200 ist aber sicherlich Denons neue Free-Edge-Treibermembran. Diese 50-mm-Membran besteht aus besonders leichter und engmaschig texturierter Nanofaser, die sich im Vergleich zu normalem Papier aus einem Vielfachen an Fasern zusammensetzt und damit besonders starr und ergo verzerrungsarm sowie weitgehend frei von störenden Ansprechspitzen arbeiten soll. An ihren Außenkanten ist die Free-Edge-Membran, nomen est omen, nicht wie bei den meisten Kopfhörern direkt am Treibergehäuse fixiert, sondern – wie vielerorts im Lautsprecherbau üblich – in einen schaumigen Verbundstoff zwischen Membran und Gehäuse eingebettet. Dadurch kann die Membran freier schwingen und gibt sich, so Fukushimas Überzeugung, nahezu unbeeinflusst von unerwünschten Verzerrungen und Resonanzen.

Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen erklärt mir Fukushima, dass viele Technologien im Denon AH-D7200 einer Art projektiver Mischkalkulation unterlägen. Soll heißen: Technische Neuerungen wie die Free-Edge-Treibermembran werden von Produkt zu Produkt weiterentwickelt, bis sie sich eines nicht allzu fernen Tages nicht nur innovationstechnisch, sondern auch wirtschaftlich rechnen. In der Zwischenzeit profitiere der Kunde dann mitunter zu einem etwas günstigeren Tarif von den neusten Denon-Technologien.

Zum Beispiel, um eine weitere zu nennen, von der besonders kurzen, mit kupferbeschichtenen Aludrähten versehenen Schwingspule, die von einem mehr als ein Tesla starken Neodym-Magneten flankiert wird, und der Einbettung in ein verzerrungs- und resonanzdämpfendes Harzlager.

Denon AH-D7200 Walnuss-Muschel

Oder von der ominösen Nuss, die Material und Form des Gehäuses bestimmt. Laut Fukushima handelt es sich beim handschmeichelnd rundgeschliffenen Walnussgehäuse des Denon AH-D7200 mitnichten um modisch-elitären Schnickschnack für Lifestyle-orientierte Premium-Kunden, sondern um den letztlich effektivsten klanglichen Fortschritt im Vergleich zum Mahagoni-bestückten Vorgängermodell AH-D7100. Fukushimas Argumente pro Nuss: weniger akustisches Eigenleben, höhere Impulstreue, mehr Klarheit und Detailfülle bei abermals minimal wärmerem Klang. „Gecastet“ wurde das neue Gehäusegehölz übrigens in Deutschland, wo Fukushima und sein Entwicklerteam rund zwei Dutzend in Frage kommender Holzsorten mit Musik beschallt und mittels Präzisionslaser deren akustisch relevante Reaktionen ermittelt haben – so fiel die Wahl auf Walnuss als finales Gehäusematerial.

Beim ersten Tragen lässt der Denon denn auch keinen Zweifel an seinem Status als luxuriöses Spitzenprodukt der Kopfhörer-Sparte des Herstellers aufkommen. Das weiche Kunstleder der Memoryschaum-gefüllten Ohrpolster, dessen Auflagedruck mit Hilfe computergestützter Sensorik übrigens erstmals vollständig gleichmäßig über die gesamte Auflagefläche verteilt worden sein soll, vereint hohen Tragekomfort mit klanglich vorteilhaftem starken Anpressdruck (Stichwort: Basskontrolle). Der hübsch nahtversteppte Schafslederbügel verteilt auch dank klickender und praxistauglich nummerierter Rasterung das Gewicht des Denon von 380 Gramm gleichmäßig auf dem Haupt. Das stoffbezogene, beidseitig geführte und abnehmbare 6,3-mm-Klinkekabel, das umgeben von dämpfendem Material und somit „schwebend“ in den Gehäusebuchsen ruht, gibt auch bei ruckartigen Kopfbewegungen oder Kontakt mit Möbelstücken keinen störenden Mucks von sich.

Was übrigens auch für meine Bürogenossen gilt, die sich von der täglichen Verwendung des Denon AH-D7200 während des Testzeitraums zwar zu interessierten Nachfragen ermüßigt, aber keinesfalls belästigt zeigten. Bei für ein geschlossenes Konzept überdurchschnittlich hoher Vernehmbarkeit von Außengeräuschen ist der Leak-Faktor, also die Teilhabe der Umwelt an der eigenen Musik, im Vergleich zum Vorgängermodell, zumindest aus meiner Erinnerung an den AH-D7100, weiter reduziert worden. Zur Verwendung im öffentlichen-Personennahverkehr allerdings scheint der Denon nicht nur äußerlich zu gediegen. Auch das Fehlen eines Smartphone-tauglichen 3,5-mm-Klinkeadapters zum mitgelieferten 6,3-mm-Anschlusskabel signalisiert unmissverständlich die „Heimeligkeit“ des Denon. Ja, natürlich gibt es hochwertige Ersatzkabel mit hörerseitiger 3,5-mm-Doppelklinke. Ein Hörer, der die Essenz seines klanglichen Könnens am Smartphone entfaltet, wird der Denon, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, durch sie aber nicht.

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Test: Denon AH-D7200 | Kopfhörer

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