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Paris ist eine kostspielige Stadt, schön, exklusiv, aber auch voller Gegensätze. Südöstlich von Paris, in Brie-Comte-Robert residiert der französische Hersteller Advance Acoustic (www.advance-acoustic.com/de/). Für frankophile HiFi-Begeisterte kein unbeschriebenes Blatt, bekannt für opulenten Materialeinsatz sowie eigenständige Form- und Designsprache. Mit dem neuen Firmensignet „Advance Paris“ unterstreichen die Franzosen ihre Herkunft, wollen smartes High-End in kompakten Dimensionen und bezahlbaren Preisen einem breiteren Publikum zugänglich machen. Das klingt zunächst nicht sonderlich revolutionär, aber durchaus bemerkenswert. Pariser Lebensgefühl als Destillat des „l´art de vivre“, nichts Geringeres also als zeitgemäßer audiophiler Ausdruck sowie Verklärung des Gewöhnlichen.
Denn die neue Advance Paris Smart Line von Advance Acoustic ist schon allein durch ihr Midsize-Format alles andere als gewöhnlich, bietet reichlich Produktauswahl und wird nach und nach mit weiteren Komponenten ergänzt – für jeden Zweck findet sich ein Spezialist. Wenn ich so darüber nachdenke, ist das in Sachen Auswahlmöglichkeit eine erfreuliche Abwechslung – im Vergleich zu den recht übersichtlich gehaltenen Auswahloptionen im Sortiment der meisten Hersteller.
Werfen wir also schnell einen Blick auf die reich gedeckte Tafel der Franzosen. Derzeit kann wahlweise auf die Dienste eines integrierten Vollverstärkers, einer dedizierten Vorstufe, die entweder eine Stereo-Endstufe oder zwei Monos in die Pflicht nimmt, sowie eines separaten DACs zurückgegriffen werden. Geplant sind ein passender Streamer, ein CD-Player und – man lese und staune – sogar ein reines CD-Laufwerk.
Zum Test finden sich die beiden Mono-Endstufen Advance Paris BX2, die Vorstufe Advance Paris PX1 und der Advance Paris DX1 ein. Flugs aufgebaut, bleibt sogar Zeit für ein Gläschen Bordeaux, sozusagen zum gemeinsamen, entspannten Kennenlernen. Ersonnen also in Paris, gebaut in China – aber anders lassen sich die Preise auf diesem Niveau nicht realisieren. Paarweise aufgereiht, bilden die jeweils zwei Smart-Line-Komponenten das übliche 43-cm-Rastermaß grob nach. Müssen sie aber nicht, platzsparend konzipiert, lassen sie sich auch einzeln ins Regal oder Rack stellen und bieten so auch in beengten, städtischen Wohnzimmern eine gewisse gestalterische Freiheit bei einer nicht zu dominanten Wohnraumintegration.
Stellen sie sich beispielsweise den quaderförmigen Kallax-Klassiker mit vier Fächern vor, jedes 33 Zentimeter breit. Für die Smart-Line-Gerätschaften mit ihren 23 Zentimetern Breite geradezu ideal und es bleibt noch Luft für Ästhetik, während es sich auf der Oberseite gerne auch ein Plattenspieler gemütlich machen kann. Übereinanderstapeln? Geht natürlich auch, ob das klanglich optimal ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber setzen Sie doch farbliche Akzente: Die entweder in Hochglanz-Schwarz oder -Weiß erhältlichen Geräte lassen sich beliebig kombinieren und erlauben je nach Gusto ein Abweichen vom monochromatischen Standard.
Hier spielt ihnen auch die optische Erscheinung ein Stück weit in die Karten. Transparente, zentimeterdicke Acrylplatten zieren die Fronten der Advance-Paris-Komponenten, während die eher ordinär gehaltenen Stahlblechkleider die georderte Farbgebung durchgehend aufnehmen und mit sehr ordentlicher Hochglanzlackierung und Verarbeitung sprichwörtlich glänzen. Akkurate Spaltmaße und ein ordentlicher haptischer Eindruck runden das Ganze ab. Für den Preis geht das Ganze vollkommen in Ordnung, wir sind ja hier nicht bei Dan D’Agostino oder T+A, die aus dem Vollen gefräste Kunstobjekte im Sortiment haben.
Mit einem Höchstmaß an Reduktion bei der Designsprache, gibt es neben dem obligatorischen Ein- und Ausschaltknopf sowohl beim Advance Paris DX1 als auch bei der Vorstufe Advance Paris PX1 frontseitig nur einen Drehregler. Beide Pegeldreher dienen nicht nur der Lautstärkeeinstellung, sondern führen per sanften Druck durch das intuitiv bedienbare und im Display dargestellte Menü. Beide Bedienelemente weisen eine koronaartige Beleuchtung auf, welche den Betriebszustand anzeigt. Das macht optisch was her.
Die Advance Paris PX1-Vorstufe erweist sich als das die digitale wie analoge Welt vereinendes Ausstattungswunder. Abstriche gilt es bei Bluetooth zu machen, hier ist ein optionaler Dongle erforderlich. Als erstes stolpere ich über die in audiophilen Kreisen ungern gesehene Loudness-Funktion. Bei leisem Pegel aufgrund menschlicher Wahrnehmungsschwäche speziell im Tiefton jedoch absolut zweckdienlich. Die Klangregelung und Balance lassen sich abschalten, sehr gut. Ein Punkt erregt dann doch meine Aufmerksamkeit. Ein „Discrete“ sowie „Class A“ genannter Arbeitsmodus sind anwählbar – also flugs ausprobiert:
Tatsächlich ist über die mit AMT-Hochtönern enorm feinfühlig wie hochauflösend agierenden Standlautsprecher Elac 247.3 ein subtiler Unterschied in der Wiedergabe hörbar. Höhenintensiver und zackiger der „Discrete Modus“, weicher und feinstöfflicher im Obertonspektrum wiederum der „Class A Modus“. Nachgefragt, teilt mir Advance Paris hierzu mit, dass sich kostenseitig weder die Idee einer friedlichen Koexistenz von Röhren und Transistoren in einem Gehäuse noch als separate Einheiten gerechnet hätte. Also entschied man sich zu einer Emulation besagter Klangcharaktere über entsprechende Schaltungstopologien. Schließlich soll der Hörer selbst auswählen und entscheiden, welche Signatur ihm besser gefällt.
Der Blick ins Innere der Vorstufe offenbart auch, dass es sich hierbei nicht um reinen Marketingsprech handelt. Zwei getrennte Platinen sind hierfür extra bestückt. Bei „Class A“ räkelt sich der Signalfluß in einer speziellen doppelt kaskadierten Signalschaltung, die ein „röhrenähnliches Klangmuster“ verspricht, während eine JFET-bestückte Eingangsdifferenzstufe mit bipolaren Ausgangstransistoren zum diskreten Tanz bittet. Vollsymmetrie nach der reinen Lehre findet sich hier zwar nicht, das wäre bei dem Preis auch schlicht nicht machbar.
Aber dafür ein sauber ausgeführtes Doppel-Mono-Konzept für höhere Signalreinheit sowie Kanalseparation. Zwei Ringkerntransformatoren stellen nicht nur jeweils getrennt dem linken wie rechten Kanal eine saubere Stromversorgung bereit, sondern bedienen auch den digitalen und analogen Bereich separat. Möglich macht dies die zweite Wicklung eines der Ringkerntrafos.
Kleiner Wermutstropfen hier: Leider ungekapselt, scheint sich hier trotz Einsatz von einstreuungsresistenterem Mu-Metall ein Störenfried zu finden, der sich mit einem – wenn auch nur sehr dezent wahrnehmbaren – Brumm bemerkbar macht. Vielleicht werden aber auch durch DC-Anteile im Stromnetz die Trafos in die Sättigung getrieben, wie ich auch immer, mit Anliegen des Musiksignals spielt es eh keine Rolle mehr. Dreistöckige Platinenaufbauten, voneinander zur Abwehr gegenseitiger Beeinflussungen abgetrennte Baugruppen und eine stabile Grundkonstruktion des Gehäuses erfreuen mein Auge. Sogar die Innenseite des Gehäusedeckels ist wie mir auffällt durchgehend hochglanzlackiert, tres chic.
Während es designseitig um Reduktion geht, überrascht mich die Flut an Anschlüssen auf der Rückseite der Advance Paris PX1 Vorstufe umso mehr. Dicht gedrängt in Hülle und Fülle finden sich hier sieben analoge Cinch-Eingänge nebst Phono-Eingang. Oha, sogar eine Umschaltung von MM oder MC ist dabei und das mit jeweils unterschiedlichen Abschlusswiderständen. MC High mit 800 Ohm und MC Low mit 250 Ohm. MM mit 47 kOhm Standard ist ebenso an Bord und erlaubt justierbare Bereiche von 100 bis 300 Picofarad – wichtig für den kapazitätsevozierten Einfluss des Anschlusskabels für das MM-System. Die beiden Trigger-Ausgänge erwecken beim Start der Vorstufe beispielsweise die Advance Paris BX2-Monotriebwerke zum Leben, ein komfortables Feature. Tres bien, denke ich mir, während ich den Spätburgunder entkorke, so kann es weiter gehen.
Vornehm auch der symmetrische Eingang für Kleinsignale. Ausgangsseitig geht es ebenfalls per Cinch oder symmetrisch per XLR etwa in Richtung Endstufe, wobei – Obacht – bei XLR-Verbindung mit 4 Volt der doppelte Ausgangspegel (2-V-Cinch) ansteht. Regelbar indes die Empfindlichkeit der Vorstufe (Gain +6 / 0 / -4 ) auf der Unterseite. Als weitere Besonderheit findet sich auch ein hochpassgefilterter Cinch-Ausgang wieder. Wird mehr Unterstützung in den untersten Oktaven gewünscht, lassen sich gleich zwei Subwoofer anleinen.
Zu den digitalen Eingangspforten der Vorstufe. Neben drei optischen Inputs und einem koaxialen Eingang finden sich ein USB-A- (iPhone & Co) und ein USB-B-Anschluss für die asynchrone Musikübertragung von Laptop oder PC wieder. Hierbei übernimmt die Advance Paris PX1 die Neu-Taktung des eingehenden Musiksignals und stellt durch die Entkopplung von Quell- und Wandlertakt die Wandlung auf eine stabilere Zeitbasis. Klangschädigender Jitter, also Unsauberkeiten auf der Zeitachse, werden so umgangen.
Kopfhörer-Aficionados werden per direkten Abgriff an den unsymmetrischen Ausgängen ebenfalls bedient, allerdings in dem Fall für mich ungewöhnlich mit zwei 3,5 mm messenden Klinkenausgängen statt des üblichen 6,35-mm-Anschlusses. Dafür erlauben zwei Schalter auf der Unterseite eine Anpassung der Ausgangsimpedanz des eingebauten Kopfhörerverstärkers auf herstellerseitig aufgeführte 100 Ohm und 0 Ohm. Ohne weiter über diese Werte zu sinnieren – der schwierig anzutreibende Beyerdynamic DT 880 PRO mit seinen 600 Ohm wird mühelos mit einem lebendigen, kraftvollen Klangbild versehen, Respekt.
Während ich das MacBook Air per Audirvana an die Vorstufe anschließe, um in den Einstellungsparametern der Auflösungsfähigkeit des eingebauten und bestens beleumundeten Wolfson WM 8740 auf den Zahn zu fühlen, entdecke ich nichts Überraschendes. 24 Bit Wortbreite und eine Samplerate bis 192 kHz gehören zum guten Ton. Und auch bei der Zuführung von DSD-Signalen bleibt die Vorstufe nicht stumm und wandelt brav in PCM um (aus DSD 64 wird 176,4 kHz).
Wer hier mehr braucht, der greift eben kurzerhand zum passenden Advance Paris DX1, der recht unumwunden die Frage beantwortet, wozu man einen DAC benötigt, wenn die Vorstufe doch so gut wie alles kann. Schließe ich den Advance Paris DX1 an den Rechner an, offenbart sich sofort dessen größere Leistungsfähigkeit. Hier werkelt nämlich in vollsymmetrischer Umgebung bis zu den XLR-Ausgängen ein Wandlerkäfer des japanischen Edelzüchters Asahi Kasai – und zwar der AKM 4490. Dieser kann nicht nur DSD64-Signale verarbeiten, sondern auch DSD mit 11,8 MHz, also der 256-fach höheren Abtastung, verglichen mit einer 44,1-kHz-CD-Aufnahme. Da findet sich kein einziges Stück auf meiner SSD, aber gut, man könnte theoretisch. Ebenso verhält es sich mit der maximalen Sampleauflösung von 768 kHz bei einer Bittiefe von 32 Bit.
Auch anders wird ein Schuh draus: Wer nämlich rein auf der digitalen Domäne bleibt, kann getrost auf die Vorstufe verzichten. Denn der Advance Paris DX1 bietet nicht nur koaxiale und den im Studio eher Verwendung findenden BNC nebst AES/EBU sowie stolze sechs optische S/PDIF-Eingänge, sondern auch eine digitale Lautstärkeregelung und praktischerweise die dazugehörige Fernbedienung. Im Gegensatz zu vielen anderen Wandlern gibt der DX1 seine Daten auch gerne digital weiter, praktisch für all diejenigen, die noch gerne mit DAT oder MiniDisc das eine oder andere – Vorsicht Wortspiel – „Mixed Tape“ erstellen wollen.
Die gewandelten Signale reicht der DAC wahlweise symmetrisch oder unsymmetrisch weiter. Beispielsweise an jeweils eine Advance Paris BX2-Mono-Endstufe. Allerdings sollte tunlichst darauf geachtet werden, dass im Menü die digitale Lautstärkeregelung auch aktiviert ist. Andernfalls reicht der Wandler seinen maximalen Ausgangspegel weiter, was unweigerlich zu einem Boxen-Barbecue führen könnte und dem Autor mit zwei Emotiva-XPA-1-Kilowatt-Monos und dem XDA-2 DAC unschön in Erinnerung geblieben ist.
Kommen wir also zu den Advance Paris BX2-Endstufen, die aller Schlichtheit zum Trotz eine analoge Pegelanzeige zur Schau stellen. Hach, da geht mir doch glatt das Herz auf, sie verzeihen meine Schwärmerei. Das erinnert mich an die legendären Restek-Endstufen oder mit etwas Phantasie und Einbildung auch ein Stück weit an die großen Accuphase- oder McIntosh-Monos mit ihren monumentalen Anzeigen. Konnte man sich alles nicht leisten, aber die Advance Paris BX2 sind bezahlbar. Noch dazu sollten die angegebenen 200 Watt pro Kanal an 4 Ohm für vielfältige Anwendungszwecke und Lautsprecherkonzepte taugen. Schon allein das Gefühl, jeden Kanal mit einer eigenen Netzteilsektion versorgt zu wissen, beruhigt ungemein.
Schauen wir in das Innere der Advance Paris BX2. Herzstücke sind der große Ringkerntransformator sowie die mittig angeordneten, massiven Kühlkörper samt Leistungstransistoren. Zur Seite stehen gerade mal zwei Kondensatoren, die als Pufferspeicher für kurzeitig abgerufene Leistungsspitzen mit 20.000 Farad nicht gerade üppig dimensioniert erscheinen. Hierzu gibt es jedoch ganz unterschiedliche Betrachtungsweisen, während es manchen hier nicht üppig genug sein kann, argumentieren andere mit trägen Anstiegszeiten und permanenter Mehrarbeit des Transformators, weil er unentwegt die Reserven nachladen muss. Nun gut, nicht meine Aufgabe das hier zu klären, aber behalten wir das mal im Hinterkopf.
Das rückseitige Anschlusstableau zeigt einige weitere Finessen. So kann der Nutzer selbst entscheiden, auf welcher Empfindlichkeit er die Endstufen ansteuert. Das kann beispielsweise von Vorteil sein, wenn ultraempfindliche Hornlautsprecher angesteuert werden sollen und man sich nicht bereits bei minimalen Pegelbewegungen große Lautstärkesprünge einhandeln will. Generell ist es durchaus empfehlenswert, einen größeren und somit fein austarierbareren Pegelweg zu haben. Warum nicht Wohlfühlpegel bei Stellung „13 Uhr“, statt Lautstärkereglerposition auf „9 Uhr“? Die Advance Paris Endstufe erlaubt eine Bias-Regelung in drei Schritten auf bis zu minus 12 dB.
Experimentierfreudige können mit zwei Advance Paris BX2-Monos sogar Bi-Wiring realisieren, ob das einen signifikanten Klanggewinn mit sich bringt, soll jeder für sich selber entscheiden. Schön auch, dass sich die Beleuchtung der Pegelanzeige nicht nur absenken, sondern auch vollkommen abschalten lässt. Wer auf die verwegene Idee kommen sollte, im Heimkino mehrere BX2 einsetzen zu wollen, dürfte dies durchaus als positives Attribut betrachten.
Klangbeschreibung: Advance Acoustic Paris DX1, PX1, BX2
Widmen wir uns zunächst dem Trio aus Vorstufe und Monos: Angeschlossen an die erwähnten Elac 247.3, bin ich auf die räumliche Abbildung gespannt. Bei Anouar Brahems „Bom Dia Rio“ aus dem Album Blue Maqams, (auf Amazon anhören), zugespielt in 24 Bit/96 kHz direkt per Audirvana/MacBook Air, zeigt sich die französische Vor/End-Kombi im Solobetrieb – noch ohne den DX1 – unumwunden mit großer Souveränität, einer weit ausladenden Bühne und packender Emotionalität.
Die klanglichen Ereignisse lösen sich bezüglich ihrer räumlich wahrgenommen Koordinaten – was die Höhe und Breite anbelangt – mit realistisch wirkender Dimensionierung und Positionierung. Das wird mir bereits bei den anfänglichen Noten sehr deutlich klar. Während Anouar Brahem seine Laute (Oud) mit gefühlvoller Intension bearbeitet, sind Gänsehautmomente der beste Indikator, dass hier atmosphärisch alles seine Richtigkeit hat.
Anders als ich es über die Elac sonst häufig gehört habe, bekommen die Musikereignisse mit der französischen Kombi ihren festen Platz gefühlt ein Stückchen weiter hinter der Boxenlinie zugewiesen. Generell ausgedrückt, erscheint mir das räumliche Koordinatensystem, dass die Advance-Paris-Kombi aufspannt, weiter und tiefer gefasst. Der Klang löst sich mit breiter Geste von den Lautsprechern, erlaubt dadurch ein differenzierteres Ausloten der Musiker im Geschehen sowie eine griffigere und präzisere Positionierung der Instrumente.
Das dynamische Talent der französischen Kombi fällt ebenfalls ins Ohr, denn derart impulsiv und quirlig habe ich die Elac 247.3 in der Tat mit kaum einem anderen Verstärker-Gespann gehört. So sind die Geschwindigkeit und die Dramaturgie in den Klavieranschlägen von besonderer Eindringlichkeit und erscheinen kontrolliert intoniert. Ja, Tempo können die Franzosen, das gefällt mir. Geht es ans Eingemachte, wenn alle Musiker sich gleichzeitig zu einer Art Crescendo empor berauschen, liefern die Advance-Paris-Amps kraftvolle Attack, wie sich’s gehört. In Anbetracht der großzügig dimensionierten Stromversorgung und den damit zusammenhängenden Leistungsreserven der beiden Monos verwundert die Mühelosigkeit der Darbietung nicht wirklich.
Kommen wir zum Quartett: Wechseln wir den Hörraum und das Set-up für den weiteren Hörvergleich. Da ich das MacBook Air nicht direkt an meine ohne integrierten DAC ausgestattete japanische Vor-End-Kombi (Sony TA-E 80 ES und zwei TA-N 80 ES) anschließen kann, kommen der Wolfson-bestückte Linn Sneaky DS und ergänzend auch der Mytek Brooklyn DAC zum Einsatz. Die beiden Endstufen arbeiten der Isophon Vertigo Signature im horizontalen Bi-Amping-Betrieb zu, bedienen mithin Hoch- und Tiefton jeweils unabhängig voneinander.
Folgende Fragen beschäftigen mich hierbei: Erreichen die Franzosen den bestechend losgelöst, fast schon ätherisch wirkenden Klang der japanisch-schottischen Kombination? Ihren Gänsehautmomente erschaffenden Grad an tonaler Geschlossenheit und anspringender Musikalität? Und spielt der Advance Paris DX1 auf Augenhöhe mit dem ebenfalls an der Kette befindlichen amerikanischen Mytek-Wandler? Beantworten wir letztere Frage vorneweg: Der DX1 bewegt sich nicht in derselben Liga wie der Mytek Brooklyn DAC (2.000 Euro), der mit noch größerer Präzision, Bühnenausdehnung und dynamischerem Antritt zu Werke geht. Dennoch spielt der Advance Paris DX1 für das aufgerufene Geld aber eindeutig auf sehr hohem Niveau.
Bei Ben Weavers „Old Mission“ aus dem Album Stories Under Nails (auf Amazon anhören) zeigt sich die Advance-Paris-Kombi im Zusammenspiel mit dem DX1 speziell im Hochtonbereich mit größerer Brillanz und Durchsichtigkeit als zuvor bei Verwendung des in der Vorstufe PX1 integrierten DACs. Das wird beispielsweise dadurch offenkundig, dass feinste Strukturen beim Anreißen der Banjo-Saiten deutlicher und strukturierter nachgezeichnet werden. Das akustische Gruselkabinett zu Beginn des Stücks, welches sich aus zahlreichen durcheinander-wirbelnden Klangelementen zu einem atmosphärischen Ganzen verdichtet, wird sehr klar dargeboten und trennscharf ausdifferenziert. Einzelne Elemente wie die spärlich eingesetzten Hi-Hats werden vorbildlich fein aufgelöst, bleiben aber dennoch langzeittauglich. Der Hochton ist in Relation zum sehr detailversessen und analytisch geprägten Brooklyn DAC eher mit einem Hang zur güldenen Feinstofflichkeit gesegnet, transportiert selbst scharf angeschlagene perkussive Elemente ohne kantige Ausfransungen in den Hörraum.
Hier zeigt sich auch die Fähigkeit der Franzosen, die Stimme von Ben Weaver mit einer eher wärmeren denn kühleren Anmutung wiederzugeben. Auch lässt sich, und das werte ich als großen Pluspunkt, das typische Verschlucken einzelner Wort- und Tonfolgen des amerikanischen Barden problemlos wahrnehmen, was für ein agiles, transparentes Mittenband spricht. Mit noch analytisch-transparenterer Abstimmung und tonal sachlich-neutralerer ausbalanciert, präsentiert sich indes meine gewohnte Kombination, Gefallen finde ich letztlich aber an beiden Varianten.
Kommen wir in Richtung tonales Untergeschoss, das in kurzen Worten ausgedrückt kraftvoll, kontrolliert und souverän auftritt. Die Fülle und Tiefe in James Blakes „Building It Still“ aus der 200 Press EP – ein von synthetischen Basswellen durchflutetes Stück – wird ohne erkennbare Mühe und mit opulentem Volumen und Masse dargeboten. Zugegeben, wir bewegen uns hier in tieffrequenten Bereichen, die so mancher Lautsprecher/Verstärker-Kombination die Grenzen des Machbaren aufzeigen.
Ohne mit der Wimper zu zucken, agieren hier die französischen Klangreaktoren temporeich und lassen ihre Zeiger wild hin- und herschnellen. Dass letztlich dabei die sehnige Präzision in den untersten Lagen bei hohen Lautstärken ein klein wenig aufweicht, lässt sich verschmerzen. Dafür wirken die Tiefbass-Schläge wie direkt von Lino Ventura in die Magengegend losgetreten – fundiert, mit viel Schmiss und von ganz weit unten das Zwerchfell anregend. Es wird eine wohlbalancierte Melange aus Wucht, Tempo, Übersicht und Struktur geboten. Schwächeren Amps geht hier meist früh die Luft aus, ein hinterhinkendes, kraftloses Gebaren ist dann die wahrnehmbare Folge.
Auch wenn die altehrwürdige Sony-Kombination – eine der beiden TA-N 80 ES-Endstufen darf sich ja nur um die unteren Oktaven kümmern – die Tieftöner der Isophon Vertigos gefühlt noch vehementer und mit sehnig-strafferer Spielweise in Bewegung setzt, ist die Darbietung der Franzosen hier ebenfalls großes Kino.
Trio aus DAC und Monos: Mit minimal feinerer Auflösung und hellerer, feinpixeliger Granulierung geht es zur Sache, wenn man den Advance Paris DX1 direkt Verbindung mit den beiden Monos aufnehmen lässt, also die Advance Paris PX1-Vorstufe gänzlich beiseitelegt. Wer sich also sowohl die Vorstufe als auch den DAC zulegt, kann ganz nebenbei auf die unterschiedlichen klanglichen Signaturen – sowohl des Wolfson- als auch des AKM-Wandlers – zugreifen.
Test: Advance Paris DX1, PX1 & BX2 | D/A-Wandler, Vor-End-Kombi