Auf der letztjährigen High End stellte der portugiesische Hersteller Innuos (https://innuos.com/) gleich drei neue Netzwerkplayer vor. Das Team rund um Amelia Santos und Entwickler Nuno Vitorino ist in den letzten Jahren mit seinen Musikservern der Zen-Serie, dem „Statement“-Flaggschiff sowie dem Netzwerk-Switch Phoenix NET und dem Reclocker Phoenix USB in Erscheinung getreten. Für Kunden, die keine Serverfunktionalität benötigen, gibt es mit der Pulse-Serie erst seit kurzem eine Lösung: Deren Mitglieder kommen allesamt ohne Festplatte, sind also reine Netzwerkspieler beziehungsweise Streaming Bridges. Nachdem mein Kollege Ralph Werner vor ein paar Monaten den „großen“ Innuos Pulsar besprochen hat, steht hier und heute das mittlere Modell – der Innuos Pulse (Preis: 2.999 Euro) – zum Test an.
Aufbau und Ausstattung
Der Innuos Pulse kostet nicht einmal die Hälfte des Pulsar – bei diesem Preisunterschied drängt sich natürlich die Frage nach den konzeptionellen Unterschieden auf. Schaut man in die Datenblätter des Innuos Pulse und seiner größeren wie kleineren Geschwister, so erkennt man die gleiche Streaming-DNA: Alle drei nutzen einen Intel Quad Core N4200, der auch gerne in Laptops der Einsteigerklasse eingesetzt wird. Die CPU wird beim Pulsar wie beim Pulse von beachtlichen 8 GB DDR3 RAM unterstützt, beim PulseMini müssen hingegen 4 GB DDR3 RAM reichen. Auf die kompatiblen Formate hat das aber keinen Einfluss: Alle drei verarbeiten PCM-Datenraten bis 32 Bit/768 kHz sowie natives DSD512 und MQA. Das sollte in jedem Fall ausreichen.
Legt man das Datenblatt beiseite und nähert sich den Streamern äußerlich, zeigen sich weitere Gemeinsamkeiten – so besitzen alle die gleiche, Innuos-typische Formensprache mit den dreidimensional-kantig modellierten Frontplatten. Die Gehäuse scheinen nur in jeweils andere Größen- und Gewichtsklassen skaliert worden zu sein. Im Gegensatz zum Aluminium-Body des größeren Pulsar besteht die Hülle des Pulse aus Stahlblech. Durch die kompakte Größe – der Streamer ist nur 30 Zentimeter breit – fühlt sich sein Gehäuse gleichwohl angenehm stabil und mit 4,9 Kilogramm auch recht schwer an. Zum Vergleich: Ein etwa gleich großer Lumin U2 Mini wiegt lediglich die Hälfte.
Woher kommt das nicht unbeträchtliche Gewicht des relativ kompakten Innuos Pulse? Ein Blick unter das Blechkleid zeigt, dass zwei Drittel des Gehäuses einem klassischen Linearnetzteil gewidmet sind. Aber eben nicht irgendeinem: Das „RECAP2 LPSU“ genannte Netzteil wurde wieder in Zusammenarbeit mit Dr. Sean Jacobs entwickelt. Innuos arbeitet bereits seit Jahren mit Dr. Jacobs bei der Netzteilentwicklung zusammen: Der promovierte Elektroingenieur baut schon seit 2009 in einer kleinen Manufaktur exklusive und teure Netzteile für Audio-Gerätschaften. Das RECAP2 LPSU ähnelt vom Aufbau dabei seinem „DC3“ genannten Einsteigernetzteil für immerhin 1.320 Britische Pfund, ohne Mehrwertsteuer, versteht sich.
Damit ist klar, wohin ein Großteil des Aufpreises zum kleineren PulseMini geflossen ist. So stecken in der Stromversorgung des Innuos Pulse hochwertige Komponenten wie ein IEC-Netzfilter nach medizinischen Standards und ein spezieller, mit Epoxidharz ruhiggestellter Ringkerntrafo. Für die magnetische Abschirmung zwischen den Wicklungen benutzt Innuos ein beschichtetes SYN-SHIELD-Kupferband und umwickelt den Trafo dann noch mit schwarzem Mylar-Band. Zur Glättung der Spannung komplettieren zwei (daher auch „CAP2“ im Namen des Netzteils) hochwertige Mundorf-Kondensatoren mit einer Siebkapazität von beachtlichen 40000 µF sowie eine Spule vom US-Hersteller Coilcraft die Liste edler Komponenten.
So ähnlich die drei Brüder von vorne aussehen, so unterschiedlich von hinten. Zum einen natürlich, weil der PulseMini mit seinem integrierten DAC auch ein Paar analoge RCA-Ausgänge bietet. Der „mittlere“ Pulse kommt ohne DAC, entsprechend fehlen solche Analogausgänge, dafür bietet er als einziger der drei einen digitalen AES/EBU-Ausgang (der Pulsar soll in Zukunft optional auch damit ausgerüstet werden können), den ich während meines Tests vorzugsweise benutzte. Daneben warten noch zwei LAN-Buchsen, gleich vier USB-Ports sowie ein Toslink- und ein digitaler Cinchausgang (S/PDIF) auf Anschluss.
Neben dem „harten“ Ein- und Ausschalter auf der Rückseite gibt es noch einen gut versteckten kleinen Standby-Knubbel, den man vorne unter dem Gerät auf Höhe der LED ertasten muss. Zur Steuerung muss – wie heutzutage üblich – eine App heruntergeladen werden. Dass Innuos als einer der Streaming-Pioniere hier eine ausgereifte und gut zu bedienende Lösung anbietet, versteht sich eigentlich von selbst. Im Rekordtempo geht daher auch die Einrichtung mittels der Innuos Sense genannten App, die dabei auch gleich bei Bedarf das Betriebssystem des Streamers updatet (die letzte Version im Test war 2.5.1).
Innuos Sense ist sehr übersichtlich gehalten und alle wichtigen Streaming-Dienste werden nativ eingebunden. Praxisgerecht ist auch, dass Playlisten quellenübergreifend erstellt werden können und die Suchfunktion über alle Quellen funktioniert. Zudem erlaubt mir die Innuos-App sogar den Zugriff auf meine in JPLAY erstellten Playlisten. Vorbildlich! Allerdings dürfte die App für meinen Geschmack schon noch ein bisschen flotter werden, aber die die nächsten Sense-Updates kommen bestimmt …
Innuos Pulse: Hörtest und Vergleiche
Über die letzten Monate haben diverse Streamer mit mehr oder weniger aufwendigen Netzteilen meinen Hörraum frequentiert. Einen Lumin U2 Mini (circa 2.500 Euro) und einen zugegeben nicht mehr ganz taufrischen Auralic G1 (circa 2.800 Euro) konnte ich hierbei mit unterschiedlichen Netzteilen vergleichen. Dabei kam ich zur Überzeugung, dass der klangliche Einfluss des Netzteiles bei Digitalgeräten nicht unterschätzt werden darf. Dies liegt einerseits daran, dass viele elektronische Komponenten eine stabile Spannungsversorgung goutieren – und andererseits so auch hochfrequente Störungen aus dem Netzteil oder dem Anlagenumfeld reduziert werden können. Aufwendige Stromversorgungen schaffen gute Voraussetzungen für einen potenziell guten Klang. Deshalb war ich auf dieses „aufwendige Linearnetzteil mit angedockter Streaming-Einheit“ von Innuos sehr gespannt.
Gut Netzteil braucht Zeit …
Als der Innuos Pulse frisch bei mir aufschlug, konnte ich nicht anders, als ihn sofort unter Strom zu setzen und ihn einzurichten, obwohl ich eigentlich noch am Bericht des HiFi-Rose-Streamers (4.800 Euro) arbeitete. Wohlwissend, dass Netzteile durchaus beachtliche Einspielzeiten und damit die Geduld des Testers fordern, sollte und durfte der Pulse sich für den ersten Hörtest schon mal einspielen. Etwa eine Woche später sollte es dann so weit sein und der Innuos durfte zeigen, was er klanglich draufhat. So dachte ich zumindest …
Zunächst zur Musikauswahl: Irgendwann habe ich mir auf Instagram wohl mal zu lange einen Song aus den 80ern angehört und seitdem schlägt mir der Algorithmus immer Lieder aus dieser Zeit vor. Einige schaffen es aus Nostalgie auch in meine JPLAY-Playliste. Einer davon ist Joe Jackson mit „Steppin‘ Out“ (Album: Night And Day). Nichts Audiophiles, aber doch ein guter „Alltagssong“ für den ersten Check, so mein Gedanke.
Nun, schon bei den ersten Tönen fiel auf, dass der Innuos leiser spielte als die meisten Digitalquellen, die ich in meiner Kette hatte. Gut, kein Thema: Den Lautstärkeregler noch etwas weiter nach rechts gedreht und es passt, dachte ich mir. Bei der Lautstärke tat es das auch, aber im Vergleich zu meinem netzteilseitig modifizierten Lumin U2 Mini (Gesamtkosten circa 4.200 Euro) tat sich doch eine wesentlich kleinere Bühne auf. Auch ein Gegencheck mit meinem Auralic G1 mit Hörwege-Netzteil (circa 3.000 Euro) bestätigte das. Der Song riss mich mit dem Innuos einfach nicht mit, der Klang geriet nüchterner und weniger vollmundig. Meine hochgesteckten Erwartungen hatten anderes erhofft.
Doch gemach: Auch der von mir getestete Lumin P1 (circa 10.000 Euro) brauchte damals mehrere Hundert Stunden Einspielzeit und das externe Netzteil für meinen kleinen Lumin U2 Mini benötigte sogar zwei Monate, um sein volles Potenzial zu erreichen (laut Entwickler soll es an den Kondensatoren liegen). Na dann, vielleicht tut sich ja auch beim Innuos noch was? Einen weiteren Monat später hatte ich die Antwort: und ob! Alle bisherigen Klangeindrücke wurden über den Haufen geworfen, und ich bin alles andere als traurig darüber: Der Pulse ist nicht wiederzuerkennen.
Süffig und trotzdem ehrlich
Um diese Verwandlung Schritt für Schritt nachzuvollziehen, muss nochmals „Steppin‘ Out“ über den modifizierten Lumin U2 Mini als Eichmeter herhalten. Der vormals über den Innuos Pulse etwas trockene und dünne Klang hat sich nun dem meines gepimpten Lumin stark angenähert. War es vorher wie der Vergleich zwischen einem schwäbischen Trollinger und einem Barolo, so scheint es sich jetzt um zwei unterschiedliche Jahrgänge des gleichen Weines zu handeln. „Steppin‘ Out“ klingt nun ähnlich wie über den Lumin – heißt insbesondere: voller, süffiger und einfach runder – und unterstreicht dabei den warmen Klangteppich der Keyboards und die sanfte Stimme von Joe Jackson.
Bitte denken Sie jetzt aber nicht, dass der Innuos alle musikalischen Vorlagen in ein unnatürlich warmes Licht taucht, das tut er mitnichten. Er ist kein Romantiker, der sich nur auf die Mitten fokussiert. Wenn Ehrlichkeit und Akkuratesse gefragt sind, wird ebenfalls geliefert, wie beispielsweise beim Avantdale Bowling Club und „Years Gone By“. In den ersten Sekunden wird dieser Mix aus Jazz und Hip-Hop von einem wunderbar schmutzigen Saxofon und ein paar Klavierakkorden dominiert. Der Pulse rundet hier wie dort die Transienten nicht ab und nimmt dem Saxofon nichts von seinem betont rotzigen Charakter. Zwischenfazit: Der Pulse geht als tonal balanciert durch, wobei ich ihm allerdings einen leicht prominenteren Grundton und etwas mildere Präsenzen zuschreiben würde.
Raum, Raum, Raum
Mindestens genauso erstaunlich wie die tonale Wandlung nach der Einspielzeit ist, wie der Portugiese nun den Raum in seiner Breite und Tiefe aufzieht. So spielt das Klavier bei „Years Gone By“ ganz rechts außen auf Höhe des rechten Lautsprechers, während sich die Drums fast über die ganze Basisbreite verteilen und die Positionen jedes Trommelschlags genau nachvollzogen werden können. Der Saxofonist scheint sich dagegen kaum zu bewegen und platziert die Töne scharf umrissen im Raum. Schön auch, wie der Innuos Pulse die einzelnen Instrumente in die Tiefe staffelt. Das gelingt ihm zwar nicht „bis in die Unendlichkeit“, aber doch sehr präzise und deutlich hinter der Stereobasis.
Präzise und vorlagentreu bildet der optisch unscheinbare Pulse auch die Klangkörper ab. Mal akkurat mit realistischem Volumen und scharfen Kanten wie beim Saxofon, mal – wenn es die Aufnahme erfordert – überlebensgroß: Wie sehr sich der Innuos der Abbildung der Aufnahme anpasst, zeigt sich etwa, wenn die Gitarren bei Angus & Julia Stone mit „Draw Your Swords” (Album: Down The Way) links und rechts über die Lautsprecher hinausreichen und mittig der Gesang von Julia Stone ertönt. Besser können das mein Auralic G1 mit Hörwege-Netzteil oder der in Sachen Plastizität und Abbildung ebenfalls begabte HiFi Rose RS130 auch nicht. Im Gegenteil, der Innuos staffelt das Geschehen im Vergleich zum koreanischen Streamer sogar noch etwas tiefer.
Geht da aber vielleicht doch noch ein bisserl mehr? Nicht viel, aber wenn man unbedingt im Vergleich zu meinem Referenzgerät, dem aufwendig modifizierten Lumin, etwas finden möchte, dann dass dieser den Raum in allen drei Dimensionen noch etwas weiter und feiner gerastert ausleuchtet und die Instrumente dadurch noch ein wenig mehr Luft zum Atmen haben. Dass das Kritik auf hohem Niveau ist, zeigt der Vergleich mit dem (im Originalzustand) nur wenig günstigeren Lumin U2 Mini: Der ist mit seinem Schaltnetzteil dem Innuos Pulse in den Kriterien Räumlichkeit und Plastizität hörbar unterlegen.
Pulsierende Bässe
Es mag wahrscheinlich Einbildung sein, aber ich gebe zu, dass ich ein fettes Netzteil mit entsprechenden Siebkapazitäten mit einer ebensolchen Basswiedergabe assoziiere. Und ja, fette pulsierende Bässe schlagen mir bei „Violet Drive“ von Kerala Dust (Album: Violet Drive) tatsächlich entgegen, freilich ohne unkontrolliert in meinem Raum herumzuvagabundieren. Der Tieftonbereich bleibt mit dem Innuos wunderbar kontrolliert und jede Bassattacke besitzt Punch und Volumen. Auch wenn mein modifizierter Lumin U2 Mini die Messlatte hier sehr hoch hängt, bleibt der Innuos mit seiner kraftvollen, doch nicht betonten Tieftonwiedergabe sehr nah dran. So dominieren bei Finks „Trouble’s What You’re In“ (Album: Wheels Turn Beneath My Feet) die dumpfen Schläge auf den Gitarrenkorpus nicht sein Gitarrenspiel, geben aber den Rhythmus vor. Dass der kompakte Pulse auch tiefschwarz und abgrundtief kann, zeigt anschließend noch ein 4:36 Minuten kurzer Durchgang mit wabernden Elektrobeats von James Blake mit „Limit To Your Love“. Beeindruckend, wie kontrolliert hier selbst die allertiefsten Bässe in meinem kleinen Hörraum rüberkommen.
Dass der kompakte Portugiese bei den harten Elektrobeats auch dynamisch nichts anbrennen lässt, kann man sich da fast schon denken. So prasseln die schnellen, ansatzlosen Impulse bei „Make Us Stronger“ von Ghost Rider (Album: Part Of The Dream) praktisch ungebremst auf mein Trommelfell ein, sodass ich mir ein Grinsen nicht verkneifen kann.
Ruhe, Transparenz und Hochtonauflösung
Ebenfalls schön: Der Pulse bleibt im Betrieb mucksmäuschenstill. Nichts stört den stillen Genuss der ersten Minuten von Mahlers Symphonie Nr.1 von den Berliner Philharmonikern unter Daniel Harding. Mehr noch als der Vorgänger auf dem Platz des Testgerätes im Rack, der HiFi Rose RS 130, beeindruckt der Portugiese mit einem rabenschwarzen Hintergrund, aus dem sich nach und nach das Thema entwickelt, in das immer mehr Instrumente einstimmen. Der Blick auf die Instrumente ist dabei klar und transparent, aber nicht „digital überschärft“, was dem musikalischen Zusammenhang zugutekommt.
Ein regelrechtes „Auflösungswunder“ will der Pulse aber nicht sein, ihm geht es eher um den – wenn man so will – „ganzheitlichen Genuss“. Konsequenterweise löst er ganz obenherum auch nicht das allerfeinste von den Violinen gesponnene Hochtongeflecht auf, obwohl er weder zu wenig Energie bietet noch wirklich relevante Details unterschlägt. Er gibt sich einfach etwas weniger explizit als andere – so stellt mein getunter Lumin U2 Mini den Hochtonbereich mehr in den Vordergrund und liefert auch mehr Details. Riesig ist dieser Unterschied freilich nicht.
Test: Innuos Pulse | Netzwerk-Player, Streaming-Bridge