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Was haben der mobile Kopfhörerverstärker und DAC „Chord Hugo 2“ (2.241 Euro) und seine neue Streamer/Server-Erweiterung „2go“ (1.168 Euro) (www.cma.audio) mit obiger Headline zu tun? Eine ganze Menge, denn ich kenne nur wenige Lösungen, die sich derart konsequent sowohl für den stationären als auch mobilen Einsatz einspannen lassen.
Ja, bereits der Chord Hugo 2 kann über seine analogen Cinch-Ausgänge als minimalistische Vorstufe an einem Endverstärker oder direkt an Aktivboxen betrieben werden. Hierbei lässt sich von mobilen Akku- auf stationären Netzbetrieb wechseln und – beispielsweise für den Anschluss an einen Vollverstärker – auch ein fixer Ausgangspegel wählen, der mit 3 Volt allerdings recht hoch ausfällt. Laut Chord funktioniere das in praxi dennoch gut mit den meisten Vorverstärkern, ansonsten lässt sich natürlich mithilfe der internen digitalen Lautstärkeregelung der Pegel regeln.
Im Verbund mit der neuen Streaming-Erweiterung Chord 2go kann der Hugo tatsächlich, wie wir nachher sehen werden, noch einiges mehr, und avanciert zum Digital-Audio-Player (DAP) und Streaming-Server. Mittels der Chord-eigenen, kostenlos erhältlichen „GoFigure“-App (iOS / Android) ist die bequeme Steuerung via Smartphone oder Tablet möglich. Eine darüber hinaus zum Lieferumfang zählende Fernbedienung gibt sich im stationären Betrieb mit Netzteil (unter Umgehung der eigenen Akkus) in Sachen Quellenwahl und Lautstärkeregelung ebenfalls ziemlich praktisch.
Ein paar Specs auf die Schnelle: Chord Hugo 2
Diese Vielseitigkeit drückt Chord bereits in der Namensfindung aus, denn „Hugo“ steht für ein Wortspiel, welches auf „take it whereever you go“ hindeuten soll. Auch die wertige Verarbeitung beziehungsweise Fertigung aus einem massiven Aluminiumblock zahlt hier drauf ein. Ein gewölbtes Bullauge gewährt Einblick ins Innere und zeigt die Auflösung des eingehenden Musiksignals per Farbe an. Die Bedienkugeln am Rand sowie die Lautstärkeregelung weisen mit ihren farblichen Illuminierungen auf die jeweilige Einstellung oder Funktion hin. Das hat nicht nur Chord-typischen Wiedererkennungswert, sondern hält positiv ausgedrückt den Denkapparat in Schwung, weil es die Merkfähigkeit herausfordert. Zweifellos begrüßenswert ist die Dimmbarkeit dieses Glasperlenlichtspiels.
Im mobilen Solobetrieb, also ohne 2go, ohne Netzteil, reicht eine Akkuladung für etwa fünf bis sechs Stunden Musik. Formal kommt mit dem 2go weitere Akkuleistung hinzu, allerdings zehrt der Streaming-Betrieb, insbesondere mit Roon, ordentlich an den Leistungsreserven. HiRes-Aufnahmen, leistungshungrige Kopfhörer oder der Drahtlosbetrieb tun ein Übriges. Es bleiben jedenfalls genug Reserven für etwa 4-5 Stunden anhaltende Hörsessions, ehe man mittels Micro-USB-Kabel an ein handelsübliches 5-Volt-Ladegerät (2A) andocken muss.
Apropos Leistungsreserven: Auch mit hochohmigen Over-Ears wie dem Beyerdynamic DT 880 (600 Ohm) kommt der Chord Hugo 2 bestens zurecht, ohne merklich am Limit laufen zu müssen. Der Chord lässt den Heilbronner dynamisch agil und kraftvoll aufspielen – für Leisehörer wie mich sowieso mehr als nur respektabel laut. Dem brandneuen T1 (siehe Test Beyerdynamic T1 und T5) von Beyerdynamic stehen so satte 740 mW zur Verfügung, die ihn nicht nur leise äußerst feinsinnig, sondern bei Bedarf auch „HNO-besorgniserregend“ eruptiv tönen lassen. Auch qualitativ lässt sich der Hugo 2 nicht lumpen und nimmt HiRes-Inhalte mit Samplerates bis zu 768 kHz und Wortbreiten von bis zu 32 Bit entgegen – davon hat vielleicht der eine oder andere Studio-Profi etwas auf seiner SSD rumliegen, ich nicht. Das wahrlich verzaubernde Stück „Et misericordia“ von Nidarosdomens jentekor & TrondheimSolistene jedenfalls klappt aber in DSD 256, während theoretisch auch DSD512 mit dem Chord Hugo möglich wäre. Zugang wird per Toslink (192 kHz/24 Bit), Cinch (192 kHz und 384 kHz/24 Bit) sowie asynchronen Micro-USB-Eingang (768kHz/32 Bit) gewährt. Analoge Nahrung verweigert unser Hugo hingegen hartnäckig. Dafür beißt er drahtlos-digital per Bluetooth zu.
Ich könnte jetzt noch auf die ebenfalls Chord-typische interne D/A-Wandlung mit ihren „Field Programmable Gate Arrays“ eingehen. Diesen komplexen, aus mehreren Bausteinen bestehenden Rechenknechten überlässt Chord die Wandlung des Signals und integriert hier zudem die von Rob Watts kreierten Digital-Filteralgorithmen. Mit fast doppelt so viel Rechenleistung wie beim ersten Hugo im Rücken, lässt sich auch eine neu hinzugekommene und DSP-basierte mehrstufige Crossfeed-Filterung umsetzen. Die soll beim Kopfhörerhören einer Im-Kopf-Ortung entgegenwirken wirken und sich räumlich der Lautsprecherwiedergabe annähern. Für meine Ohren machte sich die veränderte räumliche Ausdehnung (weg von Inneren des Kopfes in Richtung vorne und seitliche Richtungen) bei komplexeren Stücken wie beispielsweise „Thunderball /Vai Vai“ der Thievery Corporation (The Outernational Sound) durchaus bemerkbar, allerdings sollte man hier keine Wunder erwarten. Ein Aha-Effekt, wie bei Sonys 360 Reality Audio stellt sich nicht ein. Zwar subtiler Natur, dennoch vernehmbar sind da auch die vier Filtereinstellungen, mit denen sich der Klang entweder eine Spur heller oder samtiger präsentiert und sich so den persönlichen Vorlieben anpasst. Bei der räumlichen Abbildung erfolgt hinsichtlich Tiefe oder Breite ebenfalls eine veränderte Wahrnehmung, aber alles bitte wohlgemerkt in Nuancen.
Der Neue: Chord 2go
Kommen wir zur Erweiterung Chord 2go. Der wird mittels zweier Gewindestifte, die am Hugo angebracht werden, arretiert und dann mittels zweier vollständig versenkbarer Inbus-Schrauben bombenfest fixiert. Hiermit avanciert das Chord-Doppel zu einem Netzwerkplayer und mittels zweier zusätzlicher Micro-SD-Karten sogar Server mit theoretisch bis zu 4 TB Fassungsvermögen. Natürlich lassen sich auch ein lokaler NAS (DLNA) oder Cloud-Musikdienste wie Tidal oder Qobuz anzapfen – sowie Radiostationen, was mich als BBC-Fan ebenfalls freut. Ist der Chord 2go als lokaler Server im Netzwerk eingebunden, greife ich vorzugsweise auf die leistungsfähige mConnect App zurück, sorgt sie doch für unkomplizierte Zuweisung der Inhalte an ihren Bestimmungsort (KEF LSX oder den Linn-Netzwerkplayer beispielsweise). Auch die Inhalte der Micro-SD-Karte gibt sie direkt wieder.
Da die GoFigure-App, wie mir der Vertrieb mitteilte, ausschließlich die Einstellungen des 2go steuern soll, bleibt die Wahl der Wiedergabeapplikation dem eigenen Gusto überlassen. Eine Übertragung von Tracks „via Air“ ist nicht möglich, die GoFigure-App kommuniziert mit dem 2go über eine Bluetooth-Low-Energy-Verbindung. Ausreichend genug für das nur kleine Datenmengen beanspruchende Übermitteln von Liederanzahl, Batteriestatus oder das Umschalten von Einstellungen, aber eben nicht für die Anzeige ganzer Musikbibliotheken.
An einen Ethernetanschluss wurde ebenfalls gedacht, gerade im stationären Betrieb mit HiRes-Inhalten ist diese Verbindung immer zu empfehlen. Auch die bequeme Möglichkeit via Airplay vom iOS-Device oder Mac zum 2go zu streamen, nehme ich wohlwollend zur Kenntnis. Mein persönliches Highlight: Mit dem Chord 2go wird der Chord Hugo 2 zum Roon-Endpoint: Die direkte, drahtlose Zuspielung ist nicht zuletzt draußen auf der Terrasse ein Genuss. Und sollte mal kein Drahtlos-Netzwerk vorhanden sein, kann der Chord 2go auf einen eigenen WiFi-Hotspot – beispielsweise vom schnell aus der Hosentasche gezogenen iPhone erstellt – zugreifen und mithilfe der „GoFigure“-App Tidal oder Qobuz als Quelle nutzen.
Einwände?
Logo, schon solo ist der 13 x 10 x 2,1 Zentimeter große und 450 Gramm schwere Chord Hugo 2 kein portabler Kopfhörerverstärker/DAC im engeren Sinne. Fürs Pendeln in Bus und Bahn gibt es sicherlich geeignetere Kandidaten. Er dient eher genussvollen Momenten auf dem heimischen Sofa, dem Balkon, im Hotel oder Wochenendhaus. Mit dem Chord 2go nimmt die Unhandlichkeit weiter zu – aber eben auch die Unabhängigkeit. Die lästige Kabelverbindung zu einem Zuspieler wie dem Smartphone, DAP oder dem Laptop entfällt. Ebenso die klanglichen Einschränkungen durch Bluetooth. Der 2go streamt munter selbst in HiRes-Qualität. Ein Wermutstropfen: Ist der 2go fest verbunden, dockt er am USB-Eingang des Hugo 2 an und blockiert die direkte USB-Funktionalität. Der USB-Eingang des 2go dient lediglich dem Aufladen. Da wäre ein zweiter USB-Anschluss oder ein Durchschleifen der musikalischen Inhalte wünschenswert.
Chord Hugo 2 & Chord 2go: Soundcheck & Vergleiche
Natürlich ist die Erwartungshaltung an die klanglichen Qualitäten des Duos – analog der Preisgestaltung – sehr hoch und es lässt sich mit gutem Gewissen attestieren, dass die Chord Hugo 2/2go-Kombi nicht enttäuscht. Mir fällt es ehrlich gesagt schwer, diese Kombination nach oben hin abzugrenzen, speziell, wenn der Inhalt direkt von den internen Micro-SD-Speicherbänken kommt. Selbst mein stationärer, impulsfreudig-spritzig klingender Mytek Brooklyn DAC+ (2.100 Euro) vermag es nicht – anders als erwartet – den Chord hinter sich zu lassen. Weder im Kopfhörer- noch Vorstufenbetrieb. Setzt der Amerikaner auf ultraschnelle, transparente Mitten und sehnig-straffen Bass, kontert die Chord-Kombi mit intensiven Klangfarben und tonaler Vollmundigkeit im Mittenband und anmachend voluminösem, aber nie übertriebenem Tiefton.
Verändert der Chord 2go die Klangabstimmung?
Die grundlegende Abstimmung des Chord Hugo 2 zwar nicht, im Speziellen gibt es aber dennoch Unterschiede wahrzunehmen. Es lässt sich nämlich ein qualitatives Ranking, zwischen der direkten internen Micro-SD-Wiedergabe, dem drahtlosen Streaming via Roon/TIDAL sowie dem per USB angeschlossenen Smartphone oder Rechner herstellen. Und zwar mit verblüffender Deutlichkeit in besagter Reihenfolge, wobei sich der erste Platz, die Micro-SD-Wiedergabe, am deutlichsten absetzt. Gerade diese Option glänzt mit verblüffender Ausgewogenheit und wirkt derart hochmusikalisch, dass ich vor lauter Verzückung für den Hörtest statt eines üblichen Tropfens dann doch einen 2016er Les Croix Vieilles Crozes Hermitage aus dem Weinregal bemühe.
So beweist die 2go-Erweiterung spätestens beim Stück „40 Watt Bulb“ von Ben Weaver (Album: Stories Under Nails) dass sich purer Genuss auch jenseits des Weinkelchs einstellt. Ja, das Level an Leuchtkraft und Intensität des stimmlichen Schmelzes ist bei unveränderter Lautstärke über den 2go schlicht und einfach ergreifender, um es mal emotional auszudrücken. Konkret lässt sich das auch bei „Ruin“ von Catpower (Album: Sun; auf Amazon anhören) festhalten, hier distanziert die Micro-SD-Wiedergabe das Streaming – ganz gleich, ob via SSD des Roon-Nucleus-Servers oder Tidal – ganz klar. In den oberen Registern zeigt sich beispielsweise eine vermehrte Feinauflösung. Um die Instrumente scheint mehr Raum vorhanden zu sein, tonale Ereignisse lassen sich so müheloser und präziser lokalisieren. Um nicht missverstanden zu werden, die aus externen Quellen gestreamten Versionen klingen ebenfalls hochwertig, aber sie wirken bedeckter und enger gefasst. Auch ein Smartphone oder Rechner unmittelbar am Hugo 2 müssen sich jetzt nicht gleich verstecken, aber die Bequemlichkeit und die involvierendere Spielweise des 2go sprechen für ihn.
Go mobil: Vergleich mit dem Astell & Kern Kann Cube
Wechseln wir ins mobile Fach und lassen den ebenfalls physisch pfundigen sowie klanglich kraftvollen Astell & Kern Kann Cube (1.800 Euro) antreten – ein DAP mit internem Speicher sowie Zugriff aufs Netzwerk und Internet. Die Combo aus Chord Hugo 2 und 2go kommt bei Portisheads „Mysterons“ (Album: Roseland NYC; auf Amazon anhören) im Vergleich zum Kann Cube mit anderer Klangsignatur. Während der Astell & Kern-DAP seinen Fokus deutlicher aufs obere und untere Ende des Frequenzbandes legt und das Mittenband entsprechend relativ schlanker zeichnet, gibt sich das Chord-Gespann mit einer in sich stimmigeren Tonalität zu erkennen, ohne dabei Studio-like nüchtern oder gar emotionslos zu wirken. Im Gegenteil: Es geht eher etwas wärmer und vollmundiger als erzneutral zur Sache. Zudem zieht sich der Raum deutlicher in die Breite, die Tiefe empfinde ich ebenfalls als etwas glaubhafter.
In den höheren und höchsten Lagen glänzt und funkelt der Kann Cube energetischer, durchsichtiger und luftiger. Die Chord-Kombi gibt sich obenrum dennoch hinreichend durchhörbar, geht bei der Langzeittauglichkeit aber auf Nummer Sicher, was mit zur wärmeren Tonalität und den durchaus sonoren Mitten beiträgt.
In den unteren Oktaven steigt die Kombi aus Chord Hugo 2 und Chord 2go in allertiefste Gefilde hinab – und wirkt hier präziser und konturierter als der etwas mehr auf fülligen Schub bedachte Astell & Kern Kann Cube. Die dynamischen Qualitäten der Chord-Kombi lassen sich schlicht als exzellent beschreiben, was das emotionale Eintauchen ins musikalische Geschehen noch müheloser gelingen lässt.
Test-Fazit: Chord Hugo 2 und Chord 2go
Mit der kongenialen 2go-Erweiterung wird der DAC, Pre und Kopfhörerverstärker Chord Hugo 2 zum Server, Streamer und Digital-Audio-Player – flankiert von drahtloser Connectivity und Roon-Ready Unterstützung. Und das, wohlgemerkt, sowohl im Rahmen eines stationären als auch mobilen Setups. Die Kombi ist für all jene interessant, die sich sowohl unterwegs als auch zuhause nicht mit irgendeiner Lösung zufrieden geben wollen und dafür bereit sind etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Dass nach wie vor kein Display vorhanden ist, ist nicht optimal, aber verschmerzbar, das Smartphone befindet sich ja sowieso meist in Griffweite.
Das kraftvolle – die Leistungsreserven reichen für wohl fast jeden Kopfhörer –, räumlich tolle Klangbild befindet sich tonal auf der leicht warmen Seite von neutral. Auflösung und Hochtonluftigkeit nehmen sich zugunsten der farbstarken, eher vollmundigen Gangart etwas zurück und stellen sich in den Dienst eines eher emotionalen, langzeittauglichen denn analytischen Musikhörens.
Fakten:
- Produkt: Chord Hugo 2 und Chord 2go
- Konzept: Kopfhörerverstärker/DAC mit Streamer/Server-Erweiterung
- Preise: 2.241 Euro (Hugo 2) und 1.168 Euro (2go)
- Maße und Gewicht (Höhe x Breite x Tiefe): Hugo 2 – 21 x 100 x 130 mm, 450 Gramm | 2go – 50 x 100 x 21 mm, 155 Gramm
- Schnittstellen: Hugo 2 – Micro USB 44,1 kHz bis 768 kHz (16/32 Bit), koaxiales/optisches S/PDIF, Bluetooth (aptX) | 2go – DLNA (Server & Renderer) AirPlay, Bluetooth-Audio, Tidal, Qobuz, Internetradio
- Unterstützte Formate: AAC, WAV, FLAC, AIFF, OGG Vorbis, ALAC, WMA, MP3 / 44,1 kHz bis 768 kHz / DSD 256 (2go) DSD512 (Hugo 2)
- Sonstiges: künftige Erweiterungen möglich via Software-Update
- Garantie: 24 Monate
- weitere technische Daten des Herstellers
Vertrieb:
cma audio GmbH
Münchener Str. 21 | 82131 Gauting
Telefon: +49 (0) 89 – 97 880 38 0
E-Mail: gmbh@cma.audio
Web: https://www.cma.audio
Test: Chord Electronics Hugo 2 und Chord Electronics 2go | Kopfhörerverstärker mit Streamer und Server