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Wer die Entwicklung am modernen HiFi-Markt verfolgt, dem fällt in jüngster Zeit ganz sicher auf: Die Grenzen zwischen Abhörmaschinen für professionelle Klangmacher und Genussinstrumenten für heimische Musikhörer verschwimmen. Besonders deutlich zeigt sich dieser Trend neben der wachsenden Beliebtheit von Aktivboxen, genau: bei Kopfhörern und deren Verstärkern.
So hat sich etwa die sogenannte „Crossfeed“-Technik, ursprünglich fürs lautsprecherähnliche professionelle Mixen und Mastern per Kopfhörer entwickelt, inzwischen auch für nicht wenige Heimhörer zum begehrlichen Must Have gemausert. Einer der ersten Hersteller, die Crossfeed erfolgreich für die Anwendung in heimischen Gefilden adaptierten, war das im beschaulichen Niederkrüchten ansässige Sound Performance Lab (kurz: SPL, Web: www.spl.info), deren Verstärker-Schlachtschiff namens „Phonitor“ in seiner neuesten und bis dato wohl wohnzimmertauglichsten Variante Phonitor x (2099 Euro, inklusive D/A-Wandler 1670: 2399 Euro) nun auch meinem Wohnzimmer ein wenig Studio-Ambiente bescheren soll.
Oder, ganz ehrlich: vielleicht doch ein wenig mehr. Bereits die beiden extragroßen und prominent illuminierten VU-Meter und die an ein Pilotencockpit gemahnende Knöpfchenfront des SPL Phonitor x machen – vorsichtig gesprochen – keinen Hehl daraus, aus welchem Studioholz dieser Bolide geschnitzt ist. In diesem Fall: wahlweise schwarzes, silbernes oder rotes Aluminium. Sein vergleichsweise hohes Kampfgewicht von knapp über vier Kilo verteilt der Phonitor x dabei vornehmlich auf sein integriertes Linearnetzteil, sprich den großzügig dimensionierten Ringkerntransformator.
„Ein bisschen prollig“, snobbt meine Freundin. „Doch ziemlich drollig“, finde ich – und schätze: Bei potenziellen Käufern dürften die Meinungen über die demonstrativ funktionale Aufmachung des SPL Phonitor x auseinandergehen. Einhellig ausfallen hingegen dürfte die Beurteilung seiner Verarbeitung. Auch Details wie die massiven, dabei aber angenehm leichtgängigen Drehknöpfe oder die überraschend hochwertigen, fest am Bodenblech montierten Entkopplungsfüße machen deutlich, dass „Made in Germany“ im Hause SPL keinesfalls ein ergaunertes Label ist.
Die ebenfalls studiotypische Anschlussvielfalt des SPL Phonitor x stellt zudem sicher, dass er qua RCA-Ausgang neben seiner Funktion als potenter Kopfhörerverstärker auch als wahlweise analoge oder digitale Vorstufe agieren kann (wenngleich nicht simultan zum Kopfhörerbetrieb). Eingangsseitig finden am Heck des Phonitor x bis zu fünf Quellen Platz. Hierfür stehen zwei analoge Stereoeingänge (einmal XLR, einmal RCA) sowie – bei optional integriertem D/A-Wandler – zusätzlich drei digitale Schnittstellen zur Verfügung: USB, S/PDIF-RCA und -Toslink mit Taktraten beziehungsweise Wortbreiten von jeweils bis zu 192kHz/24Bit. Verzichten müssen Käufer des vollausgestatteten SPL Ponitor x lediglich auf einen AES/EBU-Digitaleingang.
Ein erstes Goodie für den heimischen Highender hingegen findet sich ebenfalls bereits gut sichtbar auf der Front: Die Digitaleingänge nämlich können durch einen kleinen Kippschalter ein- und ausgeschaltet werden und so die gefühlt ausschließlich bei Heimhörern grassierenden Ängste vor potenziell klangschädigenden Hochfrequenz-Einstrahlungen an offenen Digitalschnittstellen zerstreuen. Neben den gegen 300 Euro Aufpreis integrierten Digitaleingängen lässt sich das zweite offenkundige Zugeständnis an den Heimanwender ebenfalls prominent auf der Gehäusefront ausmachen. Der Phonitor x bietet dem Hörer nämlich im Gegensatz zum studioeskeren Phonitor 2 die Möglichkeit, den Kopfhörer wahlweise symmetrisch (dann allerdings nicht gleichzeitig mit einem per Großklinke verbundenen Hörer) mit der amtlichen Ausgangsleistung von 2 x 3,7 Watt (an 120 Ohm) zu versorgen.
Ziemlich laut „Heimspiel“ schreit auch die Option des Phonitor x, die Lautstärke per Fernbedienung vom Sofa aus zu regeln. Meine erste Enttäuschung darüber, diese meinem Testgerät nicht beigelegt zu sehen, sollte dabei rasch der Begeisterung für die Cleverness der SPL-Entwickler weichen: Die Fernbedienung des Phonitor x hatte ich bereits im Haus. Denn über die lernfähige Infrarot-Schnittstelle des SPL-Amps kann so ziemlich jede beliebige Taste jeder beliebigen Fernbedienung das auch aus drei Metern Hörentfernung noch gut sichtbar beleuchtete Lautstärkerad des Phonitor X bewegen. Dass alle anderen Einstellungen nur am Gehäuse selbst vorgenommen werden können, hat mich in der Praxis übrigens kein einziges Mal gestört.
Als reinrassige Studiotechnik wiederum geht die im Hause SPL bewährte 120-Volt-Technik namens VOLTAiR durch. Laut Hersteller entsprechen jene 120 Volt dem Vierfachen herkömmlicher IC-basierter Halbleiter-Operationsverstärker und stellen damit nahezu unbegrenzt Headroom zur Verfügung. Die Folge sei ein erweiterter Dynamikumfang, ein vergrößerter Signal-Rausch-Abstand sowie erhöhte Übersteuerungsfestigkeit. In Zahlen: ein Frequenzbereich von 10 Hz bis 300 kHz innerhalb der üblichen -3-dB-Marke, ein Dynamikumfang von 135,5 dB und ein Klirrfaktor von 0,00091 Prozent am Kopfhörerausgang. Sie bevorzugen Buchstaben? Nun, der Phonitor ist extrem laut, extrem linear und frei von hörbaren Verzerrungen.
Doch kommen wir zum eigentlichen Alleinstellungsmerkmal des Phonitor x: seiner beispiellos aufwendig implementierten Lautsprechersimulation, die anderswo schlicht Crossfeed, bei SPL hingegen (angemessen komplex) „SPL Matrix“ heißt. Was Crossfeed ist, soll und tut? Nun, einfach gesprochen versucht Crossfeed, die natürlichen Nachteile des Kopfhörer-Hörens gegenüber dem Hören über Lautsprecher mit technischen Mitteln zu kompensieren. Größter Nachteil der audiophilen Privatvorstellung: mangelnde Räumlichkeit. Denn während beim Lautsprecherhören die Dreidimensionalität des akustischen Gesamtbilds auch dadurch zu Stande kommt, dass unser linkes Ohr auch Schall vom rechten Lautsprecher empfängt (und umgekehrt), werden über Kopfhörer beide Lauscher strikt kanalgetrennt beschallt: links Ohr – linker Kanal, rechtes Ohr – rechter Kanal. Die Folge: eine oftmals als zu breit und flach empfundene Bühne („Super-Stereo-Effekt“) mit fehlender räumlicher Tiefe, auf der Schallquellen links und rechts am Bühnenrand kleben, Signale aus der Stereomitte (vorzugsweise Stimmen und Soloinstrumente) hingegen als „im Kopf sitzend“ wahrgenommen werden.
Was Crossfeed tut, um diese Empfindung abzuschwächen? Das, was der Name suggeriert: Die Technik „füttert Kanäle“ – namentlich den rechten mit Signalen des linken und umgekehrt. Die Folge ist eine mehr oder weniger drastische Reduzierung der „Im-Kopf-Lokalisation“. Und eine Bühne, die in aller Regel als weniger breit und zugleich tiefer wahrgenommen wird.
Und weil das Ganze fürs Erste durchaus angenehm klingt, haben sich mittlerweile eine ganze Reihe von Anbietern an hauseigene Implementierungen von Crossfeed mit variierenden Einstellungsmöglichkeiten versucht – teils unter anderem Namen wie „3D“ beim iFi DSD Micro oder „Focus“ beim Hafler HA75 – und die Hörerschaft damit in drei Fraktionen gespalten: Enthusiasten, die inzwischen quälende Kopfschmerzen fürchten, sollten sie jemals wieder ohne Crossfeed hören müssen, Skeptiker, die das Thema nach ein paar Minuten amüsierter Spielerei schulterzuckend ad acta legen, und Gelegenheits-Crossfeeder wie mich, die sich der Schaltung nur dann bedienen, wenn entweder nach langen Kopfhörersessions die in aller Regel weniger auflösungsstarke und direkte, dafür langzeittauglichere Gangart via Crossfeed für die nötige Entspannung sorgen soll oder Interpreten auf ehemaligen Mono-Aufnahmen nachträglich dermaßen rustikal in die Ecken des Stereopanoramas gemastert wurden, als würden sie nicht mit-, sondern gegeneinander musizieren.
Durch die Bank, will heißen: als Dauerlösung überzeugt haben mich Crossfeed-Schaltungen hingegen nie. Am nächsten kommen dieser Idealvorstellung noch die Schaltungen von Meier Audio und Chord (beim mobilen Wandler-Kopfhörer-Amp Hugo 2). Doch während sich alle genannten Crossfeed-Schaltungen lediglich in der Stärke variieren lassen (konkret also der Lautstärke des beigemischten Schalls vom jeweils gegenüberliegenden Kanal), ermöglicht die „SPL Matrix“ dem Hörer die Simulation einer Vielzahl unterschiedlicher realer Hörsituationen mit Lautsprechern.
Zusätzlich zur Lautstärke des beigemischten Fremdkanals – am Phonitor x per „Crossfeed“-Schalter sechsstufig regelbar – kann die „SPL Matrix“ auch den Winkel der virtuell positionierten Lautsprecher zum Hörer nachempfinden. Dies geschieht über den vierstufig von 22 bis 55 Grad einstellbaren Regler „Angle“ – und funktioniert nicht durch Erhöhung oder Reduzierung der Lautstärke, sondern durch Veränderung des zeitlichen Abstands zwischen dem Hauptsignal und dem Signal des jeweils gegenüberliegenden Kanals. Sprich: Je länger es dauert, bis der Schall des linken Kanals am rechten Ohr eintrifft (und vice versa), desto weiter stehen die Lautsprecher „gefühlt“ auseinander. Mit der SPL Matrix lassen sich beim Kopfhörerhören somit nicht nur reale Lautsprecher simulieren, sondern zusätzlich virtuell im Raum verschieben (hier noch einmal von den Machern selbst erklärt).
Ein praktischer Vorteil dieser besonders ausgefuchsten Crossfeed-Schaltung: Immer mehr Kopfhörerhersteller versuchen bereits, der Im-Kopf-Lokalisation dadurch Herr zu werden, dass sie die Treiber in den Hörmuscheln etwas zum Hörer hin anwinkeln. Einfache Crossfeed-Schaltungen können daher bei Kopfhörern wie etwa dem Audeze LCD-XC, dem Beyerdynamic T5p oder dem Sennheiser HD800 eine übertrieben enge Bühne suggerieren. Die „Angle“-Einstellung des SPL jedoch erlaubt es, diese Überkompensation des Super-Stereo-Effekts durch Vergrößerung des virtuellen Abhörwinkels (beispielsweise 40 statt der üblichen 30 Grad) wieder auszugleichen.
Das Ergebnis: Während mein Analysehörer AKG K812 wie schon bei anderen Crossfeed-Versuchen mit der Abbildungspräzision bedauerlicherweise seine Kardinaltugend fahren ließ, belohnte mein Genusslauscher Audeze LCD-XC bei der Einstellung Crossfeed 2 und Angle 40 Grad die Mühen der SPL-Matrix mit einer wunderbar akkurat dimensionierten Bühne. Diese konnte über den dritten Drehschalter „Laterality“, einer besonders feinstufigen Balance-Regelung, sogar noch an die minimale Assymmetrie meines physiologischen Hörvermögens – Dauerschnupfen-bedingt eine Winzigkeit nach rechts – angepasst werden.
An den täglichen Gebrauch in den heimischen Vier Wänden angepasst haben die SPL-Entwickler auch eine bislang nicht nur ärgerliche, sondern sogar gefährliche Unart des Ur-Phonitors sowie dessen Brüderchen Phonitor mini. Hier wie dort musste der Kopfhörerausgang beim Ein- und Ausstecken des Klinke-Steckers zwingend gemutet werden. Wer den Klinkestecker, von der Wucht der Phonitor‘schen Wiedergabe zu spontanen Hüft-Rotationen ermuntert, aus Versehen aus der Buchse zog, riskierte einen Kurzschluss der empfindlichen Operationsverstärker. Im Handbuch des SPL Phonitor x findet sich ein entsprechender Hinweis nun nicht mehr. Einzig eine Verwendung von Mono-Steckern am Klinke-Ausgang ist weiterhin zu vermeiden. Nun, sei’s drum.
Viel wichtiger zu vermeiden ist nach meinem Dafürhalten die Verwendung des mitgelierten Netzkabels. Denn während der klangliche Effekt hochwertiger Entkopplungsfüße angesichts der bereits recht hochwertigen Standarddämpfer im Test zuverlässig gegen Null tendierte, brachte der Phonitor x bei einem hochwertigen Netzkabel wie dem Tellurium Black seinen Dank durch eine nunmehr unverrückbar stabile Abbildung und eine nochmals neutralere Wiedergabe zu Gehör – und der Autor damit bereits zwei klangliche Kerntugenden dieses an klanglichen Tugenden nicht eben armen Verstärkers.
Klangtest & Vergleiche SPL Phonitor x
Ob’s an der 120-Volt-Technik liegt? Ich bin nicht sicher. Mit Sicherheit lässt sich bloß Folgendes sagen: Was der SPL Phonitor x erstens an Stabilität im Raum und zweitens an Neutralität im Ton bietet, habe ich bisher nicht einmal ansatzweise von einem anderen Kopfhörerverstärker gehört. Soweit, so deutlich.
Nun, da Sie es vermutlich genauer wissen möchten – zunächst zur Neutralität des Phonitor x. Mit dem Auralic Aries Femto als Quelle und dem Chord Hugo 2 als D/A-Wandler zeichnet der SPL über seinen analogen RCA-Eingang gesamttonal einen einzigen, schnurgeraden und seeeeeeeeeeeehr langen Strich. Vom schwärzesten Tiefbass bis zum subtilsten Oberton ist „gehört“ nicht das kleinste Dellchen oder Hügelchen auszumachen. Stattdessen, von unten nach oben: ein Bass, der agil und präzise, aber niemals asketisch, sondern immer saftig und mit amtlichem Punch zu Werke geht, ein Mittenband, das maximal artikuliert und transparent, dabei aber niemals knöchrig, sondern stets mit Lebendigkeit, Fluss und Substanz daherkommt sowie ein Hochton, der mit seiner Informationsfülle und einer nie zurücksteckenden Präsenz zwar stets an der Grenze zu Silbrigkeit und Schärfe balanciert, diese aber nur passiert, wenn offensichtliche Unzulänglichkeiten in Aufnahme und/oder Restkette dies zu verschulden haben.
Ansonsten enthält sich nicht nur der Frequenzgang des SPL jeglicher Koloratur des Audiosignals. Auch in Sachen instrumentales sowie stimmliches Timbre präsentiert sich der Phonitor x als grundehrliche Haut. Ja, es gibt Kopfhörerverstärker, die Instrumente mit intensiveren Farben und Stimmen mit mehr Schmelz und Sahne reichen. Ebenso solche, die sich klangfarblich so demonstrativ unterkühlt zeigen, dass die Aufmerksamkeit des Hörers elegant auf eher analytischere Merkmale wie deren Detailauflösung oder Positionierung im Raum gelenkt wird. Was es meines Wissens am Kopfhörermarkt dagegen kaum gibt, sind Transistorverstärker, die dem Hörer, ähnlich wie der Phonitor x es vermag, erlauben, sich je nach Stimmung entweder analytisch auf die Komplexität von Klängen zu fokussieren oder deren natürliche Schönheit zu genießen, ohne hier oder dort etwas zu vermissen.
Nein, mit dem Phonitor x lässt sich’s analysieren und genießen. Seine minutiöse Auflösung, die sich im Gegensatz zu vielen als „professionell-analytisch“ vermarkteten Verstärkern nicht effekthascherisch auf den Hochton fokussiert, sondern übers komplette Frequenzband verteilt, macht den Phonitor x zu einem Klangmikroskop, mit dem nicht nur instrumentale bzw. stimmliche Details wie Anzupf- und Nachschwingvorgänge, Zwischenatmer und beiläufige Zugenschläge herausgehört, sondern auch sämtlich Fehler einer jeden Audioaufnahme und HiFi-Kette schonungslos aufgedeckt werden. So frage ich mich nach acht Wochen Phonitor x zum Beispiel, ob die Toningenieure zum Mastern des Albums About U der Elektro-Popper Muna womöglich einen etwas zu warm abgestimmten Kopfhörer bzw. Monitor benutzt haben. Denn über den Phonitor X ermunterten die artifiziell erzeugten Hi-Hats des Club-Hits „I Know A Place“ weniger zum Mittanzen als zum Weglaufen. Nein, tonale Mildtätigkeit ist dem SPL derart wesensfremd, dass ihm selbst unter Verwendung mildtätigster Kabel wie etwa des Cardas Clear USB oder des Transparent MusicLink RCA keinerlei Schönfärberei zu entlocken ist.
Wohlgemerkt: Die unterschiedlichen Klangsignaturen der Kabel – und erst recht die der verschieden timbrierten Kopfhörer – bringt der Phonitor x so explizit wie detailliert zu Ohren, bloß: Aus einer spitzen Aufnahme macht der SPL halt nie und nimmer eine Spitzenaufnahme. Ein Wesenszug, der während des Testens übrigens auch meine eigentlich für „so langsam mal fertig“ gehaltene heimische Kette in Erklärungsnot bringen sollte. So deckte der SPL Phonitor x eine minimale Senke im Oberbassbereich meines D/A-Wandlers Jadis JS2 MKII auf, die mir über andere Kopfhörerverstärker sogar mein erzneutraler AKG K812 vorenthalten hatte. Ein Kopfhörer, der trotz seiner scheinbar gutmütigen 32 Ohm recht divenhaft auf nicht ganz standesgemäße Verstärkung reagiert, am SPL jedoch förmlich aufblühte. Ja, mit dem Phonitor x und dem AKG 812er hatten sich zwei Abbildungs-Pedanten zum perfekten Date am Reißbrett verabredet. Womit wir bei der zweiten Kardinaltugend des Phonitor X wären: seiner Stabilität.
Über den SPL Phonitor x hat jedes Instrument die richtige Größe, jede Bühne die vom Aufnahmeraum vorgegebene oder vom Tonmeister geschaffene Breite und Tiefe, erklingen Instrumente vorbildlich profilstark, ohne artifiziell überschärft aus dem klanglichen Gesamtbild isoliert zu werden, hat jedes Instrument zugleich genug Luft, um eigenständig zu agieren, als auch genug Körper, um real und anfassbar zu wirken. Gemeinsam mit dem AKG K812 meißelt der SPL ein derart unverrückbares Panorama um meinen Kopf herum, dass es eine Freude ist, bei hinreichend transparenten Aufnahmen wie der 4. Mahler’schen Sinfonie (Cleveland Orchestra unter Leitung von Pierre Boulez, auf Amazon anhören) mal diesem, mal jenem Solisten auf die Finger zu hören, ohne dabei je das große Ganze aus den Ohren zu verlieren.
Seine charakteristische Stabilität offenbart der Phonitor x allerdings nicht nur im räumlichen, sondern ausdrücklich auch im zeitlichen Arrangieren musikalischer Zusammenhänge. Vorbildliche Transientenwiedergabe, nibelungenhafte Impulstreue und eine zumindest von mir als praktisch einschränkungsfrei empfundene Dynamik im Groben wie Feinen ergeben in der Summe ein dermaßen punktgenaues Timing, dass angesichts des stets zackig-akkuraten, aber eben nie militärisch-strengen Grooves, den der Phonitor x etwa bei Benny Grebs jazziger Trommel-Revue Moving Parts (auf Amazon anhören) vermittelt, jegliches Studio-Amp-Klischee á la „freudloser Analytiker“ außen vor bleibt.
Es macht halt einfach einen Heidenspaß, so dermaßen Headroom bzw. dynamische Reserven zu haben, um Snares oder Gitarrensaiten ansatzlos vor einem grabesstillen Hintergrund, ja: „abzufeuern“. Überhaupt sind Saiteninstrumente und Percussions über den SPL eine ganz besondere Erfahrung, weil hier das Nebeneinander von sonorer Wucht und filigraner Präzision die Ausnahmestellung des Geräts auf der heiklen Grenze von ProFi- zu HiFi-Equipment am besten zu Gehör bringt. Ja, mit seiner gnadenlosen Auflösung, schonungslosen Neutralität und räumlichen wie klangfarblichen Exaktheit ist und bleibt der Phonitor x im Herzen ein Studiogerät – aber eben ein Studiogerät für Musiker, die beim Mixen und Mastern nicht nur konzentriert arbeiten, sondern ihre Arbeit auch fußwippend goutieren möchten.
Die Crossfeed-Matrix von SPL
Eieiei, und dabei habe ich das eigentlich Killer-Feature des Phonitor x, die Crossfeed-Matrix, bislang noch gar nicht wirklich erwähnt. Steigert sich der Hörspaß etwa noch, wenn der SPL meine Kopfhörer in virtuelle Lautsprecher verwandelt? Nun, wie so oft: „Es kommt drauf an.“ Zunächst auf den verwendeten Kopfhörer: Während beim AKG K812 die minutiös arrangierte Abbildung schon auf niedrigster Crossfeed-Einstellung nahezu zusammenbricht, legt mein Audeze LCD-XC an räumlicher Tiefe und tonaler Entspanntheit durch SPLs Matrix angenehm zu. Worauf es außerdem noch ankommt: auf Sie. Genauer gesagt: Ihre Prioritäten beim Hören. Denn so lässig der Phonitor x auf der Grenze zwischen analytischem Studio-Instrument und involvierender Musik-Maschine auch entlanggroovt, so schonungslos bringt er auch zu Ohren, dass es sich bei der Frage „Crossfeed – ja oder nein?“ um einen Trade-Off handelt. Auf der Habenseite beim SPL Phonitor x (beim Gros der angeschlossenen Hörer): drastisch gesteigerte Raumtiefe, nahezu vollständige Beseitigung des Super-Stereo-Effekts, wohltuende Milderung der Im-Kopf-Lokalistation zu Gunsten einer je nach Aufnahme mehr oder weniger ausgeprägten Vorne-Ortung.
Verluste? Nun, die sind – insbesondere im Vergleich mit der von mir bislang gehörten Crossfeed-Konkurrenz – durchaus zu vernachlässigen, aber eben doch nicht von der Hand zu weisen. Proportional zur Stärke des Crossfeeds büßt der Phonitor x minimal an Auflösung ein. Die Höhen wirken etwas weniger feinstofflich, die Mitten ein bisschen körniger, die Bässe einen Hauch weniger texturiert. Daneben schrumpft mit der Basisbreite der virtuellen Bühne auch die Breite des Frequenzbands: Die Bässe wirken weniger tiefreichend, nicht mehr ganz so fundamental wuchtig, und instrumentale Obertöne werden im Vergleich zum deaktivierten Crossfeed etwas weniger prominent und somit Klangfarben nicht mehr ganz so frappierend natürlich wiedergegeben. Auch büßt der Phonitor x mit eingeschaltetem Crossfeed eine kleine, aber nicht gänzlich unbedeutende Portion seiner unmittelbaren Vehemenz und ansatzlosen Attacke ein. Nicht, dass der SPL Impulse nun „verschmieren“ würde – der SPL ist und bleibt ein erzdynamischer und impulstreuer Verstärker, egal in welcher Einstellung er betrieben wird. Zum Vergleich: Ein Hugo2 etwa verliert bereits bei der ersten von drei Crossfeed-Stufen deutlich mehr an Auflösung, Unmittelbarkeit und dynamischer Spannung. Und eine Versuppung des Basses bei gleichzeitiger Ausdünnung des restlichen Klangs wie beim „3D“-Boost des iFi DSD Micro lässt sich beim Crossover des Phonitor x erst recht nicht unterstellen.
Long story short: Wenn Sie glauben, mit der Matrix des SPL Phonitor x über Kopfhörer ohne jegliche Klangabstriche wie über Lautsprecher zu hören, könnten Ihre Erwartungen zumindest teilweise enttäuscht werden. Wenn Sie hingegen wissen wollen, ob Crossfeed nach aktuellem Stand der Technik dennoch für Sie in Frage kommen könnte, dürfen Sie beruhigt sein: Ein besseres Crossfeed als die „SPL Matrix“ können Sie derzeit für Geld vermutlich nicht kaufen.
Vergleiche mit anderen Kopfhörerverstärkern
Nun, da Sie für schlappe 2100/2400 Euro (ohne/mit DAC) manch anderes durchaus kaufen könnten, hören wir doch zum Abschluss des Klangteils in zwei klanglich und preislich adäquate Mitbewerber des SPL Phonitor x hinein. In seinem Jagdrevier tummeln sich konkret etwa der vergleichbar neutral gestimmte und ebenso glaubhaft mit dem Label „Made in Germany“ versehene Lehmann Linear SE (1499 Euro). Den gibt es zwar anders als das Lehmann‘sche Grundmodell Linear bislang noch nicht mit eingebautem D/A-Konverter (dessen UVP inklusive Wandler: 1399 Euro). Im reinen Analogbetrieb allerdings rückt der SE, den ich im Testzeitraum zum direkten Vergleich zur Verfügung hatte, dem Phonitor x schon gefährlich auf die Pelle. Vor allem im Hoch- und Mittelton löst der Linear SE ähnlich akribisch auf, offenbart dabei allerdings eine deutlichere Tendenz hin zur Analytik. Nein, den entscheidenden Schuss an musischer Gelassenheit, die Blues- und Jazzaufnahmen über den Phonitor x bei aller Akkuratesse zuverlässig zum sinnlichen Erlebnis machen, die bleibt der Lehmann im direkten Vergleich schuldig.
Ein Musiker vor dem Herrn hingegen: Chords mobiler Kopfhörerverstärker Hugo 2, der mit vergleichbaren 2290 Euro allerdings eher ein hochklassiger D/A-Wandler mit angeflanschter Kopfhörerstufe ist. Dank Akkubetrieb verfügt der Chord als Gesamtpaket klanglich über ähnliche Kraftreserven und rhythmische Autorität wie der Phonitor x, muss in Sachen Auflösung, Raumdarstellung und Neutralität aber letztlich die Waffen strecken. Die dezent warme Note des Hugo 2 mag noch als „Geschmackssache“ durchgehen, der drastische Zuwachs an Auflösung, Abbildungsschärfe und Verfärbungsarmut, sobald man den schnuckeligen Mobilen nicht mit seinem integrierten Verstärker, sondern via RCA-Ausgang am analogen Eingang des Phonitor x betreibt, machen aber deutlich, dass der Hugo 2 verstärkertechnisch eben doch nicht in der allerhöchsten Liga mitspielt. Einer Liga, in der sich – wie schon der rein analoge Phonitor 2 für 1499 Euro und, mit eher ausstattungstechnischen denn klanglichen Abstrichen, auch der Phonitor mini für 799 Euro – der Phonitor x ohne jeden Zweifel wiederfindet.
Angesicht solcher Qualität ist es auch zu verschmerzen, dass der optionale interne DAC für 300 Euro Aufpreis den Verstärker des SPL Phonitor x nun, sagen wir, nicht gänzlich ausreizt. Als Übergangslösung ist er vollkommen okay; wer hingegen alles hören will, was der Verstärker so drauf hat, der sollte in Sachen DAC ruhig nach einer amtlichen externen Lösung suchen. Der SPL-Amp hat es verdient!
Test: SPL Phonitor x | Kopfhörer-Verstärker, Vorstufe