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Sternhagelvoll ist dieser Franzose. Wenn auch nicht mit guten Tropfen aus dem Bordeaux, so doch mit äußerst gehaltvoller Ausstattung, die sich der All-in-One-Verstärker in China einverleibt – dort lässt die französische Marke Advance Paris sämtliche Komponenten fertigen. CD-Wiedergabe, Streaming (LAN/WLAN), Airplay, analoge Ein- und Ausgänge (sogar jeweils per XLR), Phono (MM & MC), Radio (FM/DAB) zwei Kopfhörerausgänge sowie digitale Ansteuerungsmöglichkeiten per Kabel hat diese mehr als komplette Komplettanlage unter anderem intus. Einen Überblick über alle Schnittstellen des Advance Paris MyConnect 250 (2.990 Euro) finden Sie am Ende dieses Tests – oder auf der Webpage des Herstellers (https://www.advance-paris.de/).
So modern die Featurevielfalt des Advance Paris MyConnect 250 wirkt, so retro kommt sein Äußeres daher: Dafür sorgen etwa die beiden an der Acrylfrontplatte fensterlnden Röhren, die mit ihrem nahezu bernsteinfarbenen Glimmen nicht nur optisch für Flair sorgen, sondern der Vorverstärkung klanglich einen gewissen Stempel aufdrücken sollen. Die Endstufe ist hingegen volltransistorisiert, insgesamt 12 Leistungstransistoren sollen an 8 Ohm bis zu 2 x 180 Watt in die Schwingspulen der anhängigen Lautsprecher drücken. Das liest sich üppig – und hört sich auch kraftvoll an, wie ich bereits jetzt schon spoilern darf.
Weiteren Retrocharme versprühen die beiden VU-Meter, denen man sowieso eher designästhetische als zweckmäßige Funktion unterstellen darf. Oldschool und gleichzeitig schön wertig wirken die insgesamt acht kleinen metallenen Taster auf der Front, mit denen sich insbesondere die CD-Wiedergabe steuern lässt, die teilweise aber ebenso beim Streaming- oder Radiobetrieb dienlich sein können (Titelsprung und – wenn auch etwas unkomfortabel – Suchlauf).
Ebenfalls wertig beziehungsweise mechanisch stabil muten darüber hinaus die zahlreichen Schnittstellen auf der Rückseite des Advance Paris MyConnect 250 an: Klar geht’s immer noch edler und unbeugsamer, doch bin ich mir sicher, dass auch die Cinchbuchsen nach vielen Jahres des Betriebs nicht bedrohlich wacklig werden oder plötzlich am Stecker des Kabels kleben, wie ich das bisweilen selbst bei High-End-Geräten schon erlebt habe.
Die Usability des Advance Paris MyConnect 250
Die Lautstärkeeinstellung sowie die opulente Eingangsauswahl lassen sich über die beiden frontseitigen, mechanisch etwas lockerer sitzenden, dafür angenehm fein rasternden Drehregler vornehmen. Die beiden unter den VU-Metern angesiedelten Punktmatrixdisplays – im Gegensatz zu den Zeigerinstrumenten eher zweckdienlich als schön – informieren über das eigene Tun an den Reglern, die sich übrigens nicht nur drehen, sondern auch drücken lassen. In Sachen Bedienung ist der MyConnect 250 im Grunde selbsterklärend, sie geht einfacher von der Hand als sich durch das etwas ungelenk in mehrsprachige Absätze zerfaserte Manual zu wühlen. Zumindest wenn es gilt, die wesentlichen Funktionen unseres highfidelen Multitools zu erfassen. Selbst die dreißigsekündige Aufwärmphase, die einen unbedarften hektischen User zunächst verunsichern könnte, wird displayseitig nach dem Einschalten expressis verbis und inklusive Countdown kommuniziert.
Apropos Displays: Deren Abmessungen und Schriftgrößen hätten insbesondere bei der rechten Anzeige gerne ausladender ausfallen dürfen. Okay, je nach Lichtverhältnissen lassen sich die Informationen zwar selbst aus über drei Metern noch erkennen, als maximal süffig lesbar geht das Ganze dennoch nicht durch. Hm, womöglich habe ich seit dem Test des ASR Emitter II Exclusive auch einfach nur eine zu krasse Benchmark im Kopf …
App geht’s: Netzwerkeinbindung und Streaming mit dem Advance Paris MyConnect 250
Angenehm lesbar und überhaupt nicht kleinteilig wirkt dafür die fürs Streaming benötigte, multiroomfähige „Advance PlayStream“-App, mit der sich unter anderem via UPnP, Tidal, Qobuz, Amazon Music, Deezer oder Spotify Connect Musik hören lässt. Grafisch mag die App zunächst einen etwas biederen oder „klobigen“ Eindruck machen, im Nachhinein gereicht das allerdings eher zum Vorteil, denn deren Anwendung gestaltet sich auch dadurch absolut frickel- und fragezeichenfrei.
Gleiches gilt für die Einbindung des Advance Paris MyConnect 250 ins WLAN; mit der WPS-Taste an meiner Fritzbox vollzieht sich diese quasi mittels schlichten Knopfdrucks. Sowohl die Einwahl in Qobuz als auch in die Musikbibliothek meines vom Melco N50-S38 etablierten Minim-Servers gelingt problemlos, und das Streaming kann sofort losgehen. Die Advance-App widmet sich dem Streaming, natürlich inklusive Lautstärkeregelung, übrigens nahezu exklusiv – für die Eingangswahl beziehungsweise die Steuerung anderer Schnittstellen, wie etwa des CD-Laufwerks, sind die mitgelieferte, klassische Fernbedienung oder die Taster und Regler am Gerät zu nutzen.
Der Streaming-Betrieb lief über die Wochen, in denen der All-in-One-Verstärker in meinem Hörraum gastierte, weitgehend stabil. Als Kritikpunkte würde ich die beim Titelschnellvorlauf mehr oder weniger auftretenden Spratzelgeräusche ins Feld führen sowie ein Stocken der Wiedergabe, das dann passiert, wenn man eine gewisse Zeit lang wilder von Track zu Track durch die Bibliothek springt. Diesen Bug konnte ich allerdings nur im WLAN-, nicht im Ethernetbetrieb provozieren. Hier half bei mir dann nur ein Ausschalten und Wiederhochfahren des Advance Paris MyConnect 250 – vielleicht läuft irgendein Buffer voll und das Ganze ist demnächst per Update behoben.
Advance Paris MyConnect 250: Klangtest & Vergleiche
Verschiedene Schnittstellen eines Gerätes können bekanntlich mit unterschiedlichen Klangsignaturen kommen. Bei einem derart vielseitigen All-in-One-Verstärker wie dem Advance Paris MyConnect 250 muss ich mich nichtsdestotrotz beschränken: Neben dem analogen XLR-Eingang und der CD-Wiedergabe habe ich vor allen Dingen das Streaming – sowohl lokal als auch per Qobuz – ausprobiert.
Starten wir mit der Schnittstelle, die von den Besitzern eines MyConnect 250 wohl häufig genutzt werden dürfte – und die klanglich, zumindest nach meinen Erfahrungen mit All-in-One-Geräten, mutmaßlich am kritischsten zu beurteilen ist: dem Streaming, bei dem unser Franzose per WLAN ins Netz gelangt.
Richtig gepolt und eingespielt? Bühne frei!
Zu den ersten Charakterzügen, die ich spontan wahrnehme, zählen ein eher sanfter, tonal zurückgenommener Präsenzbereich und eine vergleichsweise flache Bühne. Die Bühne bekomme ich schnell mit einem Wechsel der Netzsteckerpolung in den Griff, die noch auf einen meiner Bryston-7B3-Monos ausgerichtet war, der es „andersrum“ mag als die meisten anderen Geräte (siehe dazu auch unseren Artikel „Tuning-Tricks für guten Hifi-Klang“). Und obwohl mein Exemplar des Advance Paris MyConnect 250 offensichtlich bereits als Testgerät in Gebrauch war, goutiert es einige Tage Einspielzeit hörbar. Von einem zurückgenommenen Präsenzbereich ist schlussendlich keine Spur mehr …
… und die Bühnenabbildung avanciert gar zu einer besonderen Stärke unseres Tausendsassa-Amps: Sie öffnet sich, wie das bei hochwertigem Hifi typisch in meinem Hörraum ist, schön involvierend nach vorne, Richtung Hörer – und illusioniert die Z-Achse geradezu mustergültig. Meine Wilson Audio SabrinaX verschwinden im Hörraum als wahrnehmbare Schallquellen ebenso gut, als wäre meine über 15 Kiloeuro schwere Kombi aus Melco N50-S38, Norma HS-DA1 PRE, Funk MTX Monitor sowie Norma Revo PA 150 am Start. Chapeau!
Gleiches gilt für die Dimensionierung: sowohl mit Blick auf einzelne Instrumente und Stimmen als auch die gesamte Bühne. Sowie eigentlich auch für die Ortungsschärfe, denn Instrumente/Stimmen bekommen solch eindeutige Positionen im Stereopanorama zugewiesen, wie ich es von meiner Arbeitskette gewohnt bin … zum „eigentlich“ komme ich später noch einmal kurz zurück.
Ordentlich was los – Grob- & Feindynamik
Klar: Man darf bei 2 x 190 Watt an 8 Ohm gewisse Erwartungen an die dynamischen Qualitäten hegen – und sich dennoch freuen, wenn eine „Kompaktanlage“ dynamisch ebenso kraftvoll zulangt wie eine mehr als doppelt so teure reine Endstufe, der ich in ihrer Klasse eine, wenn auch nicht ultraharte, doch anstandslos souveräne und präzise Basswiedergabe attestiere. So steht die Advance Paris MyConnect 250 meinem Norma-Amp bei der Wiedergabe der mächtigen Bassbeats in „Psypos“ (gleichnamiges Album) des englischen Musikers und DJs Otik in nichts nach: Die pechschwarzen Beats pumpt der 250er so energetisch und präzise in die Schwingspulen meiner Wilson, dass selbst der eingefleischteste Elektro-Fan geflasht sein dürfte; gleiches gilt für die später einsetzenden fetten Tiefbassflächen, die der Franzose ebenso akkurat wie eindrucksvoll ans Tageslicht hievt. Ja, grobdynamisch verdient sich unsere Kompaktanlage auf jeden Fall eine 1 mit Sternchen, in dieser Hinsicht wird sie auch vielen reinen Verstärkern der 3000-Euro-Klasse die Rücklichter zeigen und toppt freilich All-in-One-Lösungen wie den Block CVR 200.
Auch feindynamisch ist unser Allrounder auf Zack: „Psypos“ besteht natürlich nicht nur aus niederfrequenten Schallanteilen, sondern tritt etwa mit den Achteln der künstlichen Hi-Hat, den mit Sechzehntel-Speed durchs Stereopanorama flitzenden Zirpgeräuschen sowie synthetischem Vogelgezwitscher auch im Mittel und Hochton einiges los. All das reicht der MyConnect 250 so impulsiv und akzentuiert durch, dass zusammen mit dem Bass ein wunderbar kohärent und konsistent verzahntes „grooviges Gesamterlebnis“ resultiert. Auch aus feindynamischer Sicht gibt’s kaum Unterschiede zu meiner Arbeitskette … aufs „kaum“ komme ich später ebenfalls noch einmal zurück.
Durch die Etagen: die Tonalität
Doch zunächst zur Tonalität und den einzelnen Frequenzetagen. Den tiefreichenden, souveränen, konturierten Bassbereich hatten wir ja schon auf dem Tapet – darüber hinaus würde ich ihn pegelseitig als absolut neutral bezeichnen. Okay, ab und an beschlich mich das Gefühl, dass meine Norma-Endstufe bei einigen Tracks noch ein wenig schwärzer klänge, doch das sind Subtilitäten, die nicht zuletzt mit Blick auf den Klassenunterschied eher akademischer Natur sind.
Gerade bei einem solch vollgepackten und damit störquellenanfälligen Gerät wie dem Advance Paris MyConnect 250 hätte ich damit gerechnet, dass die Entwickler den Hochton sicherheitshalber eher smooth abgestimmt hätten. Oder man sich andernfalls obenrum dann eben doch die eine oder andere Härte einfängt. Aber der Advance Paris straft mich hüben wie drüben Lügen, was en passant nicht nur einen kleinen Reim abwirft, sondern auch ausgezeichnet klingt. Dies lässt sich an zwei Extremen darstellen:
Die mal offen, mal geschlossen die Viertel abklopfende Hi-Hat in „My Name is Mud“ von Primus (Album: Pork Soda, Musiktipp!) ist aufnahmetechnisch so schneidig eingefangen, dass einem der rechte Stereokanal schon fast Schmerzen bereiten kann. Zumindest dann, wenn die Audiokette obenrum Unsauberkeiten oder Überbetonungen aufweist. Über den MyConnect 250 gerät das Ganze zwar prägnant, aber gerade noch genießbar – und so muss das wiedergabetechnisch auch sein. Klasse abermals auch, wie homogen sich die oberen Lagen und der ebenso ausgeleiert wie präzise anmutende Bass von Les Claypool rhythmisch verzahnen.
In „Lo Batt.“ von Man or Astro-man (Made from Technetium, Musiktipp!) verhält sich’s genau andersrum: Die Hi-Hat säuft in der Gemengelage aus Stimme, Snare und insbesondere Gitarre so ziemlich ab und droht in gewissen Passagen sogar ganz unterzugehen. Aber keine Bange, der Advance Paris MyConnect 250 hält sie gerade so eben sicher über Wasser, wie ich es von guten, neutral abgestimmten Verstärkern gewohnt bin.
Mitteltonseitig hegt der Advance Paris MyConnect 250 hingegen eine minimale Präferenz für die oberen Mitten und den Präsenzbereich, von Schüchternheit ist an diesen Stellen im eingespielten Zustand keine Spur mehr. Wahrnehmbar etwa bei den Toms in Dysrhythmias „Running towards the End“ (Test of Submission), die einen Hauch weniger sonor tönen, als ich es von meiner Referenzkette kenne.
Sowohl als auch: die Auflösung
Das Thema Auflösung hatten wir noch gar nicht auf der Tagesordnung: In dieser Sache und generell mit Blick auf die „Klangreinheit“ kommt so etwas wie ein „Sowohl-als-auch“ ins Spiel. Denn: Zum einen – siehe zwei Absätze weiter oben – fördert der Advance Paris MyConnect 250 konkrete, „abzählbare“ Details nahezu so gut wahrnehmbar zutage, wie das selbst weitaus teurere Hifi-Ketten nicht besser können. Daumen hoch. Zum anderen wirken Details sowie das gesamte Klangbild nicht ganz so klangfarbenrein, deren Hintergrund nicht ganz so schwarz und deren ätherische Obertonauren nicht ganz so feinglänzend wie es maximal möglich wäre, sodass das allerletzte Quäntchen Feinschliff an Auflösung und dessen nahem Verwandten Feindynamik fehlt.
Dieser Zug ist beim MyConnect 250 so subtil ausgeprägt, dass er selbst beim Hören mit Lautsprechern wie den Wilson Audio SabrinaX – mithin eine Qualität von Schwallwandern, die man in praxi wohl kaum mit dem Advance Paris verbinden wird – nicht unbedingt stört, sich insbesondere bei gehaltvolleren, transientenreicheren Tracks dennoch offenbart: So etwa beim Track „ObeliskMonolith“ der The Physics House Band (Horizons/Rapture), dessen Mittel- und Hochtonbereich vom Schlagzeug anfänglich komplett vereinnahmt wird.
Der MyConnect 250 trägt bei dieser highfidelen Herausforderung zwar nichts Unangenehmes in die Musik, interpretiert die rauen Klangfarben gleichwohl etwas grauer – das impulsive Becken-Hi-Hat-Tom-Snare-Gewirr erscheint einen Hauch diffuser und obertonseitig einen Tick weniger komplex als es reine Lehre wäre, was sich naturgemäß zudem minimal aufs Gefühl von räumlicher Ortbarkeit auswirkt.
Spielerwechsel: CD- und XLR-Betrieb
Möglichst guter Klang ist ja nichts weiter als die maximal mögliche Abwesenheit von Störeinflüssen: Und gerade im Bereich des „Streaming Transport“ gibt es mittlerweile völlig zu Recht sehr aufwändige und highendige Speziallösungen, die dieses Ansinnen mit Nachdruck verfolgen – wohingegen bei einem Allrounder der Preisklasse unseres Advance Paris MyConnect 250 natürlich ein Standard-Streamingmodul verbaut ist. Interessant also, wie sich diesem gegenüber der integrierte „CD Transport“ des 250 schlägt.
Nun, es tun sich erwartungsgemäß keine Welten auf, gleichwohl mutet die CD-Wiedergabe insgesamt einen Tick weniger präsent, mithin etwas sonorer und insgesamt minimal beruhigt an, darüber hinaus wirken die Obertonstrukturen und Klangfarben noch etwas reiner. Sicherlich ist das auch eine Geschmacksfrage, aber ich selbst empfinde die CD-Wiedergabe, was mich bei einem solchen Gerät auch nicht überrascht, als einen Deut organischer und audiophiler als das Streaming.
Bei der Beurteilung der analogen XLR-Schnittstelle – die aufgrund der Desymmetrierung hinter dem Eingang einen Nachteil gegenüber der Cinch-Ansteuerung aufweist, aber wir wollen ja eben auch kritisch sein – wirkt aufgrund des Einflusses der in diesem Fall sehr hochwertigen externen Zuspieler natürlich ein Bias. Allerdings werden so oder so auch hier nicht wirklich neue Klanggipfel erstürmt, wenngleich sich das Klangbild tonal eher zwischen den beiden vorgenannten Zuspielmöglichkeiten einordnet und dabei die Klangfarbenreinheit der CD-Wiedergabe erreicht wird.
Test: Advance Paris MyConnect 250 | All-In-One-Verstärker, Streaming-Verstärker