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Einszweiundsechzig hoch, 130 Kilogramm schwer – doch nein, dieser Trumm von einem Schallwandler stellt nicht etwa das Flaggschiff von Acapella Audio Arts dar, sondern lediglich das mittlere Format. Wenn überhaupt: Es gibt nur drei kleinere, aber acht größere Modelle im Line-up der Duisburger Manufaktur, die offenbar ein Faible für ausgewachsene Lautsprecher besitzt. Nun, den meisten von uns dürfte diese „mittelgroße“ Acapella High BassoNobile MKII aber doch ganz respektabel erscheinen.
Seit mehr als vier Jahrzehnten baut Acapella außergewöhnliche Lautsprecher und hat in dieser Zeit das sphärische wie das hypersphärische Horn ersonnen sowie, nicht zu vergessen, auch einen eigenen, horngestützten Ionen-Hochtöner im Programm. Doch lang ist nicht nur die Firmengeschichte – wer mehr erfahren möchte, sei auf unseren Acapella-Firmenreport verwiesen –, echte Langläufer sind auch die Lautsprecher der Duisburger. So auch die BassoNobile, die dem Publikum erstmals 2012 vorgestellt und nun, nach neun Jahren, grundlegend überarbeitet wurde. In der Zeit sind andere Anbieter schon bei MK V, wenn nicht gleich bei ganz anderen Modellen.
Konzept
Dem grundsätzlichen Konzept der BassoNobile ist man natürlich treu geblieben: Es handelt sich um einen geschlossenen Zwei-Wege-Lautsprecher. Beides ist ungewöhnlich, hat man es in dieser Gewichts- und Preisklasse (32.600 Euro) doch meist mit Drei- oder Vier-Wege-Konstruktionen zu tun – und geschlossene Gehäuse sind auch eher die Ausnahme. Zwar sagt man ihnen ein besseres Impulsverhalten nach, doch das geht auf Kosten der Schalldruckausbeute im Tiefton, weshalb viele Entwickler eben doch auf Bassreflex setzen. Schüchternheit im Bass steht hier aber nicht zu vermuten, denn die Acapella High BassoNobile MKII ist, wie gesagt, nicht ganz klein. Ich habe Kühlschränke besessen, die deutlich zierlicher waren. Bei so viel Volumen in der Hinterhand ist auch mit einem geschlossenen Passivlautsprecher echter Tiefbass möglich.
Zum Grundkonzept der BassoNobile gehört auch dieses spezielle Mittel-/Hochton-Horn, das zum einen hypersphärisch geformt ist und zum anderen im Grunde als Breitbänder fungiert. Ganze fünf Oktaven – von 800 bis über 25000 Hertz – verantwortet die asymmetrische, knapp 44 Zentimeter durchmessende Konstruktion. Damit wird auch der Präsenz- und Brillanzbereich, in dem das menschliche Gehör besonders empfindlich ist, von einem Punkt heraus bruchlos abgedeckt. Das lässt doch schon mal Gutes hoffen.
Aber was hat es nun mit dem Begriff „hypersphärisch“ auf sich? Er beschreibt die Geometrie des Horntrichters, also wie sich das Horn im Verlauf vom Hals zum Mund öffnet. „Unsere Hornform hat eine spezielle sphärische Funktion, die im Gegensatz zu einer Kugelwellen- oder Exponentialfunktion von einem Kugelpunkt im Unendlichen ausgeht“, so Entwicklungschef Richard Rudolph. Diese Hornform wird ab einem Öffnungswinkel von 180 Grad allerdings durch eine zweite sphärische Funktion erweitert. Das Horn wölbt sich etwas nach hinten weg – deshalb hypersphärisch.
Doch nicht nur das: „Bei unserem patentierten asymmetrischen Aufbau läuft der Schall über den Hornmund zu tieferen Frequenzen deutlich homogener ab und ermöglicht eine phasenneutrale Anbindung“, ist Rudolph überzeugt. Bei klassischen Hornformen reiße die Schallwelle bei einer bestimmten Grenzfrequenz ab und erzeuge einen Phasensprung. Das sei der Grund, warum sie sich viel schlechter mit den tieferen Lagen verbinden ließen. Der über 180 Grad hinausgehende Öffnungswinkel des Horns, seine asymmetrische Formgebung sowie die spezielle Positionierung auf der Schallwand mit der „Breitseite“ nach außen sollen das Impuls- und Phasenverhalten des gesamten Lautsprechers optimieren.
What’s new?
Nicht allein die Form des Horns ist besonders, der Antrieb ist es ebenfalls. Gemeinhin wird bei Mittel/Hochton-Hörnern ein Kompressionstreiber mit entsprechender Kammer am Hornhals angeflanscht. Bei Acapella ist das anders. Man habe so gut wie alle Kompressionstreiber des Marktes gehört, so Rudolph, doch es sei keiner dabei gewesen, der ihnen für den Job geeignet erschien. Problemstellen seien regelmäßig das „Aufbrechen“ der Membran ab einer bestimmten Frequenz sowie die Kompression selbst, die eben nicht so nebenwirkungsfrei vonstattengehe, wie es eigentlich nötig sei.
Deshalb verwendet Acapella generell, und so auch bei der High BassoNobile MKII, einen „normalen“ Hochtöner mit 1-Zoll-Gewebekalotte – ohne vorgesetzte Kammer. Es handelt sich dabei um eine Neuentwicklung, die eine noch verzerrungsfreiere Wiedergabe ermöglichen soll. Zudem wurden Treiber, Flansch und Horn in aufwendigen Hör- und Messsitzungen aufeinander abgestimmt, so Rudolph. Der Horntreiber und die Tieftöner – beide werden exklusiv für Acapella gefertigt – wurden vom norwegischen Chassisspezialisten Seas entwickelt und bei Acapella auf die jeweiligen Anforderungen optimiert.
Auch bei denen setzt Acapella auf „klassisches“ Membranmaterial, nämlich auf eine beschichtete Papiersandwich-Konstruktion. Zwei Woofer pro Lautsprecher arbeiten jeweils in ihrer eigenen Kammer, zwischen ihnen liegt die Horneinheit – und hinter dem Horntreiber liegt direkt die Frequenzweiche. Die wurde natürlich ebenfalls komplett neu entworfen und ist dabei etwas größer geworden: Ein zweiter Teil der Weiche musste aus Platzgründen in den Sockel des Lautsprechers ausgelagert werden. Beide Weichenteile sitzen in einer eigenen geschlossenen Kammer, abseits des Tumults, der im Bassdepartment herrscht (Stichwort: Mikrofonieminimierung). Mit weiteren Details zum Frequenzweichendesign hält sich Rudolph bedeckt. Dass alles mit Acapella-Reinsilberleitern handverlötet wurde, erfahre ich – und mit ebenjenen Kabeln werden auch die Chassis kontaktiert. Unter anderem deshalb hat der Lautsprecher den Vornamen „High“ zugesprochen bekommen, der den aufwendigeren Versionen der Lautsprechermodelle vorbehalten ist (die neue BassoNobile gibt es allerdings ausschließlich in der High-Variante).
Treiber neu, Weiche neu – und was ist mit dem Gehäuse? Man habe mittels Verstrebungen, Reflektoren und Bedämpfung im Innern sowie mit einer „kaskadischen Abstützung der Bässe und Hochtöner“ weiter an der Resonanzminimierung gearbeitet, so die Duisburger. Dem gleichen Ziel dient der klassische Acapella-Materialmix: Die drei bis fünf Zentimeter starken „Bretter“, aus denen das Lautsprechergehäuses gefertigt wird, sind eigentlich gar keine – sondern Multiplex-MDF-Akryl-Verbundstoffe. Die unterschiedlichen Schallausbreitungsgeschwindigkeiten dieser Materialien sollen Resonanzen und damit das Entstehen von Phantomschallquellen verhindern. Ein weiterer Vorteil der drei Millimeter starken Akryl-Außenhaut ist ganz praktischer Natur: Wenn doch mal ein Kratzer reinkommen sollte, lässt er sich besser auspolieren als bei einer dünnen Lackschicht.
Apropos Außenhaut: Hochglanz-Schwarz und -Weiß sind natürlich die Klassiker, aber auch andere Farben – und sogar Furniere – sind machbar, so Rudolph. Die Farbausführung des Horns kann der Kunde ziemlich frei bestimmen.
Acapella High BassoNobile MKII: Klangeindruck & Vergleiche
Womit soll ich den Hörparcours beginnen? Die BassoNobile macht es mir leicht: Wenn ein Lautsprecher schon so heißt, dann natürlich mit dem Tiefton. Und der ist in der Tat edel, vereint er doch Tugenden, die so perfekt selten zusammengehen. Ähnliches habe ich vielleicht zwei-drei Mal erlebt. Was den absoluten Tiefgang und die Durchsetzungsfähigkeit angeht, konnte eine Ascendo Live 15 (circa 27.000 Euro) natürlich mithalten, doch die ist aktiv und richtet sich an ein anderes Zielpublikum. An Passivlautsprechern, die „Bass auf Augenhöhe“ servieren, fällt mir auf die Schnelle die Focal Maestro Utopia Evo ein, die gleich mal 20.000 Euro mehr kostet. Gehen wir die Bass-Checkliste einmal Punkt für Punkt durch.
Pegelseitig spielt die Acapella High BassoNobile MKII im Untergeschoss ausgewogen, wenngleich mit einer Fingerbreite mehr Schmackes als 100%ig neutral wäre. Also genau richtig! Insbesondere für meinen Raum, der mit seinen 40 qm nicht ganz klein ausfällt und zudem dort, wo andere oft eine Bassüberhöhung haben, etwas Energie herausnimmt. Mit der Folge, dass neutral abgestimmte Lautsprecher wie etwa die Blumenhofer Gran Gioia 2×10 (circa 40.000 Euro) knackig-straff, ja, für manchen Hörgeschmack vielleicht sogar zu straff rüberkommen. Die Acapella High BassoNobile passt in meinen Raum dagegen wie die Faust aufs Auge, sie wirkt vom Tiefst- bis zum Oberbass perfekt balanciert. Umgekehrt lässt sich daraus natürlich ableiten: Dieser Lautsprecher braucht auch ein wenig Platz, um sich zu entfalten. In Räumen deutlich unter 25-30 qm wird das eher schwierig, während doppelt und dreimal so große Areale mit Leichtigkeit bespielt werden dürften.
Sonnenklar ist auch, dass die Acapella eine halbe bis ganze Oktave tiefer in den Frequenzkeller hinabsteigt als meine Blumenhofer, die es beim Trade-off zwischen Wirkungsgrad und absolutem Tiefgang eher mit Ersterem hält – und in der Tat bei gleicher Leistungszufuhr etwas lauter spielt. Die Tiefsttonfähigkeiten der Acapella machen sich natürlich nicht primär mit „Ballermusik“ bezahlt, sondern beim Raumeindruck. Das lässt sich beispielsweise beim Barockmusik-Album Stille Klagen (auf Amazon anhören) erleben, das in famoser Qualität in einer Kirche aufgenommen wurde und über die Acapella High BassoNobile MKII noch mal weiträumiger transportiert wird als ich es eh schon gewohnt bin. „Ballern“ geht aber auch. Und wie. Einer meiner Standardtesttracks hierfür ist „Fuck back“ von Burnt Friedman & The Nu Dub Players. Derart vollumfänglich und dynamisch wurde ich zuletzt von oben genannter Ascendo „verprügelt“. Die Blumenhofer wiederum teilt die synthetischen Impulse des Stücks mit etwas mehr Kante aus, die Acapella geht minimal weicher vor, legt aber mehr Körper rein.
Doch die High BassoNobile kann und will mehr. Sie versteht sich vor allem auf eine sehr differenzierte Darstellung des musikalischen Geschehens – und das eben auch im tonalen Untergeschoss. Konturiert, doch nie zu trocken oder gar ausgemergelt, stellt sie Kontrabässe völlig selbstverständlich und frei im Raum auf und lässt die Saiten wunderbar echt schnurren. So zu erleben bei Howe Gelbs „Piango“ (Album: The Listener; auf Amazon anhören) oder dem auf HiFi-Messen fast zu Tode gedudelten „Sunrise“ von Norah Jones. Das Besondere: Diese sehr gelungene Kombination aus Substanz und Kontur. Die meisten Lautsprecher tendieren ja entweder zum einen („schön saftig, aber doch etwas weich“) oder zum anderen („staubtrocken, aber doch arg drahtig“). Die Acapella verknüpft beides kongenial. Hier macht sich offenbar das Konzept bezahlt: ordentlich Treiberfläche in geschlossenen, aber großen Gehäusen. High BassoNobile – der Name passt wirklich.
Auf solch einem Fundament lässt sich natürlich gut bauen – wobei der Rest vom tonalen Haus auch schnell beschrieben ist: Balanciert-neutral geht es weiter durch die Mitten bis zum Hochton, der lediglich ein Jota milder gereicht wird. In Summe wirkt die Acapella High BassoNobile MKII damit sehr ausgeglichen, mit leicht sonorem Einschlag. Ihre tonale Abstimmung erinnert ein wenig an die der Dynaudio Confidence 50 (26.000 Euro), nur dass die Dänin im Tiefton nicht derart weit hinunterkommt, mithin nicht ganz so breitbandig spielt. Eine etwas mildere Gangart in den oberen Oktaven ist ihr aber auch zu eigen. Wer mag, kann den Hochton der Acapella High BassoNobile MKII mit den Jumper-Kabeln am Terminal etwas justieren, aber Welten tun sich hier nicht auf. Logisch, die maximal möglichen „Ausschläge“ betragen nur +/-0,5 dB. Ich fand es auf der Nullposition aber sowieso am schlüssigsten.
Der echte Stoff
Die stimmige Tonalität ist wichtig, doch sie erklärt nicht oder doch nur zum Teil diesen besonderen „Touch“, den Zauber, der von der Acapella High BassoNobile MKII ausgehen kann. Balanciert, etwas wärmer, Fullrange – das können andere ja auch.
Die Magie im Mitten- und Hochtonband ergibt sich vielmehr aus der großartigen Auflösungsfähigkeit dieses Breitband-Horns, das einem fünf Oktaven aus einem Punkt heraus völlig bruchlos serviert. Und bitte nicht falsch verstehen: Die Auflösung ist hier so hoch, dass es nie „wie auf dem Silbertablett präsentiert“ klingt. Nein, das wäre ja hifidele Kreisklasse, da leicht betont und somit eher Auflösungs-Surrogat denn der echte Stoff. Und so werden zwar alle Nebengeräusche beim Musizieren – Umgreifen auf Saiteninstrumenten, leise Atmer beim Gesang, Stuhlknarren/Geraschel im Orchester etc. – klar vermittelt, doch es geschieht wie im Vorbeigehen, selbstverständlich-lässig, nie streberhaft.
Solcherlei „Geräusche“ scheinen mir aber weniger entscheidend zu sein, die hochaufgelöste Gangart der Acapella macht sich vornehmlich an anderen Stellen wirklich bezahlt. Insbesondere was die Klangfarbentreue und die Raumatmosphäre angeht, schlägt sie voll durch. Und das wiederum sind wesentliche Gründe, weshalb klassische Musik mit der High BassoNobile so – sorry – verdammt geil klingt.
Streichinstrumente lebensecht darzustellen ist eine hohe Kunst, denn es muss ein reichhaltiges Obertonspektrum korrekt wiedergegeben werden. Weniger geht es dabei um so grobe Dinge wie mehr oder weniger Pegel im Hochton, wesentlicher ist, die einzelnen, im Verhältnis zum Grundton relativ leisen spektralen Teiltöne sehr sauber und im richtigen Verhältnis zueinander darzustellen, damit dann „summarisch“ dieser „einfach echte Eindruck“ entsteht.
Mag sein, dass ein Nahezu-Vollhorn mit Kompressionstreiber im Hochton konzeptionell nicht primär für so etwas ausgelegt ist, aber man sollte auch nicht pauschalisieren, dafür klingt eine Blumenhofer Gran Gioia 2×10 mit klassischem Programm viel zu gut. Doch trotzdem muss ich zugeben: Das hypersphärische Breitbandhorn der Acapella spielt tatsächlich noch einmal in einer anderen Liga. Geigen und Celli wirken mit ihr vergleichsweise weniger blass-porös, sie arbeitet das Timbre der Instrumente vollständiger heraus. Dass Streicher und Streichergruppen dabei auch noch griffiger modelliert werden, ist ein weiterer Gewinn. Tatsächlich erinnert mich dieser Charakterzug wieder an die Dynaudio Confidence 50, allerdings löst die Acapella noch einen Zacken besser auf.
Und dann ist da ja noch diese ominöse „Raumatmosphäre“, wie sie sich exemplarisch beim erwähnten Album Stille Klagen erleben lässt. Ich weiß nicht genau, wie sie es macht, aber mit der Acapella High BassoNobile MKII meine ich hören zu können, wie sich die Luft in der Kirche bewegt … ich weiß, ich weiß, das ist Unsinn. Aber es wirkt halt so. Technischer formuliert, werden dass wohl irgendwelche subtilen, leisen Hallfahnen sein, die von unserem Probanden hochakkurat und länger nachgezeichnet werden, als ich es sonst erleben darf. Das Bühnenbild atmet und lebt mit jedem Ton, man fühlt sich in die Kirche hineinversetzt. Gespenstisch! Da soll mir noch mal einer erzählen, auf Auflösung käme es gar nicht so sehr an.
Bühnentalent
Und wo wir schon von der Bühne sprechen: Die Qualität der Raumdarstellung ist für einen Lautsprecher dieser Größe absolut erstaunlich. Oft stehen sich solche Giganten dabei selbst im Weg, während gut gemachte Edel-Kompakte hier ihre konzeptionellen Vorteile ausspielen und mit einer Bilderbuch-Staffelung der Musiker reüssieren. Und ja, gegenüber den besten Monitoren gibt’s in Sachen Abbildungspräzision schon noch Luft nach oben. Aber zum einen muss man auf eine solch hohe Lokalisationsschärfe dann auch gesteigerten Wert legen, manch einer hält das ja für „Hyperrealismus“, ergo für artifiziell. Zum anderen ist der Vergleich sowieso albern – man stellt sich nicht zweimal 130 Kilogramm in die Bude, wenn man der Ansicht ist, Dynamikumfang und Bassperformance einer Kompakten reichten hin, oder? Nein, das tut man nicht. Also muss die Acapella mit großen Lautsprechern verglichen werden – und da fällt mir wieder die eingangs erwähnte Focal Maestro Utopia Evo ein. Das ist die gleiche Gewichts-, wenn auch nicht Preisklasse (52.000 Euro).
Die Französin hat bei der reinen Kantenschärfe der Abbildung die Nase leicht vorn, doch dass die Acapella Klangkörper etwas organisch-runder gestaltet, scheint mir so gewollt zu sein. Letztlich ist es Geschmackssache. Was Bühnenbreite und -tiefe und die Fähigkeit, dynamisch „zu atmen“ angeht, ist die High BassoNobile MKII keinen Deut schlechter. Zudem versteht sie sich wie die Focal darauf, jeder Stimme und jedem Instrument eine eigene Sphäre, eine gewisse Aura zu verleihen. Mit dieser „Luft“ drumherum wirken die Musiker natürlicher ins Bühnenganze eingebettet, als wenn sie „nackt“ im Raum stünden. Leider ist dieser Höreindruck etwas schwierig zu beschreiben … hm, hätten wir es hier mit einem Röhren-Verstärker zu tun, würde ich von „Bloom“ sprechen. Hilft Ihnen das weiter? Beim Focal-Test habe ich es „Raum im Raum“-Effekt genannt. Na, wie auch immer man es nun nennen möchte, jedenfalls sorgt es dafür, dass die Bühne nicht einfach nur akkurat und weitläufig dargeboten wird, sondern insgesamt sehr natürlich und bei aller Präzision weniger „wie gerastert“ beziehungsweise steril wirkt.
Dynamik
Wie schlägt sich die Acapella High BassoNobile MKII im dynamischen Feld? Schließlich haben wir es ja mit einem Hornlautsprecher zu tun. Erstens: sehr gut. Zweitens: Irgendwie klingt es gar nicht nach Horn.
Um noch einmal die Riesen-Focal zu bemühen: Impulse kamen über dieses französische Nicht-Horn ein wenig schärfer, frischer. Und so verhält es sich auch – allerdings noch deutlicher – mit meinem Blumenhofer-Horn. Wenn der Drumstick das Fell trifft, das Plektron die Saite anreißt oder der Klavierhammer sie anschlägt, dann wirkt es über die beiden initial etwas härter. Doch was direkt danach folgt, wird von der Acapella feindynamisch akkurater nachgezeichnet. Der Unterschied ist auch gut bei Akustikgitarren nachzuvollziehen, etwa auf Julie Byrnes Album Not Even Happiness (auf Amazon anhören): Wenn die Fingerkuppe über die Saite rutscht, wird das mit der High BassoNobile unmittelbar rübergebracht, aber eine Nuance sanfter und milder, als ich es gewohnt bin – danach schnurrt und schwingt die Saite freilich feinsinniger, delikater, obertonreicher. Körperhafter unterfüttert wirkt das Instrument eh. Also, merken: Mikrodynamik der Extraklasse, aber nicht maximal impulsscharf, so wie viele es bei Hörnern automatisch vermuten.
Grobdynamisch gibt es kein Halten mehr. Und das nicht nur bei scharf einsetzenden Bläsersalven oder wenn sich der Pianist richtig ins Zeug legt. Man darf auch große Symphonien bei Konzertpegel hören und sich von Tutti-Passagen inklusive Kesselpaukeninferno und allem Zipp und Zapp wegföhnen lassen. Es ist aberwitzig, wie souverän die Acapella das rüberbringt. Und begeisternd, wie sauber sie solche Pegelorgien und -sprünge umsetzt. Ja, für so etwas braucht’s halt doch einen wirklich großen Lautsprecher!
Test: Acapella High BassoNobile MK2 | Hornlautsprecher