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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Kleine Box, großer Wurf?
  2. 2 Abacus Cortex 10: Klang & Vergleiche

An diesem Städtchen scheint jeder Voodoo-Zirkus der HiFi-Branche unbemerkt vorbeigezogen zu sein: Im niedersächsischen Nordenham entwickeln Karl-Heinz Sonder und Sohn Hanno unter dem Markennamen Abacus Electronics (www.abacus-electronics.de) in stoischer Sorgfalt Verstärker, Streamer und Lautsprecher – frei von Esoterik und zu sehr schlackenfreien Preis-Leistungs-Tarifen (siehe auch unseren ausführlichen Firmenbericht). Die neuste Kreation der audiophilen „Sonderlinge“: eine Serie von Aktivboxen mit AMT-Hochtönern namens „Cortex“. Wir haben uns das mittlere Modell angehört: die kompakte Abacus Cortex 10 – eine Aktivbox, in der viel Hirn, wenig Schmalz und reichlich Technik steckt.

Abacus Cortex 10 Kühlrippen

Ja, droben in Nordenham ticken die Femto Clocks tatsächlich anders: Die im Online-Shop angebotenen Kabel kosten maximal 10 Euro, die Verstärker sind pointierte Statements gegen avancierte Designgedanken, und statt Marketingphrasendrescherei findet sich auf abacus-electronics.de echter, ungefilterter Entwicklerstolz – kompetente und verständliche Erklärung inklusive. Kostprobe? „Die Energie in den Elkos eines ABACUS 60-120D kann 1 Kilogramm auf fast 2,5 Meter heben.“ Hach, wer sowas nicht sofort sympathisch findet, der muss ein Herz aus Elkos haben!

Doch bleiben wir sachlich; schließlich hat das Unternehmen Abacus in der jüngeren Vergangenheit nicht nur Preis-Leistungs-Kracher abgeliefert wie den von fairaudio getesteten Mini-Verstärker Abacus Ampino und seinen großen Bruder 60-120D, sondern auch eine neuartige Schaltungstechnik („Dolifet“) entwickelt. Zunächst in sämtlichen Verstärkern des Herstellers implementiert, findet sich diese Technologie jetzt auch in den Amps der neuen Aktivbox-Serie Abacus Cortex wieder.

Abacus Cortex 10 gekippt

Aktivposten: Abacus Cortex 10

Die Preise sind im Vergleich zur Abacus A-Serie zwar leicht gestiegen, bewegen sich mit 1.390 Euro für die kleine Abacus Cortex 6 über 1.590 Euro für die getestete Abacus Cortex 10 bis zu 2.290 Euro für die Standbox Abacus Cortex 15S aber immer noch in einem ausnehmend bodenständigen Rahmen. Dafür gewinnt die Serie womöglich keinen Design-Award, zumal die Farbauswahl sich mit schwarz oder weiß eher übersichtlich gestaltet.

Das wichtigste Upgrade im Vergleich zur A-Serie ist neben dem Dolifet-Endstufenmodul der in allen Aktiven verwendete Hochtöner. Während der 18 Zentimeter breite Tief-Mitteltöner der Cortex mit seiner Membranen aus Papier-Glasfaser-Verbund weitgehend aus der Abacus Trifon-Serie übernommen wurde, setzen die Abacusse beim Hochtöner der Cortex nun auf AMTs (Air Motion Transformer), die im Vergleich zu Kalotten eine gesteigerte Auflösung sowie ein vertikal leicht gebündeltes Abstrahlverhalten versprechen, was die Cortex-Serie durch die damit einhergehende Verminderung von Boden- und Deckenreflexionen akustisch noch wohnraumkompatibler machen soll. Darüber hinaus wurde der Abacus Cortex 10 im Vergleich zur A-Serie ein verbessertes DSP-Modul und ein kräftigeres 80 VA-Netzteil spendiert. Angetrieben von der Dolifet-Endstufe mit 80 Watt Leistung, verteilt auf zwei Wege, sei die kaum mehr als einen Schuhkarton große Abacus Cortex 10 laut Datenblatt in der Lage, bis tief hinunter zu 16 Hertz in den Frequenzkeller zu steigen.

Abacus Cortex 10 Air Motion Transformer

Hoch hinaus: der Air Motion Transformer der Abacus Cortex 10

Zunächst aber will auch an einer Aktivbox eine Quelle angeschlossen werden. Dies erfolgt bei der Cortex auf der Rückseite entweder unsymmetrisch über Cinch oder symmetrisch über XLR beziehungsweise 6,3-mm-Klinke mittels Neutrik-Combo-Buchse. Neben den solide anmutenden Eingangsbuchsen erwarten den Käufer hier zudem ein Mode-Schalter – der die Abacus Cortex 10 entweder dauerhaft aktiv hält oder automatisch anschaltet, sobald sie ein Signal erhält – sowie zwei Drehregler zur digitalen Signal- beziehungsweise Raumanpassung. Mit dem ersten dieser abacusuntypisch etwas wackelig anmutenden Regler kann der Basspegel unterhalb von 250 Hertz (für beispielsweise wandnahe oder eher freie Aufstellung) eingestellt werden, der zweite Regler offeriert ein Bass-Roll-off um bis zu 12dB/Oktave (und damit die Wahl zwischen „mehr Pegel“ oder „mehr Tiefgang“).

Ein dritter Regler beeinflusst den Gesamtpegel der Abacus Cortex 10, sodass die Aktivbox nicht unbedingt auf einen DAC oder Vorverstärker mit eigener Lautstärkeregelung angewiesen ist. Allerdings müsste der geneigte Hörer hier zur Regelung der Lautstärke hinter der Box Hand angelegen; eine Fernbedienung liegt der Cortex 10 nicht bei. Dafür lassen sich Basspegel und -tiefgang separat für jede Box einstellen, was die Aufstellung in stark asymmetrischen Wohnräumer mitunter erheblich erleichtert.

Abacus Cortex 10 Konus

Der Tiefmitteltöner der Abacus Cortex 10

Als mittleres Modell der Cortex-Serie ist die Abacus Cortex 10 laut Hersteller grundsätzlich für Räume bis 25 Quadratmeter geeignet. Im Test haben sich die Aktiven auf rund 20 Quadratmetern (mein Arbeitszimmer) mit knapp 30 Zentimetern Wandabstand sehr wohl gefühlt und gehen derart aufgestellt tatsächlich als die versprochene pegel- wie frequenztechnische Full-Range-Lösung durch. Im Nahfeld tadellos abbildend, geht den Cortex 10 bei einem größeren Hörabstand als 2,5 Meter beziehungsweise einer Testraumgröße von 32 Quadratmetern (mein Wohnzimmer) pegeltechnisch dann etwas die Puste aus, was sie mit einem warnenden Aufleuchten der Clipping-Lämpchen an ihrer Vorderseite fairerweise auch unmissverständlich kundtun.

Wer an der raumfüllenden Präsentation der unscheinbaren Kompakten in seinem wie auch immer gearteten Hörraum zweifelt, kann seine Zweifel (wie immer bei Abacus) für überschaubare 50 Euro Leihgebühr bequem im heimischen Setup zerstreuen oder bestätigen – und sich darüber hinaus davon überzeugen, wie erwachsen eine Kompaktbox für unter 2000 Euro heutzutage klingen kann!

Abacus Cortex 10: Klang & Vergleiche

Abacus Cortex 10 LED

Der Begriff, der mir beim Hören der Abacus Cortex 10 als Erstes in den Sinn kam, lautet „Exaktheit“. Frappierend, mit welch trittsicherem, auf den Punkt dosiertem Timing die kleine Aktive selbst komplexe Rhythmen und vielstimmige Ensembles hochkontrolliert an die Kandare nimmt. Ja, dem Sonder’schen Ideal, Lautsprecher-Membrane seien durch die vorgeschaltete Verstärkerelektronik bitte sehr „wie an der Stange zu führen“, leisten die Cortex 10 hörbar Folge. Impulse gleich welcher Frequenz kommen akzentuiert und zeitlich kohärent, Klänge schwingen sauber ein und aus, und die fürs Live-Gefühl so wichtige Transientenwiedergabe gelingt den Abacus Cortex 10 für diese Preisklasse herausragend.

Gesamttonal spielen die Abacus Cortex 10 dabei auf der „leicht frischen Seite von neutral“, wobei man von der Tonalität im engeren Sinne, also dem Frequenzgang in einem durchschnittlich gedämmten Raum, im Grunde ja nicht sprechen kann – zu signifikant sind die Eingriffs- und Anpassungsmöglichkeiten durch die rückseitig angebrachten DSP-Klangregler.

Dave Holland Emerald TearsWas man hingegen sagen kann: Optimal an den Raum angepasst, tönt die Abacus Cortex 10 – so denn gewünscht – sturzneutral und vom Basskeller bis in die Obertöne absolut stimmig balanciert. Ihre dezente Frische erhält die Box dabei nicht etwa von einem vorlaut überpegelten, sondern schlicht qualitativ so wertig agierenden Hochtonbereich, dass jene AMT-generierte Frischezone fast unwillkürlich einen Großteil der auditiven Aufmerksamkeit auf sich zieht. Doch keine Sorge, das saubere Dirigat der Dolifet-Endstufen bürgt dafür, dass die Abacus Cortex 10 niemals Schlagseite ins Hell-Analytische bekommt und Stimmen sowie Instrumente mit breitem Frequenzbereich zu keiner Zeit „obenrum anders klingen als untenrum“, sondern stets als homogenes Ganzes wirken. Für einen Zwei-Wege-Schallwandler mit derart unterschiedlich konzipierten Treibern – Glasfaser/Papier versus AMT – geht es als beachtliche Gesamtleistung durch, wie souverän und „aus einem Guss“ etwa Dave Hollands Kontrabass in dessen Solo-Jazz-Einspielung von „Emerald Tears“ auf dem gleichnamigen Album (auf Amazon anhören) gereicht wird.

Der Bass der Abacus Cortex 10 glänzt – neben der erwähnten Präzision in Sachen Timing – durch einen ihre Abmessungen vergessen machenden Tiefgang. Tatsächlich 16 Hertz? Nun, viel entscheidender ist der Pegel im Raum. Denn die Physik aushebeln können selbst Dolifet-Endstufen nicht. Die „Bässe im Bauch spüren“ – ja, das kriegt die Cortex 10 durchaus hin. Allerdings nur, wenn die untere Grenzfrequenz deutlich nach oben korrigiert und damit im Gegenzug auf den ultimativen Tiefbass verzichtet wird. Der Hörer hat also summa summarum die Qual der Wahl zwischen beachtlichem Tiefgang oder ordentlichem Schalldruck – beides geht mit der Abacus Cortex 10, beides zusammen hingegen nicht. Bevor den Treibern hörbar die Puste ausgeht, gemahnt wie erwähnt eine rote Clipping-Leuchte an jeder Box den Hörer zur pegeltechnischen Milde. Im meinem 32 Quadratmeter großen Wohnzimmer kann jener Notfall schon bei gehobener Zimmerlautstärke auftreten; unterhalb der vom Hersteller angegebenen 25 Quadratmetern spielt die Abacus aber problemlos lauter als den Nachbarn das womöglich lieb ist.

Abacus Cortex 10 Rückseite

Die Cortex 10 schätzt bei der Aufstellung eine gewisse Rückenfreiheit

Zu klein sollte das perfekte Biotop der Abacusse allerdings auch nicht ausfallen, denn etwas, das die Cortex 10 ebenfalls nicht gutheißt, ist die Platzierung direkt vor einer Rückwand, beispielsweise auf einem an der Wand stehenden Sideboard. Durch Absenkung des Basspegels lässt sich die Frequenz der beiden Aktivboxen zwar problemlos zurück „auf Linie“ bringen; das phänomenal gute Timing der Cortex 10 allerdings weicht in diesem Fall einer leichten Muffigkeit: Der Groove sagt Servus, die mustergültige Präzision versuppt. Kann man machen, aber dann wird’s im Bass halt eher halbgar.

In Topform zeigen sich die Abacus Cortex 10 hingegen bei zirka 30 Zentimetern Wandabstand und minimal im Pegel reduzierten Bass. Derart positioniert, schöpft die Aktive das Maximum an Tiefgang aus und entfaltet durch dezente Interaktion mit der Rückwand dennoch ausreichend Druck – und dies mit einer Präzision, die man einem einzigen Bass-Mitteltöner in einem so kleinen Gehäuse kaum zutrauen würde. Gröbere Impulse serviert die Abacus durchweg antrittsschnell, kontrolliert und ansatzlos genug, um neben ihrem Faible fürs exakte Timing von Impulsen auch mal Herz, Schmackes und Anpacker-Mentalität an den Tag zu legen – auch wenn der „Disco-Stampf“ nicht zu den Paradedisziplin einer Cortex 10 gehört. Ganz in ihrem Element fühlen sich die Abacusse dagegen, wenn sie die feindynamischen Schattierungen von Klavieren, Gitarren oder Stimmen ausloten dürfen, was für die Preisklasse denn auch ausnehmend differenziert gelingt.

Abacus Cortex 10 Anschlüsse

Sicherlich gibt es Aktivboxen im Preisbereich der Abacus Cortex 10, die mehr Tieftoninformation in dem Sinne bieten, dass etwa einzelne Kontrabass-Klänge schärfer voneinander getrennt und texturierter, detaillierter gezeichnet werden. Die kürzlich von mir getestete Nubert NuPro A-600 (1970 Euro) wäre ein Kandidat, der im Bass dergestalt transparenter agiert. Bloß: Eine A-600 spielt offiziell eben auch nicht bis 16 Hertz hinunter, sondern lediglich bis immer noch beachtliche 30 Hertz. Ein ohnehin nur theoretischer Unterschied, lediglich interessant für Datenblatt-Fetischisten? Nun, nicht ganz. Wenn mich meine Erinnerung nicht vollkommen trügt, erreicht die nuPro-600 beispielsweise bei Base-Drum-Schlägen bei Weitem nicht diese Körperlichkeit und dieses Fundament, mit dem die Cortex 10 im gleichen Setting ihre geringeren Abmessungen so beeindruckend überspielt.

Die Mitten? Nun, keine Überraschung. Die geben sich einfach – wie bei Abacus üblich – klar, artikuliert, transparent und – was mir am stärksten ins Ohr fällt – nahezu verfärbungsfrei. Wohltuend in die balancierte Gesamtdarbietung der Cortex 10 fügt sich zudem die Abwesenheit von Frequenzbetonungen speziell innerhalb der oberen Mitten ein. Das Problem zahlreicher zunächst „frisch“ und „lebendig“ aufspielender Klassenkameraden besteht ja darin, dass diese bereits nach einiger Zeit statt zunächst involvierend-direkt eher nasal, gepresst oder ähnlich anmuten. Derlei Unbill droht mit der Abacus Cortex 10 nicht. Zwar liegt die Auflösung im Mittenband nicht so über Klassendurchschnitt wie dessen Unverfärbtheit, dennoch ist die Cortex 10 unterm Strich eine gut polierte Klanglupe fürs „Zentrum der Musik“.

Abacus Cortex 10 Drehregler

Als Weichzeichner gehen die Abacusse keinesfalls durch, auch der vom notorischen Genießer gern bemühte „Schmelz“ ist ihre Sache nicht. Umso erstaunlicher ist, dass nach vier Wochen Abacus-Hören festzuhalten bleibt, dass mich diese kleinen Aktivlinge durchweg in einen angenehmen Zustand des „konzentrierten Genießens“ versetzt haben. Kein Schwelgen, aber auch kein Sezieren: Die Cortex 10 lädt auf anspruchsvolle Art zum Hören zwischen diesen Extremen ein.

Deafheaven SunbatherRichten wir unseren Blick nach oben: In Sachen Auflösung geht es im Bereich der hohen Frequenzen – AMT sei Dank – geradezu mustergültig zu. Obwohl der Hochton der Cortex 10 feiner auflöst als der vom Glasfaser-Papier verantwortete tonale Unterbau, lässt die Abacus gleichwohl keinerlei tonalen Bruch erkennen. Der Übergang zwischen den beiden Chassis gelingt – ich beschrieb das ja oben bereits – vielmehr stimmig. Und die resultierende Frische und Luftigkeit des Gesamtklangs ist andernorts häufig nur um den Preis zumindest gelegentlicher Schärfen zu haben. Ja, es muss schon ein erzfieses Black-Metal-Sägebrett wie Deafheavens „Vertigo“ vom epochalen Durchbruchsalbum Sunbather (auf Amazon anhören) konsultiert werden, um der filigranen Hochton-Rinde einer Cortex 10 die in diesem Fall genretypisch gewünschte Schärfe zu entlocken. Bedeutet im Umkehrschluss: Bei neutral und sauber abgemischten Aufnahmen kennt die Abacus keine Schärfe, kein Zischeln und keinerlei Härten.

Eine durchweg hohe Schärfe zeigt die Abacus Cortex 10 hingegen in Sachen Bühne. Nicht nur, dass sie einzelne Musikakteure mit exakten Konturen und stabiler Position zeichnet, für eine aktive Kompaktbox mit der Pflichtübung „exakte Abbildung“ darf die Bühnenausdehnung zudem guten Gewissens als „involvierend stattlich“ bezeichnet werden. Für das Prädikat „holografisch“ fehlt es zwar minimal an Tiefe, etwas mehr Plastizität, mehr „Fleisch und Blut“ sind im Preisbereich sicher möglich – jedoch wohl kaum in dieser Breite und Luftigkeit des von der Cortex 10 erzeugten Panoramas.

Abacus Cortex 10 seitlich und hinten

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SoReal Audio

Test: Abacus Cortex 10 | Aktivlautsprecher

  1. 1 Kleine Box, großer Wurf?
  2. 2 Abacus Cortex 10: Klang & Vergleiche

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