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„PureAudio Lab? Kenn‘ ich nicht!“ – So ging es auch mir, bis Danyel Rondthaler vom Highend-Vertrieb SoReal Audio mich auf die Marke aufmerksam machte. Der umtriebige Herr Rondthaler hat so einige Fabrikate am Start, die man eher in „Insider-Kreisen“ kennt, und zudem ein umfangreiches Portfolio diverser Tuning-Devices. Um die geht’s bei unserem aktuellen Test aber nicht. Wie der Name verrät, handelt es sich beim PureAudio Lotus DAC5 SE nämlich um einen klassischen D/A-Wandler (Preis: 3.150 Euro).
PureAudio Lab
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Sie tatsächlich doch schon einmal etwas von PureAudio Lab gehört haben, ohne es zu wissen: Die taiwanesische Firma ist seit 20 Jahren im HiFi-Markt aktiv, konzentriert sich dabei auf Digitalaudio – insbesondere DACs und CD-Player –, das allerdings wohl als OEM-Hersteller, wenn ich die Eigendarstellung richtig interpretiere, also als Auftragsfertiger für Drittmarken. Welche das sind, darüber hält man sich bedeckt. Seit ein paar Jahren sind die Taiwanesen aber auch mit „offenem Visier“ unterwegs, sprich mit der Eigenmarke „PureAudio“ im Markt. Zwei Produkte gibt es derzeit: den CD-Transport Lotus CDT1 und unseren heutigen Probanden Lotus DAC5 SE, der den Vorgänger „DAC5“ jüngst abgelöst hat.
PureAudio Lotus DAC5 SE – Erstbesichtigung
Der Lotus DAC5 SE besitzt typisches Rackmaß, ist in Silber und Schwarz zu haben und mit 5,6 Kilogramm normalgewichtig. Das gut verarbeitete Gehäuse besteht aus Aluminium und ist schlicht gehalten. Mit dem linken Knopf lässt sich der DAC ein- und ausschalten sowie der Eingang wählen, der rechte besorgt die Lautstärkeregelung, Mute und die Navigation durchs Gerätemenü. Dem PureAudio liegt auch eine angenehm kompakte Vollmetallfernbedienung bei, mit der sich alles Genannte steuern lässt – zusätzlich gibt’s noch ein Knöpfchen, um das Display, das mittig zwischen den Drehreglern montiert wurde, zu deaktivieren. Es lässt sich gut ablesen, dieses Display. Wenn man denn in der Nähe bleibt. Auf meinem Sofa in drei-vier Meter Entfernung kann ich auch mit meiner neuen Brille nichts ausmachen. Egal, ich schalte die Dinger sowieso meist aus.
Was den „Techtalk“ angeht, gibt sich PureAudio Lab ähnlich zurückhaltend wie beim Design des Lotus DAC5 SE. Im Grunde erfährt man neben den üblichen Specs nur zwei Dinge.
Im DAC der Taiwanesen stecken gleich zwei ESS-Topwandler des Typs ES9038PRO, der achtkanalige Chip wird in Doppelmono-Konfiguration gefahren, was die Kanaltrennung und somit den Raumeindruck verbessern helfen soll. Vom Signalrauschabstand von 138 dB, mit dem der Chip im Monomodus gesegnet sei, kämen am Analogausgang des DAC5 SE noch satte 110 dB an, so PureAudio. Und noch etwas wurde doppelt ausgeführt: die Stromversorgung, die nämlich für die digitale und analoge Sektion getrennt arbeitet. Das gibt‘s öfter bei Digitalgerätschaften, im Lotus ist es konsequenterweise bis zu den handtellergroßen Ringkerntrafos durchgezogen worden. Auch auf der Hauptplatine herrscht eine räumliche Trennung der Arbeitsbereiche.
Ausstattung des Lotus DAC5 SE
Positiv fällt mir die Ausstattung des PureAudio Lotus DAC5 SE auf, der fürs Geld so einiges auffährt. Ausgangsseitig gibt’s nicht nur Cinchbuchsen, das Signal lässt sich auch symmetrisch über XLR abgreifen. Klar, das bieten einige andere Mitbewerber ebenfalls, doch längst nicht alle. Dito was die Eingänge angeht: Je zweimal S/PDIF koaxial und Toslink und je einmal AES/EBU und USB-B sind an Bord – aber auch ein I2S-Input. Das freut mich besonders, denn ich arbeite mit einem Musikserver, der einen entsprechenden Ausgang aufweist, und meine Erfahrungen mit dieser Schnittstelle sind positiv (mehr zum Thema im Audioquest-HDMI-Kabeltest). Könnte man auch etwas vermissen? Vielleicht einen zusätzlichen Analogeingang für die „Primär Digital, ab und an aber auch Vinyl“-Zielgruppe, die ihre Anlage schlank halten möchte, sowie einen Kopfhörerausgang.
Apropos Ausgang: Eines der Hauptfeatures des PureAudio Lotus DAC5 SE ist, dass man ihn in der Lautstärke regeln kann, mehr zu den klanglichen Auswirkungen weiter unten. Und dann finden sich im Menü des DAC5 noch einige andere mehr oder minder sinnige Funktionen. Beispielsweise lassen sich sieben Digitalfilter einstellen, und der Bedienungsanleitung ist recht zu geben, dass deren Effekte außerhalb des Hörbereichs liegen, zudem kann das eingehende Signal up- und downgesampelt werden, bis der Arzt kommt, ohne dass sich klanglich Relevantes tut. Was die Frage provoziert: Wozu das Ganze? Aber hey, es tut ja auch nicht weh. Ich für meinen Teil spiele zwar lieber mit Kabeln herum, wenn ich Bock auf Tuning habe, da ist der Hebel größer, doch jedem Tierchen sein Pläsierchen.
PureAudio Lotus DAC5 SE: Hörtest & Vergleiche
„Alles wird teurer, und HiFi-Geräte sind wahrlich keine Ausnahme!“ Dem würden die meisten sicher zustimmen. Aber stimmt das so pauschal?
Vor vielen Jahren erwarb ich den Luxman DA-06, ein Wandler der 5.000-Euro-Klasse, und circa fünf Jahre später wurde er durch einen Rockna Wavelight ersetzt, der genauso viel kostet – aber besser ausgestattet ist und vor allem klanglich mehr draufhat. Selbst wenn man nur die „Soundperformance“ zum Maßstab nimmt, ist es also – relativ gesehen – günstiger geworden. Okay, inzwischen liegt der Rockna bei knapp 5.900 Euro, doch nach wie vor halte ihn für „preiswerter“ im eigentlichen Wortsinn.
Wie auch immer, der PureAudio liegt eher bei der Hälfte dessen, und auch wenn ich Ihnen jetzt nicht damit kommen will, er sei genauso gut – nein, da gibt es schon Unterschiede und Feinheiten, die mir wichtig sind –, so viel spoilern darf ich doch: Mann, ist der nah dran! Zumal das bei einigen Klangparametern auch eher eine Frage des Geschmacks ist, wie etwa bei der …
Tonalität
Während der Rockna balanciert, doch mit minimal wärmerem Einschlag aufspielt – und dabei immer noch neutraler wirkt als beispielsweise der sonore Accustic Arts Tube Dac II Mk 2 –, gibt der PureAudio Lotus DAC5 SE den studioaffinen Musterknaben. Das darf man mal linear nennen. Nichts ragt heraus, nichts duckt sich weg.
Und so kommt es, dass mir das Hilary-Hahn-Album Mozart 5, Vieuxtemps 4 Violin Concertos mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen doch eine Nuance offener, frischer und die Geigen etwas strahlender erscheinen, wenn der PureAudio am Ruder ist – das gilt auch für den Streicher, der sich beim delikaten Song „Delicate“ auf Damien Rices Platte O ins Spiel bringt. Genauso richtig ist freilich, dass der Körper des Instruments mit einem Rockna etwas holziger/sonorer wirkt, und insbesondere bei der Akustikgitarre im Song finde ich das schon schön. Sie sehen also, worauf es ankommt: auf ihren persönliche Gusto. Die genannten Unterschiede sind allerdings ziemlich subtil, die meisten anderen Komponenten Ihrer Kette dürften tonal mehr Einfluss haben.
Wie sieht es an den Frequenzbandenden aus? Nach oben heraus kommt mir der PureAudio spontan etwas offener vor, was ich als Zeichen seiner Neutralität ansehe; mein Standard-DAC bietet im Hochton zwar eigentlich das gleiche Level, doch das wirkt wegen seines etwas kräftiger geratenen Bass/Grundtons in der „Gesamtschau“ anders.
Zudem ist der Rumäne im Tiefbass ein bisschen schwärzer und „böser“ unterwegs, das ist ein besonderes Talent von ihm. Der Taiwanese kommt da nicht ganz mit und spielt in dieser Hinsicht eher so wie mein alter Luxman. Von Schwäche zu reden ist ganz falsch, richtig ist: Es gibt Vertreter der Zunft, die noch vehementer durchziehen. Was aber fast nur im Direktvergleich auffällt – und Sie sollten schon Fullrange-Boxen und einen Raum besitzen, der echten Tiefbass zulässt. Wo wir dabei sind, das bringt mich zum Thema der …
Bassqualität
„Quantität und Qualität“ fein säuberlich zu trennen, ist für Darstellungszwecke vielleicht opportun – aber im Gesamteindruck vermischt sich das. So präsentiert mir der PureAudio Lotus DAC5 SE die Basswogen von Billie Eilishs „Bad Guy“ mit relativ mehr Fokus auf den „Energiekern“, nämlich den Midbass, was sich als besonderes „quantitatives“ Mischungsverhältnis bezeichnen ließe (wenn man es akademisch mag). Gleichzeitig kommt dieser Bass härter, trockener, knalliger rüber, als ich sonst höre. Sehr gut! Der Lotus DAC5 SE ist also sehr konturiert unterwegs, der Tiefton wird an der kurzen Leine geführt. Doch rührt dieser Eindruck zum Teil nicht auch von besagtem Mischungsverhältnis her? Ich denke schon. Zumindest ist es umgekehrt ja oft so, dass auffälliger Tiefgang das Bild vom tonalen Untergeschoss zwar noch kompletter und differenzierter wirken lässt – aber auch weicher. Kennen Sie das? Ist ja nicht allein bei DACs so, sondern generell, bei Lautsprechern, Verstärkern etc.
Nun, wie auch immer – während ich bei solchen Musikstücken wie denen von Billie Eilish eher dazu neige, dem PureAudio recht zu geben, schätze ich bei dramatischen Griffen in die linke Seite eines Flügels, bei Orgeln, Pauken und ähnlichem durchaus noch mehr Tiefbass, auch wenn der dann etwas weniger trocken rüberkommt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Der PureAudio bietet ein rechtschaffen neutrales Untergeschoss mit gutem, wenngleich nicht maximalem Tiefgang – im Zusammenspiel mit einer ausnehmend sauber durchgestuften, konturierten Gangart.
Dynamik, Auflösung & Flow
Besagte Impulshärte kommt nicht nur im Bass und nicht nur bei mit Electronica infizierter Musik vor – auch wenn ich gerade deshalb auch Just Landed von Burnt Friedman & the Nu Dub Players und den alten Klassiker Leftism von Leftfield mit großem Genuss gehört habe. Nein, auch in höheren Lagen und bei akustischen Instrumenten erlebe ich eine besondere Unmittelbarkeit mit dem Lotus DAC5 SE, sei’s beim Pizzicato von Geige oder Cello, einem geslappten Bass oder bei den Saiten des Pianos, die wie bei „Savior“ von St. Vincent (Album: Masseducation/piano version) gleichsam straffer und flirrender rüberkommen. Der PureAudio ist ein sehr aufgewecktes, dynamisches Kerlchen.
Aber er verhaspelt sich nicht, wirkt nicht nervös, auch wenn er auf der imaginären „Attack-Sustain-Waage“ eher ein klein wenig mehr Gewicht auf den Impuls statt aufs Verklingen der Noten legt. Gleichwohl: Auch wenig Impulshaftes wie gehaltene Töne oder sanft säuselnde Frauenstimmen werden genau nachgezeichnet. Ja, tatsächlich bin ich baff, wie offen, klar und detailversessen mir Laura Marlings Stimme bei „Goodbye England (Covered in Snow)“ (Album: I Speak Because I Can) in den Hörraum gebeamt wird. Ist das nicht expliziter, als ich es sonst meist geboten bekomme? Nun, jedenfalls ist das Auflösungsvermögen eine große Stärke des PureAudio – und fürs Geld ein ziemlicher Hammer.
Auf der Bühne
Ein kleines bisschen liegt es aber auch daran, wie der PureAudio Lotus DAC5 SE die Bühne aufbaut. Um mir eine weitere gut eingefangene Stimme zu geben, steuere ich „Madrigal“ von Marialy Pacheco an – und da wird schnell klar: Die Dame steht ein Schrittchen vor der Stereobasis, also näher dran am „Publikum“ auf der Couch. Und was näher bei mir ist, kann ich auch genauer in Augenschein nehmen, was die famose Detailzeichnung des PureAudio zumindest mal unterstützt, wenn nicht gar zum Teil erklärt.
So ein kleiner Zoomeffekt heißt in der Regel auch: Es wirkt größer. Und so zeichnet dieser Wandler insbesondere Signale, die in den Vordergrund gemixed wurden, eher etwas üppiger als kompakter nach, was zum involvierenden Gesamtcharakter gut passt – und da hier nicht übertrieben wird, bleibt die Übersicht auf der Bühne trotzdem gewahrt. Diese selbst wirkt übrigens nicht größer, sondern eher normalformatig. Ja, ich habe schon breiteres und tieferes erlebt, vornehmlich mit teureren DACs. Das virtuelle Klangfeld des Lotus DAC5 SE gerät aber hinreichend groß, dass auch ein Orchester (etwa das auf Frank Zappas letztem Werk: Yellow Shark) sich entfalten kann und die Instrumentengruppen nicht ineinanderlaufen. Dass der große Wandler von Aqua noch einmal mehr Platz schafft und bei Raumrückwürfen und Hallfahnen akribischer und „länger“ nachzeichnet – geschenkt, das muss so sein, schließlich kostet dieser „Über-DAC“ fast das Fünffache.
Doch noch ein Wort zur Abbildungsqualität. Die einzelnen Klängen zeichnet der PureAudio mit klaren Grenzen, da verschwimmt nichts, es wirkt konkret. Einerseits. Andererseits zähle ich ihn nicht zu den ausnehmend 3-D-haft modellierenden Vertretern. Woran nichts falsch ist, es ist halt … anders. Und schwer zu beschreiben. Ich versuche es trotzdem: Bei sehr plastisch vorgehenden Komponenten hat man bisweilen das Gefühl, jede Stimme, jedes Instrument werde durch eine Art unsichtbare Hülle als Ganzes zusammengehalten, integriert, was infolge griffig und körperhaft wirkt. Beim Lotus DAC5 SE ist es quasi so, als fehle diese Hülle, was es einerseits noch etwas unmittelbarer, freier und direkter wirken lässt, andererseits aber nicht mehr ganz so plastisch. Die Illusion, die Musiker befänden sich im Raum, rührt beim PureAudio weniger von einer „holografischen Show“ her als vielmehr von der Unmittelbarkeit, Nähe und Größe der Abbildung. Auch das passt sehr gut zu seinem lebendigen Naturell.
Lautstärkeregelung
Alles Genannte bezieht sich auf den Fixpegelausgang – doch was taugt die Lautstärkeregelung des PureAudio? Um das herauszufinden, habe ich den DAC direkt am meine Pass-Endstufe gehängt – also unter Umgehung des „kleinen“ Pass-Vorverstärkers XP-12 – und den kürzeren Signalweg mit dem inklusive einer amtlichen Vorstufe verglichen.
Meine Herren, das ist nicht schlecht. Klar, wenn man überwiegend leise hört, geht von der Performance des DAC5 SE einiges flöten, wie oft in solchen Fällen – im untersten Lautstärkebereich wirken Feindynamik und Bühnenaufbau weniger überzeugend. Aber rund um Zimmerlautstärke herum und darüber hinaus sieht die Sache anders aus. Mein Eindruck ist, dass der PureAudio nun noch direkter loslegt, noch ein wenig mehr nach vorne spielt – wenn auch etwas weniger aufgelöst, kompakter in der Abbildung und nicht ganz so sauber gestaffelt. Doch das wird sich nicht jedem zeigen: Wahrscheinlich wird kaum jemand mit so einer „audiophilen Lupe“ auf den Probanden schauen, wie ich es für diesen Test unternommen habe. In passender gepreisten HiFi-Anlagen muss erst einmal eine Vorstufe/Pegelregelung gefunden werden, die der des Lotus DAC5 SE das Wasser abgräbt.
Test: PureAudio Lotus DAC5 SE | D/A-Wandler