Demnächst im Test:

Billboard
Elac Vela

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Zupackend zierlich
  2. 2 Klang & Vergleiche: Nubert nuLine 244

Eines kann man dem Hersteller Nubert (www.nubert.de) wohl nicht attestieren: Mangel an Auswahl. Alleine im Lautsprecherbereich, dem Schwerpunkt des Nubert’schen Schaffens, gibt es insgesamt fünf Produktlinien – zum einen die aktiven nuPro-X- und nuPro-A-Linien mit insgesamt 13 Modellen, zum anderen die Einsteigerserie nuBox (10 Modelle), die ambitioniertere Serie nuLine (14) und dann noch die nuVero – „für höchste Ansprüche“ gewissermaßen – mit acht verschiedenen Exemplaren. Wer mitgezählt hat, der kommt schon alleine bis hierhin auf ein Portfolio von 45 verschiedenen Lautsprechern – und Nubert tüftelt ständig weiter: So wurde jüngst auf der High End in München die schwergewichtige nuPyramide 717 vorgestellt, und sicherlich darf man auch für die Zukunft interessante Neuerungen in beständiger Schlagzahl erwarten.

Unser heutiger Proband, die Nubert nuLine 244, könnte auf diesem reichhaltigen, für manche vielleicht auch unübersichtlichen Spielfeld so etwas wie einen „goldenen Mittelweg“ darstellen – und sie ist auch laut Nubert eine Art Zwitterwesen, welche die Meriten des nächstgrößeren (nuLine 264) und nächstkleineren (nuLine 84) Lautsprechers der nuLine-Serie vereinen soll: schlankes, wohnraumtaugliches Format auf der einen Seite und  erwachsener Klang ohne Abstriche im Tieftonbereich auf der anderen.

Nubert nuLine 244 komplett Front

Wie auch immer – in jedem Fall macht die Nubert nuLine 244 schon optisch eine sehr gute Figur. Sie ist erhältlich in den Ausführungen Mehrschichtlack-Schwarz beziehungsweise -Weiß sowie einem sehr schönen Nussbaum-Echtholzfurnier. Mit einer Höhe von 85 Zentimetern und einer Breite von lediglich 15 Zentimetern trägt sie auch in asketisch eingerichteten Wohnzimmern und Hörräumen nicht dick auf. Die drei unterschiedlichen Farbvarianten gestatten es, den Lautsprecher entweder harmonisch ins Mobiliar zu integrieren – oder aber auch bewusst einen Farbakzent zu setzen. Die Verarbeitung und die Materialqualität sind sehr gut: Ohne Kenntnis des Preises kann der unvoreingenommene Betrachter durchaus den Eindruck bekommen, einen Lautsprecher höherer Preisklassen vor sich zu sehen. So sind Gehäuseecken wie -kanten minimal abgerundet, das Nussbaumfinish – wir hatten es hier zum Test – ist tadellos ausgeführt. Beides zusammen ergibt eine wertige Anmutung und unterscheidet beispielsweise die nuLine- auch optisch von der nuBox-Serie, bei der es insgesamt doch eher „kastiger“ zugeht. Auch der Klopftest an die Seitenwände offenbart, dass hier nicht einfach ein wenig Holz zusammengeleimt wurde. Das hört sich richtig schön massiv und satt an. Kein Wunder, denn das in Deutschland von der Firma Roterring gefertigte Gehäuse besteht aus 19 bis 38 mm starkem MDF.

In Computersimulationen errechnete Innenversteifungen und Dämmelemente sollen die akustische Stabilität der per se recht massiven Gehäusewände noch erhöhen und klangschädliche Eigenresonanzen effektiv minimieren. Mir gefallen auch die mitgelieferten, höhenverstellbaren Traversenfüße aus massivem Metall: Sie sind schnell montiert und bieten einen gerade in der Praxis sehr willkommenen Kompromiss aus kippelsicherem Stand und Schonung empfindlicher Parkettböden. Ebenfalls positiv fällt auf, dass Nubert die Bi-Wiring-Terminals mit recht vertrauenerweckenden, massiven Kontaktbrücken ausstattet. Da habe ich schon bei teureren Lautsprechern anderer Hersteller wesentlich billiger anmutende Lösungen gesehen.

Nubert nuLine 244 Bassreflexöffnung

Die rückseitige Bassreflexöffnung der Nubert nuLine 244

Schauen wir mal ins Gehäuse: Wie üblich bei den Konstruktionen des Hauses Nubert basiert auch die nuLine 244 auf dem Prinzip des Bassreflexsystems mit rückseitigem Bassreflexkanal. Zum Einsatz kommen drei langhubige 12-Zentimeter-Treiber für den Tieftonbereich, von denen der obere zusätzlich noch den Mitteltonbereich übernimmt. Die Membranen der Treiber bestehen aus Polypropylen und lassen sich im Extremfall bis 20 mm auslenken. Im Hochtonbereich kommt der für die nuLine-Serie charakteristische nuOva-Hochtöner mit einer speziellen Schallführung und einer bedämpften, rückseitigen Volumenkammer zum Einsatz. Mit einer vergleichsweise tiefen Trennfrequenz von 2.000 Hertz gegenüber dem Mitteltonbereich hat er also ein ordentliches „Päckchen zu tragen“. Seine akustisch optimierte Schallfront gestatte es, die Abstandsdifferenzen der Kalotte zu den Gehäusekanten gegenüber den bisherigen asymmetrischen Nubert-Hochtönern nochmals zu vergrößern, wodurch sich die Auswirkungen von Kantendispersionen in axialer Richtung verringern sollen. Durch die asymmetrische Anordnung der Hochtöner ist also darauf zu achten, dass man die „rechte“ und „linke“ Box korrekt aufbaut.

Wer Nubert kennt, der weiß: Die Schwaben lieben komplexe Frequenzweichen – und sie enttäuschen ihre Fans auch bei der nuLine 244 nicht! Aus sage und schreibe 28 Bauteilen besteht ihre Weiche, was unter anderem der Möglichkeit geschuldet ist, dass der Hochtonbereich in drei Abstufungen (sanft, neutral, brillant) regelbar ist und der Tieftonbereich auf Wunsch abgesenkt werden kann. Und eine selbstrückstellende Schutzschaltung wacht über die Sicherheit der Chassis sowie der Weiche.

Nubert nuLine 244 Weiche am Terminal

Frequenzweiche der Nubert nuLine 244

Eine so umfangreich aufgebaute Frequenzweiche zollt natürlich auch ihren Tribut: Mit einem Wirkungsgrad von 83,5 dB/W/m ist die nuLine 244 kein Asket, sondern eher schon ein „Gourmand“ – und verlangt somit nach einem potenten Verstärker. Und den – meinen Hegel H90 – leinen wir jetzt mal an!

Klang & Vergleiche: Nubert nuLine 244

Nubert nuLine 244 Konus

Beginnen wir mit einer wenig überraschenden Ersteinschätzung, die sich schon nach kurzer Hörzeit aufdrängt: Auch die nuLine 244 ist mal wieder eine „echte Nubert-Box“, denn so wie alle mir bekannten Lautsprecher des schwäbischen Herstellers bietet sie einen weitestgehend neutralen Klangcharakter, der an den Frequenzgangenden keine Wünsche offenlässt, aber auch nicht über Gebühr analytisch wirkt. Und sie legt auch keinen bestimmten Fokus – es gibt ja Lautsprecher, die das Klangbild gewissermaßen aus einem bestimmten Frequenzbereich heraus aufbauen. Zum Beispiel meine Harbeth 30.1, bei der die Mitten quasi als „Dreh- und Angelpunkt“ durchgehen, oder auch die PSB Synchrony One, die eher „von unten kommt“.

Red Hot Chili Peppers Blood Sugar Sex Magik„I could have lied“ von den Red Hot Chili Peppers (Album: Blood Sugar Sex Magik; auf Amazon anhören) zeigt das tonale Spektrum der Nubert nuLine 244 nahezu exemplarisch auf. Fangen wir vorne an: Akustikgitarre und Gesang im Intro wirken authentisch und bilden über den Nubert-Lautsprecher einen guten Spannungsbogen: Zunächst ertönt eine gezupfte Melodie, nach 16 Takten greift John Frusciante beherzt schrabbelnd in die Saiten – die nuLine arbeitet beides sauber heraus. Dann setzen Schlagzeug und Bass ein – und subito auch das Grinsen des Rezensenten, denn genau so muss das: Tiefe, aber knackig (flinker Ausschwingvorgang) abgemischte Bassdrum, richtig schön substanzieller Bass mit schneller Attack und Stehvermögen, das macht Freude und stand angesichts der vergleichsweise zierlichen Gehäusemaße der 244er in dieser zupackenden und „potenten“ Art nicht unbedingt zu erwarten.

Trotzdem kommen auch die anderen Frequenzbereiche zu ihrem Recht. Die Snare-Drum zum Beispiel wird so richtig schön schlampig gespielt. Zwar perfekt im Timing, aber offenbar nimmt Drummer Chad Smith es nicht ganz so genau, wenn es darum geht, an welcher Stelle des Snaredrum-Fells der Stick jeweils aufschlägt. Vielleicht ist das aber auch ein Stilmittel wie weiland bei Stewart Copeland (The Police), der ja ebenfalls so eine gleichzeitig exakte wie rotzige Spielweise an den Tag legte. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja: Die Snaredrum klingt bei jedem Schlag ein bisschen anders, wir haben also bestimmte Verschiebungen im Mittel- und Hochtonbereich, die die Nubert nuLine 244 bestens zutage fördern. Nicht nur das, sie offenbaren auch, dass die Snaredrum trotz der eigentlich furztrockenen Produktion einen kleinen Schuss Hall mit einer vergleichsweise langen Sekunde Ausklingzeit spendiert bekommen hat. Als dann exakt bei Timecode 02:00 das erste, leicht angezerrte Gitarrensolo einfliegt, beweist die nuLine, dass sie auch im Obertonbereich sehr sauber auflöst. Ganz gleich, ob der Gitarrist Umgreifgeräusche oder Pull-offs als Akzent nutzt, per Bending (man sagt auch „Wimmerkralle“) den angezerrten Sound anhand von Reibungen tremolieren lässt oder auf der oberen E-Saite Töne scharf anreißt – die Nubert nuLine 244 folgt dem Geschehen auf Schritt und Tritt und zeigt die ganze Klangfarbenvielfalt, die eine E-Gitarre im Verbund mit einem mikrofonierten Amp aufbieten kann. Das macht Spaß.

Shellac Dude IncredibleSpaß macht auch die Dynamik, wie der Track „Riding bike“ von Shellac (Album: Dude Incredible; auf Amazon anhören) zeigt. Dieses über weite Strecken instrumental abgelieferte Stück gehört für mich zu den energetischsten Tracks überhaupt – ich höre es vorzugsweise bei richtig schlechter Laune. Der besondere Spannungseffekt resultiert daraus, dass die Musiker um Steve Albini sich auf der einen Seite streng an formale Kriterien halten wie hyperexaktes Zusammenspiel, Generalpausen von bis zu einem Takt Länge oder auch ein präzises Wechselspiel aus Gewaltausbrüchen und Songabschnitten, in denen die Musiker gemächlich „herumdaddeln“. Es ist eben viel wirkungsvoller, wenn man kontrolliert die Sau rauslässt, um dann wieder Stille folgen zu lassen, als wenn die ganze Zeit auf Anschlag gefahren wird.

Nubert nuLine 244 Hochtöner ausgebaut

Eine Handvoll Hochtöner

Die Nubert nuLine 244 bringen auch diesen Track standesgemäß zu Gehör: Ein beherztes „von Null auf Hundert“ wird ungerührt Richtung Ohren gerotzt, ein brutal mit der Hand abgestopptes, wütend gehauenes Crashbecken wird vom lauten „Crash“ bis zum blechernen „Mumpf“ haarklein in meinem Hörraum rekonstruiert. Da können sich auch schon einmal die Nackenhaare vor Freude aufstellen, die Nubert-Box erweist sich bei Bedarf als echter Rocker.

Joanna Newsom Have one on meSie kann eben aber auch anders: Wenn es um leise Zwischentöne geht wie bei Joanna Newsoms Song „Autumn“ (Album: Have one on me; auf Amazon anhören), arbeitet sie das feine Zusammenspiel zwischen Harfe, Streichern und Gesang perfekt heraus: von einzelnen Tönen im Intro über eine Klimax in der Songmitte bis hin zum letzten Verlöschen im Schlussteil ist jeder Ton, jedes Ausklingen bis zur völligen Stille da. Gerade in dynamischer Hinsicht ist die Nubert nuLine 244 für mich der ebenso zierlichen System Audio mantra 60 (Breite ebenfalls nur 14,5 cm) beispielsweise deutlich überlegen: Hier wird im Kellergeschoss mehr geboten und auch wesentlich beherzter und sonorer zu Werke gegangen als wenn es über die Dänin geht.

Nubert nuLine 244 Ausleger/Fuß

Ist denn bei diesem schlanken Säulchen nun alles so wie bei einer „richtig großen Standbox“? Nein, das nun auch wieder nicht. Die Nubert nuLine 244 fühlt sich wohl in einem mittelgroßen Raum und einem Lautstärkebereich von „leise“ bis „deutlich gehobene Zimmerlautstärke“. Ja, sie funktioniert auch schon bei sehr geringer Abhörlautstärke bestens, klingt dabei vollmundig, sonor und „obenrum“ blitzsauber, niemand empfindet Phantomschmerz, wenn der Amp keine Loudness-Schaltung hat, alle Frequenzbereiche werden sauber repräsentiert. Das Klangbild bleibt mit zunehmender Lautstärke homogen und kohärent, auch wenn man so weit aufdreht, dass Pegel erreicht werden, die für Mietwohnungen eigentlich nicht mehr schicklich sind. Irgendwann allerdings kommt ein Punkt, wo die nuLine 244 komprimiert – wann dieser Punkt erreicht wird, hängt sehr stark vom Musikmaterial ab: Ein kleines Jazztrio (Akustikbass, Piano, Saxophon) oder Kammermusik kann man zum Beispiel relativ weit hochziehen, während gerade Musik mit elektronisch erzeugten Bässen die Membranen dann offenbar doch in die 2-cm-Auslenkung treiben – und ab diesem Punkt hat der Tiefton- und Mitteltonbereich dann schon seine Mühe. Somit ist die nuLine 244 keine Box für Partybeschallungen – aber dafür ist sie schließlich auch nicht gemacht.

Sprechen wir noch ein wenig über das Thema Raumdarstellung. Hier wird für meinen Geschmack gehobener Durchschnitt geboten – ziemlich genau das, was in der Preisklasse eben zu erwarten ist: Der aufgezogene Raum hat seine Frontseite auf der Lautsprechergrundlinie, die nuLine 244 „holt einen also nicht auf dem Sofa ab“, und zeigt sich in Sachen Tiefe und Breite unauffällig – es gibt also weder ein überbreites Panorama noch ein limitiertes. Einzelne Schallquellen sind gerade in der Horizontale gut ortbar, in der Tiefe geht da schon noch mehr, was allerdings auch eher bei sehr guten Orchesteraufnahmen mit Laufzeitstereofonie zum Tragen kommt. Insgesamt finde ich die Raumdarstellung bei meinen Harbeth 30.1 noch kohärenter und auch dreidimensionaler – ein Pärchen der Briten kostet aber auch mehr als das Zweieinhalbfache der nuLine 244. Und dass Kompakte es gegenüber Standlautsprechern immer etwas leichter haben, eine weite, tiefe, sauber aufgelöste Bühne aufzuziehen und den Klang besser von den Lautsprechern zu lösen, gehört ja zu den Binsenweisheiten im HiFi-Leben. Wer sehr viel Wert auf „Tiefenwirkung“ legt, muss jetzt aber nicht gleich das Browserfenster schließen – man kann über die Aufstellung noch einiges rausholen. So stellte ich fest, dass eine nicht zu weite Aufstellung, verbunden mit einer genau parallelen, also nicht eingewinkelten Platzierung, recht erfreuliche Ergebnisse zeitigt. So kann man etwas mehr in die Tiefe hinein hören und erhält auch stärker den Eindruck einer Loslösung des Klangs von den Gehäusen.

Nubert nuLine 244 Mitteltöner ausgebaut

Basstreiber der Nubert nuLine 244

Billboard
Blumenhofer Acoustics

Test: Nubert nuLine 244 | Standlautsprecher

  1. 1 Zupackend zierlich
  2. 2 Klang & Vergleiche: Nubert nuLine 244

Das könnte Sie interessieren: