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Sie mögen den American Way of Life, haben im Garten einen Pool und in der Garage steht neben der Corvette die Harley? Etwaige Berührungsängste, was Röhren in der heimischen Anlage angeht, kennen Sie auch nicht? Na prima, dann ist die hier zum Test anstehende, im kalifornischen Chino von den Manley Laboratories entwickelte Kombi aus dem Phonoamp Steelhead RC und den Snapper-Monos vielleicht genau das Richtige für Sie (Vertrieb: www.inputaudio.de).
Natürlich, ein paar zusätzliche Details wären vermutlich hilfreich, denn wer kauft schon gerne die Katze im Sack, vor allem, wenn sich der Preis für die Gerätschaften auf zusammen knapp 28.000 Euro summiert. Genauer gesagt: 13.998 Euro für den Phonovorverstärker Steelhead und 13.875 Euro für die beiden Snapper-Monos. Das ist eine Stange Geld, keine Frage. Und weil ich den Steelhead, der nach einer Regenbogenforellenart benannt ist, als Phonopre angesprochen habe, könnte die Befürchtung aufkommen, dass sich dazu noch ein zusätzlicher Vorverstärker gesellen muss. Nun, das stimmt so nicht: Wenn Sie nicht mehr als eine Hochpegelquelle anschließen wollen, dann wird der Manley Steelhead reichen, denn er verfügt, neben drei Phonoeingängen, über eine Lautstärkeregelung und einen zusätzlichen Line-Input und bietet damit die Funktionalität eines Hochpegel-Vorverstärkers.
Manley Steelhead RC – Konzept
Der Urtyp des Steelhead, ein Design des Manley-Entwicklers Mitch Margolis, wurde bereits auf der CES 2001 vorgestellt. Zwei Jahre zuvor hatte Firmenchefin EveAnna Manley ihren Ex David Manley ausbezahlt und wurde damit zur alleinigen Eignerin der kalifornischen Röhrenschmiede (Wahlspruch: Tubes rule). Wer sich für den genauen Werdegang von Manley Labs und EveAnna Manley interessiert, dem sei die Lektüre unseres Testberichts zum „kleinen“ Phonopre Manley Chinook ans Herz gelegt. Christian Bayer schildert darin den Aufstieg EveAnnas zur anerkannten „Queen of Tubes“.
Zurück zum Manley Steelhead: Inzwischen vertraut man die Beleuchtung des Logos einer LED an und die Überlappung der wählbaren Impedanzen für MM- und MC-Züge wurde weiter gespreizt, sodass mehr Werte zur Verfügung stehen. An der grundsätzlichen Konzeption mit zwei Doppeltrioden vom Typ 6922 und vier 7044er hat man freilich festgehalten. Übrigens fungieren J-FETs als Konstantstromquellen für die 6922-Doppeltrioden; durch eine Veränderung der anliegenden Spannung lässt sich die Verstärkung des Steelhead in vier Stufen zwischen 50 und 65 Dezibel quasi rauschfrei variieren. Kürzlich hat der Steelhead auch eine Fernbedienung erhalten, weshalb er nun Steelhead RC (= Remote Control) heißen darf.
Allerdings läuft der große Volumenregler so wunderbar sahnig, dass es viel mehr Freude macht, diesen zu betätigen, als die mitgelieferte, etwas klobig ausfallende Fernbedienung zu bemühen, die zudem etwas hektisch agiert, weshalb die Einstellung des gewünschten Pegels mitunter zur Glückssache gerät. Da wir gerade über Bedienungskomfort reden, muss ich an dieser Stelle eine Lanze für die Konstrukteure des Manley brechen, denn die Verteilung der Bedienelemente auf der Front des Steelhead erscheint zwar auf den ersten Blick ein wenig wirr und zufällig – doch nach kurzer Beschäftigung mit der dahinterstehenden Systematik ist ihre Bedienung fast intuitiv möglich.
Haptik und Verarbeitung des Vorverstärkers erscheinen mir indessen etwas speziell. Zwar ist die Frontplatte massiv, doch das Finish, die gesprenkelte, hammerschlagähnliche Lackierung des übrigen Gehäuses und die überstehenden Schraubenköpfe wollen nicht so recht zur Preisklasse passen. Zudem wirkt das Gerät unerwartet leicht. Okay, das liegt in der Hauptsache daran, dass die Stromversorgung ausgelagert wurde. Das großzügig dimensionierte, externe Netzteil ist gewichtig, es stünde auch einer Endstufe gut zu Gesicht. In ihm stellt ein Schnittbandkern-Trafo die Versorgungsspannungen für die Audioschaltungen zur Verfügung, die, bevor sie das Netzteil via Multicore-Kabel verlassen, gleichgerichtet, gesiebt und stabilisiert werden. Ein zweiter, kleinerer Trafo wurde für die Stromversorgung der Logik-Schaltungen angeheuert.
Vielleicht fokussieren sie sich in Chino einfach mehr auf die innere Werte, als dem Augenschein wertvolles Budget zu opfern. Wenn man die vielfältigen Möglichkeiten betrachtet, die der kalifornische Preamp bietet, um fast allen denkbaren Tonabnehmern optimale Arbeitsbedingungen zu verschaffen, könnte man zu diesem Schluss kommen. Diese Vielfalt wollen wir uns nun etwas genauer ansehen.
Zur linken Hand befinden sich die Knebel zur Wahl des Phonozuges, MM und zweimal MC, sowie der gewünschten Verstärkung. Ganz rechts auf der anderen Seite der Frontplatte residiert der erwähnte Lautstärkeregler, direkt daneben gruppieren sich fünf blau hinterleuchtete Taster.
Der oberste setzt eine klassische Mutefunktion in Gang, der darunter, mit „Dim“ beschriftet, hat keinen Einfluss auf die Beleuchtung der Bedienelemente, sondern senkt den aktuell eingestellten Pegel um zwanzig Dezibel. Der folgende Taster heißt „Sum“, er kreiert eine Monosumme aus dem Stereosignal, was es ermöglicht, lediglich das in den Rillenflanken eingravierte Monosignal, also die aus den horizontalen Auslenkungen der Nadel resultierenden Signale des Tonabnehmers, an die Ausgänge zu schicken. Bitte beachten: Dim und Sum wirken nur auf die regelbaren Ausgänge des Steelhead.
Es folgt der Linetaster, mit dem sich der Phonoverstärker in einen Hochpegel-Preamp verwandelt. Damit lassen sich extern zugeführte Signale, etwa von einem CD-Spieler, einem D/A-Wandler oder Tuner, vom Manley vorverstärken.
Seiner Wichtigkeit entsprechend, sitzt der Dreher zur Impedanzanpassung in der Mitte der Frontplatte. Nutzt man den MM-Eingang des Manley Steelhead, lassen sich über hochpräzise Metallfilm-Widerstände fünf Impedanzen zwischen 100 Ohm und 47 kOhm anwählen. Ja, der Steelhead ermöglicht es, auch MM-Tonabnehmer unterschiedlich abzuschließen. Zwar wird man in aller Regel mit den üblichen 47 kOhm glücklich werden, doch ruft die stellenweise mit einem Augenzwinkern verfasste Betriebsanleitung ausdrücklich dazu auf, auch mit anderen Impedanzen zu experimentieren. Gesagt, getan: Das von mir verwendete Clearaudio Charisma V2 ist aber offenbar recht konservativ veranlagt und klingt bei 47 kOhm eindeutig am besten. Mit anderen MMs mag das anders aussehen. Der hoch einstellbare Gain erlaubt darüber hinaus, auch MCs am MM-Eingang zu betreiben.
Werden die reinrassigen MC-Eingänge belegt, wirkt derselbe Drehschalter auf einen der Eingangsplatine nachgeschalteten Autoformer. Ein solcher Autoformer stellt eine Art Transformator dar, bei dem es keine getrennten Primär- und Sekundärwicklungen, sondern derer nur eine gibt, wobei sich über schaltbare Abgriffe Widerstandänderungen ergeben: 25, 50, 100, 200 und 400 Ohm stehen an besagten Abgriffen des Steelhead zur Verfügung. Manley schreibt gängigen Widerständen unnötige Signalverluste und verminderte dynamische Qualitäten zu. Hier sei der, wie alle Trafos von Manley Labs, selbst gewickelte Transformer im Vorteil, während bei den „lauteren“ MM-Signalen hochselektierte Widerstände ein gutes Ergebnis ermöglichten.
Abgesehen von dieser Spezialität scheint der Steelhead zwar einiges, aber auch nicht viel mehr als andere hochwertige Phonoamps zu bieten, wäre da nicht die große Zahl an Kapazitäten für MC- und MM-Züge, die, in Zehnerschritten aufteilt, bis hin zu 1000 pF kanalgetrennt über je zwei Drehregler schaltbar sind. Moment mal, schaltbare Kapazitäten sind doch eigentlich etwas, das man von MM-Vorstufen kennt – aber bei MCs? Stimmt, doch zunehmend halten sie auch bei der Verstärkung bewegter Spulen Einzug, so gibt es auch bei meinem Chord Symphonic die Wahl zwischen drei Kapazitäten.
Doch welche ist die richtige? Gibt der Tonabnehmerhersteller eine Kapazitätsempfehlung, sollte man die zunächst einstellen. Beim Steelhead ist das ja in einem weiten Bereich möglich. Allerdings ist es erforderlich, die Kapazität des angeschlossenen Tonarmkabels vom einzustellenden Wert abzuziehen, da diese am Ende in die Gesamtkapazität mit einfließt. Lässt sich dessen Wert nicht genau bestimmen, empfiehlt Manley als Faustregel 90-100 pF pro Meter anzusetzen.
All diejenigen, denen das jetzt zu technisch vorkommt, können sich dennoch beruhigt zurücklehnen, da es ebenso statthaft ist, die Gesamtkapazität nach Gehör zu ermitteln. Genau das habe ich getan und festgestellt, dass solcherart erhörte Unterschiede, unabhängig von der Bauart der Tonabnehmer, beim Steelhead doch recht groß ausfallen. Man merkt rasch, ob die passende Gesamtkapazität in etwa passt oder nicht. Dann noch ein wenig Feintuning in Zehnerschritten, und die Sache ist geritzt.
Die eigentliche RIAA-Entzerrung erfolgt, wie beim kleineren Manley Chinook, rein passiv mit einem L-C-R-Netzwerk. Das sei um einiges aufwendiger, als teilaktive Lösungen zu bemühen oder gar vollständig auf OP-Amps zu vertrauen, soll sich aber, so Manley, klanglich auszahlen.
In der Ausgangsstufe wiederum finden sich zwei der für Manley typischen Kathodenfolger, die hier mit den 7044-Röhren (alternativ 5687-Typen) aufgebaut sind und für eine niederohmige Ausgangsimpedanz sorgen. Zwischen den Kathodenfolgern liegt das Lautstärkepoti, was bedeutet, dass die Signale der Fixed-Ausgänge lediglich eine dieser Kathodenfolger zu durchlaufen haben. Aufgrund des getroffenen Aufwandes müssten sich Steelhead-Besitzer weder um große Kabellängen, exotischen Leiter oder die Eingangsimpedanz nachfolgender Verstärker sorgen, so die Amerikaner.
Manley Snapper – Konzept
Die Opulenz an Einstellmöglichkeiten des Manley-Preamps können die Snapper-Monos artbedingt natürlich nicht bieten und auch einen besonders ausladenden „Footprint“ besitzen die relativ kompakt wirkenden Endstufen nicht. Selbst die versprochenen 100 Watt sieht man ihnen auf den ersten Blick nicht unbedingt an. Doch dann registriert man ein Quartett EL34 auf dem Chassis der Snapper (eine Barschart, ja, immer wieder diese lustigen Fischnamen …), die stückweise immerhin gute 22 Kilogramm auf die Waage bringen. Die Röhren taugen im Push-Pull-Betrieb durchaus zu stattlicher Leistungsabgabe, wenn man sie, wie hier, in einer klassischen Pentodenschaltung betreibt. Als Vorröhre kommt eine 12AX7 (das amerikanische Pendant zur ECC83) und als Treiberröhre eine GE7044 zum Einsatz.
Anders als beim Steelhead bietet Manley mit den Snappern ein symmetrisches Schaltungslayout. Mögliche Klangunterschiede zwischen dem symmetrischen und dem unsymmetrischen Weg über einen gleichfalls vorhandenem Cincheingang habe man aber weitestgehend egalisieren können, sodass es unerheblich sei, wie man die Snapper ansteuere. Ich habe beides probiert, und tatsächlich klingen die Snapper in beiden Fällen nahezu gleich.
Da uns die Manleys vom deutschen Vertrieb Input Audio als Vor-Endstufen-Kombination zur Verfügung gestellt wurden, habe ich sie vorrangig auch in dieser Konstellation gehört. Dabei mussten sich die Verstärker nicht nur an Acapellas Harlekin 2, sondern auch an den Ichos N°4 SE und den mir zeitweise zur Verfügung stehenden teilaktiven „Jimi“ des Herstellers Club 27 beweisen.
Manley Steelhead & Snapper: Hörtest und Vergleiche
Sobald Manley Steelhead und Snapper anstelle der Silvercore Linestage 2 (circa 7.000 Euro) und des Dartzeel NHB-108 (24.300 Euro) die Acapella Harlekin 2 antreiben, scheint sich das Klangbild zu vergrößern, ganz so, als habe man ein imaginäres Zoomobjektiv betätigt. Das dänische Trio Little North, dessen aktuelle LP Wide Open seit dem Test der Harlekin 2 kontinuierlich im Einsatz ist, rückt sogleich näher an mich heran. Das fördert die Intimität und lässt einen noch intensiveren Austausch mit den sanft fließenden Klanggebilden der Dänen zu. Die Manleys projizieren zu den Seiten hin ein recht ausladendes Panorama, während es etwas weniger großzügig in die Tiefe des Raumes geht. Auch wenn Klassisches in Form von Francis Poulencs Concert Champêtre for Harpsichord & Orchestra mit Justin Taylor als Solist (Poulenc, Schreker & Zimmermann: Orchestral Works, LP Acousence ACO 14222) auf dem Teller den Raven AC rotiert, ist die Breite der Abbildung beeindruckend, während die Staffelung zur Rückwand gutem Klassendurchschnitt entspricht.
Die Duisburger Mercatorhalle mit ihrem funktional-nüchternen Stil ist zwar nicht mein liebster Konzertsaal, doch wenn es um die akustischen Details geht, die Tonmeister Ralf Koschnicke auf die Aufnahme gebannt hat, verblüffen deren Präzision und Reichhaltigkeit jedes Mal aufs Neue. Der Standort von Taylors Cembalo lässt sich fast auf den Millimeter genau bestimmen, und gerade noch wahrnehmbar, aber vorhanden, ist ein überaus feines, wohl von den Wänden reflektiertes Echo, mit dessen Hilfe sich die Größe des Saales ganz gut abschätzen lässt.
Anders als viele Röhrendesigns, die Umrisse eher weicher zeichnen und manchmal gar verwischen, lassen sich die Konturen der meisten Klangkörper mit den Manleys recht gut abzirkeln – eine kleine Überraschung. Oder vielleicht auch nicht? Ruft man sich in Erinnerung, dass Manley Labs den Großteil seiner Brötchen im professionellen Audiobusiness verdient, wird diese Ausrichtung der Verstärker nachvollziehbar, denn Tonstudiobetreiber wären sicher wenig begeistert, wenn ihre Elektronik mit Weichzeichner-Effekt daherkäme.
Ganz schön tief
Eine weitere angenehme Überraschung, zumindest in dieser Preisklasse, ist der tief und fest wirkende Bass, mit dem die Kombi aufwartet. Die Progressive-Trance-Nummer „Make us stronger“ vom Ghostrider Vlad Krivoshein, aber auch das altgediente „Flight of the Cosmic Hippo“ vom Banjo spielenden Béla Fleck und den Flecktones klären rasch, was hier im Bass geht. Energetisch korrekt, mit überzeugender Schwärze und gehaltvoller Substanz, werden die Basstracks der für diesen Zweck in einer speziellen Playlist hinterlegten Stücke in meinen Hörraum gepumpt. Klar geht das mit Röhrenpower nicht supertrocken, doch ich muss lange überlegen, wann eine Röhrenkette im Bass ähnlich auf den Punkt gekommen wäre. Selbst so mächtige, fast doppelt so teure Monos wie die Audio Research Reference 250, hatten sich im Bassbereich bei der ein oder anderen Gelegenheit leicht unpräzise zu Wort gemeldet, was mein Interesse an Röhren in Endstufen etwas abkühlen ließ.
Erst auf den Norddeutschen HiFi-Tagen 2022 gelang es den Röhrenverstärkern Virtus M1 (circa 26.000 Euro) mitsamt passender Vorstufe Hyperion P1 (circa 12.000 Euro) des slowakischen Herstellers Canor, mein (Röhren-)Weltbild wieder gerade zu rücken. Die Elektronik hatte die Zweiwegelautsprecher Borg des Fink-Teams ausgezeichnet im Griff, den Bassbereich ausdrücklich mit eingeschlossen. Selbst richtig fiese Impulse wurden ohne hörbare Aufweichungen an die Schallwandler durchgereicht. In eine ähnliche Richtung geht es auch mit den Manleys. Wenngleich die 25 Quadratmeter meines Hörraums ungleich leichter zu beschallen sein dürften als der Saal im Hamburger Messehotel, erstaunt doch, dass der zackig präzise Bass der Harlekin 2 nur wenig merkliche Einbußen zeigt, wenn die Kalifornier statt meine Schweizer Transistor-Endstufe die Kontrolle übernehmen. Die geringfügig saftigere Artikulation der Manleys dürfte so manchem Hörgeschmack sogar entgegenkommen, da das Gefühl, live dabei zu sein, zu profitieren scheint.
In den Mitten
In eine ähnliche Kerbe schlagen die röhrentypisch kräftigeren Klangfarben in den Mittentonlagen. Das häufig auf Messen gehörte „Brothers in Arms“-Cover der finnischen Acapella-Truppe Club for Five wird vom Manley Steelhead und den Snappern geradezu verhätschelt. Anschmiegsam warm, aber nicht überwärmt klingen die famosen Stimmen. Vor allem die sonore Kraft des Leadsängers auf der Dire-Straits-Adaptation wirkt eindringlich und gänsehauterregend. Wohlfühlcharakter? Aber ja, und genau so sollte dieses Stück auch rüberkommen. Die Sorge, dass die Kombi dabei zu sehr ins Schmalztöpfchen greift, kann ich zerstreuen, die Manleys wandeln absolut trittsicher auf dem schmalen Grat, von dem aus der Absturz in romantisierendes Sounding droht.
Da perlt Elton Johns „Rocket Man“ in der Version des Pianisten Bob James (Album: Feel like making LIVE!) berückend leicht und ohne jeden Anflug von Strenge in den Hörraum, dass man gar nicht anders kann, als unbewusst mitzuwippen. Andererseits bleiben Präzision und Durchhörbarkeit nicht auf der Strecke. So kommen auch James Begleitmusiker Michael Palazzolo am Bass and Billy Kilson an den Drums auf ihre Kosten. Bass und Schlagwerk lassen sich ausgezeichnet verfolgen, wenn man denn will. Viel mehr Vergnügen bereitet es aber, sich dem relaxten Zusammenspiel des Trios hinzugeben.
Der Hochton
Wenn man dann unbedingt wieder nüchtern analysieren möchte, fällt auf, dass der Hochtonbereich das letzte bisschen Strahlkraft und Schärfe vermissen lässt. So wirken die Höhen auf der LP Let the Soil Play Its Simple Part, einer Kooperation von Caroline Shaw und Sō Percussion zwar nicht direkt abgedunkelt, aber im Vergleich zu meiner Kombi aus Dartzeel und Silvercore-Vorstufen, insbesondere wenn dort die passive 324 am Werk ist, gefühlvoll zurückgenommen.
Vor allem an den Ichos N°4 SE, die den Hochton recht prononciert wiedergeben können, mag Shaws Gesang bei den Sibilanten und Zischlauten mitunter etwas harsch und schneidend erscheinen. Von den Manleys verstärkt, sind selbst solche kritischen Stellen viel verträglicher, was dem Hörgenuss zugutekommt. Überlagern sich allerdings, wie bei „Lay all your love on me“, gleich mehrere Stimmen in ähnlicher Tonhöhe, zeigt sich, dass die Manley-Kombi aus Steelhead und Snapper diese nicht in derselben detailverliebten Weise wie meine angestammte Elektronik aufzudröseln vermag.
Solche aufnahmetechnischen Nickeligkeiten bringen die Kalifornier akustisch dennoch nicht aus dem Tritt, sie glänzen hochtonseitig mit wohltuender Geschlossenheit und spielen stets wie aus einem Guss. Damit erinnern sie sehr an die Paarung CAT SL-1 Renaissance und Dartzeel NHB-108. Die legendäre Röhrenvorstufe SL-1, die ich einige Monate in Besitz hatte, war zwar kein Auflösungswunder, wusste aber mit körperhaft-farbigem Tonfall und besonders wohligen Höhen für sich einzunehmen.
Dynamik
Dass die Manleys trotz einer musikalisch-harmonischen Abstimmung alles andere als Langweiler sind, zeigt der Wechsel zu dynamisch einschlägigem Musikmaterial.
Auf der jüngst von Klaus Mäkelä und dem Orchestre De Paris eingespielten Aufnahme des Feuervogels von Stravinsky zelebrieren die Manleys die auf das Erscheinen Kastcheis folgenden wild orchestrierten Passagen mit passender Verve und fast schon unbändiger Attacke. Feindynamisch schlagen sich die Manley Snapper gleichfalls beachtlich, auch wenn andere Vertreter der Zunft noch filigraner differenzieren, etwa beim Erscheinen der dreizehn verzauberten Prinzessinnen oder wenn die Solovioline vor ruhigem Hintergrund noch zarter auszuklingen scheint.
Manley Steelhead RC – solo betrachtet
Wenn wir schon über Dynamik reden, lohnt es sich, den Steelhead etwas näher zu betrachten. Nicht dass er an den Fixed-level-Ausgängen ernstlich etwas anbrennen ließe, doch wenn die Preamp-Funktion aktiviert ist, scheint es, als schalte er einen zusätzlichen Turbolader hinzu.
Mit einem MC-System wie dem Lyra Titan i am Graham Phantom wird Chuck Mangiones Oldie Children of Sanchez regelrecht zu einem Ritt auf dem Vulkan, so wild attackierend treiben die rhythmischen Bläsersalven das Stück voran, und selbst die eigentlich simple, oftmals leicht grummelige Basslinie gewinnt, vom Steelhead verstärkt, erheblich an Druck und Kontur. Kann das denn wirklich sein?
Die seltene Weißpressung eines Reissues des seligen US-Labels Classic Records landet auf dem Teller des Raven (LSC 2369). Tschaikovskys 4. Sinfonie mit Pierre Monteux und dem Boston Symphony Orchestra wurde darauf in einer besonders dynamischen Version verewigt. Vierter Satz, Allegro Con Fuoco. Abermals, so scheint es, steigert der Steelhead die Durchschlagskraft in den Tutti und schärft das Blech, das nun wie aufpoliert den Liveeindruck der bislang schon recht lebendigen Aufnahme auf ein noch höheres Level katapultiert.
Weder mein gleichfalls mit Röhren bestückter Phonopre Rike Audio Sabine III noch der in dieser Hinsicht ausgezeichnete, transistorierte ASR Basis Exclusive HV agieren dermaßen rasant und druckvoll, wie es Manleys Steelhead hier vorexerziert. Mit Preisen von 7.980 Euro für den Rike Audio und 7.590 Euro für den ASR sind beide zwar deutlich günstiger, dennoch: Wer es drauf anlegt, die in den schwarzen Rillen gepressten dynamischen Qualitäten vollständig offenzulegen, wird mit dem Phonoverstärker aus Chino die Suche wohl ad acta legen können.
Und der Line-Eingang? Der steht den Phonozügen nur wenig nach. Füttere ich den Manley mit Signalen aus Rocknas Wavelight DAC, bleibt der Eindruck einer besonders energisch zupackenden Gangart jedenfalls erhalten. Den Canto at Gabelmeisters Peak vom Soundtrack zu The Grand Budapest Hotel durchpflügt der Steelhead dynamisch sehr ansprechend und souverän. Dabei werden weder die ultratiefen Bässe unterschlagen noch verfehlt die urplötzlich nach einer kurzen Pause kraftvoll einsetzende Orgel ihre Hallo-Wach-Wirkung. Hätte ich nur eine Hochpegelquelle – genau so würde ich den Manley Steelhead und die beiden Snapper betreiben.
Test: Manley Steelhead RC & Snapper | Phono-Vorstufe, Vor-End-Kombi