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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Hanseatisch und heißblütig?
  2. 2  Inklang Ayers Five: Klangtest & Vergleiche

Der Ayers Rock – die australischen Ureinwohner nennen den rötlich schimmernden Berg in der Wüste „Uluru“ – hat etwas Ikonenhaftes. Den Aborigines gilt er als Heiliger Berg, den zahllosen Touristen als Magnet, den sie allerdings seit 2018 nicht mehr betreten dürfen. Die „Anangu“, so werden die Ureinwohner in ihrer Sprache genannt, haben dies zum Schutz ihres Heiligtums durchgesetzt. Nun wollen wir die zum Test anstehenden Lautsprecher aus dem Hause Inklang in Hamburg, die von ihrem Mastermind Thomas Carstensen „Ayers Five“ getauft wurden (www.inklang.de | ab 3.998 Euro) nicht gleich zu Beginn auf einen Thron heben. Eigenständig sind die Schallwandler von der Waterkant, obwohl Inklang erst 2014 gegründet wurde, indes immer gewesen.

Denn bei kaum einem anderen Hersteller, von kleinen Manufakturen mal abgesehen, ist der Individualisierungsgrad der Produkte so hoch, der potenzielle Einfluss des Kunden auf „seine“ Lautsprecher derart ausgeprägt wie bei den Hamburgern. Zumindest in optischer Hinsicht. Technisch geben die Entwickler die Richtung vor. Obwohl: Demnächst sollen dem geneigten Hörer auch Aktiv- sowie Wireless-Varianten zur Verfügung stehen, so dass in dieser Hinsicht ebenfalls vermehrt Wahlfreiheit besteht.

Inklang Ayers Five Lautsprecher und Bärennase

Jung und nicht zuletzt aufgrund der „Bärennase“ eigenständig: die Inklang Ayers Five

Ein ähnliches Konzept hat das Inklang-Team bereits bei den Vorgängerserien „Advanced Line“ gefahren. Der Kunde entschied sich für eines von acht Basismodellen, um es dann mithilfe einer umfangreichen Auswahl an Farben und Ausstattungsoptionen zu einem quasi unverwechselbaren Lautsprecher zu machen. Obendrein gab’s optional eine besonders hochwertige „Referenz“-Frequenzweiche.

Die neue Baureihe „Inklang Ayers“, dessen Spitzenmodell „Five“ – darunter gibt es „One“ bis „Four“ sowie „Wall“, „Center“, „Sub“ – bei mir zum Test vorbeischaute, ist eine eigenständige Modellreihe, die konzeptionell deutlich von der AdvancedLine abweicht und vollständig neu entwickelt wurde. Und erfreulicherweise günstigere Preise aufweist. Der inklusive Sockel knapp über 1,10 Meter hohe Standlautsprecher Inklang Ayers Five wirkt mit einem top verarbeiteten und an den Vorderkanten sogar „über Eck“ angefasten Gehäuse optisch fast distinguiert-nobel und kaschiert seine Größe geschickt. Sind die Five doch potente Drei-Wege-Bassreflex-Konstruktionen mit rückwärtiger, rechteckiger Ventilation und immerhin zwei 18-Zentimeter durchmessenden Tiefton-Konussen.

Inklang Ayers Five Lautsprecher oberer Bereich

Die angefasten Kantenverläufe des Gehäuses der Inklang Ayers Five

Unseren Testlautsprecher ziert der zurückhaltend-elegante Farbton „Toolanga Black matt“. Insgesamt bietet Inklang zehn Farben ohne Aufpreis an – wobei jeweils zwischen matter, seidenmatter oder hochglänzender Ausführung gewählt werden kann. Auf Wunsch sind dann noch weitere Farbtöne von „Farrow & Ball“ und „Caparol Icons“ verfügbar.

Welche Farbe man auch wählt: Die Mitteltonkalotte der Inklang Ayers Five fällt auf jeden Fall ins Auge. Kalotten finden ja meist ausschließlich als Hochtöner Verwendung, eine bekannte Ausnahme ist etwa das englische Unternehmen ATC, das große Kalotten, die sogenannten „Bärennasen“, mit Vorliebe auch für die Übertragung des Mittenbereichs wählt. Gerade in Sachen Breitbandigkeit und Detailwiedergabe sagt man ihnen Vorteile nach, die auch Thomas Carstensen schätzt. Trotz eines bereits ab den unteren Mitten beginnenden Arbeitsbereiches kann man Bärennasen sehr hoch laufen lassen, was zum einen Tief- und Hochtöner entlastet, aber vor allem für eine kohärente, punktschallquellenartige Wiedergabe wie „aus einem Guss“ sorgt.

Inklang Ayers Five Lautsprecher - Mitteltöner/Bärennase

Die Mitteltonkalotte der Inklang Ayers Five

Zwischen 400 Hertz und 3,6 Kilohertz liegt der Verantwortungsbereich des bärigen Mitteltöners der Inklang Ayers Five, der weichenseitig mit 18 Dezibel/Oktave recht strikt abgeriegelt wird. Hochtonseitig kommt schließlich eine kleinere Kalotte ins Spiel: „Ohne bremsendes Ferrofluid zur Kühlung des Tweeters“, lässt Inklang verlauten, was nicht zuletzt auf dessen Feindynamik einzahlen soll. Apropos Frequenzweiche: Diese befindet sich unmittelbar hinter dem Anschlussterminal und kommt unter anderem mit verbackenen Spulen und eigener Gehäusekammer, Mikrofonieeffekte und andere Schwingungseinflüsse sollen so im Zaum gehalten werden.

Darüber, dass Blechbrücken an Bi-Wiring-Terminals durchaus einen klanglichen Flaschenhals darstellen können, hatte ja schon Kollege Jörg Dames in seinem Test der Inklang 17.5 Advanced Line geschrieben. Was umso schwerer wiegt, als dass Inklang herausgefunden hat, dass in praxi nur rund 1,5 Prozent seiner Kunden Bi-Wiring oder Bi-Amping nutzen. Logisch also, dass sich die neuen Inklang Ayers Five nun anschlussseitig ausschließlich per Single-Wiring an die Leine nehmen lassen.

Inklang Ayers Five Lautsprecher - Single-Wiring-Lautsprecherterminal

Bei Inklang setzt man neuerdings ganz bewusst auf Single-Wiring-Terminals

 Inklang Ayers Five: Klangtest & Vergleiche

Bass & Grobdynamik

Puscifer - Existential ReckoningLaut Inklang-Presseinfo möchte die Ayers Five „ihre Muskeln nicht verstecken“. Und es stimmt: Wenn es musikalisch hoch- oder besser: tiefhergeht, ist die Five voll dabei und grollt, grummelt und schiebt Tief- und Subbässe wie in „Personal Prometheus“ von Puscifer (Album: Existential Reckoning; auf Amazon anhören), einem Sideproject des Tool-Frontmannes Maynard James Keenan, massiv und gleichwohl kontrolliert unter die Fußsohlen. Sie können sich ziemlich sicher sein, dass eventuell vorhandene Wollmäuse vor Schreck die Flucht antreten, spätestens dann, wenn die schicke Säule zu einer ihrer ansatzlosen Kickbassattacken ansetzt, die sie ohne auch nur einen Hauch von Stress in den Hörraum drischt. Wem diese Momente, die sich aus dem Nichts ergeben, zu testosterongeladen sind, ist bei den Five falsch aufgehoben.

Black Stone Cherry - The Human ConditionJetzt bin ich von Natur aus fernab jedweder Sadomaso-Fantasien, aber: Ein wenig Lust auf Haue kommt schon auf, wenn die Inklang Ayers Five ihrem Auditorium die Drums in „Ringin´in my Head“ von Black Stone Cherry (Album: The Human Condition; auf Amazon anhören) um die – oder besser in die – Ohren pfeffert. Zumal das mit Präzision passiert, jeder Treffer sitzt. Freunden klassischer Musik wird Tschaikowskis „Overtüre 1812“ (auf Amazon anhören) ein Begriff sein. Ich als Tester mag die Komposition vor allem wegen ihrer markanten Kanonenschläge, die einen – wenn nicht den – Lackmustest für die dynamischen Fähigkeiten eines jeden Lautsprechers darstellen. Auf Vinyl kann man die Rillenauslenkungen der Kanonenschläge doch tatsächlich mechanisch nachverfolgen. Spüren kann man sie auch: Die Inklang Ayers Five feuert die Schüsse ansatzlos und unerbittlich in Mark und Bein, ihre Bassmembranen zappeln augenfällig, verlieren aber akustisch keineswegs die Contenance. Selbst in Lautstärkeregionen nicht, die Sie selbst ohne unmittelbare Nachbarschaft auf Dauer nicht wollen. Das hat im Wortsinn „Durchschlagskraft“. Klar, dass man nicht immer nur Vollgas fahren kann, Spaß hin oder her: Auch bei sehr leisen Pegeln bietet die Ayers Five eine schon ziemlich vollständige Abbildung.

Inklang Ayers Five Lautsprecher - Frequenzweiche

Die Frequenzweiche der Inklang Ayers Five (Bild: Inklang)

Die Bühne

Räumlich gehen die Inklang Ayers Five durchaus nach vorne auf den Hörer zu, was ihren Anmachfaktor nur unterstreicht. Würde man den Hanseaten an sich einen eher trocken-distanzierten Habitus andichten wollen, ist dieser Standlautsprecher das genaue Gegenteil davon. Die Five möchte nicht, dass Sie ihr einfach bloß zuhören. Sie möchte vielmehr, dass Sie sich auf die Musik einlassen, sich mit ihr beschäftigen und lachen, weinen, singen, schwitzen können. Die Ayers Five bindet ihr Auditorium ins Geschehen ein. Gleichwohl kennt ihre virtuelle Bühne nicht nur eine Richtung, sondern dehnt sich auch gebührlich nach hinten und zu den Seiten hin aus. Musikalische Einzelereignisse werden gut ortbar abgebildet.

Der richtige Riecher: die Bärennase

Hervorzuheben ist auch die in der Tat plastische und sonore Stimm- und Instrumentenwiedergabe. Die Bärennase hat in Sachen unaufgesetzter Natürlichkeit quasi genau den richtigen Riecher, wenngleich sie nicht zu den absoluten Auflösungswundern zählt. Die Detektivlupe oder das Seziermesser lässt sie stecken, sie vermag es aber gleichwohl, einen schönen Einblick in dicht verwobene Strukturen zu vermitteln. Dennoch: Es gibt hier preisklassenbezogen Wettbewerberinnen, die sich detailverliebter zeigen. Das trifft auch auf den ansonsten angenehm klaren und offenen Hochtonbereich zu: Die Inklang Ayers Five liefert alle relevanten Informationen, die zu einem Gesamtverständnis der musikalischen Darbietung notwendig sind, erspart sich aber brillierende Glanzlichter.

Inklang Ayers Five Lautsprecher - Hochtöner

Hochtonseitig kommt bei der Inklang Ayers Five eine Gewebekalotte zum Einsatz

Auf der „guten“ Seite von „neutral“

Tonale Neutralität in der Wiedergabe ist sowas wie der heilige Gral der HiFi-Journaille. Nicht nur, auch der Hersteller. Mithin eine Voraussetzung dafür, dass die Abbildung möglichst dicht an der Vorlage bleibt. Sie kennen den alten Werbeslogan „Dänen lügen nicht“ von Dynaudio, womit das Unternehmen auf die unbedingte Neutralität seiner Schallwandler abstellte. Ich habe in meinen langen Jahren als Redakteur viele Lautsprecher gehört, die das Attribut der Neutralität wie eine Monstranz vor sich her trugen. Und: Ich fand sie in ihrer unaufgeregten Linearität oft langweilig, auch wenn ich die entwicklerische Leistung mit professionellem Blick zu schätzen wusste.

Wenn Sie mich also fragen, ob die Inklang Ayers Five über alles neutral ist, muss ich mein Haupt wiegen und mit einem salomonischen – ein schelmisches Grinsen kann ich mir dabei nicht verkneifen – „Jein“ antworten. „Ja“ im Sinne von: Natürlich spielt sich die Ayers Five nicht ihre eigene Welt schön, um sich mit unrealistisch angewärmtem Farbspiel an ihre Hörer heranzuwanzen. Aber, und jetzt kommt das „positive Nein“: Die noble Hanseatin spielt eben nicht neutral im Sinne von „nüchtern-kühl“. Ein Schuss charmanter Wärme schwingt immer mit. Und es tut gut, wie sie das tut, ein Charakterzug, der mir gefällt.

Inklang Ayers Five Lautsprecher - Basskonus frontal

Tieftonseitig setzt Inklang bei den Ayers Five jeweils zwei 18-Zentimeter-Konusse ein

Das Wettbewerbsumfeld

Mit knapp 4000 Euro Paarpreis – die Zuschläge für Individualisierungsoptionen lasse ich jetzt einmal außen vor – spielt die Inklang Ayers Five in einem hart umkämpften und hochqualitativen Umfeld. Hier lässt sich kaum ein Hersteller die Butter vom Brot nehmen. Preislich etwas unter der Hamburgerin hat Quadral seinen Allrounder „Platinum+ Five“ platziert, der vor allem damit punktet, dass er fast alles kann. Rein musikalisch betrachtet, versteht sich. Die Hannoveranerin fühlt sich in nahezu jedem Genre zuhause und bietet staubtrocken-attackige Tieflagen. Die sind, was ihre reliefartige Struktur anbetrifft, auch über die Preisklasse der Quadral hinaus bemerkenswert, erreichen aber absolut gesehen nicht den massiven Punch der Inklang. Was die Frequenzbereiche darüber anbetrifft, sind sich beide Lautsprecher gar nicht mal unähnlich. Obschon die Quadral im Hochton feiner und nuancierter aufspielt, womit sie gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen akustischem Skalpell und angenehmer Ganzheitlichkeit wandelt, sind beide Lautsprecher vom Prinzip her keine expliziten Analytiker. Sie stellen das emotionale Erlebnis in den Vordergrund. Die Inklang Ayers Five noch ein Quäntchen mehr, weil sie eben doch das involvierendere Klangerlebnis bietet. Sie betrachtet das Auditorium als einen Teil ihres Wirkungskreises, wird so von der „Vortragenden“ zur einladenden Gastgeberin. „Sei mittendrin, statt nur dabei“ – so scheint ihr Motto.

Wo sich’s in Sachen „Nasenfaktor“ so offensichtlich anbietet, darf sich das Nordlicht dem – nicht nur im Preisgefüge, sondern auch technisch betrachtet eigentlich total unfairen! – Vergleich (die massive Britin trat seinerzeit als Aktivbox an) mit der Mittelton-Kalotten-Trägerin ATC SCM50ASL stellen. Und kann in den gehörsensiblen Mitten streckenweise mithalten! Beiden Lautsprechern ist eine ungemein plastische, natürliche und unangestrengte Darstellung von Stimmen und Naturinstrumenten gegeben. Ganz klar: Die ATC ist von Haus aus wie ein Monitorspeaker abgestimmt, ihr Mittenband daher einfach noch umrissschärfer, feiner und durchhörbarer. Man darf nicht vergessen, dass man für den Gegenwert der ATC gleich mehrere Paare Inklang Ayers Five erwerben könnte.

Inklang Ayers Five Lautsprecher - Bodenplatte

Mit ungewöhnlichen technischen Lösungen für die Mittenwiedergabe haben sich auch die Berliner von Teufel beschäftigt und ihrer Toplinie „Definion“ einen Mittelhochton-Koaxialtreiber spendiert, der mit Blick auf Natürlichkeit und Plastizität – etwa in unserem seinerzeitigen Test der Standbox Teufel Definion 3 – ebenfalls großes Wohlwollen hervorrief. Für einen Paarpreis von unter 2000 Euro war mir bis dato kaum ein so ausgefeiltes Mittenband serviert worden. Auch die große Teufel spielt emotional und attackig-knackig, in Sachen Involvierungsvermögen und Überzeugungskraft bei der Stimmwiedergabe hat die Berlinerin gegenüber der Hamburgerin aber das Nachsehen. Was sich natürlich – und absolut gerechtfertigt – auch vom Preisschild ablesen lässt.

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Test: Inklang Ayers Five | Standlautsprecher

  1. 1 Hanseatisch und heißblütig?
  2. 2  Inklang Ayers Five: Klangtest & Vergleiche

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