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Januar 2016 / Tobias Zoporowski
„Direkt ins Blut“: Diesem Titel, den der Kölner Liedermacher und Rockpoet Wolf Maahn Mitte der Achtzigerjahre im Rahmen seiner „Rosen im Asphalt“-Tour auf Vinyl und CD bannte, wäre an dieser Stelle eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Der Test der Heco „Direkt“ (www.heco-audio.de) wäre treffend zusammengefasst. Und damit wohl der kürzeste in der Geschichte dieses Onlinemagazins …
Aber so einfach machen wir es uns hier ja nicht. Festzustellen bleibt aber vorab: Selten hat es mir ein Lautsprecher so leicht gemacht, ein Urteil über ihn zu fällen. In Hecos neue „Direkt“ habe ich mich nämlich schlicht verknallt. Vielleicht auch deshalb, weil sie in einer Weise polarisiert, die derzeit nicht nur in ihrer Preisklasse, sondern auf dem gesamten HiFi-Markt selten ist. Entweder liebt man sie. Oder eben nicht. Dazwischen gibt es nichts. Was ich während des Testzeitraums an den Reaktionen meiner Ehefrau und diversen Besuchern wunderbar messen konnte. „Die sieht aus wie ein zu groß geratenes Smartphone!“ oder wahlweise „Was ist das denn??“ – mit mindestens zwei gedachten Fragezeichen – und: „Was ist das denn!!“ Letzteres mit mindestens zwei gedachten Ausrufezeichen. Einig war sich das wechselnde Auditorium erst wieder, nachdem es die „Heco Direkt“ gehört hatte. Unberührt ließ sie niemanden.
Die Heco Direkt gibt es in Weiß und Schwarz
Dabei ist das technische Konzept, das die Pulheimer Entwickler bei ihrem Blickfang gewählt haben, gar nicht mal exotisch. In ihrem Kern ist die Heco eine Zweiwege–Bassreflex-Konstruktion wie viele andere auch. Ihr Alleinstellungsmerkmal liegt eher in der konsequenten Umsetzung dieses Konzeptes, das auch ein wenig „aus der Zeit gefallen“ scheint. Eine derart breite Schallwand, zudem nach hinten geneigt, habe ich zuletzt bei einer Infinity Kappa 8 gesehen. Und das muss – wenn ich mich recht erinnere – irgendwann Anfang der Neunzigerjahre gewesen sein. Wobei der legendäre US-Lautsprecher im Gegensatz zur Heco als regelrechter „Leistungsfresser“ galt, also nur mit richtig kräftigen Verstärkern zu betreiben war. Die Rheinländer vermarkten ihre „Direkt“ als Hocheffizienzbox, die sich mit einem beachtlichen Kennschalldruck von 95 dB/W/m auch schon von einer Zehn-Watt-Röhre zur Arbeit auffordern lässt.
Es gibt ja die – durchaus belegbare – Theorie, dass möglichst schmale Schallwände vor allem im Hinblick auf Reflexionen an deren Oberfläche vorteilhaft sind. Die eingelassenen Chassis sind dann häufig vom Durchmesser her so gewählt, dass an deren Seiten kaum noch Schallwand übrig ist. Bestenfalls schmale Stege. Und wo nix ist, kann nix reflektieren. Mal ganz davon abgesehen, dass sich schmale und hohe Lautsprecher auch einfacher in vorhandene Wohnumgebungen einfügen, ist die Herangehensweise der Pulheimer auf den ersten Blick schwer zu durchschauen: Immerhin misst die Front der „Heco Direkt“ in der Breite fast 45 Zentimeter. Bei einer Gesamthöhe des Lautsprechers von einem knappen Meter kann man von einem „unauffälligen Einfügen“ in den Wohnraum nicht wirklich sprechen. Vor allem nicht in weißer Farbgebung mit silbernem „Rallyestreifen“. Das Design soll an legendäre Gitarren erinnern, stellt für mich als Oldtimerfan indes vor allem die Verbindung zu kraftvollen US-Car-Klassikern her. Wie dem auch sei, die Heco Direkt ist ein Hingucker. Ein Blickfang. Die Einrichtung des Hör- oder Wohnraums wird sich an diesem Lautsprecher orientieren müssen. Andersrum wird’s schwer.
Und was ist mit den Reflexionen auf der breiten „Brust“? Nun ja, der Durchmesser des Tiefmitteltonchassis von satten 28 Zentimetern im Zusammenspiel mit der recht hohen Trennfrequenz von 2,3 kHz sorgt dafür, dass es nicht besonders breit abstrahlt – weshalb sich eine leichte Einwinkelung der „Direkt“ auf den Hörplatz auch empfiehlt. Zudem wurden die Gehäusekanten nicht nur aus optischen Gründen abgerundet. Die Heco-Mannschaft wusste offenbar genau, was sie vorhat. Und griff dabei auf Bewährtes zurück. Zum Beispiel auf den Werkstoff „Kraftpapier“ (DIN 6730: Kraftzellstoff), der inzwischen fast als Spezialität des Hauses gilt. Das bis in die Siebzigerjahre hinein durchaus verbreitete Membranmaterial, das mit hoher Festigkeit bei geringem Eigengewicht für hohe Wirkungsgrade prädestiniert ist, lässt Heco aus langfaserigem Papier, welches mit Wollfäden verpresst wird, anfertigen. Das große Chassis soll aufgrund seiner Materialeigenschaften in der Lage sein, einen sehr breiten Übertragungsbereich abzudecken – und lässt sich so leicht antreiben wie abbremsen. Dabei atmet es durch zwei großzügig dimensionierte Bassreflexöffnungen aus, die sich im Boden des auffallend flachen Gehäuses befinden. Drei stabile wie stylishe Ausleger sorgen für sicheren Stand und eine leichte Neigung der Box. Achten Sie unbedingt darauf, für die Montage der Füße einen Helfer zu rekrutieren, der zum einen den Lautsprecher festhalten kann und zum anderen darauf aufpasst, dass das Tütchen mit den Accessoires (Schrauben, Spikes, etc.) nicht in den hungrigen und auf schusselige Anwender lauernden Bassreflexschlünden verschwindet! Was mir nämlich passiert ist. Und das ist kein Spaß. Vor allem, weil der starke Magnet des Tiefmitteltöners das Plastiktütchen samt Inhalt so festhält, dass nur ein Ausbau des Chassis aus der Patsche hilft …
Die Bassreflexöffnungen befinden sich auf der Unterseite der Heco Direkt
Für den Hochtonbereich zeichnet eine 28 Millimeter durchmessende Seidenkalotte verantwortlich, die versenkt in einer als Hornvorsatz ausgeformten Aluminiumfrontplatte montiert ist. So hält der Tweeter in Sachen Wirkungsgrad problemlos mit dem Tiefmitteltöner mit. Beide Chassis sind recht nah beieinander verbaut, was für einen akustisch bruchlosen Frequenzübergang sorgen soll. Die mit ausgesuchten Bauteilen bestückte Weiche sorgt neben der exakten Zuteilung der Wiedergabebereiche auch für einen linearisierten Frequenzverlauf. So bringt die „Heco Direkt“ keinen Verstärker zum Schwitzen. Reicht ja auch, wenn das ihre Zuhörer tun. Doch dazu gleich mehr …
Test: Heco Direkt | Standlautsprecher