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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Coole Heißsporne
  2. 2 Cyrus Pre-XR und Stereo 200: Klangtest & Vergleiche

Es gibt Hifi-Hersteller, die bei mir seit langer Zeit einen Stein im Brett haben. Dazu gehört definitiv das Unternehmen Cyrus Audio. Warum? Nun, weil die im britischen Huntingdon residierende Hifi-Schmiede zum einen konsequent ihren Design-Stiefel durchzieht: Die Geräte kommen ausnahmslos im halben Gardemaß (21,5 cm Breite) und einem eigenständig-kantigen, für meinen Geschmack vollkommen zeitlosen Design daher. Zum anderen gehören sie klanglich – so zumindest meine bisherigen Erfahrungen – zu den außerordentlich langzeittauglichen Geräten. Und sie sind zuverlässig: So läuft bei mir im Arbeitszimmer bereits seit zehn Jahren die Kombi aus dem CD-Spieler CD6 SE² und dem Vollverstärker Cyrus 6XP. Beide haben mich in dieser Zeit kein einziges Mal im Stich gelassen – und sie können klanglich auch mit deutlich jüngeren Komponenten mithalten. Das nötigt mir Respekt ab. Trotzdem werde ich natürlich möglichst unvoreingenommen und ohne Vorschusslorbeeren an unsere heutigen Probanden herangehen, nämlich das Doppelpack aus dem Vorverstärker Cyrus Pre-XR und der Endstufe Cyrus Stereo 200 (4.895/2.695 Euro | https://bellevueaudio.de).

Auch die aktuellen Cyrus-Inkarnationen kommen im ikonischen „Brikett-Design“, also im panzerschrankartig-massiv wirkenden Druckgussgehäuse. Allerdings wurde in Bezug auf die Mensch-Maschine-Interaktion gegenüber den älteren Geräten mit Augenmaß modernisiert. Die Drucktaster von damals – z.B. für die Eingangswahl – sind berührungsempfindlichen „Key Pads“ ähnlicher Größe gewichen. Kann man machen, für mich aber nicht unbedingt ein Fortschritt – ich drücke ganz gerne auf Knöpfchen und schätze eine taktile Rückmeldung vom Gerät. Das Display der Vorstufe präsentiert sich – und das finde ich wirklich eine merkliche Verbesserung – nun hochauflösend statt mit Punktmatrix-Klötzchengrafik, es kann in puncto Helligkeit geregelt werden, außerdem lässt sich die Anzeige invertieren. Wer es also lieber „weiß auf schwarz“ als „schwarz auf weiß“ mag, der kann das mit einigen wenigen Handgriffen am Multifunktionsknopf zur Rechten ändern. Blicken wir einmal unter die Hauben!

Cyrus Pre-XR - komplett von vorne mit aktiviertem Display

Das Display des Cyrus Pre-XR lässt sich invertieren, „weiß auf schwarz“ wäre also ebenfalls möglich

Cyrus Pre-XR Vorverstärker: Ausstattung und Technik

Der Cyrus Pre-XR ist trotz seiner knappen Abmaße erstaunlich konnektiv. Die Analogsektion bietet vier Hochpegeleingänge und einen Phono-MM-Eingang, die digitale wartet mit je zwei optischen und koaxialen S/PDIF-Eingängen sowie einem USB-Eingang auf. Ausgangsseitig hat Cyrus den Pre-XR mit einem Fixpegel- sowie zwei lautstärkeregelbaren Pre-Outs ausgestattet.

Eines mutet zunächst etwas schrullig an: Obwohl die analogen Eingänge durchgängig unsymmetrisch (Cinch) ausgeführt sind und keine vollsymmetrische Signalführung vorliegt, bietet der Cyrus Pre-XR neben einem Cinch- auch einen XLR-Pre-Out an. Ergibt das überhaupt Sinn? Laut Cyrus ja – denn der XLR-Pre-Out wird von einer separaten, besonders laststabilen Treiberstufe befeuert, was den Einsatz langer Verbindungskabel zwischen Vor- und Endstufe ohne potenzielle Klangeinbußen gestatten soll. Praktisch ist das insbesondere für Nutzer von Mono-Endstufen, die man ja gerne einmal möglichst lautsprechernah aufstellt. Und – es gibt einen Kopfhörerverstärker, was dem Amp so gar nicht im Gesicht geschrieben steht: Der Ausgang, noch dazu eine schmale 3,5-mm-Stereoklinke, ist auf der Rückseite neben dem Kaltgeräteanschluss versteckt. Bei Cyrus betont man, dass sowohl der Phono-MM-Zweig als auch der Kopfhörerverstärker keine Gefälligkeitsdreingaben sind, damit man auf dem Feature-Zettel zwei Haken setzen kann. Wir werden hören.

Cyrus Pre-XR - Rückseite mit Anschlüssen

Hinein geht’s in den Cyrus Pre-XR analog (Hochpegel-Cinch, Phono MM) oder digital (koaxial, optisch oder via USB-B), bei den analogen Ausgängen hat man die Wahl zwischen Cinch und XLR

So basiert die klangrelevante Schaltungstopologie des integrierten Phono-Verstärkers auf der des Cyrus Phono Signature, als Standalone-Gerät immerhin aktuell mit knapp 2.200 Euro gepreist. Allerdings entfallen beim Cyrus Pre-XR die zahlreichen Feinanpassungsmöglichkeiten von Eingangskapazität und -impedanz sowie der komplette MC-Zweig. Eine meiner Meinung nach pragmatische Lösung, denn wer einen MC-Abtaster sein Eigen nennt, der bekennt sich damit eh zu einer etwas ambitionierteren Vinylwiedergabe und wird vermutlich schon eine qualitativ adäquate Vorstufe besitzen. Der Kopfhörerverstärker wiederum ist in Class-A/B gehalten und liefert knapp 140 mW pro Kanal an 16 Ohm, er soll laut Cyrus Lasten bis 64 Ohm mehr als zufriedenstellend bedienen können – was sich auf dem Papier so liest, als käme der Pre-XR eher nur mit Mobil-Kopfhörern klar, aber in praxi, ich komme noch drauf zurück, dann doch auch mit Hochöhmern erstaunlich gut funktioniert.

Die Lautstärkeregelung des Cyrus Pre-XR erfolgt mithilfe eines integrierten Volume-Controllers von Texas Instruments (PGA2311). Der endlos laufende Lautstärkeregler dient als Inkrementalgeber und steuert ein R2R-Widerstandsnetzwerk. Diese analoge Lösung hat gegenüber einem klassischen, im Signalweg liegenden Poti den Vorteil, dass Alterungseffekte oder Kanalungleichheiten deutlich minimiert werden.

Die Digitalsektion ist mit einem State-of-the-Art-Chip ausgestattet: dem 32-Bit-Chip ESS/Sabre ES 9038. Er verdaut per S/PDIF PCM-Material bis 24 Bit Wortbreite und 192 kHz Samplerate sowie per USB bis 32 Bit/384 kHz – und außerdem noch DSD512 (LINK) nativ sowie DOP128. Damit nicht genug: Der Nutzer darf zwischen sieben verschiedenen Digitalfiltern wählen, die sich klanglich durchaus merklich voneinander unterscheiden: Damit ist man sehr flexibel aufgestellt, später dazu im Klangteil noch mehr.

Cyrus Pre-XR - seitlich von vorne

Im Lieferumfang enthalten ist eine Systemfernbedienung, die mit einem Bewegungssensor ausgestattet ist. Sobald man sie zur Hand nimmt (oder einen Knopf drückt), schaltet sich eine Hintergrundbeleuchtung der Tasten ein. Das finde ich wirklich mal eine vortreffliche und praxisnahe Idee – ideal für kurzsichtige Leute wie mich, die gerne einmal bei Kerzenschein Musik hören und trotzdem gleich auf Anhieb die richtige Taste treffen möchten.

Cyrus Stereo 200 Endstufe: Class-D-Schaltung mit linearem Netzteil

Exakt 203 Watt Leistung pro Kanal (an 6 Ohm) soll diese kompakte Stereoendstufe bringen. Die Energieversorgung besorgt ein 475-VA-Ringkerntrafo, zugespielt werden kann via Cinch und XLR. Angesichts der vorgenannten Daten wird schnell klar, Stichwort Wirkungsgrad, dass es sich um ein Class-D-Konzept handeln muss.

Cyrus Stereo 200 - Rückseite mit Anschlüssen

Knackig-kompakt gebaut und sowohl per Cinch als auch XLR bespielbar: die Cyrus Stereo 200

Allerdings um ein besonderes: Der Cyrus Stereo 200 bringt nämlich eine automatische Impedanzanpassung mit: Bei jedem „harten“ Einschalten des Verstärkers findet zunächst eine „stille“ Impedanzmessung der angeschlossenen Lautsprecher statt. Die Ergebnisse werden ausgewertet und in der Schaltungsperipherie gespeichert. Diese wiederum stellt dann sicher, dass die harmonischen Verzerrungen über den gesamten Hörfrequenzbereich gleichermaßen niedrig sind – und dass die Endstufe möglichst linear aufspielt, nämlich bis 40 kHz mit einer Abweichung von maximal 0,5 dB und bis 50 kHz mit einer Abweichung von maximal 2,5 dB. Als sonderlich breitbandig geht die Cyrus Stereo 200 also nicht gerade durch, was sich nicht zuletzt auf die Hochtonwiedergabe sowie Feindynamik auswirken kann. Doch alle Theorie ist grau, wie sich mal wieder zeigen wird, hören wir einfach mal rein!

Cyrus Pre-XR und Stereo 200: Klangtest & Vergleiche

Cyrus Pre-XR und Endstufe Cyrus Stereo 200 übereinandergestellt

Die Cryus-Verstärkerkombi haben wir nur für die Fotos gestapelt, die Platzierung kann hörbar klangbeeinflussend sein, jedes Gerät einer hochwertigen Audio-Kette sollte generell eine eigene Ebene im Rack zugesprochen bekommen

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Wenn Sie auf eine euphonisch-gemütliche, mittenbetonte Darbietung in klassisch-britischer HiFi-Tradition Wert legen, können Sie die Lektüre im Prinzip an dieser Stelle abbrechen. Ich habe nämlich lange schon mehr keine Komponente/Kombi im Hörraum gehabt, die dermaßen spielfreudig und knackig „am Gaspedal hängt“ wie die beiden Halbschwergewichte aus Huntingdon, Cambridgeshire. Fangen wir mal mit der Tonalität an.

Was geht ab? Dynamik und Spielfreude

 The Clash London CallingÜber den gesamten Frequenzbereich vom Subbass bis in den Superhochton ist die Kombi aus Cyrus Pre-XR & Stereo 200 voll da: mit Leistungsbereitschaft, Schubkraft und schier unerschöpflich erscheinender Energie. Schon nach kurzer Beschäftigung mit der Cyrus-Kombi bekam ich richtig Lust auf Musik, die „abgeht“ – wie etwa den The-Clash-Gassenhauer „Guns of Brixton“ (Album: London Calling; auf Amazon anhören). Die ikonische Basslinie fährt mit Schmackes und Tiefgang, aber auch mit Kontur und exakter Passform in die Magengrube, während die Offbeat-Einwürfe der Rhythmusgitarre einen geradezu wohlig links und rechts ohrfeigen.

Zusammengehalten wird der Track von einen schlampigen Schlagzeug, bei dem einerseits Hi-Hat, Bass- und Snaredrum die Grundlage bilden, andererseits aber immer wieder auch Reggae-artige Fills als Extrawürze dienen. Auch beim Drumset geht die Cyrus-Kombi „all-in“: Die Bassdrum kickt bestens und bringt sowohl „Wums“ (Tiefton) als auch Rauminformation (Hochton/Transienten), die Hi-Hat sendet als Nadelstiche verkleidete Sechzehntelnoten – und bei der Snare hört man im Grunde bei jedem Schlag ein paar Späne vom Drumstick herabfallen.

Cyrus Stereo 200 - Details auf der Front

Ja, energetische, rhythmisch treibende Musik scheint definitiv das Metier der Cyrus Pre-XR Cyrus und Stereo 200. So gerät auch Yellos Instrumentaltrack „Tub Dub“ (Album: 1980-1985 | The New Mix in One Go) zum Riesenspaß: Ob es nun die akzentuiert und präzise gespielten Drums sind, das Wechselspiel zwischen grummelndem Bass und Gitarreneinsprengseln oder die immer wieder eingestreuten Synthie-Effekte: Die Cyrus-Kombi geht dermaßen spielfreudig zu Werke und bildet jeden Frequenzbereich so „angriffslustig“ ab, dass es wirklich schwer fällt, auf dem Sessel sitzenzubleiben. Hier darf das Tanzbein schwingen!

Pete Doherty The Fantasy Life of Poetry and CrimeJedoch: Es muss nicht zwingend „Musik mit Wums“ sein. Bei Pete Dohertys Ballade „The Glassblower“ (Album: The Fantasy Life of Poetry & Crime; auf Amazon anhören) beispielsweise kommt statt eines klassischen Drumsets eher eine Art Schlagwerk zum Einsatz: Eine Kesselpauke ersetzt die Bassdrum, eine Rumba-Rassel (Maraca) die Hi-Hat – und die Snare wirkt recht altertümlich gestimmt, sie knattert fast wie eine Schnarrtrommel vom Schützenverein. Wenn Kesselpauke und Snare erklingen, ist das Flattern der Felle buchstäblich in Originalgröße am Hörplatz „sichtbar“ – und wenn die Rumbarassel sacht raschelt, meint man jedes darin befindliche Körnchen einzeln ausmachen zu können.

Schön zudem, wie sich die drei tonal recht eigenständigen – mit unterschiedlichen EQ-Einstellungen gemischten – Gitarrenspuren mühelos parallel nachverfolgen lassen. Der Klangfarbenreichtum und die genaue tonale Durchzeichnung der Spuren treten auch dann zutage, als eine eiernde 1960-er-Orgel hinzukommt – und Pete Dohertys Stimme, der man den jahrzehntelangen Zigarettenkonsum in Form von Heiserkeit und einer leichten Kurzatmigkeit anhört. All das lassen die Cyrus-Briketts unvermindert raus. Und so wird aus der eigentlich eher ausgeruhten, langsamen Sechsachteltakt-/Wiegeschrittnummer ein spannendes akustisches Ereignis, dem man fasziniert folgt.

Murmeln auf dem Frequenzschrieb

Cyrus Stereo 200 von vorne

Eine Dynamikwuchtbrumme im schlichten Pelz: der Endverstärker Cyrus Stereo 200

Gehen wir weiter ins Detail: Der Frequenzgang per se der Cyrus Pre-XR/Stereo-Kombi 200 könnte glatter wohl nicht sein. Wenn Sie irgendwo auf dem Frequenzschrieb eine Murmel ablegen, bleibt sie liegen und rollt nicht nach links oder rechts. Nichts ist betont, nichts ist abgesoftet, Haken dran. Doch das lässt sich auch vielen anderen Komponenten nachsagen. Nein, nach langer Beschäftigung mit den beiden Cyrus-Geräten kann ich klar feststellen, der Sound wird im Grunde nicht übers Tonale, also ein bestimmtes Timbre oder eine bestimme Färbung oder „Schlagseite“ bestimmt. In dieser Sache ist alles vorbildlich ausbalanciert. Vornehmlich klangprägend sind vielmehr die Geschwindigkeit und Präzision, mit der die gesamten Hüllkurven von Klangereignissen minutiös und mit einer stupenden Genauigkeit nachgezeichnet werden. Das wiederum ist alles andere als alltäglich.

Um es plakativ auszudrücken: Wenn ich den The-Clash-Song erst übers Cyrus Pre-XR Cyrus/Stereo 200-Duo und dann über mein Standardbesteck (Vorstufe: Tsakiridis Alexander, Röhre, 2.600 Euro, Mono-Endstufen: Valvet A4 MK2, Transistor, 5.900 Euro) höre, dann steht bei der Cyrus-Verstärkerkombi klar der Punk im Vordergrund, während das Tsakiridis-Valvet-Trio eher den Reggae betont. Ja, die beiden Briten sind einfach schneller, sehniger, sportlicher unterwegs (Pogo!), wohingegen das griechisch-deutsche Team vor allem selig am punktiert-behäbigen Basslauf (Reggae) nuckelt und sich in die Offbeat-Gitarren lehnt.

Current 93 Soft Black StarsNun sind reine Schnelligkeit und Lastwechselfreude nicht grundsätzlich und in jeder Situation Garanten für Hörgenuss. Insofern wäre es prinzipiell denkbar, dass die Cyrus-Geräte für manch einen Hörer zuweilen fast zu sehr „in your face“ unterwegs sind. Und tatsächlich gibt es Musikstücke, bei denen mir persönlich die generell etwas ausgeruhtere Gangart meiner Arbeitsgeräte mehr zupass kommt. Ein Beispiel? Current 93s Track „The Signs in the Stars“ (Album: Soft Black Stars; auf Amazon anhören): Hier gibt es lediglich kinderliedartige Klavierfiguren und den melancholischen, ausdrucksstarken Sprechgesang von David Tibet. Die Cyrus-Kombi liefert auch hier beeindruckend ab: Klavier und Sprechgesang kommen im besten Sinne „aus dem Nichts“, nämlich kontrastreich und leuchtend vor einem rabenschwarzen Hintergrund. Tibets Performance wird mit jeder Schattierung seiner Stimme, jeder Betonung, jedem Zögern exakt wiedergegeben. Trotzdem fasst mich das Stück über meine Arbeitsgeräte ein Stück mehr emotional an – vielleicht, weil diese sich bei dem getragenen Stück ein wenig mehr „Zeit lassen“ beziehungsweise dieses etwas verrunden, wenn es um Ein- und Ausschwingvorgänge, insbesondere beim Klavier, geht. Im highfidelen Sinne und erst recht mit Blick auf Studioanforderungen liegen die Cyrus-Amps sicherlich näher an der reinen Lehre, aber letztlich sind die Hörgeschmäcker ja verschieden.

Cyrus Stereo 200 - Kühlrippen

Musikalisch ein Heißsporn, physisch hingegen eher cool: die Kühlrippen der Cyrus Stereo 200

Ein Stück weit wird der Charakter der Cyrus-Kombi von der Endstufe Stereo 200 geprägt, sie ist beim Cyrus-Duo diejenige, die gewissermaßen den Ton angibt. Hängt man die Vorstufe Cyrus Pre-XR nämlich an eine euphonischere Röhrenendstufe oder auch eine klassische Class-A-Endstufe, wird’s entsprechend etwas heimeliger – was eben zeigt, dass die Cyrus-Vorstufe „über alles“ sehr ausgewogen aufspielt. Das gilt übrigens auch für das Thema Raumeindruck/Stereofonie: Die Analogsektion der Vorstufe reicht – ich habe sie mit verschiedenen Endstufen, u.a. auch dem Abacus Ampollo Dolifet gepaart – mehr oder weniger alles durch, was ihr präsentiert wird und drückt dem eingehenden Musikmaterial keinen eigenen Stempel auf.

Die Endstufe hingegen bringt, wenn man so will, ein Extraplus an „Knackigkeit“ auf den Weg, auch mit meiner Vorstufe Tsakiridis Alexander marschiert die Musik dynamisch etwas zackiger, „schneller“ als von anderen Endverstärkern gewohnt. Zudem hat die Cyrus Stereo 200 räumlich ein recht klares Profil. Sie spielt, anders beispielsweise als meine Valvet A4MK2 oder auch mein Abacus Ampollo Dolifet, nicht nach vorne, sondern von der Lautsprechergrundlinie ausgehend realistisch in die Breite und – wenn es das Quellmaterial hergibt – überzeugend in die Tiefe, wobei die Lokalisation der Schallquellen außerordentlich exakt ist. So lassen sich bei The Notwists Song „Into Love / Stars“ (Album: Vertigo Days) die zahlreichen, durch den Raum schwebenden Low-Fi-Synth-Sounds in der ersten Hälfte des Tracks nachgerade mit der Hand greifen, während Orgel und Drumcomputer ab der dritten Minute wie festgenagelt im Panorama stehen und Orientierung bieten.

Digital hinein – und mit Filtern verfeinert

Cyrus Pre-XR - analoge und digitale Eingänge

Rücken wir nun einmal die Digitalsektion der Cyrus Pre-XR näher in den Fokus. Hier nämlich zeigt sich, dass die sieben verschiedenen angebotenen Digitalfilter eine höchst attraktive Spielwiese bieten. Was für den Rezensenten ein echtes Problem darstellt, denn die DAC-Sektion zeigt sich damit als echtes Chamäleon, welches sich klanglich schlecht eingrenzen lässt – aber einen immensen Heimvorteil für den Pre-XR in der Praxis mitbringt: So ist es ja beim aktuellen Niveau von hochwertigen HiFi-Komponenten keine große Kunst, eine wirklich gut gemachte Digitalaufnahme auch gut klingen zu lassen. Anders sieht es aus, wenn die konsumierte Musik aus der Frühzeit der digitalen Aufnahme- und Masteringtechnik stammt – oder wenn bei der Wandlung alter Analogaufnahmen ins Digitale unsauber oder mit schlechtem Equipment gearbeitet wurde. Wir alle kennen „nasse“ Hallfahnen, pixelig-körnige oder auch gleißend-kalte Abmischungen, die eine eigentümliche Sterilität mitbringen – oder auch Brickwall-Mastering nah an der Verzerrungsgrenze (z.B. das Album Californication der Red Hot Chili Peppers).

Glauben Sie mir: Es findet sich beim Cyrus Pre-XR für jeden Track in Ihrer Sammlung mindestens eine Filtereinstellung, bei der es dann doch eben „klingt“. Die Unterschiede zwischen den Filtern sind zuweilen subtil und mit Worten gar nicht so leicht zu beschreiben: Mal geht es eher um die tonale Balance, mal aber auch um dynamische oder auch räumliche Feinheiten – teilweise verändern sich mit dem Wechsel der Filtereinstellung gleich mehrere dieser Parameter zugleich.

Cyrus Pre-XR - Taster auf der Front für Eingangswahl und Mute

Während mir für die meisten Zwecke die Standard-Filtereinstellung „Steep/Linear“ am besten gefiel, klang es bei Phil Collins‘ Riesenerfolg „Against All Odds“ (Soundtrack aus dem gleichnamigen Film) doch minimal verwaschen. Wir erinnern uns: Zu Beginn gibt es ein typisch-glockiges 1980-er-Jahre-Hybrid aus Piano und DX7 und mumpfig mit viel Digitalhall angedickter Gesangsstimme – obendrauf noch eine Portion sämiger Zuckerguss aus synthetischen Streichern. Puh, das tropft geradezu aus den Lautsprechern – und man wartet sehnsüchtig darauf, dass Phil Collins endlich auf die Drums einprügelt, damit man den Song irgendwie ertragen kann. Nach kurzem Durchsteppen der Digitalfilter hatte ich meinen Favoriten („Brickwall“-Filter) gefunden – und plötzlich machte es richtig Spaß, den Song zu hören. Die Unruhe und Grisseligkeit in den Hallfahnen verschwand, der Bass bekam richtig Kontur, dass Piano klang plötzlich einigermaßen nach Klavier – und die Drums knallten schön und definiert. Einfach gesagt: Es rastete alles gut ein, ohne dass ich das jetzt in klassischen Hifi-Kriterien benennen könnte oder wollte. Wenn Sie mich also nachts aufwecken und fragen würden, was für mich die zentrale Besonderheit der Cyrus-Kombi darstellt, dann würde ich als erstes die fantastisch klingende und sehr praxisgerecht-flexible Digitalsektion der Vorstufe nennen. Mit dieser können Sie guten Gewissens auch übel abgehangene Tracks aus dem digitalen Giftschrank bestgelaunt konsumieren.

Und bei „guten“ Digitaltracks? Zeigt sich die DAC-Sektion im Cyrus Pre-XR eh von seiner besten Seite – und sie gefällt mir klanglich tatsächlich auch besser als die in meinem C.E.C. CD5 verbaute. Tonal gesehen gibt es keine nennenswerten Unterschiede, aber die Wandlersektion des Pre-XR spielt „befreiter“, offener, transparenter und feinauflösender auf. Und sie zeigt gerade bei komplex instrumentierter Musik mehr Details und auch eine bessere räumliche Trennung der Schallereignisse in der Stereobühne auf. So sind beim weiter oben beschriebenen Pete-Doherty-Track die recht unterschiedlich breiten und tiefen Hallräume, die den Gitarren, der Stimme und dem Schlagwerk im Studio beim Mix verpasst wurden, sehr genau abgezirkelt und klar in ihren Umrissen nachvollziehbar. Ganz klar: Die Digitalsektion ist für mich insgesamt die „Sahneschnitte“ beim Pre-XR.

Cyrus Pre-XR - Balance-Regelung

Last but not least: Phono + Kopfhörer

Zu guter Letzt noch ein Blick auf den Kopfhörerausgang und Phonoeingang: Letzterer ist richtig gut und muss sich vor so mancher Standalone-MM-Phonovorstufe im höher dreistelligen Preissegment nicht verstecken. Räumlich gut sortiert in Breite wie Tiefe, tonal eher drahtig-schlank als wuchtig, dafür aber wiederum mit einer guten Antrittsschnelligkeit und präzisen Transientenwiedergabe gesegnet. Passt charakteristisch recht gut zu einem agilen „Brett“-Plattenspieler à la Rega, kann aber auch etwas behäbigeren Masselaufwerken „sportlich“ auf die Sprünge helfen.

Und der Kopfhörerausgang gibt ebenfalls keinen Anlass zur Klage: Meinen Sennheiser HD660S trieb er mehr als zufriedenstellend an, obwohl dieser mit seiner Impedanz von 150 Ohm nicht gerade ein „guter Verwerter“ ist und laut Cyrus-Datenblatt nicht mehr im „Wohlfühlbereich“ des Amps liegt. Auch hier gefällt wiederum das freie, klare, transparente und anspringende Klangbild mit knackig-konturierten Bässen, guter Durchzeichnung der Mitten und „zeigefreudigen“, aber stressfreien Höhen.

Und sonst?

Ich muss noch ein paar Worte über die wirklich hochwertige Lautstärkeregelung verlieren. Die „Cyrus Pre-XR/Stereo 200“-Kombi ist über den gesamten Lautstärkebereich voll leistungsfähig. Ob Sie nun lieber flüsterleise hören, in Zimmerlautstärke oder „alle Regler nach rechts“ – das macht hier keinen Unterschied. Selbst bei geringen Abhörlautstärken sind alle vorgenannten Fähigkeiten in vollem Umfang abrufbar. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn oft gibt es hier Einschränkungen – bei der Dynamik, bei der stereofonen Darbietung, bei der Feinauflösung oder auch der Tonalität. Hier liefern die Cyrus-Geräte überdurchschnittlich gut ab: Vom Candlelight-tête-à-tête bis zur WG-Party sind neben dem audiophilen Musikgenuss alle möglichen Einsatzszenarien sauber abgedeckt.

Cyrus Stereo 200 von der Seite

Billboard
Abacus Cortex 11w

Test: Cyrus Pre-XR und Cyrus Stereo 200 | Vor- und Endverstärker

  1. 1 Coole Heißsporne
  2. 2 Cyrus Pre-XR und Stereo 200: Klangtest & Vergleiche

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