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Als ich vor zwei Jahren erstmals mit Audio-Note-Lautsprechern in Berührung kam, war ich nach kurzer Kennenlernphase begeistert: Die kompakte Audio Note AN-J/LX HEMP bekam von uns sogar den „fairaudio’s favourite Award“ für das Jahr 2021 verliehen. Logisch, dass ich die Frage, ob ich wieder was von Audio Note testen möchte, freudig bejahte. Voilà: im Hörraum steht die Audio Note AX One (2.500 Euro | https://www.audionote-deutschland.de/) in ihrer zweiten Inkarnation, die kleinste Kompaktbox im Programm des britischen Kultherstellers. Mit gerade mal fünf Kilogramm geht sie als echtes Fliegengewicht durch – mal sehen, wie sie sich im Ring schlägt.
„Entzückend“, würde Kommissar Kojak beim Anblick der Audio Note AX One/II sagen und genüsslich an seinem Lolli lutschen. Die in Manhattan spielende Siebziger-Jahre-Krimiserie passt auch optisch gut zur Audio Note AX One/II, schließlich baute man ähnlich aussehende Kompaktlautsprecher schon in den Siebzigern. Auch meine Frau findet die Audio Note AX One entzückend, als ich sie auspacke. Das Kindchenschema (rund und weich) wird dafür weniger ursächlich sein, schließlich ist der Kompaktlautsprecher eher kantig und hart (wie Lautsprecher nun mal so sind, sofern es sich nicht um batteriebetriebene Bluetooth-Brüllteile für Kids handelt). Gleichwohl ist die Britin klein und tatsächlich irgendwie putzig, misst sie doch gerade mal 30 x 19,6 x 19 cm (Höhe x Breite x Tiefe).
Made in Austria
Aber was heißt schon Britin: Die Audio Note AX One/II wird in Österreich hergestellt – wie mittlerweile alle Boxen der britischen Kultmarke. „Nachdem die dänische Fabrik, die zuvor die alten AX-Modelle gebaut hatte, dichtmachte, begannen wir mit der Suche nach einem neuen Gehäusehersteller“, antwortet Audio-Note-Mitarbeiter Martin Grennall auf meine Frage nach dem Produktionsstandort. „Die Verlagerung der Produktion nach Österreich war zwar eine kostspielige Entscheidung, die Qualitätsverbesserung gleichwohl enorm. Die fertigen Lautsprecher sind in jeder Hinsicht deutlich besser als die früheren AX-Modelle.“ Zustimmung: Die Verarbeitungsqualität lässt sich am besten mit dem Adjektiv makellos beschreiben
„Die Frequenzweichen werden zusammen mit den Antriebseinheiten fertig gebaut an das österreichische Werk geliefert“, erklärt Grennall weiter. „Die Gehäuse werden komplett in Österreich hergestellt, auch die gesamte Montage findet dort statt.“ Audio-Note-Inhaber und -Gründer Peter Qvortrup ergänzt: „Da die Gehäuse in Österreich in der Nähe des Werks entstehen, reduziert der Transport der Lautsprechergehäuse über eine kurze Strecke Schäden und Kosten“.
Von Grund auf anders
Bis auf die Grundform und das grundlegende Konzept sei im Vergleich zur ersten Version der Audio Note AX One so ziemlich alles angefasst worden. Die Chassis stammen jetzt von Scan-Speak und seien laut Martin Grennall Spezialanfertigungen für Audio Note, die tieftönerseitig mit 5-Zoll-Papiermembranen und Schaumstoffsicken aufwarten. Die 3⁄4-Zoll-Hochtöner der Audio Note AX One/II mit Kalotten aus Seide und Polyamid kommen nun ohne Ferrofluid aus – nicht zuletzt im Hinblick auf über viele Jahre hinweg möglichst konstante akustische Eigenschaften ein guter Move. Und logischerweise wurde bei alledem auch die Frequenzweiche überarbeitet.
Zum Marktstart stehen zwei Echtholzausführungen bereit: Nussbaum und schwarze Esche, wobei das europäische Nussbaumholz des Testpärchens sehr edel aussieht. Das und die penible pärchenindividuelle Feinabstimmung der fertigen Lautsprecher haben ihren Preis: 2.500 Euro pro Paar – ohne Ständer, dafür aber mit magnetisch bombenfest haltenden schwarzen Abdeckungen.
Das 18 Millimeter starke HDF-Gehäuse ist innen wie außen furniert, was die Steifigkeit und Langzeitstabilität – nicht zuletzt unter Bedingungen mit höherer Luftfeuchte – erhöht . „Dies klingt viel besser als der Industriestandard MDF“, so Martin Grennall. „Die Spanplatte hat einen hohen Q-Wert und speichert weniger Energie, sodass das Gehäuse weniger Verfärbungen in den Sound trägt sowie einen viel natürlicheren Bass befördert.“
Es gibt übrigens noch ein etwas größeres Modell: die AX Two/II. Sie kostet 3.750 Euro pro Paar und wiegt immer noch überschaubare sieben Kilogramm pro Stück. Ein drittes, noch größeres Modell (Audio Note AX Three/II) soll noch folgen, allerdings gibt es hierzu derzeit kaum Informationen. Es soll die Lücke zwischen der AX Two/II und der nächstgrößeren Baureihe schließen. Bei der AX Two kommt der gleiche Hochtöner zum Einsatz wie bei der kleinen Schwester, jedoch ein größerer Sechs-Zoll-Tiefmitteltöner.
Als weiterer Unterschied sticht das Bassreflexrohr ins Auge: Bei unserer Audio Note AX One befindet es sich auf der Vorderseite, bei der Two hingegen auf der Rückseite. Dahinter stecken allerdings keine abweichenden Klangphilosophien, sondern der Umstand, dass die Kombination von Gehäuse- und Treibergröße sowie Frequenzweichenpositionierung dies laut Audio Note schlichtweg notwendig mache. „Wenn die Box richtig positioniert ist, nahe an einer Wand, wirken die Leistung des Tieftöners, die Öffnung und die Position der Wandbegrenzung zusammen. Das erzeugt einen überraschend satten Bass, wenn man die geringe Größe der Box bedenkt“, verspricht Grennall. Diese Behauptung überprüfen wir später im Hörtest, wenn die Boxen wandnah oder in der Ecke stehen.
Power
Auf dem Papier handelt es sich beim Audio Note AX One/II um einen Sechs-Ohm-Lautsprecher, der – wie alle Audio-Note-Schallwandler – besonders intensiv nach Gehör abgestimmt wurde. Es braucht ordentlich Verstärkerpower, um auf Touren zu kommen, ich muss meinen sehr kraftvollen McIntosh-Vollverstärker MA 8900 AC jedenfalls schon ein gutes Stück weit aufdrehen, um Zimmerlautstärke zu überschreiten. Audio Note empfiehlt Verstärker zwischen sieben und hundert Watt für den Betrieb der kleinen Kompaktlautsprecher, wobei sich Interessenten meiner Meinung nach eher an der oberen Angabe und darüber orientieren sollten. Das entzückende Schätzchen braucht die Peitsche, keinen Lutscher.
Und es kann sogar Bi-Wiring-Lautsprecherkabel aufnehmen, schließlich verfügt die britische Österreicherin über ein entsprechendes Terminal – ungewöhnlich bei dieser Größe. Firmenboss Peter Qvortrup erklärt auf meine Frage den Grund dafür: „Weil so verhindert werden kann, dass die elektromotorische Kraft des Tieftöners das Signal an den Hochtöner beeinträchtigt.“
Audio Note AX One/II: Klangtest & Vergleiche
Lolli & Brille, Grob- & Feindynamik …
Schreiten wir nach angemessener Einspiel- und Akklimatisierungszeit zum Hörtest. Und voilà: Plötzlich sitzt Kojak neben mir auf dem Sofa. Lolli. Brille. Hut tief ins Gesicht gezogen. Bloß die Leiche fehlt. Ich könnte Dieter Bohlen herbeistreamen und musikalische Zersetzung simulieren, aber nein: Das würde zu einer mittelschweren Ehekrise samt … äh, lassen wir das … führen.
Also was Gescheites und Gesünderes über Qobuz herzaubern: Darkfighter, das neue Album von Rival Sons. Es gibt derzeit keine Band, die Blues-, Hard- und Siebziger-Rock so derart tight, spiel- und experimentierfreudig auf den Punkt bringt wie die vier Kalifornier, ohne auch nur ansatzweise retro oder altbacken zu wirken. Die Musiker verstehen sich blind und lassen meine Kinnlade immer wieder nach unten klappen, etwa beim famosen „Guillotine“, das vom Gegensatz zwischen leisen und lauten Passagen lebt.
Eine prima Gelegenheit, gleich mal die Grobdynamik zu testen. Dass eine derart kleine Box keine vulkanartigen Eruptionen wie große Standboxen auslöst, liegt auf der Hand. Auch an eine weitaus größere und teurere Kompaktbox aus dem Audio-Note-Sortiment, die Audio Note AN-J/LX HEMP (ca. 6.800 Euro ohne Ständer) kommt die AX One in dieser Hinsicht nicht heran. Kein Wunder: Die AN-J/LX HEMP ist extrem auf Attacke und Dynamik gebürstet. Die Audio Note AX One/II geht hier deutlich sanfter vor. Grobe Pegelsprünge meistert sie weder zurückhaltend und weich noch betont zackig und energisch, sondern irgendwo in der goldenen Mitte zwischen gemütlicher Lavalampe und Spitzkragen, um im Bild der Siebziger zu bleiben. So geht einerseits zwar ein kleines bisschen von der Schlagzeug- und Bass-Wucht verloren, nachdem Rival-Sons-Frontmann Jay Buchanan „Am I closer to heaven or closer to hell?“ ins Mikro gesäuselt hat und der Song sich verdichtet. Andererseits wirkt das auch sehr flüssig und natürlich.
Die Maximallautstärke der Audio Note AX One/II ist konstruktionsbedingt begrenzt, auch das stellt keine große Überraschung dar. Sie geht allerdings problemlos ein gutes Stück über Zimmerlautstärke hinaus, wenn sie von meinem McIntosh-Vollverstärker angeschubst wird.
Mit Blick auf den geringen Wandabstand bei der Aufstellung (ich komme gleich noch drauf zu sprechen) erinnert mich die AX One an die Harbeth P3ESR XD (mittlerweile 3.100 Euro pro Paar), der ich vor zwei Jahren auf den Zahn fühlen durfte. Bei der ähnlich kleinen Kollegin aus England handelt es sich jedoch um eine geschlossene Kompaktbox. Mit ihr gemeinsam hat die Audio Note – bei allen Unterschieden – eine gewisse Vorliebe für die Feindynamik, denn kleinste Pegelabstufungen gibt sie sehr präzise wieder. Auch hier halten sich Fluss (einen Tick weniger im Vergleich zur Harbeth) und Attacke (einen Tick mehr) fast die Waage, das zeigt sich zum Beispiel bei „Rapture“, das ebenfalls vom neuen Rival-Sons-Album stammt. Die feinen Anschläge der Akustikgitarre sind im ruhigen Mittelteil sehr klar herauszuhören, ohne übertrieben herauszustechen.
Auflösung & Tonalität
Womit wir bei der Auflösung und dem Herausausarbeiten von Details angekommen sind. Hier hinterlässt das britisch-österreichische Klangmöbel einen hervorragenden Eindruck. Ich fühlte mich im Rahmen meiner über zweimonatigen Zeit mit der Audio Note AX One/II jederzeit bestens informiert und detailtechnisch nie unterversorgt. Im Gegenteil: Die Informationsflut ist üppiger, als ich das bei einer Box dieser Klasse erwartet hätte. Beim atmosphärischen Intro („Backdraft“) des gleichnamigen Girls-Under-Glass-Albums wabern neben einer verzerrten Stimme und gnarzenden Geräuschen viele unheilvolle, sehr atmosphärische Synthieflächen durch den Raum. Ich habe das Stück oft über Kopfhörer (u.a. Focal Clear MG) sowie meine Sonus Faber Olympica Nova 3 gehört und vermisse bei der Detaildarstellung der Audio Note AX One/II rein gar nichts. Auch sie schafft es, jeden kleinen Nachhall in jeder noch so finsteren Ecke nachzuzeichnen. Das liegt auch an ihrer hochqualitativen Darstellung der oberen Lagen. Der Hochton wirkt nicht nur sehr detailreich, sondern gleichzeitig sehr luftig und geschmeidig. Von Schärfe oder Aggressivität keine Spur.
Lediglich als die Lautsprecher beim Einspielen noch deutlich weiter im Raum standen, wirkte das gesamte Klangbild unausgewogen sowie deutlich zu dünn und hell. Bei 20 Zentimeter Abstand zur Rückwand rastete das Klangbild tatsächlich ein, so wie es Martin Grennall prophezeit hatte: „Alle unsere Lautsprecher sind für den Einsatz in Ecken oder zumindest an einer Rück- oder Seitenwand vorgesehen, niemals frei im Raum aufstellen!“ Gleichwohl handelt es sich bei den Audio Note AX One/II generell um eher leicht auf der helleren Seite spielende Schallwandler, was an ihrem gefühlt nach oben hin allmählich bzw. linear ansteigenden Frequenzgang liegt. Interessierte sollten sie nicht unbedingt mit einem ebenfalls hellen Verstärker kombinieren.
An dieser Stelle unterscheidet sich die AX One/II auch deutlich von ihrer britischen Konkurrentin, der bereits erwähnten Harbeth P3ESR XD. Während Letztere eindeutig die Gruppe der Genusshörer anspricht, eignet sich unsere Testkandidatin auch für Analysefans, die es genauer wissen wollen. Mit dem typisch britischen Kompaktmonitor-Wohlfühlsound kann sie also nicht dienen, Genusshörer vergrault sie aber auch nicht. Die AX One erinnert mich deshalb ein bisschen an die kompakte Neat Acoustics Majistra (4.300 Euro pro Paar), die ich letztes Jahr zu Gast hatte. Auch diese Britin folgt mit ihrer eher nüchtern-neutralen Ausrichtung nicht dem englischen Abstimmungsklischee, klingt aber noch etwas sachlicher und analytischer als die Audio Note.
Bass und Mitten: Pumpen & Federn
Im Bass zieht die Audio Note AX One/II gegenüber der Neat den Kürzeren, die ein gutes Stück weiter hinab in den Keller steigen kann. Angesichts ihrer Größe ist’s allerdings nur logisch, dass die AX One nicht besonders viel Tiefbass in den Raum wuppt – auch nicht bei wandnaher Platzierung. Dafür bekommen es Käufer mit einer schnellen, agilen, dynamischen und trocken pumpenden Tieftonwiedergabe zu tun, der man beim Zuhören gerne folgt. Ein Beispiel: Bei den finnischen Post-Punks Grave Pleasures (sehr empfehlenswert: das 2023er-Album Plagueboys) arbeiten die Audio-Note-Lautsprecher das Geschehen am Bass in „Tears On A Camera Lens“ wenngleich etwas schlank, doch sehr präzise heraus. Die kleinen AX One sind also nichts für Tiefbass- und Electro-Fanatiker, wohl aber für Hörer, die auf Präzision und einen herrlich federnden Bass mit Punch Wert legen.
Mir gefiel die Audio Note AX One/II darüber hinaus auch bei geringen Pegeln zu schlafender Stunde sehr gut. Da war eben nichts von Müdigkeit zu hören, die kleine Box ist definitiv keine Schlaftablette, sondern ein Wachmacher.
Schreiten wir zum Mitteltonbereich: Stimmen – männliche wie weibliche – wirken stets harmonisch eingebettet ins Gesamtgeschehen. Das klingt unabhängig vom Musikgenre stets natürlich und aus dem Bauch heraus richtig. Bei der preislich vergleichbaren Harbeth ist noch etwas mehr Vollmundigkeit im Spiel, die Audio Note stellt den Grundtonbereich etwas nüchterner und neutraler dar, was eher in die Kategorie Geschmackssache fällt. Sie ist kein so runder und smoother Ohrenschmeichler wie besagte Harbeth, bietet dafür mehr Feininformationen, mehr Transparenz und eignet sich davon unbenommen ebenfalls für lange Musiksessions ohne Ohrenklingeln.
Volle Breitseite: die Bühne
Räumlich fällt eine erstaunliche Bühnenbreite auf, die ich in dieser Preisklasse so nicht erwartet hatte. Das Geschehen erstreckt sich – dicker Pluspunkt – ein gutes Stück seitlich über die Boxen hinaus, wie ich anhand von „Into The Black Wide Open“ der deutschen Instrumental-Rocker Long Distance Calling feststelle. Das Stück vom nach der Band benannten 2010er-Album ist ungewöhnlich räumlich aufgenommen und drängt sich zum Ermitteln der Bühnengröße und Tiefenstaffelung förmlich auf. Lediglich die Tiefenstaffelung könnte größer ausfallen, die Bühne erstreckt sich nicht besonders weit nach vorne oder hinten, was sicherlich der wandnahen Aufstellung geschuldet ist. In der Breite lassen sich Instrumente schön orten, die begrenzte Tiefe des Raums schränkt jedoch die Dreidimensionalität etwas ein. Andererseits eignet sich die Audio Note AX One/II ja gerade fürs Nahfeld und kleine Räume inklusive geringer Wandabstände, sodass dieses „In-der-Natur-der-Sache-liegen“ verkraftbar ist.
Test: Audio Note AX One/II | Kompaktlautsprecher