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In der nordischen Mythologie war der Fenriswolf (auch Fenrir genannt) der erste Sohn des Gottes Loki und der Riesin Angrboda. Die anderen Götter fürchteten ihn ob seiner unbändigen Stärke, so dass sie ihn mit der magischen Fessel Gleipnir unter Kontrolle halten wollten. Das gelang ihnen – doch Tyr, der Gott des Krieges, verlor dabei seine rechte Hand. Lassen Sie uns mal hoffen und davon ausgehen, dass weder der mythische Name der Argon Audio Fenris A4 (329 Euro | https://argonaudio.de/) noch die 75 Watt Class-D-Power pro Box ausreichen, mir, meinen Nachbarn oder den nordischen Göttern Sorgen zu bereiten.
Erstens sind weder ich noch Herr F., der Nachbar, abergläubisch, und zweitens sind 75 Watt für die Klasse zwar ordentlich, aber nicht üppig viel Leistung. Immerhin verteilt sie sich auf einen 50-Watt-Verstärker für den Tieftöner und einen 25-Watt-Amp für den Hochtöner. Somit handelt es sich um ein echt aktives Lautsprechersystem. Die Frequenzanteile werden also vor der Leistungsverstärkung aufgetrennt, womit keine passiven Frequenzweichenbauteile im Signalweg liegen, so dass jedes Chassis einen unabhängigen und vor allen Dingen auf die Parameter des Chassis optimierten Amp im Rücken hat.
Der Tief-Mittelton-Treiber mit einer Membran aus Papier besitzt einen Durchmesser von 10 Zentimetern (beziehungsweise die namensgebenden vier Zoll). Auch hier besteht also wenig Gefahr, dass die 50 Watt der Woofer-Endstufen infernalische Schalldruckgewitter auslösen. Der Treiber spielt auf ein per Bassreflexschlitz ventiliertes Volumen und sein Korb besteht aus nicht näher spezifiziertem Metall. Die untere, vom Hersteller deklarierte Grenzfrequenz von 52 Hertz liegt angesichts der Gehäusegröße von 14 x 24 x 22 Zentimetern (Breite, Höhe, Tiefe) und Woofer-Durchmesser zumindest auf dem Papier einigermaßen tief. Wir werden hören. Die Soft-Dome-Textilkalotte des Hochtöners misst gerade mal 0,75 Zoll und dürfte somit weniger bewegte Masse mitbringen als die 1-Zoll-Hochtöner der Argon Audio Forte A5 (499 Euro), die seit ihrem Test zuverlässig und unkompliziert ihren Dienst als Abhöre in meinem Arbeitsraum tun. Dafür spricht auch die etwas höhere obere Grenzfrequenz des Tweeters, die mit 22.000 Hz ganze zwei Kilohertz über der ihrer größeren Geschwister liegen soll. Im Antrieb sorgt übrigens sogar Neodym für den Magnetismus – der Einsatz dieses vergleichsweise teuren Materials („seltene Erden“) ist in dieser Klasse ebenfalls nicht selbstverständlich.
Die Treiber und Verstärker des Aktivlautsprechers residieren in einem Lautsprechergehäuse aus MDF. Die Proportionen sind stimmig, die Folierung aus PVC ist es nicht so ganz: Die Kantenstöße der zum Test gelieferten Lautsprecherboxen könnten etwas glatter und unauffälliger ausfallen, was sich zum Glück mit den beigelegten, schick grau-silbernen und magnetisch haftenden Frontbespannungen einigermaßen kaschieren lässt.
Zugänglich: die rückwärtigen Anschlüsse der Argon Audio Fenris A4
Das Gehäuse ist die einzige Stelle, an der der Rotstift einen sichtbaren Auftritt hat, denn in Sachen Anschlussvielfalt bieten die Fenris A4 sogar noch mehr als die teureren, lackierten Forte-Modelle von Argon Audio. Neben der Anschlussphalanx aus optischem TOSlink-Digitaleingang, Phono-MM- und Line-Eingang (beide mit RCA-Buchsen ausgeführt) sowie dem ebenfalls Cinch-bestückten, lautstärkegeregelten Vorverstärkerausgang (hier führt die Forte A5 das Signal nur mono an Subwoofer ab) bieten die Argon Audio Fenris A4 einen HDMI-Eingang mit Audio Return Channel (ARC) statt des zweiten optischen Digitaleingangs der Forte A5, der sie für den komfortablen Einsatz am TV – Stichwort Lautstärkeregelung – prädestiniert. Natürlich ist auch hier Bluetooth an Bord, und zwar mit dem 5.0-Standard statt 4.2 wie bei den Forte. Allerdings fällt dafür die Unterstützung des „audiophilen“ aptX-Codecs weg. In dieser Klasse halte ich das für absolut verzeihlich.
Eine weitere Besonderheit ist die physische Lautstärkeregelung auf der Rückseite des Master-Lautsprechers. Hier lässt sich bei Bedarf auch ohne die mitgelieferte Fernbedienung oder die Regelmöglichkeit am per Bluetooth zuspielenden Smartphone die Lautstärke justieren. Praktisch nicht zuletzt für den Desktopeinsatz.
Master and Servant
Wo ein Master, da auch ein Slave-Lautsprecher: Die zweite Box verbindet sich über ein drei Meter langes Kabel mit der tonangebenden Box. Wem das nicht reicht, der findet auch sechs und zehn Meter lange Verbindungen im Zubehörbereich des Onlineshops (oder bei den Hifi-Klubben-Händlern). Ebenda und meines Wissens neu im Programm finden sich zwei verschiedene Wandhalterungen, die für alle kompakten Argon-Audio-Lautsprecher passen sollen.
Wandhalterungen, HDMI-Eingang … Ja, das deutet darauf hin, dass Argon Audio die Fenris-Reihe nicht zuletzt als hochwertige, „echte“ Stereo-Konkurrenz zu Soundbars positioniert. Ob das klappt und, noch wichtiger, wie’s mit Musik pur klingt, klären wir jetzt.
Argon Audio Fenris A4: Klangtest & Vergleiche
Der hardwareseitige Lautstärkeregler auf der Rückseite der Argon Audio Fenris A4 steht in meinem Hörtest auf etwa 15 Uhr, so dass ich auch im unteren Lautstärkebereich noch feinfühligen Regelspielraum habe. Getestet habe ich die Bluetooth-Verbindung, die analoge Verbindung mit dem Argon Audio Solo (250 Euro) via AudioQuest Mackenzie-RCA sowie natürlich Phono mit Pro-Ject Debut Carbon EVO und Ortofon 2M Red. Dabei wird schnell klar, dass der Wandler im Argon Audio Solo einen angenehm satten, sanften und fein auflösenden, räumlich weitläufigen Charakter mitbringt, während die direkte Bluetooth-Verbindung an die Fenris A4 unmittelbarer, kompakter und etwas weniger feingranular klingt. Die Unterschiede sind nicht allzu groß – doch erst analog zeigen die Fenris A4, was sie mit preislich noch angemessener Quell-Hardware wirklich können. Daher beziehen sich die folgenden Beobachtungen auf den sehr empfehlenswerten Betrieb mit dem hauseigenen Streamer, der den Fenris A4 zusätzlich Wifi- und Apple-AirPlay-Fähigkeiten verleiht und sie zudem Teil eines Roon-Netzwerks werden lässt.
Die Argon Audio Fenris A4 sind Lautsprecher für kleine und mittelgroße Räume. Wer versucht, sie in Räumlichkeiten mit mehr als 25 Quadratmeter Grundfläche ohne Subwoofer-Unterstützung laufen zu lassen, wird das merken. Damit wären wir auch schon beim größten Unterschied zu den Argon Audio Forte A5, die in meinem Wohnzimmer auch auf einem Ständer gut 60 Zentimeter von der Rückwand entfernt selbst bei höheren Lautstärken eine ganz passable Figur machen. Die Fenris A4 hingegen wollen und dürfen wandnah stehen und fühlen sich auf dem Sideboard im Arbeitszimmer mit nur 20 Zentimetern Luft im Rücken pudelwohl – wohler als die Forte A5, und definitiv wohler als freistehend im fast doppelt so großen Wohnzimmer. Dort fehlt es dann schlichtweg an dem soliden Bassfundament, das die Forte A5 dann noch zu liefern wissen.
Zudem müssen sich die Argon Fenris A4 bei einigermaßen gehobenen Lautstärken etwas deutlicher mühen, laufen schneller in die Kompression hinein, wenn sie die heftigen Bassattacken in „Fnktrp“ von The Floozies (Album: Do Your Thing; auf Amazon anhören) aus den Bassreflexschlitzen wuchten sollen. Wohlgemerkt: Absolut betrachtet reicht die Pegelfestigkeit der Argon Audio Fenris A4 in realistischen Anwendungsszenarien (Raumgröße und Aufstellung) auch für eine überzeugende Filmtonwiedergabe oder eine angenehme Partybeschallung – ohne Disco-Meriten. Für Wünsche nach „mehr“ gibt’s ja den Vorverstärker-/Subwoofer-Ausgang.
Die Argon Fenris A4 verkneifen sich andererseits eine allzu deutliche Bassüberhöhung in der 80-Hertz-Region, die echtes Bassvolumen vortäuschen soll, aber an sinnvollen Aufstellungsorten (auf dem Sideboard, Regalen oder den Wandhalterungen) zum Dröhnen führen kann. Ganz ohne Pölsterchen geht es zwar auch bei den A4 nicht, doch haben die Ingenieure eine relativ maßhaltige Bassabstimmung gewählt. Gut, denn so verdecken die tiefen Frequenzen nicht die ordentliche Grundtondurchzeichnung, dank derer auch komplexe Bassläufe in dichten Arrangements erstaunlich klar nachvollziehbar bleiben.
Raumpatrouille Argon Fenris
Selbst die geringe Basisbreite von gerade mal 1,5 Metern auf dem Workspace-Sideboard nehmen die Argon Audio Fenris A4 nicht übel, genauso wenig wie den Hörabstand von zwei Metern. Gerade in dieser Konfiguration überraschen die kleinen Gotteswölfe mit einem erstaunlich phasenkohärenten sowie räumlich bestens gestaffelten und geordneten Klangbild. Bei Dawda Jobarthes wunderbarem „Dalua“ vom Album Transitional Times muten die interagierenden Akteure schön greifbar dreidimensional an, klar getrennt und strukturiert. Die virtuelle Bühne wächst bei deutlich größeren Hörabständen und Basisbreiten und verliert erst bei deutlich über 2 Metern etwas den inneren Bezug und ein klitzekleines bisschen den im Nahfeld so bestechend klaren Fokus – doch das ist in dreistelligen Preisregionen fast immer so. In dieser Disziplin nehmen sie den Forte A5 jedenfalls fast schon ein wenig die Butter vom Brot und übertreffen sogar die einen oder anderen passiven 500-Euro-Speaker (die dann auch noch gute Verstärkung benötigen) in dieser Hinsicht.
Frisch auf Zack: die Impulswiedergabe
Gleiches gilt auch für die Impulswiedergabe. Die Fenris A4 kommen erstaunlich flott und agil um die Ecke, mit für die Preisklasse sehr guter Präzision, egal ob bei Mittelton-Impulsen oder Hochtontransienten. Das hat auch einen psychoakustischen Grund: Die Argon Audio Fenris A4 tendieren ganz leicht zur tonalen Frische. Unter anderem die Snare-Drum in „Blinding Lights“ von The Weeknd (Album: After Hours) lässt eine kleine Betonung der oberen Mitten durchscheinen, die sich bis in den Präsenzbereich und unteren Hochton hineinzieht. Das zahlt hörpsychologisch bestimmt mit auf die frisch und impulsiv wirkende Wiedergabe von akustischen Gitarrenseiten („Dalua“, siehe oben) ein. Aber auch darauf, dass Stimmen ein wenig schlanker wirken, als ich es (nicht nur) von den Forte A5 kenne. Durchaus schneidige Schlagzeugblecharbeiten wie die sich schließend angeschlagene Hi-Hat in „Get Lucky“ von Daft Punk und Pharrell Williams oder starke Sibilanten wie auf Patricia Barbers Album Companion (auf Amazon anhören) wirken so einen Hauch prominenter als gewohnt.Ganz obenrum spielen die Argon Audio Fenris 4 dafür mindestens so fein auflösend und luftig ihre teureren Geschwister Forte A5, besonders eindrucksvoll vorgetragen von Max Roachs mit seinen Schlagzeugblecharbeit in „Lonesome Lover“ vom Album It’s Time (auf Amazon anhören). Es ist selten, dass so günstige Lautsprecher – zudem aktiv und potenziell kabellos – unkomprimiertes Schlagwerk im Hochton so klar, frei und offen wiedergeben.
Total vital: die Phonowiedergabe
Das Phonoteil hält übrigens mehr als nur mit und liefert eine nochmals etwas knackigere und luftigere Charakteristik, welche die Argon Audio Fenris A4 – im Widerspruch zum analogen Wärme-Mythos – tatsächlich noch einen Tick straffer klingen lässt als von digitalen Quellen angesteuert. Zwar scheint mir der Klirr einen Hauch höher zu liegen als über den Argon Audio Solo angesteuert, doch insgesamt empfinde ich die Phono-Performance mit dem robust klingenden Signallieferanten Ortofon 2M Red als sehr hörspaßig.
Test-Fazit: Argon Audio Fenris A4
Die Argon Audio Fenris A4 überraschen mit einem Bassbereich, der weniger schummelt als man es von vielen anderen Lautsprechern dieser Kategorie kennt, sowie einer gekonnten Abstimmung für die angedachten Abhörsituationen: Relativ wandnah in kleineren bis mittelgroßen Räumen und insbesondere im Nahfeld (auch auf dem Schreibtisch) positioniert, gefallen die kleinen Däninnen besonders gut – gerade dann geht die Abbildungsqualität wie schon bei den größeren Brüdern aus der Forte-Serie als echte Überraschung durch. Die Hochtonauflösung gelingt den Fenris A4 in jedem Fall detailliert und klar – ein weiteres Highlight.
Vom oberen Mittelton bis in den unteren Hochtonbereich zeigen die Fenris A4 eine minimal vorwitzige Abstimmung – die wiederum dem Impuls- und Transientenspeed sowie der Mitteltondurchzeichnung hörpsychologisch zugutekommt. Wirkliche Abstriche im Vergleich zu teureren Wettbewerbern, auch aus dem eigenen Hause, müssen Interessenten nur bei Verarbeitungsqualität machen. Wenn die etwas hemdsärmelige Folierung aber nicht stört und die Aufstellungssituation ins „Profil“ passt, sind die Argon Audio Fenris A4 ein echter Tipp – und obendrauf gibt’s ein sehr gutes integriertes Phonoteil.
Fakten:
- Modell: Argon Audio Fenris A4
- Konzept: aktive 2-Wege-Bassreflex-Kompaktlautsprecher mit integriertem DAC
- Paarpreis: 329 Euro
- Leistung: Tieftöner – 2 x 50 Watt, Hochtöner – 2 x 25 Watt
- Eingänge: HDMI (ARC), digital optisch (bis 24 Bit/48 kHz), Stereo Line-in (RCA), Phono RCA (MM), Bluetooth 5.0
- Ausgänge: geregelter Pre Out für z.B. Subwoofer
- Farben: Weiß, Schwarz, Esche (alle foliert)
- Maße und Gewicht: 14 x 24 x 22 cm inkl. Frontabdeckung und Anschlüssen (BxHxT), 5,5 kg (Set)
- Besonderheiten: Magnetisch befestigte Frontabdeckungen, integrierter MM-Phonovorverstärker, automatische Einschaltung bei allen Eingängen außer Phono
- Lieferumfang: Lautsprecherkabel (3 Meter) und Fernbedienung
- Garantiezeit: 5 Jahre
Weitere technische Informationen auf der Herstellerseite.
Hersteller & Vertrieb:
Argon Audio A/S
Dali Alle 1 | DK-9610 Nørager
E-Mail: info@argonaudio.com
Web: https://argonaudio.de
Test: Argon Audio Fenris A4 | Aktivlautsprecher