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„Die Mischung macht’s“, sagten sich wohl die Entwickler: Denn obwohl die HiFi-Wiederauferstehung der im Panasonic-Konzern eingebetteten Audio-Spezialisten nun auch schon wieder drei Jahre zurückliegt, denken viele Audiophile bestimmt immer noch an „damals“, wenn sie „Technics“ hören (die Marke existiert seit 1965, das erste Produkt waren Kompaktlautsprecher namens „Technics 1“), zumindest aber an die jüngere Vergangenheit. Warum also nicht mittels großer frontseitiger Pegelanzeigen bewusst Reminiszenzen an ein vergangenes Zweikanal-Zeitalter setzen? Von der nostalgischen Zeigershow des Technics SU-G700 – na logo mit Beleuchtung (dimmbar/deaktivierbar) – abgesehen, könnte ein Vollverstärker dann aber wiederum kaum geradliniger und aufgeräumter designt sein: Ich bin mir sicher, dass ich meiner Oma den Technics SU-G700 (Web: www.technics.com) beim flüchtigen Hinschauen auch als neumodische Mikrowelle „verkaufen“ könnte, wenngleich die Enttäuschung im Nachhinein dann wohl einfach zu groß wäre.
Aber Oma hin, Zeiger her – lassen wir die oberflächlichen Betrachtungen sein und schauen uns unseren aktuellen Probanden intensiver an:
Der Technics SU-G700 hüllt sich in ein sauber gefertigtes, eher unglamouröses Gehäuse mit sieben Millimeter starker Aluminiumfront und einem Zwei-Millimeter-Innenchassis aus Stahl, arbeitet im energieeffizienten Class-D-Modus und hält neben zwei analogen Hochpegeleingängen (Cinch) sowie einem Phonoteil (MM) selbstredend auch Türchen für ankommende Einsen und Nullen bereit: nämlich vier S/PDIF-Inputs (jeweils zwei optische und koaxiale) sowie eine asynchrone USB-B-Schnittstelle.
Zum Stichwort Class-D: Diese Verstärkertechnologie lässt sich grundsätzlich analog oder digital fahren – Ersteres ist bei den meisten Class-D-Amps (die Pulsweite kann stetige Werte annehmen), Letzteres beim Technics SU-G700 der Fall. Daher ist dessen Analogeingängen auch ein A/D-Wandler nachgeschaltet, wohingegen man im Hinblick auf die digitalen Inputs – ähnlich wie beispielsweise beim kürzlich getesteten CD-Player Marantz SA-10 – ohne dedizierten DAC-Chip auskommt. Ausgangsseitig geht es vornehmlich darum, die Schaltfrequenz aus dem Spiel zu nehmen. Diese liegt beim Technics SU-G700 mit 1,5 MHz übrigens ungewöhnlich hoch – gängige Class-D-Module sind häufig nicht mal halb so schnell –, was nicht zuletzt der Bandbreite unseres Probanden zugute kommen sollte. Zudem versteht sich der Technics SU-G700 via USB-B mit PCM-Daten bis 384 kHz/32 Bit und DSD-Strömen bis hoch zu 11,2 MHz.
Mit ebenjenen 1,5 MHz ist übrigens auch die dem einen oder anderen Leser sicherlich bekannte Technics-Spezialität „JENO Engine“ getaktet, die unter anderem störenden Jitter besonderes effektiv minimieren soll – als Taktgeber fungiert ein akkubetriebener und damit von Netzverunreinigungen unabhängiger Quarzbaustein. Essenziell für die JENO-Engine ist dabei der erwähnte digitale Class-D-Betrieb. Auch der ebenfalls von anderen Technics-Verstärkern bekannte „LAPC-Algorithmus“ benötigt eine digitale Arbeitsgrundlage: Hinter der Load Adaptive Phase Calibration verbirgt sich ein technisch komplexer Lautsprecher-Einmessvorgang, der in praxi aber gänzlich simpel und bequem per Tastendruck auf der Fernbedienung in Gang gesetzt werden kann. Es fiept und zwitschert sodann ein paar Minuten recht erratisch aus den angeschlossenen Lautsprechern (die Lautstärkeeinstellung spielt dabei keine Rolle), während der Verstärker das Impedanzverhalten der Lautsprecher analysiert und daraufhin sein eigenes Frequenz-, Amplituden- und Phasenverhalten individuell optimiert. Zur Erinnerung: Gerade Class-D-Konzepte leiden aufgrund ihrer ausgangsseitigen Tiefpassfilter unter der Komplexität der „Fingerabdrücke“ von Impedanzen, was sich klanglich nicht zuletzt hochtonseitig bemerkbar machen kann. Die Verstärker-Hersteller bringen dementsprechend verschiedenste Lösungsansätze aufs Tapet, bisweilen lassen sich vom Besitzer auch vergleichsweise grobe Anpassungen anhand der Lautsprecher-Nennimpedanzen vornehmen – ein System wie LAPC stellt dabei zumindest augenscheinlich ein vergleichsweise ausgefeiltes und intelligent nachfühlendes Verfahren dar. Zu dem, was es „ohrenscheinlich“ bringt, kommen wir später noch …
Auch mit Blick aufs Netzteil verlässt der Technics SU-G700 klassische Pfade, wenngleich das bei Class-D-Amps durchaus üblich ist: Denn anders als beim Technics SU-C700 und dem Technics SU/SE-R1 arbeitet hier kein linearer „Trafo“, sondern ein Schaltnetzteil. Eine lastunabhängige, konstante Schaltfrequenz, eine zusätzliche Ausgangspannungsstabilisierung und ein unterm Strich minimaler Rauschpegel – Schaltvorgängen stets inhärent – stehen laut Technics auf der Habenseite dieser hauseigenen Neuentwicklung. Ebenso eine offenbar hohe Laststabilität: Ausgehend von 2 x 70 Watt an 8 Ohm verdoppelt sich die Leistung laut Datenblatt ganz vorbildlich auf 2 x 140 Watt an 4 Ohm. Bei alledem sollte eine 20 Watt schlanke Leerlaufleistung auch die marketingtechnisch nicht immer ganz dissonanzfrei unter einen Hut zu bringende Zielgruppen-Schnittmenge aus Highender und Greenpeace-Beitragszahler zufriedenstellen.
Der Technics SU-G700 im Rack: Klangbeschreibung
Was man dem Technics SU-G700 zunächst einmal lassen muss: Er vermag zu überraschen. Und das mehrfach:
LAPC – Lappalie oder echtes Tool?
Zum Beispiel mit Blick auf die Effektivität der beschriebenen Lautsprechereinmessung LAPC. Hatte ich zunächst vermutet, dass die Wirksamkeit eher Feintuning-Ausmaße annehmen würde und den Technics SU-G700 nonchalant ohne weitere Optimierung in die ersten Hörrunden geschickt, entpuppte sich das letztlich als veritable Fehleinschätzung:
Analog von meinem Electrocompaniet-ECD-2-Wandler gespeist, klang’s zunächst nämlich fast ein bisschen nach Straßen-HiFi, eine unterschwellige Härte und Unruhe im Klangbild sowie eine tonal doch leicht artifiziell anmutende Hochtonfrische ließen mich an unserem Probanden tatsächlich zweifeln – verschwanden nach dem fiepsigen Einmessprozedere aber auf wundersame Weise gänzlich. Via USB-Ansteuerung veränderte sich dagegen insbesondere die Räumlichkeit des Klangbilds: Die anfangs recht kleine und enge Darstellung wuchs zu einer Größe heran, wie ich sie im Grunde auch von meiner Funk/Bryston 7B³-Vor/End-Kombi gewöhnt bin.
Nun, ich vermute zwar, dass andere Hersteller auf Schaltungs- bzw. Filterkonzepte setzen, die sich von vornherein robuster gegen komplexe Lautsprecherlasten zeigen, das Potenzial einer intelligenten Lösung wie LAPC empfinde ich dennoch als erstaunlich – erst recht im Zusammenhang mit meinen eigentlich impedanzunkritischen und herstellerseitig speziell auf Class-D- und Röhren-Freundlichkeit getrimmten Sehring 903 (wenn man von deren geringen Wirkungsgrad einmal absieht).
Allerdings kam der Technics SU-G700 direkt von einer anderen Testredaktion zu uns. Und um sicherzustellen, dass die Wirkung der LAPC-Schaltung nicht auch damit zusammenhing, dass die gespeicherten Einstellungen zufälligerweise besonders stark „sprangen“, spielte ich das Ganze noch einmal mit den Technics SB-G90 durch, ihres Zeichens koaxbewehrte Standlautsprecher, die ebenfalls in Kürze zum Test anstehen: Die durch den LAPC-Prozess erneut hervorgerufenen Änderungen waren nicht minder deutlich, betrafen via USB-B vielleicht weniger die Bühnengröße als die gesteigerte Ortungsschärfe – begleitet von einer abermals in Waage gebrachten Tonalität.
Analog oder digital?
Da das Thema „Analog-Cinch versus USB-B“ gerade schon angerissen wurde: Die folgende Klangbeschreibung wird beiden Schnittstellen gerecht: Die Analogansteuerung des Technics SU-G700 per Electrocompaniet-ECD-2-DAC (2.390 Euro) zeitigt ein tonal etwas heller/luftiger und womöglich hochtonseitig etwas flächigeres Klangbild als die interne D/A-Wandlung, was exakt mit den mir bekannten Eigenheiten meines norwegischen DACs korrespondiert und deshalb dafür spricht, dass 1. die genannten Eingänge des SU-G700 kein nennenswertes klangliches Eigenleben entwickeln sowie 2. der Wandlungsprozess im Technics ausgesprochen hochwertig vonstattengeht und – für mich ebenfalls überraschend – mit amtlichen externen Lösungen zweifelsfrei mithalten kann. Zumindest die USB-B-Schnittstelle betreffend, die S/PDIF-Inputs habe ich nicht gesondert ausprobiert.
Auf in den Hörparcours
Die dritte Überraschung: Die Durchzugskraft und Impulsivität des Technics SU-G700. Sie suchen eher fließend-geschmeidige und schwelgerische Klangbilder? Schauen Sie sich zum Beispiel bei Marantz um, wenn‘s ein japanischer Transistor-Amp sein soll. Wenngleich – um meinem Klischeedropping gleich mal wieder Einhalt zu gebieten – der vor grob anderthalb Jahren getestete und für seine Preisklasse unglaublich reif und ausbalanciert spielende Marantz PM-14S1 SE in dieser Hinsicht eigentlich ebenfalls kaum Schlagseite aufweist – zu einigen kurzen Quervergleichen komme ich aber unten sowieso noch.
Das durchtrainierte Klangbild, das der Technics SU-G700 in den Hörraum evoziert, wird Hörer, die Lebendigkeit und Schnellkraft schätzen, jedenfalls mit Sicherheit begeistern – zumal in dieser Preisklasse. So ist der Track „Turbulence“ des amerikanischen Dubstep-/Hip-Hop-Projekts Free the Robots (Ctrl Alt Delete, rein instrumental, durchaus ein Anspieltipp, auf Amazon anhören) wahrlich keine leichte Rhythmusübung für Audiokomponenten. Allein schon wegen der abgrundtiefen, schwergewichtigen Bassbeats, die idealerweise gleichzeig wuchtig und exakt-konturiert aus den Tieftönern schießen sollen. Im Mittelton pukkert und blubbert es zudem auf mehreren Spuren, hochtonseitig fällt ein repetitiv ertönendes Geräusch ins Ohr, das an einen auf dem Spieltisch umfallenden Turm aus Jetons erinnert. Letzteres meistert der Technics SU-G700 übrigens mit einer Präzision, dass man ihn in seiner Preisklasse auf jeden Fall zu den „Gutauflösern“ zählen muss.
Aber bleiben wir bei Timing und Attack – und zwar sowohl grob- wie feindynamisch: Denn auch hier wahrt unser Proband ein Niveau, dass ich selbst als verwöhnter Besitzer einer 2 x 600 Watt starken Vor/End-Kombi auf meine Kosten komme. Logischerweise schießen meine Bryston 7B³ (angesteuert vom Funk MTX in der V3b-4.2.1-Version) grobdynamisch mit noch größerem Kaliber bei vermehrter Kontrolle und gehen in Sachen Feindynamik sowie Auflösung lockerer, feinstofflicher, subtiler (eh eine der besonderen Stärken der Monos) ans Werk. Geht der „Kampf“ also auch anders aus als bei den biblischen Protagonisten, gereicht es dem Technics dennoch zur Ehre, dass es keinesfalls grotesk anmutet, ihn als 2000-Euro-David mit meinem sorgsam ausgewählten 15.000-Euro-Goliath zu vergleichen. Zumal der SU-G700 auch in puncto Tiefgang und Pegelfestigkeit als kompromissloses Erwachsenen-HiFi durchgeht. Mit ihm darf keinesfalls nur bei Zimmerlautstärke an der Oberbassfläche gefischt werden!
Auch in Sachen „Bühne“ weisen der Technics SU-G700 und meine Kombi ähnliche Anlagen auf, aller perfekten Kanaltrennung der Monos zum Trotz: Machen Sie hinter Parametern wie Ortungsschärfe und Bühnendimensionierung einfach einen grünen Haken und erfreuen sich vor allem an der involvierenden, sich schön von den Lautsprechern ablösenden Abbildung – ja, auch räumlich zählt der Japaner zu den eher anmachenden Charakteren seiner Zunft. Dass es im High-End-Bereich – wie etwa das Funk/Bryston-Gespann aufzeigt – noch dreidimensionaler zugehen kann, Instrumente und Stimmen mithin plastischer, körperlicher anmuten, sei eher fürs Protokoll erwähnt.
Tonal würde ich den Technics SU-G700 als neutral bezeichnen – trotz amtlichen Tiefgangs und allenfalls einer minimalen Tendenz ins Frische: Hochtonseitig zieht der Japaner straight detailliert durch (womit viele andere Class-D-Amps regelmäßig ihre Probleme haben und tonal etwas abdimmen), bleibt dabei aber so sauber unzischelig, dass auch qualitativ schlechte Aufnahmen verdaulich bleiben. Sofern die Hochtonabteilung der anhängigen Lautsprecher ebenfalls zivilisiert agiert. Als ausgleichendes Element für eine zu frische oder kratzige Box taugt der Technics SU-G700 dagegen weniger.
Und klar, von neutral-straighten Höhen und linear-fundierten Tieftönen gesandwicht, geben sich die Mitten so, wie man sich’s im Grunde denken kann: Klar, transparent, tonal nach reiner Lehre balanciert – für eine Extradosis Wärme, zugedichteten Schmelz, einen betont charmanten Musikfluss und/oder besonders üppige Klangfarben fühlt sich der Technics dagegen weniger zuständig. Kurzum: Auch in diesem Frequenzbereich ist der Japaner eine ehrliche (und reine) Haut und verzichtet – bleiben wir im Bild – auf die Anwendung jeglicher Bräunungscremes und Abdeckstifte.
Vergleiche mit anderen Vollverstärkern
Wenn ich mir einen meiner absoluten Lieblingsamps aus der Riege der noch nicht mit allzu großflächigen Preisschildern beklebten Vollverstärker in Erinnerung rufe, nämlich den oben bereits kurz erwähnten Marantz PM-14S1 SE (2.499 Euro, ohne integrierten DAC), dann nimmt dieser mit einer besonders organischen, etwas gesetzteren und geschmeidigeren Wiedergabe für sich ein, der Technics SU-G700 hingegen mit einem noch zackigeren Dynamikverhalten, einem linearer durchgezogenen Hochton und luziderer Transparenz. Unterm Strich kein Besser oder Schlechter: Die Geräte richten sich eher an unterschiedliche Hörgeschmäcker und weisen jeweils – ich greife dem Fazit schon mal ein wenig vorweg – ein hervorragendes Preis/Klang-Verhältnis auf. An die feinpixelige, auf so besondere Art und Weise seidige Hochtonauflösung eines Norma Revo IPA-140 (5.980, mit DAC) reicht der Technics aber nicht heran. Gegenüber einem AVM A30 (2.490 Euro, mit DAC) besticht er wiederum unter anderem durch eine signifikant kraftvollere, anmachendere Gangart, die Musik mit mehr Verve inszeniert.
Test: Technics SU-G700 | Vollverstärker