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Japanisches Understatement: Von vorn betrachtet schauen die aktuellen Probanden – der SACD/CD-Player Marantz SA-10 und der zu ihm passende Vollverstärker PM-10 – so aus, wie HiFi-Komponenten eben ausschauen. Von hinten allerdings, aber auch im Innern der Komponenten, ja sogar von unten kommt mehr Glamour auf. Warum? Wegen des üppigen Einsatzes verkupferter Metallelemente. Heimlich glänzen, könnte man das nennen – nicht gerade der übliche sales approach in der High-End-Branche.
Überhaupt sind bei diesem Duo so einige Dinge ungewöhnlich – auf den zweiten Blick. Mal zur Einordnung: Es handelt sich um die neuen Flaggschiff-Komponenten des 1953 gegründeten Traditionsunternehmens (Web: www.marantz.de). Da erwartet man ja eher eine dicke Vor/End-Kombi und fünfstellige Preisschilder. Nun, Marantz‘ neue 10er-Serie kostet zwar in der Tat schon ein hübsches Sümmchen, aber die Einzelpreise liegen trotzdem noch weit entfernt von der magischen 10-kEuro-Grenze. Und statt einer Verstärkerkombination kommt hier, wie gesagt, ein Integrierter – genauer: ein Class-D-Vollverstärker. Ja, ich weiß natürlich auch, dass es inzwischen ein paar richtig gute und richtig teure Amps gibt, die diese Technik verwenden, aber trotzdem: Es ist immer noch die Ausnahme für ein Flaggschiff-Produkt.
Vier speziell angepasste NC500-Endstufenmodule des niederländischen Spezialisten Hypex befinden sich im Marantz PM-10. Vier deshalb, weil sich der durchgängig symmetrische Aufbau des Verstärkers sozusagen bis zum Ende hin durchzieht: Hier liegt eine Brückenschaltung vor. Bei einer solchen ist nicht nur der Plus-, sondern auch der Minuspol des Lautsprecherterminals „hot“, sprich dort liegt die komplementäre, zum Pluspol um 180 Grad phasenverschobene Spannung an. Die Differenz zwischen Plus & Minus wird dann quasi vom Lautsprecher „ausgewertet“.
Durch solch eine Brückenschaltung lassen sich sehr hohe Leistungswerte erzielen, da es in der Praxis aber häufig um die Stromlieferfähigkeit eines Verstärkers geht, muss dessen Netzteil „auch liefern können“. Dieses ist – im Gegensatz zum Rest der Verstärkerschaltung im Marantz PM-10 – nicht konsequent in Doppelmono gehalten, jedenfalls gibt es hier keine kanalgetrennten Trafos. Allerdings besitzt der Haupttransformator zahlreiche Abgriffe für die Spannungsaufbereitungen der einzelnen Baugruppen – und der Vorstufenzweig besitzt einen eigenen Trafo, damit Rückwirkungen der Leistungsabteilung auf den Eingang effektiv minimiert werden können. Doch zurück zur „Stromlieferung“: Erst bei (dauerhaften) Werten jenseits der 20 A greift eine Begrenzung zum Schutz des Verstärkers ein, so Marantz-Entwickler Rainer Finck. Die „sehr konservative“ Leistungsangabe bei 8 Ohm lautet 2 x 200 Watt – bei 4 Ohm sind es derer 400.
Der CD-Player (oder besser: die Digitalquelle) Marantz SA-10 ist nicht minder ungewöhnlich. Er versteht sich nicht allein darauf, normale CDs abzuspielen, sondern akzeptiert auch SACDs und sogar DVD-ROMs – ich weiß zwar nicht, wer heutzutage HiRes-Files noch auf Rohlinge brennt, statt sie zu streamen, aber wer es macht, wird den Marantz dafür schätzen. Neben der „Multiplayer“-Fähigkeit bietet der Marantz SA-10 aber natürlich auch noch vier Digitalinputs – Toslink, S/PDIF koaxial, USB-A und USB-B –, die mit speziellen Bauteilen von Analog Devices von der restlichen Schaltung galvanisch entkoppelt wurden, damit kein Noise und HF-Schmutz in den tresorartigen Player/DAC (das Biest wiegt 18,4 kg) eindringen können.
Das wirklich Besondere dieser Digitalmaschine ist aber die Art und Weise der D/A-Wandlung. Im Marantz SA-10 arbeitet nämlich kein DAC-Chip, es kommt vielmehr eine proprietäre, zum Patent angemeldete Technologie zum Einsatz, für die man sich das hübsche Akronym MMM (Marantz Musical Mastering) ausgedacht hat – genauer: MMM-Stream und MMM-Conversion.
Hinter Erstgenanntem steckt, grob gesprochen, die Umformung des ankommenden PCM-Digitalsignals ins 1-Bit-Format – wird eine SACD oder ein DSD-File abgespielt, ist das natürlich nicht mehr nötig, denn dabei handelt es sich ja von vorneherein um ein solches – mit anschließendem Upsampling auf eine „Arbeitsfrequenz“ von circa 11,3 bzw. 12,3 MHz. Für die beiden Samplingfrequenzen 44,1 und 48 kHz und deren Vielfache stehen jeweils eigene Taktgeber bereit, damit keine Abtastfrequenzkonvertierung vorgenommen werden muss, die Marantz für klanglich nachteilig hält, sondern nur eine einfache Multiplikation.
Das Ergebnis ist eine im Megahertzbereich „strömende“ Serie von stets gleichgroßen Pulsen, die die Werte Null und Eins repräsentieren. Tatsächlich lässt sich eine gewisse äußerliche Analogie zwischen der digitalen DSD- und der analogen Class-D-Technik ausmachen, bei der ja auch mit hoher Frequenz immer nur zwischen zwei Werten geschaltet wird: ganz an und ganz aus, aber eben kein Wert dazwischen. Während aber bei Class-D die Weite der jeweiligen Pulse den Unterschied macht (weshalb man ja auch von Puls-Weiten-Modulation spricht), ist diese bei DSD, wie gesagt, konstant. Die Dichte der Pulse im Zeitablauf (wie viele „Einsen“ oder „Nullen“ hintereinander) ist es aber nicht – es handelt sich also um eine Puls-Dichte-Modulation. Doch wie auch immer – so wie man bei Schaltverstärkern zum Schluss die Trägerfrequenz herausfiltert, so muss man beim Marantz SA-10 diesen Puls-Stream „nur noch“ durch einen Tiefpass laufen lassen und schon ergibt sich das analoge Signal. Theoretisch ein einfacher und eleganter Weg, doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail und wirklich leicht ist so etwas natürlich nicht umzusetzen, eher im Gegenteil. Marantz will hierzu verständlicherweise auch nicht alles verraten. Festhalten lässt sich aber: Das hier ist alles andere als eine D/A-Wandlung von der Stange – es ist selten zu findende Maßarbeit.
Soll ich Ihnen jetzt noch alles zur Ausstattung des Marantz-Duos erzählen? Na, lieber nicht, ich spare mir das Umformulieren der Bedienungsanleitung und sage einfach mal: sehr komplett. Bisweilen sogar sehr abgefahren – da gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, bis zu vier Exemplare des Marantz PM-10 im Master/Slave-Modus miteinander zu verkoppeln: von Bi-Amping bis zu 5.1-Wiedergabe, alles möglich, wenn man denn will und die Dispolinie es einem gestattet. Und beim CD-Player/DAC Marantz SA-10 lässt sich nicht nur zwischen Digitalfiltersettings (das kennt man), sondern auch noch aus mehreren Noiseshaper- und Dither-Einstellungen wählen. Ich habe aber alles auf „Standard“ belassen. Bei den beiden zuletzt genannten Optionen tut sich sowieso nicht viel – und der Digitalfilter 1 klingt für meine Ohren einfach deutlich besser.
Apropos Set-up: Die Ausgangsstufe des Marantz SA-10 ist symmetrisch, der Amp ist es von vorne bis hinten – also muss man die beiden ja auch symmetrisch verkabeln, richtig? Jein. Ein wenig besser fand ich es über XLR-Verbinder schon, aber wenn Sie hochwertige Cinchkabel besitzen, müssen Sie jetzt auch nicht umsteigen und abermals investieren. Sie verpassen über den unsymmetrischen Weg nichts Wesentliches. Und jetzt auf zum Wesentlichen: dem Hören.
Test: Marantz SA-10 und PM-10 | CD-Player, Vollverstärker