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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Doppeldecker
  2. 2 SoReal Audio SRA Seismograph I plus: Klangeindrücke

fairaudios favourite Award 2020Eigentlich ist die Aufgabenstellung überschaubar: Eine Schallplatte gleichmäßig rotieren lassen, damit ein „Tonabnehmer“ genanntes Konstrukt mithilfe eines Röhrchens, an dessen Ende ein kleiner Diamant steckt, Informationen aus der Rille auslesen kann. Doch was theoretisch mit jedem besseren Elektromotor machbar sein sollte, erweist sich in der Praxis oft schwieriger als gedacht. Eine ganze Armada an mehr oder weniger genialen Entwicklerhirnen hat sich schon daran versucht: Subchassis- oder Massekonzept, riemen- oder direktgetrieben, Hightechbolide oder vermeintlicher Simpeldreher, so gut wie alles wurde schon gesichtet. Manchmal sorgen drehmomentstarke Antriebe mit digitalen Controllern für den nötigen Schwung, ein anderes mal sind es eher schwache Motörchen, die den Teller nur mit größter Mühe bei Laune, sprich auf der notwendigen Drehzahl halten können. Selbst einen Plattenspieler, dessen Teller dank kräftiger Elektromagnete achsenlos über dem Chassis schwebt, gab es schon zu bestaunen. Wirklich spektakulär.

Inmitten dieses verwirrenden Szenarios nimmt sich mein aktueller Gast und Gegenstand dieses Berichts, das von SoReal Audio vertriebene Laufwerk SRA Seismograph I plus (Preis: 14.990 Euro), optisch und technisch zunächst einmal wohltuend zurück.

Soreal Seismograph 1 plus von vorne

Die Protagonisten

Das Laufwerk entstammt einem deutsch-österreichischen Duo, dessen Protagonisten das Highend-Urgestein Othmar Spitaler und auf deutscher Seite der Inhaber von SoReal Audio, Danyel Rondthaler, sind. Spitaler, der das technische Konzept und die Produktion des Laufwerks verantwortet, schöpft aus inzwischen fünfzigjähriger Erfahrung auf diesem Gebiet. Mit seiner Firma Artkustik hat sich der Entwickler aus dem niederösterreichischen Gedersdorf lange Jahre erfolgreich als „Vollsortimenter“ behauptet. Seine Vorführungen auf den Wiener Klangbildern gehörten für mich immer zu den klanglichen Highlights der Messe. Dass Othmar Spitaler eine ganz besondere Liebe für analoge Quellen, insbesondere den Plattenspielerbau, hegt, war nie zu übersehen und erst recht nicht zu überhören.

Danyel Rondthaler, der in einem früheren Leben – mir sehr sympathisch – als Koch in der Spitzengastronomie tätig war, ist gleichfalls ein echter Überzeugungstäter. SoReal Audio vertreibt unter anderem Produkte der Marken Acoustic Revive, Audio Replas und Kryna Audio. Sein Gespür für Qualität, von dem man sich auf Messevorführungen, aber auch in den Hörräumen des Firmensitzes im oberbayerischen Unterweilenbach überzeugen kann, ist beachtlich.

Technik

Der SRA Seismograph I plus lässt sich unschwer als Massekonzept identifizieren – der Plattenspieler bringt nicht nur gut 38 Kilogramm auf die Waage, er verzichtet auch auf jedwedes schwingende oder gar wabbelnde Element. Möglichst starre und durchgehende Verbindungen gehören zur Konstruktionsidee des Drehers, der, um maximale Härte und Steifigkeit zu erzielen, vollständig aus Metall gefertigt wird. Hauptsächlich findet dabei die hochfeste Aluminium-Legierung 7075 Verwendung.

Soreal Seismograph 1 plus mit abgenommenem Plattenteller

Bei Betrachtung der perfekt eloxierten Oberflächen dürfte auch dem Unbedarften dämmern, sich mit dem SRA Seismograph I plus einen Vertreter aus der Laufwerksoberstube in den Hörraum geholt zu haben. Allerdings gibt es in dieser Preisklasse sicher auch Laufwerke, die auf dem Rack mehr hermachen und offener nach außen tragen, worin die nicht unbeträchtliche Kaufsumme investiert wurde. Der SoReal Audio gibt sich diskreter und erfordert schon mal einen zweiten Blick, um die ganze Sorgfalt und Raffinesse seiner Konstruktion zu erkennen. Zum Beispiel die der drei Pylone, welche zwei massive Grundplatten tragen: Sie sind inklusive der nicht zu spitzen Spikes an ihrer Unterseite aus dem Vollen gefräst. So kann ein Kraftschluss und Stabilität beeinflussendes Gewinde vermieden werden. Beachtlich, mit welcher Konsequenz darauf geachtet wird, Resonanzen zu vermeiden oder schnellstens abzuleiten, um sie soweit wie möglich vom empfindlichen Abtastvorgang an der Nadelspitze des Tonabnehmers fernzuhalten.

Auch die Wahl gleich 20 Millimeter starker Basisplatten, deren obere sowohl dem Lager als auch dem Montageblock des Tonarms Halt bietet, dient dem Ziel, möglichst ruhige Verhältnisse zu erreichen. Der Motor sitzt hinten links in einer runden Aussparung und hat bei korrekter Positionierung keinen Kontakt zum Laufwerkschassis. Damit ist die direkte Übertragung vom Antrieb herrührender Vibrationen ausgeschlossen.

Der Synchronmotor des Seismograph I plus sitzt kontaktfrei in einer eigenen Aussparung

Der Synchronmotor des Seismograph I plus sitzt kontaktfrei in einer eigenen Aussparung

SoReal hat sich hier für einen klassischen, in Deutschland gefertigten Synchronläufer entschieden. Aus meiner Sicht nicht so ganz standesgemäß, erhält der Motor seinen Strom über ein Steckernetzteil mit einfachem Plastikgehäuse (es handelt sich allerdings um kein Schalt-, sondern um ein Linearnetzteil). Das kleine metallene Kästchen, das zwischen Netzteil und Antriebsmotor eingeschliffen wird, beherbergt lediglich die Ein- und Ausschaltfunktion.

Dieses Kästchen dient den An- und Ausschalten des Laufwerks

Dieses Kästchen dient dem An- und Ausschalten des Laufwerks

Eine Möglichkeit zur Feinregulierung der Umdrehungsgeschwindigkeiten – 33 1/3 und 45 Umdrehungen pro Minute stehen zur Auswahl – sucht man vergebens. Tatsächlich muss der geschliffene Rundriemen aus Silikon am Pulley von Hand umgelegt werden, wenn man die Geschwindigkeit wechseln möchte. Das haptische Erlebnis, das die Betätigung der Sensortasten eines Technics SL-1000R mit sich brachte, stellt sich so natürlich nicht ein. Auf mein Befragen hin erfahre ich, dass dieser Purismus einen klanglichen Hintergrund habe. Nun ja – das lassen wir jetzt mal so stehen.

Wer nun beim Lager ein geheimes Projekt der NASA oder gar ein Spin-off aktueller Forschung am Teilchenbeschleuniger des CERN erwartet, wird sich enttäuscht sehen. Fast schon klassisch-konventionell verfügt es über eine Lagerbuchse aus Messing, an deren Boden sich eine Kugel aus ultrahartem Wolframkarbid befindet, die auf einem mit einer passenden Kavität versehenen Spiegel aus Aluminium läuft. In die Buchse senkt sich die 70 Millimeter lange, polierte Stahlachse des Subtellers, welche am unteren Ende leicht ballig gedreht wurde und so nur mit einer kleinen Fläche Kontakt zur Lagerkugel hält. Als Lageröl kommt ein besonders dünnflüssiges, synthetisches Öl zu Anwendung.

Seismograph 1 plus: Subteller mit Lagerachse

Wichtig seien vor allem die extrem eng gewählten Toleranzen beim Aufbau des Seismographen. So beträgt das in penibler Handarbeit erzielte Lagerspiel gerade einmal zwei Mikrometer. Setzt man den Subteller ohne den Plattenteller locker auf die Öffnung der Lagerbuchse, benötige er eine gute Stunde, um die Lagerkugel zu erreichen. Da ich nicht so viel Zeit habe, lege ich den präzise gefertigten Aluminiumteller auf und verkürze die Wartezeit. In mattem, aber hellem Aluminium gehalten, ergänzt die Farbgebung des Tellers das edle Schwarz des Laufwerks für mein Empfinden nahezu perfekt. Wer es schlichter mag, wählt einen schwarzen Teller. Extrovertierten Naturen lege ich die Ausführung in Gold nahe.

Eine Plattentellermatte ist kein Muss, aber ratsam. Ich selber nutze häufig die Magic Mat von Dereneville. Danyel Rondthaler hatte natürlich auch eine Empfehlung parat, nämlich die TS-OPT 300 HR (kein Witz) von Audio Replas aus dem für die Japaner typischen Silica-Glas. Ein Versuch bewies, dass Rondthaler mit seinem Tipp hörbar richtig lag. Doch bei einem Verkaufspreis von 4.990 Euro (auch kein Witz) hatte sich diese Auflage als Grundlage für unseren Test leider disqualifiziert und ich ging wieder zurück zur Dereneville-Matte für freundliche 128 Euro.

Soreal Seismograph 1 plus mit SME-Arm

Herstellerseitig war ein 10 Zoll langer SME 310 montiert. Zwölfzoll-Tonarme passen nicht auf den Seismograph I plus, wohl aber auf den konstruktiv sehr ähnlichen, aber deutlich größeren Seismograph II, der allerdings erst für 22.500 Euro den Besitzer wechselt. Der SME-Arm passt gut zum Laufwerk. Die zuverlässige Art, mit der sich trotz häufiger Tonabnehmerwechsel Einstellungen rasch reproduzieren lassen, habe ich sehr schätzen gelernt. Ebenso wenig ließ der Engländer klanglich zu wünschen übrig. Wer eine günstigere Alternative sucht, dem empfiehlt der SoReal-Chef die beliebten Tonarme von Jelco. Sein Credo: Je besser das Laufwerk, umso weniger fallen die Unterschiede bei den Armen ins Gewicht.

SoReal Audio SRA Seismograph I plus: Klangeindrücke

Ich habe den Seismograph mit verschiedenen Tonabnehmern gehört. Es kamen mein Steinmusic Aventurin 6 sowie zwei weitere Varianten des MCs vom Mülheimer Hersteller mit unterschiedlichen Nadelschliffen zum Einsatz. Eine nicht unbeträchtliche Zeit war das DST 201u/SP von Tedeska Analog Audio Lab, der Tonabnehmer-Manufaktur des in Berlin lebenden Südkoreaners Hyun Lee, unter der Headshell des SME 310 montiert, und auch ein gestripptes Denon 103R durfte durch die Rillen pflügen. Für die standesgemäße Entzerrung sorgte neben Einsteins neuer Phonostage der Röhrenphonovorverstärker „Natalija“, der mir freundlicherweise von Rike Audio aus Fürth zur Verfügung gestellt wurde.

Soreal Seismograph 1 plus auf dem Rack

Drive, Dynamik, Details

Das SRA-Konzept, möglichst wenig Energie zu speichern, scheint tatsächlich aufzugehen, denn der erste Eindruck, den ich vom SoReal Audio Seismograph I plus gewinne, ist der einer extremen Durchlässigkeit. Jedenfalls sprudelt die Musik nur so aus ihm heraus und ein sich selten so großzügig öffnender Kosmos feiner Detailinformation gelangt zu Gehör. Der Seismograph präsentiert diese Fülle an Informationen stets souverän und kontrolliert. Sicher, Kontrolle hat der ähnlich bepreiste Transrotor Massimo, mit dem wir uns vor etwa einem Jahr ausführlich befassen konnten, natürlich auch zu bieten. Doch die ist beim Bergisch Gladbacher Boliden, nicht ganz untypisch für manche Masselaufwerke, eine Spur „statischer“, während man dem SoReal Audio am liebsten die Label „leichtfüßig“ und „lebendig“ an das schwarze Chassis heften möchte.

joe_bonamassa_acoustic_opening_vienna_opera_houseEtwa dann, wenn Joe Bonamassa und seine Kumpels das Vienna Opera House (auf Amazon anhören) rocken. Rein akustisch natürlich. Die Truppe um den amerikanischen Ausnahmegitarristen hat Spaß und das kann man über den SRA Seismograph I plus besser als mit vielen anderen Plattenspielern hören. Mit ihm weicht der Eindruck einer etwas zu rustikal-stampfenden Rhythmik einer deutlich gelenkigeren, dem Drive der Musik eher zuträglichen, eben leichtfüßigeren Spielart. Offensichtlich werden Pace und Timing, die dem Seismographen so locker von der Hand gehen wie kaum einem mir bekannten Masselaufwerk, durch das konsequent harte und steife Baukonzept ausgesprochen positiv beeinflusst. Einem ähnlichen Prinzip folgen bekanntlich die aktuellen Laufwerke von Rega, wenn auch in einer ganz anderen Preisklasse und mit Fokussierung auf die Leichtbauweise.

love_for_three_oranges_suiteDie Orchestersuite zur Sergej Prokofjews Oper Die Liebe zu den drei Orangen geizt nicht mit eindrucksvollem Schlagwerk und der enormen dynamischen Spannweite eines großen Orchesters. Die Aufnahme, welche Antal Dorati bereits 1957 für Mercury mit dem London Symphony Orchestra (Mercury SR 90006) dirigierte, gilt im Original wie als inzwischen selbst legendäres, von Bernie Grundmann gemastertes Classic-Records-Reissue als Sternstunde früher stereophoner Aufnahmetechnik. Die dynamischen Ausbrüche auf Vinyl sind auch heute noch beeindruckend.

Die Suite rotiert auf dem Teller des Seismographen, während sich Tedeskas feines MC daran macht, den Auslenkungen der Rille zu folgen. Ungerührt meistert der SoReal das Stakkato der Schlagwerker und entlässt heftige Orchestertutti gnadenlos ungebremst in den Hörraum. Trotz einer initial schon hohen Erwartungshaltung beeindruckt mich, wie felsenfest der Seismograph zu Werke geht. Ähnliches traut man vielleicht Boliden wie TechDas Airforce oder großen Kronos-Laufwerken zu, aber nicht unbedingt diesem dagegen fast schon kompakten Dreher. Selbst mein eigener TW Raven AC, grobdynamisch bislang keineswegs als unterbelichtet aufgefallen, zeigt untenherum eine etwas nachgiebigere, weichere Gangart. Damit wir uns nicht missverstehen, natürlich befinden wir uns mit beiden Laufwerken auf hohem Niveau, doch scheint mir der Antritt des SoReal Audio gerade im Bassbereich noch etwas behänder auszufallen. Genau das fördert letztlich auch die auffallende dynamische Geschlossenheit des Laufwerks über alle Frequenzbereiche hinweg.

Die explosive Potenz des Seismographen geht aber keinesfalls mit eingeschränkten feindynamischen Fähigkeiten einher. Ganz im Gegenteil: Aus dem Regal ziehe ich JVC-4101, ein Direktschnitt von 1979. Das Cover klärt auf: Es geht um unbegleitete klassische Gitarrenmusik. Welcher Interpret? Welcher Komponist? Sorry, aber mein Japanisch reicht dafür einfach nicht aus und eine andere Schrift findet sich auf dem Cover und der Platte leider nicht.

Soreal Seismograph 1 plus im Hörraum

Die Interpretation wirkt – man darf nicht vergessen, dass jede Seite in einem Take aufgenommen werden musste – extrem sauber gespielt und sehr kontrolliert. Auch die Aufnahmetechnik ist vom Feinsten, der Klang des Instruments präsent und unverstellt. Das Tedeska unter der Headshell spürt in unnachahmlicher Weise dem Ein- und Ausschwingen der Saiten nach. Das Abebben eines jeden Tons wird wie unter der Lupe bis in den Mikrobereich verfolgt. Reißt der Gitarrist mehrere Saiten gleichzeitig an, so lässt sich deren Zahl nahezu problemlos bestimmen. Griffgeräusche oder die Resonanz des Korpus? Als wäre man live dabei. Nicht selten lassen Plattenspieler aus dem Einstiegssegment solche feindynamischen Details verschwinden, aber auch Laufwerke höherer Qualitätsklassen haben gelegentlich mit diesen filigranen Signalen ihre liebe Not. Selbst dann, wenn bestens beleumundete Tonabnehmer für die Abtastung sorgen.

Tonalität

Die meisten Entwickler werden ganz selbstverständlich darauf verweisen, dass tonale Neutralität bei ihren Plattenspielern ziemlich weit oben im Pflichtenheft steht. In der Praxis sieht es freilich oft anders aus. So vielfältig die Konzepte und die verwendeten Materialien sind, so sicher lassen sich zumindest leichte Tönungen wahrnehmen.

My favourite faded Fantasy Damien RiceAusgerechnet der komplett aus ultrahartem Aluminium bestehende Seismograph tönt nun aber so gar nicht „metallisch“. Ich spiele My favourite faded Fantasy von Damian Rice (auf Amazon anhören) und erfreue mich an seiner weichen, sanften, immer etwas traurig klingenden Stimme. Dann Tom Waits mit Mule Variations (auf Amazon anhören). Es klingt genau so, wie Tom Waits eben klingt: brüchig, versoffen und irgendwie schaurig-schön. Schließlich ziehe ich noch ein Album des leider zu früh gestorbenen Lucio Dalla aus dem Regal. Auch der Italiener mit der Strickmütze kommt authentisch rüber.

jarvis_cocker_chilly_gonzales_room_29Tonabnehmerwechsel: Das Aventurin 6 kenne ich seit Jahren. Der Charakter des MC-Systems – kraftvoll, klangfarblich intensiv, die Auflösung hoch, aber auch nicht sezierend – wird prompt und ohne Abstriche von der Kombi aus Seismograph I plus und SME 310 durchgereicht. Mit Chilly Gonzales und Jarvis Cockers Konzeptalbum Room 29 (auf Amazon anhören) starte ich einen weiteren Versuch, dem SoReal eine tonale Färbung nachzuweisen … und scheitere erneut. Das Laufwerk weigert sich partout nach irgendwas anderem zu klingen, als dem, was man ihm vorsetzt. Jarvis Cockers steigt mit sonorer, Raum füllender Stimme ein, nachdem Chilly Gonzales am Flügel das erste Stück eröffnet hat: „Help yourself to pretzels, help yourself to the minibar“ … jaaa, so und nicht anders muss das.

Ob es schwerfällt, einen kühlen Kopf zu behalten, wenn man sich mit einem tonal nahezu perfekt austarierten Plattenspieler, der dazu noch mit so überragender klanglicher Feinstofflichkeit gesegnet ist, konfrontiert sieht? Darauf dürfen sie wetten!

Lassen Tonarm und Tonabnehmer es zu, dann produziert das Laufwerk einen Bass von genau der Festigkeit, Tiefe und Schwärze, die das Gros aller Highender rundum glücklich werden lässt – und Mitten und Hochton stehen dem qualitativ in nichts nach. Nur soviel: Selten ließen sich Hochtonspektren und Klangfarbenreichtum alter Violinen so ausgezeichnet differenzieren und genießen, wie dies mit dem SRA Seismograph I plus als Quelle gelang. Immerhin spielt US-Geiger Ruggiero Rici auf „The Glory of Cremona“ (MCA 2537) nicht weniger als fünfzehn (!) davon.

Soreal Seismograph 1 plus - Froschperspektive

Ich erinnere mich noch daran, die Scheibe auf AMGs vergleichbar teurem Viella gehört zu haben. Dessen relativ forsche, vielleicht sogar geringfügig betonte Wiedergabe hoher Frequenzen verlieh den Violinen einen etwas harschen Unterton. Das SoReal-Laufwerk findet hier nicht nur das richtige Maß, sondern legt bislang kaum wahrgenommene feine holzige Noten frei, die der Reproduktion der legendären Instrumente einen besonderen, ohne störende spröde Akzente auskommenden Realismus verleiht. Auch dem mit 3.590 Euro in einer preisklassenbezogen deutlich niedrigeren Liga antretenden, nichtsdestotrotz eine überraschende Über-alles-Qualität bietenden AVM Rotation R 2.3 wurde kürzlich mit derselben LP auf den Zahn gefühlt. Solch Musikmaterial zeigt auf, weshalb sich der kräftige Preisaufschlag für ein Laufwerk wie den Seismograph am Ende auszahlen kann. Die weniger differenzierten Mitten des AVM und auch hörbar reduzierter Obertonglanz lassen weitgehend unklar, warum sich Spitzenmusiker aus aller Welt so sehr darum bemühen, eine Violine aus Cremoneser Provenienz spielen zu dürfen.

Auf der Bühne

Mit LDS 6065 (Classic Records-Reissue), dem weithin für seinen beachtlichen Orchesterklang bekannten Schlachtross der RCA, beamt Sie der Seismograph I plus mal eben in die London Kingsway Hall, die mit ihrem weiträumigen und luftigen Klang prädestiniert für großartige Orchesteraufnahmen war – und dennoch um die Jahrtausendwende einem Hotelneubau weichen musste. Oder wir belauschen Janos Starker, der gerade Bachs Cello Suiten in einem Hotelzimmer des Great Northern Hotels in New York einspielt (Speakers Corner/Mercury SR3-9016), ganz intim und nah. Wer erinnert sich noch an die im Studio in St. Blasien von Günter und Hendrik Pauler im Auftrag von B&W direkt geschnittene LP der Friends of Carlotta? Prickelnde Studioatmosphäre! Platte für Platte reagiert das Laufwerk wie ein Werkzeug und zeichnet jedes Mal einen anderen Raum, gerade so, wie es die Aufnahme verlangt.

Linke Ecke des Soreal Seismograph 1 plus mit Logo

So ähnlich kenne ich das auch von meinem Raven AC samt dort montiertem Tonarm Graham Phantom. Und doch lassen sich nun im direkten Schlagabtausch, beispielsweise während der Einleitung zu Bela Bartoks Concerto for Orchestra (LSC 1934, Reiner, Shaded Dog), Differenzen bei der Reproduktion besonders weiträumiger Bühnen ausmachen, die der Raven nicht mit der exakt gleichen, beeindruckenden Opulenz des Österreichers nachzuzeichnen vermag. Ähnlich dürfte es Besitzern des knapp 16.000 Euro teuren Technics SL-1000 ergehen. Der zu Recht für sein feinsinnig und akkurates Spiel gelobte japanische Edeldreher hielt sich beim Test im letzten Jahr in Bezug auf maximale Höhe und Tiefenausleuchtung imaginärer Hörräume auch eher dezent zurück, darf sich aber was das messerscharfe Aufzeigen der Raumgrenzen angeht, auf demselben hohen Level des Seismographen einsortieren lassen.

Haarspaltereien? Wahrscheinlich ja, aber solche Petitessen lassen sich halt mit Plattenspielern dieses Kalibers recht mühelos nachvollziehen, während sie andernorts häufig schlichtweg untergehen.

Billboard
Teufel

Test: SoReal Audio SRA Seismograph I plus | Plattenspieler

  1. 1 Doppeldecker
  2. 2 SoReal Audio SRA Seismograph I plus: Klangeindrücke

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