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Bei Naim Audio markiert der ND5 XS 2 für 2.800 Euro den Einstieg in die Welt der „reinrassigen“ Streamer. Der Flaggschiff-Player Naim ND 555 aus der 500er-Baureihe liegt dagegen bei knapp 25.000 Euro. Demgegenüber scheint unser Testkandidat – der Naim NDX 2 (Web: www.naimaudio.com; Preis des Testgerätes: 5.999 Euro) – fast schon günstig. Doch klar: Man befindet sich mit ihm definitiv in highendigen Gefilden, und das ist auch der Anspruch, den die Briten formulieren. Finish und Verarbeitungsqualität sind dementsprechend. Wir haben uns intensiv mit diesem Netzwerkplayer aus Naims Classic-Serie auseinandergesetzt.
Neues Digitalboard
Eine der größeren technischen Innovationen des Naim NDX 2 stelle das neue, proprietäre Digitalboard dar, so Dalibor Beric vom deutschen Naim-Vertrieb Music Line. Wo zuvor eine Lösung von Audivo die Streamingintelligenz der Naim-Netzwerkplayer besorgte, ist es nun die Naim-exklusive Streamingplattform „NP 800“. Vier Jahre Entwicklungszeit habe sie benötigt, so Naim, und nun arbeiten die erstmals in der aktuellen Uniti-Gerätegeneration eingesetzten Boards auch in den Netzwerkplayern. Auf drei technische Neuerungen, die sich klanglich bezahlt machten, weisen die Briten besonders hin.
Erstens ist da der um den Faktor 16 vergrößerte RAM-Buffer mit einer Gesamtkapazität von 512 MB, der zwar nicht ausschließlich, aber eben auch zur Pufferung des Audiostreams dient. Files von knapp fünf Minuten Länge (CD-Auflösung) können so zwischengespeichert werden.
Zweitens: Das Zusammenspiel der Clocks vom Streamingboard und dem eigentlichen D/A-Wandlertrakt ist nun ein anderes. Beim Vorgänger gab es für die Streamingeinheit und die eigentliche DAC-Sektion getrennte Taktgeber, die über eine Buffer-Schaltung synchronisiert wurden, sodass die Durchschnittsfrequenz die gleiche war. Im neuen Naim NDX 2 kontrolliert die Masterclock beim DAC-Chip dagegen direkt den ganzen Prozess und somit auch den Strom der Daten zur und auf der NP-800-Plattform. Naim verspricht sich hierdurch nochmals reduzierten Jitter.
Drittens schließlich: Für den Datentransport auf der Streamingkarte und in Richtung DAC kommt eine neu entwickelte Technik namens „LVDS“ (Low Voltage Differential Signalling) zum Einsatz. Vom Grundsatz her steckt das I2S-Protokoll dahinter, das keinesfalls eine Neuigkeit darstellt, sondern ein von Philips entwickelter und weithin genutzter Standard zur Übertragung digitaler Daten zwischen integrierten Schaltungen (Inter-IC Sound) ist. Da bei I2S Daten und Taktinformationen über getrennte Leitungen laufen, ist schon so mancher Entwickler auf die Idee gekommen, diesen Standard auch zum Datentransfer zwischen zwei Geräten zu nutzen. Aber auch das ist bei Naims LVDS nicht das Thema. Vielmehr geht es darum, dass der zum Signaltransport eingesetzte Spannungshub der I2S-Schnittstellen – die „Nullen und Einsen“ digitaler Signale werden ja durch eine Serie von Spannungsstufen repräsentiert – im neuen Naim NDX 2 ungefähr zehnmal kleiner ist als sonst üblich und zudem symmetrisch statt unsymmetrisch ausgeführt wird. Beides trage dazu bei, störende elektromagnetische Felder im Innern des Netzwerkplayers erheblich zu reduzieren.
Und von solchen Störfeldern weitestgehend verschont, soll auch der PCM1792A von Burr-Brown, der im Naim NDX 2 die Wandlung ins Analoge besorgt, besser seiner Arbeit nachgehen können – bevor er damit startet, sorgt ein SHARC-DSP für 16-faches Oversampling und die Hochrechnung in ein 40-Bit-Format. Durch den Einsatz Naim-eigener, externer (also nicht im DAC-Chip befindlicher) Digitalfilter sowie diskreter Strom-/Spannungswandler versprechen sich die Engländer weitere klangliche Gewinne.
Die analoge Seite
Natürlich kommt im Naim NDX 2 auch die „analoge Seite“ nicht zu kurz – im Gegenteil, die entsprechende Platine nimmt den größten Teil des Gehäuses ein. Klassischer Aufbau mit vielen „Durchsteckteilen“ statt SMD, Verwendung vieler diskreter Bauteile und Vermeidung von OP-Amps zeichnen den NDX 2 aus – und unterscheiden ihn vom günstigeren ND5 XS 2 (dessen Vorgänger wir einmal im Test hatten). Auch das Netzteil ist nicht von Pappe, insbesondere wenn man sich vor Augen hält, dass es sich beim NDX 2 um ein Quellgerät handelt: Ein Ringkerntransformator mit 340 VA und separaten Abgriffen für die digitale und analoge Sektion soll im Zusammenspiel mit in Summe 53.000 µF Siebkapazität eine saubere Spannungsbasis garantieren. Aber natürlich wäre der NDX 2 kein echter Naim, wenn sich hier nicht aufrüsten ließe: Die externen Netzteile Naim XPS DR (4.899 Euro) und 555 PS DR (8.699 Euro) sind mit dem NDX 2 kompatibel.
Feature, Formate, Ausstattung & Usability
Als Netzwerkplayer lässt sich der Naim NDX 2 sowohl via LAN-Kabel wie auch per WLAN mit dem heimischen Router verbinden – die kostenlose Naim-App leitet easy und souverän durch die Ersteinrichtung, und auch wenn man sich für die Wireless-Variante entscheidet, ist das ein Klacks. Dem Naim NDX 2 lassen sich die digitalen Daten aber auch über zwei USB-A-Ports sowie über vier S/PDIF-Schnittstellen (je zweimal optisch und elektrisch) zuführen. Ein aptX-HD-fähiger Bluetoothzugang rundet den NDX 2 eingangsseitig ab. Digital geht es via S/PDIF (koaxial) hinaus, analog über ein Pärchen Cinchbuchsen – und natürlich gibt‘s auch den Naim-typischen 5-Pol-DIN-Stecker. Symmetrische Ausgänge sucht man dagegen vergeblich. Die Lautstärke kann geregelt werden, aber wer bestmöglichen Klang sucht und einen Vor- oder Vollverstärker in seiner Anlage hat, dem empfiehlt Naim, die Einstellung des Pegels des NDX 2 auf „fix“ zu belassen.
Die meisten „angesagten digitalen Sachen“ hat der Naim NDX 2 natürlich drauf: Airplay, Chromecast, Bluetooth, Roon-Readyness, Tidal, Spotify Connect … you name it. Leichter ist’s, man nennt die Ausnahmen: Qobuz, Highresaudio und andere Musikstreamingdienste sind zurzeit nicht „nativ“ via App eingebunden, hier bietet sich eventuell der Weg über Chromecast oder AirPlay an; MQA-fähig ist der NDX 2 derzeit ebenfalls nicht und wer jenseits von DSD128 streamen möchte, ist hier falsch. Aber wer will das schon? PCM-Daten werden vom Naim-Netzwerker mit einer Auflösung von bis zu 32 Bit/384 kHz verdaut.
Ein Lob gebührt den „User-Schnittstellen“: Zum einen der beiliegenden Fernbedienung – die wiegt keine sieben Kilo, wie es im Highend-Zirkus bisweilen üblich ist, wurde nicht komplett mit Tasten überfrachtet, wie es im … okay, Sie wissen schon … und man braucht auch keinen „Sichtkontakt“ zum Gerät, um es anzusprechen, denn dank Zigbee-Standard geht‘s auch ohne. Zum anderen dem Hauptinterface des Naim NDX 2: der für Android und iOS-Devices erhältlichen Naim-App. Denn die ist stabil, intuitiv und schick. Man merkt, dass hier Profis am Werk waren. Übrigens: Das große Display vorne am Gerät ist kein Touchdisplay.
Kleiner Server-Exkurs
Bevor es mit dem Streamen losgehen kann, muss die Musikbibliothek eingebunden werden – wie es der Zufall so will, habe ich zum Testzeitpunkt gleich drei Server hier stehen: einen „Wald-und-Wiesen“-NAS ohne hifidelen Anspruch (ReadyNas Duo), den Audiodata Musikserver MS II sowie, als Leihgabe, den Naim Uniti Core. Die beiden zuletzt genannten liegen mit circa 2.300 bis 2.400 Euro im gleichen Preisbereich. In allen drei Fällen war die Verbindungsaufnahme des NDX 2 mit den jeweiligen Servern eine Sache von wenigen Fingertippern auf der Oberfläche der Naim-App. Vorbildlich.
Was mir beim Naim Uniti Core ziemlich gefällt: In die Ripping-Engine scheint Hirnschmalz eingeflossen zu sein. Jedenfalls stehen mir mit dem Core sinnvoller strukturierte Metadaten zu den gerippten Alben beziehungsweise Stücken zur Verfügung, als ich es gewohnt bin. Nicht zuletzt für Freunde klassischer Musik ist das sehr interessant. Zudem klingt es, zumindest im Zusammenspiel mit dem Naim NDX 2, einen kleinen Hauch überzeugender als mit dem Audiodata. Fragen Sie mich bitte nicht warum. Beide Server stehen auf der gleichen Rackebene und sind mit den gleichen Kabeln am gleichen Switch verbunden. Und doch wirkt das Klangbild minimal körperlicher und griffiger, wenn der Stream vom Uniti Core kommt. Aber das soll hier nicht unser Thema sein, zurück zum Naim NDX 2.
Naim NDX 2: Klang & Vergleiche
Da wir häufig von unseren Lesern danach gefragt werden: Die klanglichen Unterschiede zwischen den einzelnen Eingängen sind durchaus vernehmbar, wenngleich sich das im Bereich von Nuancen bewegt. Wird der NDX 2 über LAN statt WLAN mit Musik versorgt, wirkt es bühnentechnisch etwas sauberer strukturiert, einzelne Klänge kommen ein bisschen griffiger rüber und insgesamt steigt das Auflösungsvermögen ein wenig. Über das Verhältnis WLAN vs. AirPlay und AirPlay vs. Bluetooth lässt sich gleiches sagen. Bei den Digitaleingängen ziehe ich koaxiales S/PDIF dem Toslink-Eingang vor. Die meiste Zeit habe ich über die LAN-Verbindung gehört.
„Hören soll Genuss sein!“
So lautet offenbar das Motto des Naim NDX 2. Zum Start in die Hörsession beginne ich mit einem Orchesterwerk: Frank Zappa und das Ensemble Modern, The Yellow Shark (auf Amazon anhören). Schon tausendmal gehört, aber das macht die Aufnahme ja nicht schlechter – in Sachen Klangfarben, Dynamik und insbesondere Raumeindruck immer noch eine sehr gute Testscheibe.
Und da fällt dann auch gleich auf, dass der Naim NDX 2 den Fokus eher auf die körperlich-plastische Abbildung der einzelnen Instrumente als auf die ultimative Ausleuchtung der Raumdimensionen legt. Nicht missverstehen: Das hier ist weit entfernt von einer kompakten Abbildung. Aber ein wenig mehr ginge schon noch, insbesondere was die Tiefenstaffelung an den Rändern der virtuellen Bühne angeht, wie mir ein schneller Check mit dem D/A-Wandler Luxman DA-06 (5.000 Euro) zeigt, den ich während des Tests immer wieder zum Vergleich heranziehe.
Der Brite spielt aber mit mehr „Körpereinsatz“ als der Japaner, heißt: Die einzelnen Klänge wirken mit ihm etwas größer dimensioniert, etwas sonorer grundiert und organisch-runder gestaltet. Schon der Luxman beherrscht die sehr plastische Abbildung, doch der Naim fügt dem noch mehr Substanz hinzu. Gerade akustische Instrumente profitieren davon, es wirkt einfach sehr authentisch und physisch glaubhaft (also nicht wie ein Abbild, ein Schattenriss, eine Kopie). Very nice. Und was der „Direktverbindung“ mit der Musik ebenfalls sehr zuträglich ist: Der Naim NDX 2 versetzt den gesamten Bühnenraum ein kleines bisschen nach vorne, und das, obwohl er sich in den Präsenzen etwas zurückhält und eher grundtonstark aufspielt. Dieser fiktive „Bühnenkasten“, der bei der Grundlinie der Boxen anfängt und von dort nach hinten reicht – beim Naim ist das eher ein „Bühnenhalbrund“ mit leichtem Hang zum Hörer hin. Sehr schön involvierend, diese Bühnenshow des NDX 2!
Tonales
Es klang schon an: Die tonale Ausrichtung des Naim NDX 2 ist nicht 100%ig neutral und monitoresk. Gut balanciert, das passt. Und damit es auch noch einmal gesagt sei: Wir reden hier über eine highendige Digitalquelle, nicht von Lautsprechern, Verstärkern oder gar der Raumakustik, es geht also um Feinheiten, nicht um klangliche Welten. Gleichwohl: Der Naim NDX 2 spielt eher etwas wärmer als kühler und ihm scheint „Wohlklang in der Mitte“ wichtiger zu sein als die allerletzte Durchzeichnung an den Frequenzbandenden. Im Bass und Grundton gibt’s ein kleines Ideechen mehr, im Präsenzbereich dafür minimale Zurückhaltung, die sich auch in den Hochton hinein fortsetzt. Der ist samtig, schimmernd, wohlproportioniert und -integriert – und eben nicht: exponiert, strahlend oder gar gleißend. Am anderen Ende der Frequenzskala, dem Tiefton, geht’s durchaus zur Sache, wenn auch nicht gleich „eisenhart“. Mein Luxman-DAC wirkt hier straffer, hat aber insgesamt weniger Schmackes im Bass und Wärme in den Mitten im Angebot.
Und so klingt es dann: Der dramatische, tieftonlastige, von Synthie und Drums dominierte Auftakt von „We Want War“ der These New Puritans (Album: Hidden, auf Amazon anhören) wird mir heftiger vor den Latz geknallt, als ich es gewohnt bin, wenngleich in minimal verrundeter Form. Das „Gehauche“ von Hope Sandoval auf dem Album Through the Devil Softly (auf Amazon anhören) kam schon mal duftiger, luftiger an mein Ohr – dafür steht die Dame jetzt physisch präsenter vor mir, was definitiv auch was hat. Scharf angeschlagene Hi-Hats kommen etwas weniger prononciert aus dem Horn meiner Blumenhofer, doch dafür weiß der „samtige Abgang“ des Beckens zu begeistern, der ist geradezu luxuriös zart! Fazit: Die „Über-alles“-Tonalität des Naim NDX 2 darf man als harmonisch-sonor bezeichnen – stets im Dienste des langzeittauglichen Musikgenusses, mit leichten, gefälligen Tendenzchen versehen, aber ohne echte Schlagseite.
Auflösung & Dynamik
Auch was Auflösungsvermögen und Dynamik angeht, weiß der Naim NDX 2 zu gefallen. Zwar habe ich den Eindruck, dass die Schärfe von Transienten leicht abgemildert wird und dass der Detaillierungsgrad gerade in den oberen Lagen für ein Gerät dieser Klasse noch etwas höher sein könnte – aber letztlich passt das zur tonalen Ausrichtung des Netzwerkplayers. Eher sonor und messerscharfe Impulswiedergabe sowie analytischer Zugang zum Luftband … ist doch eher selten, oder? Nein, so wie der Naim das macht, wirkt es stimmig: Musik soll handfest, authentisch und körperlich rüberkommen. Die Frage danach, ob der sich räuspernde Musiker nun in der dritten oder vierten Reihe links gesessen hat, scheint diesem Streamer dagegen weniger zentral zu sein.
Diese klangliche Grundeinstellung erinnert mich ein wenig an den im Frühjahr getesteten Lumin T1 (4.290 Euro), der eine verwandte tonale Ausrichtung wie der Naim besitzt. Doch der NDX 2 punktet nicht nur mit der wertigeren, schwereren Verarbeitung und der deutlich üppigeren Ausstattung, er bietet auch klanglich mehr: Die noch plastischere, direktere Art des Bühneneindrucks ist das eine – die schiere grobdynamische Kampfkraft das andere. Hier kann der Lumin dem Naim nicht das Wasser reichen.
Test: Naim NDX 2 | Netzwerk-Player