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Den Anfang macht der V 40 SE in Grundausstattung, also mit EL 34 und ohne Black-Box. Das Erste, was mir auffällt ist, dass der Verstärker recht lange braucht, um auf „Betriebstemperatur“ zu kommen. Die meisten HiFi-Geräte benötigen eine Aufwärmphase, bis sie ihr ganzes Klangpotential entfalten. Das ist nicht ungewöhnlich, und Röhrenamps verhalten sich dabei nicht anders als Transistorverstärker. Ich habe sogar die Erfahrung gemacht, dass Röhrenverstärker oft schneller „da“ sind als ihre Halbleiterkollegen.
Nicht so der Octave-Amp. Frisch eingeschaltet klingt er recht dünn. Nach einer halben Stunde wird die Sache akzeptabel, aber so richtig Spaß macht mir der Verstärker erst nach einer guten Stunde Betrieb. Vielleicht ist das ja der Grund dafür, dass Andreas Hofmann seinen Verstärker mit einem Stromsparmodus (Ecomode) ausgestattet hat. Der Ecomode lässt sich mit Hilfe eines kleinen Schalters auf der Rückseite des Geräts einstellen.
Liegt dann zehn Minuten lang kein Musiksignal an, schaltet der Verstärker automatisch in den Stromsparmodus. Dabei reduziert sich der Stromverbrauch von rund 130 Watt bei Normalbetrieb auf etwa 20 Watt. Sobald erneut ein Musiksignal am Verstärker ankommt, dauert es etwa dreißig Sekunden, bis er wieder „voll da“ ist. Dank des Ecomodes kann man den Octave V 40 SE den Abend über durchlaufen lassen, auch wenn man zwischendurch mal eine längere Hörpause macht. Beim Umschalten vom Stromsparmodus auf Normalbetrieb ist der Verstärker klanglich deutlich schneller wieder auf der Höhe. Der EG-Verordnung 1275/2008 „Ökodesign-Anforderungen an den Stromverbrauch elektrischer und elektronischer Haushalts- und Bürogeräte im Bereitschafts- und im Aus-Zustand“ entspricht der Octave Audio V 40 SE damit zwar nicht, aber das wäre auch ein anderes Thema.
Netztrafo des Octave V 40 SE …
Nach einer angemessenen Aufwärmphase geht es mit dem Octave V 40 SE richtig zur Sache. Auch wenn meine Geithain ME 150 keine Wirkungsgradwunder sind, verstehen sie sich aufgrund ihres gutmütigen 4 Ohm-Impedanzverlaufs meist recht gut mit Röhrenverstärkern. So passt es auch mit dem V 40 SE auf Anhieb.
… und die Ausgangsübertrager
Das Caroline Wegener Acoustic Trio macht mit „Jazzscetches“ schnell klar, dass beim Octave V 40 Neutralität ganz oben auf der Liste der klanglichen Tugenden steht. Was nichts mit Langeweile zu tun hat – im Gegenteil. Die Aufnahme lebt von einem sehr klar aufgenommenen Klavier und der V 40 SE bringt das exakt rüber. Die Nuancen des Anschlags, Kraft und Tiefe des Instruments, alles kommt wunderbar dynamisch und schlackenlos über die Lautsprecher. Im Vergleich zu meiner Jadis vermisse ich einen Hauch Strahlkraft in den Obertönen – nüchterne Zeitgenossen würden vermutlich einfach von Klirrfaktor sprechen. Nach „Röhre“ klingt der V 40 SE nicht unbedingt – zumindest, wenn man darunter einen weichen und gefälligen Klang und ausnehmend „bunte“ Klangfarben versteht. Eigentlich verwehre ich mich dagegen, in irgendeinem Zusammenhang von Röhrenklang zu sprechen. Es gibt auch Transistorverstärker, die warm und weich spielen.
Dennoch möchte ich Octaves kleinsten Integrierten ein paar eher für Röhren typische Tugenden attestieren. Da ist zum einen diese ansatzlose Dynamik, mit der Töne im Raum stehen. Das schaffen zwar gute Transistorverstärker auch, aber selten mit der Souveränität und Leichtigkeit, die Röhrenverstärker dabei gerne mal bieten. Und der V 40 SE ist verdammt schnell – ohne dabei aufdringlich zu sein.
Im Bass verhält sich der Octave V 40 SE ebenfalls recht mustergültig. Ein letztes Bisschen Druck und Kontrolle fehlen ihm zwar, aber ich vermisse sie nicht, da er auch Drum- und Synthie-Impulse schnell und ansatzlos in den Raum zu schleudern versteht und akustischen Bässen Volumen gibt – sowie deren tiefe Saiten wunderbar schnalzen lässt. Die Sache mit den elektronischen Impulsen habe ich ausgiebig mit Hilfe einiger Madonna-CDs ausgetestet. Was hier an elektronischen Spielereien zu finden ist, lotet das ganze Spektrum aus. Und das macht mit dem V 40 SE richtig Spaß. Bei allem Spaß habe ich gar nicht mitgekriegt, wie laut es geworden war – nun, schön, wenn verständnisvolle Nachbarinnen, die drei Wohnungen weiter wohnen, einen freundlich auf diesen Umstand aufmerksam machen. Na ja, zumindest der Octave hatte überhaupt kein Problem mit hohen Pegeln.
Den Rest des Abends traue ich mich nur noch an kleine Jazz-Besetzungen – zurück in kultiviertere Gefilde. Lisa Bassenges Album A Sigh a Song macht klar, dass sich der Octave auch in den stimmlichen Lagen nichts zu Schulden kommen lässt. Auch bei Paul Anka oder Roger Cicero gibt es keine Einwände. Perfekt balancierte Tonalität, ansatzlose Dynamik, dabei tendenziell eher ein kleines Bisschen nüchtern und ein wenig sanft im Bass.
Nach Jazz und Pop steht noch Klassik auf dem Programm. Die Einspielung von Mahlers Dritter mit Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern ist eine beeindruckend mächtige Aufnahme. Dem Octave V 40 SE gelingt es, auch in sehr lebhaften Passagen souverän den Überblick zu behalten. Tonalität und Dynamik überzeugen auf ganzer Linie. Die Größe, genauer: die Tiefe der Raumabbildung ist sehr gut, verliert aber etwas gegenüber dem hervorragenden Eindruck, den der Verstärker in dieser Disziplin bei kleineren Besetzungen macht. Die Ortungsschärfe einzelner Instrumente beziehungsweise Instrumentengruppen ist dabei allerdings einwandfrei.
Test: Octave Audio V 40 SE | Vollverstärker