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Ein jeder hat wohl so seine Vermutungen zu bestimmten Marken und/oder technischen Konzepten – wenn man recht nah vor einem Drei-Wege-Lautsprecher sitzt, dessen Chassis-Vertikale sich knapp über 60 cm in die Länge streckt, wird man in Sachen räumlicher Darstellung der Musik nun nicht unbedingt Wunderwerke erwarten oder doch zumindest weniger, als wenn da eine Koax– oder Breitband-Kreationen stände. Und schon erlebe ich mit der Dynaudio Focus 340 die erste Überraschung: Ihr Bühnenbild ist nicht „ganz gut“, das hier ist groß und weiträumig, tief und breit und sogar hoch, die Abbildung ist sicher und fokussiert, keine Spur von „irgendwie“ oder nervös. Ich bin begeistert und sehe meine Technikklischees zerbröseln …
Natürlich profitiert vom Raumtalent der Dynaudio gerade auch Musik, auf der echte Rauminfo drauf ist, sprich, gut eingefangene Klassik oder – genreunabhängig – gute Live-Einspielungen. Zu diesem Zweck von mir immer wieder gern genommen ist Zappas Einspielung mit dem Ensemble Modern: Yellow Shark. Was hier mit der Focus 340 an schierer Ausdehnung des Orchesterapparates vermittelt wird, ist nicht nur angesichts der Preisklasse gut, sondern auch absolut gesehen weit vorn. Das ist richtig üppig. Will man’s noch größer, geht das im Wesentlichen, so meine Erfahrung, nur mittels mehr Tiefbasspower als diese Dynaudio naturgemäß bieten kann – und die Focus 340 ist hier wahrlich nicht von schlechten Eltern -, und das wiederum geht dann meist richtig ins Geld.
Auch in der Musik des gerade erschienenen Albums Eleven Gates des schwedischen Komponisten Anders Hillborg lässt sich quasi aural herumwandern, generös arrangiert die Dynaudio das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra in meinen Hörraum, und gerade als ich denke: „Irgendwie Ligeti-mäßig, sphärisch-fluffig-chillig“, föhnt mir aus dem Nichts einsetzende Perkussion die Restfrisur nach hinten. Hui, sowas bin ich als U-Musikkonsument gar nicht mehr gewohnt, wo bleibt denn da die Dynamik-Kompression? Weniger spektakulär als der reine Laut/Leise-Kontrast als solcher, aber doch auch interessant ist – um auf das Thema „Raum“ zurückzukommen -, dass „laut“ hierbei nicht auch zwangsläufig „weiter vorne“ auf der Bühne bedeutet. Nein, nein, die Pauke und das, worauf der Verrückte da sonst noch einschlägt, stehen hinten – und da bleibt’s auch. Die räumlichen Relationen der Instrumentegruppen zueinander werden, ob nun leise oder laut gespielt wird, stabil gehalten. Das unter anderem meinte ich mit sicher und unnervös.
Überhaupt ist die saubere Abbildung der Einzelstimmen und das ebenso saubere Arrangement dieser zu einem Ganzen – und nicht nur die schiere Größe des Bühneneindrucks – ein weiteres Talent der Dynaudio Focus 340. Gerade bei Studioproduktionen weiß ich das zu schätzen. Lokalisationsschärfe und 3D-Eindruck der einzelnen Instrumente/Stimmen bewegen sich mit der Focus 340 auf hohem Niveau. Es kippt dabei aber auch mit weniger audiophil abgemischten Produktionen nicht ins „klinisch-rasterhafte“, wie das bisweilen vorkommen kann. Bei der Dynaudio Twenty-five beispielsweise konnte dieser Eindruck – je nach vorgelagerter Elektronik, Kabelage und Aufnahme – schon mal aufkommen; was als „ausnehmend präzise“ gemocht werden oder einem „artifiziell“ erscheinen kann. Jenseits dieser Geschmacksfragen kann ich nur sagen: Die Dynaudio Focus 340 zeichnet da vergleichsweise gnädiger. Wer schon mal öfter Fotos bearbeitet und es mit dem Scharfzeichnen-Filter übertrieben hat, wird leichter verstehen, was mit „artifiziell scharf“ gemeint sein könnte.
Scharf, schärfer, am schärfsten? Präzise oder artifiziell?
Cakes Album Fashion Nugget ist so eine trocken-unprätentiös aufgenommene Scheibe, die nicht nur von manchem Lautsprecher tonal etwas dröge-dünn gereicht wird, sondern auch etwas grobpuzzelig, was die Raumdarstellung angeht. Die Focus 340 schmilzt nun nicht alles zusammen – soll sie auch nicht! -, aber arrangiert doch, bei aller Transparenz und Klarheit, gefällig und zusammengehörig. Mit ihr spielt beim Song „Frank Sinatra“ die schreppelige E-Gitarre zur Rechten zusammen mit der Trompete zur Linken – und nicht dominierend im Vordergrund, wobei da links noch ein Blasinstrument stört, übertrieben formuliert. Wenn aber Präsenz im Raum gefordert ist, geht das auch: Wunderbar, wie beim Break so um 2‘50‘‘ die Trompete plastisch, offen und zum Anfassen vor mir steht! Aber genug davon, es sollte klar geworden sein: Räumlich hat mich die Focus 340 sehr angenehm überrascht. Und mit Überraschungen geht’s weiter.
Zumindest dann, wenn man gewisse Vorstellungen/Vorurteile gegenüber Dynaudio-Lautsprechern pflegt, die da heißen, sie seien dann doch etwas gemütlich, lassen’s langsam angehen, jedenfalls nicht gerade spritzig und dynamisch. Das trifft zwar meiner Meinung nach weder bei der Twenty-five noch bei der kleinen aktiven Focus 110 A zu, aber ich habe auch schon ältere Modelle gehört, bei denen man’s hätte so sagen können. Wenn das immer noch Ihr Dynaudio-Bild ist, sollten Sie die neue Focus 340 erst recht einmal anhören. Gerade Spielwitz, Tempo und Impulsschnelle zeichnen sie aus.
Sehr schön ist das bei „The Righteous Wrath Of An Honorable Man“ von Sax-Berserker Colin Stetson zu hören – jede noch so kleine Schleife, jede der vielen schnellen Wendungen des Saxophonspiels wird akkurat und quasi „eng“ begleitet, die Focus 340 klebt an den Lippen Stetsons, da wird nix verschluckt. Auch nicht das Klappen-Geklapper, das einigen Stücken als Percussionlinie dient, hier aber ganz leise von rechts kommen muss – und bei weniger transparenten Wandlern schlicht eingespart wird, so dezent ist das.
Feingewebe – Höchtöner der Focus 340
Und was mit Saxophon klappt, klappt auch mit Gitarre, Klavier, Percussion etc. Stets habe ich das Gefühl, recht unmittelbar dabei zu sein, Impulse kommen direkt und klingen – glücklicherweise – auch authentisch lange aus. Es ist nämlich keinesfalls so, dass hier die Attack- die Sustain- und Release-Phase eines Klanges über Gebühr dominieren würde. Die Dynaudio ist einfach nah dran am Ton und hat es nicht nötig, ihn „anzuspitzen“.
Spielfreude und feindynamische Meriten besitzt die Focus 340 also in hohem Maße. Und um die Trinität grobdynamischer Antritt, Pegelfestigkeit und blanke Lust am Bass mittels nur eines Stückes auszuloten, wanderte Nils Petter Molværs Album Khmer in meinen Luxman-Player, Track 2: „Tløn“. So circa nach vier Minuten bricht ein wunderbar fett-schmatzendes Bassgewitter aus. Zumindest theoretisch, denn mancher Lautsprecher kommt hier in Verlegenheit und dann bleibt‘s eher eine Andeutung. Auch eingedenk der Tatsache, dass es sich um eine Standbox mit Doppelbassbestückung handelt, bin ich doch sehr erstaunt über das Ausmaß dessen, was die Dynaudio hier physisch erfahrbar auf die Beine stellt. Ich rede nicht von einem ganz netten Groove-Faktor bei nachbarschaftsfreundlichen Pegeln, ich rede von einer veritablen Druckwelle, die das Zimmer flutet und Lautstärken, die durchaus einen leichten Massageeffekt beinhalten. Die ganze Zeit schwebt mein Finger ängstlich wachend über der Stopp-Taste der Fernbedienung, damit ich bei ersten Verzerrungsanzeichen oder Rauchwolken schnell eingreifen kann. Muss ich aber nicht. Die Dynaudio pumpt sauber weiter. Wo holt das schmale Ding das eigentlich her? Ich bin erstmal geplättet.
Test: Dynaudio Focus 340 | Standlautsprecher