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Der 330 INT ist der günstigste Verstärker im Line-up von Soulution (Vertrieb: https://my-sound.net/), er kostet lediglich ein Zehntel der Flaggschiff-Amps aus der 7er-Serie. Sie ahnen es aber wohl schon: Ein Zehntel kann immer noch eine ordentliche Summe sein – und richtig, für diesen Vollverstärker sind 17.000 Euro zu entrichten. Doch wer sich wirklich für eine Marke interessiert, deren Leumund im audiophilen Olymp angesiedelt ist und dann auch noch aus der Schweiz stammt, wird nun nicht gleich aus allen Wolken fallen. Wenn der Name Soulution fällt, weiß man ja: Jetzt wird’s ernst.
Das merkt man indirekt auch daran, dass die Schweizer auf gängiges Highend-Bling-Bling – Chrome, Gold, Acryl etc. – souverän verzichten. Tut nichts zur Sache, also weg damit. Der Soulution 330 INT gehört zweifellos zu den minimalistisch designten Vollverstärkern und wohl auch zu den schönsten, die mir bisher untergekommen sind, so viel Subjektivität sei mir an dieser Stelle gestattet.
Perfektes Finish in Mattsilber, drei Taster neben dem Display, rechts der Drehregler. Fertig. Trotz der reduzierten Optik gibt sich der Soulution 330 aber durchaus featurereich und lässt sich intuitiv bedienen: Mit dem „prog“-Taster und dem als Jog-Dial ausgeführten Regler rechts (oder natürlich über die Fernbedienung) lassen sich zahlreiche Funktionen aktivieren wie etwa Home-Cinema-Through, Multiamp-Setup, Start- und Maximal-Lautstärke, Start-Eingang, Polarität usw.
Das Gewicht des Integrierten unterläuft wahrscheinlich so manche Erwartungshaltung: Der Soulution 330 wiegt 17,5 Kilogramm, was in dieser Liga nicht gewaltig ist. Der wesentliche Grund hierfür: Es werden Schalt- statt Linearnetzteile verwendet. Wer jetzt denkt, daran erkenne man, wo gespart wurde, irrt: Die großen 701-Monos für schnuckelige 129.000 Euro das Paar verwenden ebenfalls Schaltnetzteile. Die Schweizer sind Überzeugungstäter was das angeht.
„Der große Vorteil der Schaltnetzteil-Technologie liegt darin, dass es sich hier um geregelte Netzteile handelt. Das heißt, die Ausgangsspannung bleibt unabhängig von der Belastung konstant“, so Soulution-Chef Cyrill Hammer. Bei der großen Stereoendstufe habe man zunächst lineare Netzteile verwendet, dann aber feststellen müssen, dass die bei heftigen Attacken im Musikprogramm (Pauken, Orchester-Tutti) nicht so stabil sind wie die speziellen, aufwendigen Schaltnetzteile, die nun zum Einsatz kommen, so Hammer weiter. Folgerichtig setzt man bei der „kleinen“ 3er-Serie natürlich auch auf diese Technologie.
Tatsächlich stecken im Soulution 330 fünf Schaltnetzteile: Vier größere mit jeweils 300 VA, welche die Spannungen (+50 V und -50 V) für die Endstufen nach Kanal und Halbwelle (!) getrennt zur Verfügung stellen, sowie ein weiteres für die Versorgung der Vorstufe. Die Spannungen werden mit DC-DC-Wandlern und nachgeschalteten linearen Reglern so rauscharm wie nur irgend möglich aufbereitet, so die Schweizer. Zur Pufferung und Siebung stehen Kondensatoren mit insgesamt 160.000 µF Speicherkapazität zur Verfügung.
Der 330 INT ist ein Class-AB-Verstärker in Push-Pull-Konfiguration, 2 x 3 Endtransistor-Paare stellen insgesamt 2 x 120 Watt an 8 Ohm bereit, Soulution spricht von perfekter Leistungsverdopplung an 4 und 2 Ohm. Der Class-A-Anteil der Verstärkerschaltung sei mit circa 5-10 Watt recht üppig bemessen. Tatsächlich wird der Soulution 330 im Leerlauf auch recht warm und „nuckelt“ kontinuierlich so um die 100 Watt aus der Steckdose.
Danach befragt, wo im Vergleich zu den größeren Serien eingespart wurde, führt Cyrill Hammer aus: „Wir haben hier nicht wie üblich einfach preiswertere Komponenten eingesetzt, sondern versucht, die Anzahl der Komponenten drastisch zu reduzieren. Eine 7er-Endstufe kann auch mal ein paar Tausend Komponenten beinhalten, das geht beim 330er natürlich nicht. Die Herausforderung war hier, die Schaltungen zu vereinfachen, ohne dabei zu viel Klangqualität zu verlieren.“
Ein Beispiel ist die Lautstärkeregelung: Sie erfolgt beim 330er relaisgesteuert über hochwertige Metallfolien-Widerstände, so wie auch bei der Serie 5 und 7. Doch die Komplexität der Schaltung sei reduziert worden. Statt dreier Lautstärke-Regelkreise (grob/mittel/fein) mit jeweils eigenem Pufferverstärker komme beim Soulution 330 ein einziger Regelkreis zur Anwendung. Die einzelnen Schritte seien nicht so genau wie beim Konzept der Serie 5/7, aber „vertretbar“, wie Hammer sich ausdrückt. So sind sie, die Eidgenossen, immer schön den Ball flachhalten. Wäre Soulution eine amerikanische Firma, würde „vertretbar“ mit „supersmooth“ übersetzt. Und damit läge man nicht verkehrt, denn die Pegelregelung gerät dem 330er zum einen sehr feingliedrig, zum anderen kommt hier, wie bei den größeren Serien, ein paralleler Regelweg hinzu: Während des Verstellens der Lautstärke übernimmt ein sogenannter Programmable-Gain-Amplifier (PGA) den Job, am Zielwert angelangt, wird wieder zurück auf die klanglich überlegene Lösung mit den Metallfolien-Widerständen geschaltet. Der Vorteil: Die kleinen Klicks aus den Lautsprechern, die bei Pegelregelungen über Widerstandsnetzwerke sonst häufig zu hören sind, werden vermieden. Das ist mal subtiler Luxus.
Der Soulution-Amp bietet vier Hochpegeleingänge, jeweils zwei unsymmetrische und zwei symmetrische. Gegen einen Aufpreis von 3.000 Euro kommt er mit einem MC-Phono-Eingang (Cinch), ein optionales DAC-Modul inklusive USB-B-, S/PDIF-, AES/EBU- und einem LAN-Eingang fürs Netzwerkstreaming wird für 4.000 Euro angeboten.
Soulution 330: Klangeindruck
Vielleicht liegt’s am zunehmenden Alter, vielleicht an der Weihnachtszeit, während der der Soulution 330 bei mir weilte – oder einfach am Streamingdienst Qobuz, der mich über Neuerscheinungen auf dem Laufenden hält. Wie auch immer: In letzter Zeit höre ich vermehrt Klassik.
Meine neueste Entdeckung ist ein Album von Griet de Geyter und dem Barockmusikensemble Il Gardellino mit dem schön-verzweifelten Titel Stille Klagen (auf Amazon anhören). Die Aufnahmequalität kann damit schon mal nicht gemeint sein, sonst hieße die Platte Lautes Lobpreisen – und danach ist mir, als die belgische Sopranistin bei der Kantate „O dulcis Jesu“ mit ihrem Gesang einsetzt. Was geht hier eigentlich ab? Seit wann berühren mich lateinische Sakralgesänge? Gut, die strenge, klare, alte, aber doch zeitlose Musik von Bach, Telemann und Buxtehude, die auf diesem Album erstklassig eingefangen wurde, ist dafür hauptverantwortlich – aber doch auch der Klang, genauer: die frappierende Transparenz und Eindringlichkeit, mit der der Soulution 330 über meine Blumenhofer Gran Gioia 2×10 diese Werke rüberbringt.
Reine Lehre, reiner Raum
Streicher, Oboen und Gesang sind primär in den mittleren Lagen zu verorten, logisch. Aber da Stille Klagen in einer Kirche mit Orgel aufgenommen wurde, spielen die großen Pfeifen und somit der Tiefton sowie das Raumgefühl ebenfalls eine entscheidende Rolle. Und in allen diesen Bereichen macht der Soulution 330 klar, dass er ein Ausnahmeverstärker ist. Nicht durch Effekte, sondern durch Reinheit, wenn ich das so nennen darf.
Werden wir mal konkreter. Auf welche tonale Seite schlägt sich der Schweizer Verstärker? Auf die neutrale, ist ja klar. Im Vergleich zu meiner Vor-End-Kombination von Pass (19.100 Euro) ist das fix ausgemacht. Das Pass’sche Gespann geht im Bass und Grundton etwas saftiger vor, der Schweizer Integrierte gefühlt linear. Und so auch auf der anderen Seite des Frequenzschriebs, Richtung Hochton/Superhochton, bei der die amerikanischen Verstärker – genauer: die Endstufe X250.8 – minimalst milder erscheinen, während der Soulution kein Jota von der reinen Lehre abweicht. Wer mit seinem Verstärker tonale Tendenzen verwirklichen möchte, ist hier an der falschen Adresse.
Zurück zur Orgel auf Stille Klagen: Der Soulution begeistert mich mit einer blitzsauberen Trennung zwischen den langen, tiefen Orgelklängen „hinten“ und dem intensiven Sopran im Vordergrund. Natürlich liegt der Fokus auf dem Gesang, das muss so sein, aber dass der akustische Hintergrund auch während und inmitten deutlich lauterer Signale derart sauber differenziert und nachverfolgbar präsentiert wird, macht klar, dass der Soulution 330 INT – was Auflösungsvermögen, Feindynamik und die räumliche Staffelung angeht – höchstes Lob einstreichen darf. Ja, gerade was die räumliche Trennung von Orgel/Stimme betrifft, geht mit dem Schweizer doch noch mehr als mit besagten Pass, deren Klangbühne durch den satteren Oberbass/Grundton ein wenig integrativer und organischer rüberkommt, während der Soulution die klarere räumliche Separierung und noch akkuratere Zeichnung des Orgelklangs besorgt.
Wo wir schon beim Raumeindruck sind: Für mich etwas überraschend, ist es der Soulution, der die Musik etwas offensiver präsentiert. Die „virtuelle Bühnenkante“ bewegt sich mit ihm ein halbes Schrittchen auf mich zu. Meine Kombi ist nun auch nicht gerade reserviert, doch der Hörer sitzt mit dem Soulution 330 etwas näher am Geschehen, wird noch direkter angesprochen. Die hochaufgelöste Gangart des Schweizers wird hierdurch weiter unterstützt: Was näher an mir dran ist, kann ich genauer betrachten. Auch das gehört zum Zauber, den der Soulution im Stimmbereich entfaltet.
Breite und Tiefe des Klangraumes werden dabei realistisch vermessen. Schiere Raumgröße allein ist nicht das Ansinnen des Soulution, eher habe ich den Eindruck, dass, wie beim Tonalen, „Vorlagentreue“ das Thema ist. Die Vor-End-Kombination aus Octave-Pre und Musical-Fidelity-Monos, mit der ich lange hörte, war beispielsweise per se raumgreifender und ausladender unterwegs. Die Pass-Kombi leuchtet wiederum noch ein wenig tiefer in den Raum hinein und gestaltet einzelne Instrumente etwas griffiger. Das ist allerdings auch eine besondere Stärke dieser Verstärker und keine Schwäche des Soulution, der ebenfalls präzise vorgeht.
Weitere Tugenden
Als ich einen meiner „Bass-Check-Tracks“ ansteuere, das „Modul 15“ von Nik Bärtsch (auf Amazon anhören), lassen sich weitere Tugenden des Eidgenossen ausmachen: Der Soulution zeichnet den E-Basslauf räumlich größer, mit etwas weicherer Randeinfassung, als ich gewohnt bin, obwohl er dabei tonal ehrlicher, also linear im Oberbass wirkt. Gleichzeitig bietet er mehr Tiefgang und Kontrolle ganz untenrum. Der 330er ist mit einer famosen Durchzeichnung im Untergeschoss gesegnet, erzstabil und konturiert, wie er vorgeht, bekomme ich so einfach noch etwas mehr Informationen über die untersten Lagen geboten als mit vielen anderen Verstärkerlösungen.
Höchste Auflösung und Reinheit der Wiedergabe, gepaart mit tonaler Neutralität und hoher Breitbandigkeit – wer daraus folgert, der Soulution 330 sei wohl nur für maximalaudiophiles „Pling-Pling“ zu haben, der irrt. Das 2012er-Debüt der Indie-Rockband Poliça, Give you the Ghost (auf Amazon anhören), wurde anständig, aber auch nicht gleich überragend abgemischt und aufgenommen. Der Charme des Bandsounds resultiert aus dem Einsatz zweier Schlagzeuger, den elektronischen Einsprengseln und der verfremdet-prozessierten Stimme von Frontfrau Channy Leaneagh. All das bringt der Schweizer mit Saft und Kraft rüber, so wie es sein muss. Dynamisch lässt der Soulution 330 nichts anbrennen: Die Drums wirken knackig-hart im Anschlag, die Elektrosounds kommen aus dem Nichts und fliegen quer durch die Bude, ich habe wahrlich kein Grund zur Klage! Im Gegenteil, zusammen mit den anderen Stärken des 330ers – die involvierend-offene Bühne etwa und dieses besondere Talent, jeden einzelnen Klang, unabhängig von Lautstärke oder Tonhöhe, superstabil „durchzuziehen“ und akkurat im Klangbild einzubetten – entsteht gerade bei solch soundscapeartiger Musik ein faszinierendes Panoptikum der Klänge.
Soulution 330: Einordnung und Vergleiche
Wie lässt sich der Soulution 330 weiter einordnen? Mir kommen da die beiden großen Integrierten in den Sinn, die ich zuletzt testete – und tatsächlich steht die „Über-alles-Performance“ des Soulution ziemlich genau in der Mitte zwischen dem nur wenig günstigeren Moon 700i v2 und dem gleich doppelt so teuren, ebenfalls aus der Schweiz stammenden CH Precision I1.
Mit dem Moon teilt der Soulution die neutrale Gangart und die generelle Balanciertheit seines Klangbildes – beide Amps sind Allrounder aus Überzeugung: Nichts schmeckt vor oder ist auf Effekt getrimmt. Der Schweizer versteht sich allerdings darauf, noch tiefer in den Basskeller hinabzusteigen und dort mehr Kontur walten zu lassen, zudem wirkt er etwas dynamischer und sein Bühnenaufbau ist offensiver, zieht den Hörer mehr in die Musik hinein. Letzteres ist freilich Geschmackssache. Das ist beim Thema Auflösung nicht der Fall: Der Moon ist sehr gut, aber der Soulution legt tatsächlich noch ein entscheidendes Quäntchen drauf.
Genau das lässt Erinnerungen an den CH Precision wach werden: Bei beiden Schweizer Vollverstärkern ist die Auflösung derart hoch, dass das Klangbild in der Folge nicht „klinisch“, sondern umgekehrt weicher und echter wirkt – mit ihnen erlebt man das genaue Gegenteil des negativ konnotierten Wörtchens „analytisch“, weil wirkliche Auflösung geboten wird. Klangfarben und -texturen werden superfein abgestuft, leise Ausschwingvorgänge, Hall und Raumrückwürfe minutiös nachverfolgt. Die hohe Genauigkeit bei solch scheinbaren Kleinigkeiten ergibt diesen frappierend authentischen Eindruck. Okay, der CH Precision I1 kann das alles noch einmal besser, und ein weiterer Trumpf ist sein durch die regelbare Gegenkopplung qualitativ justierbarer Tiefton – beim Soulution muss man mit „konturiert & linear“ klarkommen, beim CH Precision ist man flexibler, was das Matching mit den Lautsprechern angeht. Aber gewisse Vorteile sollten angesichts des großen Preisunterschiedes ja auch drin sein.
PS: Unser Testmuster kam mit dem MC-Phonomodul. Klanglich passt das zur grundsätzlichen Soulution-Diktion: reine Lehre, hochaufgelöst, involvierend. Wer mit der Vinylwiedergabe einen bewusst romantischen Gegenpol sucht und/oder eine ähnliche oder höhere Summe für einen externen Phonopre ausgeben möchte, hat natürlich viele Möglichkeiten, sich zu verwirklichen. Die Soulution-Lösung ist aber allemal ihr Geld wert. Und noch ein Wort zu den Hochpegeleingängen: Wenn Sie Quellen mit symmetrischen Ausgängen besitzen, würde ich empfehlen, diese zumindest probehalber einmal anzutesten. Mir kam das Klangbild via XLR doch noch etwas detailreicher und räumlich strukturierter vor.
Test: Soulution 330 INT | Vollverstärker