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Klang Genelec 8260 (Teil II)

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  1. 4 Klang Genelec 8260 (Teil II)

Llyod Cole / Broken RecordDas gesamte Mitten/Hochtonband wirkt tonal neutral, kein Frequenzbereich wird betont oder vernachlässigt. Llyod Coles Stimme auf „Flipside“ (Album: Broken Record) wird genauso überzeugend echt transportiert wie das lässig-lapidare Gehauche von Lisa Germano beim Song „Cracklin‘ Water“ (OP8, Album: Slush). Bei beiden Liedern fällt mir auch gleich der reingewaschene, glasklare Hochtonbereich der Genelec positiv auf: Seien es die zarten Ticks auf die Becken zu Beginn von „Flipside“ oder das Glockenspiel bei „Crackin‘ Water“ – das sind Höhen in kristalliner Form. Das Anschlagsmoment wird klar und deutlich vermittelt, OP8, Album: Slushdurchaus mit der nötigen Energie, aber bar jeglicher störender Artefakte, und das Ausschwingen/Sustain wird fein nachgezeichnet.

Überhaupt scheint mir das zentral für die Genelec 8260 zu sein: ein sehr hohes Auflösungsvermögen, und zwar über das gesamte Frequenzband hinweg. Der Bass wirkt – je nach DSP-Einstellung, wie gesagt – final trockengelegt und durchgezeichnet bis ganz untenhin; die Mikrodynamik einer Stimme wird filterlos durchgelassen, was sehr fesselnd sein kann; klangfarbliches Changieren, beispielsweise von Streichern oder Bläsern, ist klar nachvollziehbar. Überhaupt hat man den Eindruck einer hohen Durchlässigkeit, der Lautsprecher – und vermutlich insbesondere auch: sein Gehäuse – mischt sich nicht ein. Musik als Informationsweitergabe. Bei anständigen Aufnahmen ist das begnadet. Bei weniger anständigen wird freilich auch nichts gnädig verschleiert oder verrundet, sondern offengelegt. Dafür wurde die 8260 gebaut, sie ist, wie schon erwähnt, in erster Linie ein Studio-Werkzeug, kein jovialer Home-Entertainer.

Genelec 8260

Dieses „informative Naturell“ besitzt die Genelec 8260 auch in räumlicher Hinsicht. Die Bühne beginnt ganz klassisch auf der Grundlinie der Boxen und wenn etwas bezüglich der Raumdimensionen besonders auffällt, dann dass die Tiefe sehr gut ausgeleuchtet wird. Hinzu gesellen sich eine hohe Lokalisationsschärfe und das Vermögen, plastische Klänge „zu formen“, Instrumente und Stimmen haben also durchaus etwas 3D-haftes (wenn sie denn so eingefangen wurden). Zwar gibt es in dieser Hinsicht durchaus noch Steigerungen – die Ascendo System F oder auch die Myro Whisky fallen mir spontan ein –, aber die Genelec bietet in dieser Hinsicht schon Überdurchschnittliches.

Martina Topley Birds Album The Blue God

Was die 8260 freilich in räumlicher Hinsicht nicht macht, ist etwas „organisch gestalten“. Wurde die Aufnahme vom zuständigen Tontechniker als etwas Harmonisch-Ganzes gestaltet, dann klingt es erstklassig, ist die Aufnahme flach, wird auch kein Raum hinzugedichtet, das Klangbild wirkt dann so tief wie ein Bierdeckel. Und, noch lästiger, manche Alben wirken aufnahmetechnisch regelrecht zusammengeschustert, die Instrumente und Stimmen sind bisweilen zu unverbunden nebeneinander gestellt, die Schnittkanten der Einzelklänge zu hart/fransig ausgeführt. Martina Topley Birds Album The Blue God New Puritans‘ Beat Pyramidklingt in dieser Hinsicht wirklich zum Abschalten und bei These New Puritans‘ Beat Pyramid, Track 2, „Numerologie“, lasse ich mir die harten Kontraste zwischen Drumbeat, Hi-Hat und Gitarrenriff zwar gefallen, weil diese Härte irgendwie auch zum aggressiv-treibenden Rhythmus des Stückes passt – aber tatsächlich klingt beides für meine Ohren stimmiger, wenn ich die Raumoptimierung der Genelec wieder deaktiviere. Ja, die Abbildungspräzision knickt jetzt etwas ein – aber ich will ja softere Kanten! – und der Bassbereich wird minimal fülliger und weicher, so dass sich insgesamt ein gnädigeres Arrangement Anouar Brahem, The Astonishing Eyes Of Ritaergibt. Doch das gleiche Default-Setup der Genelec bei Anouar Brahem, The Astonishing Eyes Of Rita gehört, klingt nicht ganz so gut – sprich: deutlich, transparent, randscharf gezeichnet – wie das AutoCal-optimierte, denn diese Aufnahme ist ja sowieso schon famos arrangiert: Da will ich dann alle Details hervorgeholt wissen und unverschleiert ganz nah dran sein.

Und hier schließt sich der Kreis zum eingangs Gesagten: Man unterschätze den Vorteil der integrierten DSP-Technologie nicht! Ich habe, je nach Aufnahme, Platte, Musikgenre gerne zwischen dem Default-Setup und dem raumoptimierten hin und her geschaltet. Mal empfand ich das eine als passender, mal das Genelec 8260andere. Für einen Check, was besser passt, musste ich nur einen DIP-Schalter am Rücken der 8260 umlegen. Und das ist nur der Anfang: Man kann mit der GLM-Software beliebig viele Setups kreieren, abspeichern und wieder aufrufen. Der Profi im Studio mag darüber vielleicht den Kopf schütteln, er will eine neutrale Wiedergabemaschine, den Sound beeinflusst er mit anderen Mitteln. Aber für uns daheim sind die Aufnahmen nun mal gesetzt, warum also eine vernünftig genutzte Klang-Flexibilität verschmähen? Zumal die Experimentierfelder Endverstärkung und Lautsprecherkabel mit Aktiv-Lautsprechern verschwinden, da ist Ersatzspielzeug doch gerne gesehen, oder?

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Test: Genelec 8260 | Aktivlautsprecher, Kompaktlautsprecher

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