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November 2014 / Tobias Zoporowski
Es ist gerade einmal etwas über zwei Jahre her, dass die dänische Lautsprecherschmiede Dynaudio (www.dynaudio.de) die HiFi-Welt mit dem ersten „Highend-Wireless-Lautsprechersystem der Welt“ – so der eigene Anspruch – namens „Xeo“ beglückte. Bestehend aus zwei Modellen, der kompakten Xeo 3 und dem Floorstander Xeo 5, rollten die Skandinavier die audiophile Szene auf. Zahlreiche Testsiege und Designpreise künden seither vom Erfolg der Produktlinie, die man seinerzeit von den eher als pragmatisch-konservativ geltenden Nordlichtern so nicht erwartet hatte.
Die Lorbeeren waren und sind durchaus verdient. Klar ist: Dynaudio hatte mit Xeo natürlich nicht den aktiven Funklautsprecher neu erfunden – so etwas gab es zuvor auch schon –, ihn aber vor allem klanglich auf ein bisher nicht gekanntes Niveau gehoben und ihn somit auch für die kabelverliebte Klientel der HiFi-Puristen interessant gemacht. Was schon eine Leistung für sich darstellt. Nun neigt man in Skanderborg nicht dazu, sich allzu lange auszuruhen, weshalb heuer bereits die neue, zweite Xeo-Generation in den Startlöchern steht. Und mit der kompakten Xeo 4 auch in meinem Hörzimmer.
Bereits bei der ersten Inaugenscheinnahme zeigt sich denn auch, dass sich bei den aktiven Funkern mehr geändert hat als nur die Ziffer der Modellbezeichnung. So zieren die Oberseite der „Excite“-Gehäuse – auf dem Modell „X 14“ der erfolgreichen Passivlautsprecherserie basiert die drahtlose Xeo 4 – nunmehr ein flaches, halbrundes Kunststoffhäubchen, welches den Infrarotempfänger, ein Display und rudimentäre Bedienelemente beinhaltet. Das Display ist spartanisch, aber dennoch informativ: Eine LED zeigt den Betriebszustand (blau oder rot), eine Kette aus weißen Leuchtdioden symbolisiert den gewählten Lautstärkepegel. Angenehm: Dieser wird nur kurz angezeigt, dann schaltet sich das Lichtband wieder aus. Auf dem „Kopf“ des Funktionsmoduls befindet sich überdies noch ein Ein/Aus-Taster sowie eine Lautstärkeregelung, die somit auch direkt an den Lautsprechern eingestellt werden kann.
Für den Fall, dass man mal die Fernbedienung verlegt – was im Testzeitraum glücklicherweise nicht vorkam – ist das sicher nicht die schlechteste Idee. Genau wie die „Auto Play“-Funktion, womit Dynaudio die automatische Erkennung des gerade signalbeaufschlagten Eingangs meint. Was wirklich praktisch ist: Einfach die Wiedergabe am Quellgerät – im Test war das überwiegend mein Apple iMac via USB-Verbindung – starten und die Xeo schaltet automatisch das Signal durch. Digitaldaten werden jetzt übrigens mit bis zu 24 Bit und 96 Kilohertz entgegengenommen, vor der Funkübertragung an die Lautsprecher jedoch wieder auf Audio-CD-Format herunter gerechnet. Falls Sie analoge Quellgeräte anschließen möchten, bedeutet das eine A-D-A-Wandlung, die unter HiFi-Fans nicht unumstritten ist, aber gar nicht so verlustbehaftet klingt, wie Skeptiker dies erwarten mögen. Dennoch entspricht eine solche Lösung vermutlich nicht dem hauptsächlichen Anwendungsbereich des Systems.
Geblieben ist die unglaublich einfache Handhabung des Xeo-Konzepts: Beide Aktivlautsprecher benötigen logischerweise eine jeweils eigene Stromversorgung – die intern verbauten Class-D-Endstufen, die für Bass- und Mittelhochtonbereich je 50 Watt Leistung zur Verfügung stellen, wollen schließlich versorgt sein –, der eigentliche Funksender und die Schnittstelle für Quellgeräte „Hub“ wird im einfachsten Fall mit einem Rechner verbunden, wobei es auch seine Betriebsspannung über den USB-Anschluss erhält, und schon kann es losgehen.
Der Xeo-Hub stellt die Funkverbindung zum Lautsprecher her
Hub und Lautsprecher finden einander nach wenigen Sekunden selbst und bauen eine Funkverbindung auf, die neuerdings auf drei verschiedenen Frequenzen (2,4 GHz, 5,2 GHz, 5,8 GHz) eingerichtet werden kann, um mögliche Interferenzen mit in der Nähe befindlichen WLAN-Netzen zu unterbinden. Ein kleines Schiebeschalterchen auf dem Rücken der Xeo 4 weist jeder Box ihre Position im Stereo-Setup zu (links, rechts, mono – ein Downmix beider Kanäle), ein weiteres trimmt die internen DSP-Module auf die Position der Boxen im Hörraum ein. Die drei Schalterpositionen „Neutral“, „Wall“ und „Corner“ decken dabei eine große Bandbreite der Möglichkeiten ab. Da die Lautsprecher bei mir frei stehen können, beließ ich sie im neutralen Modus.
Was die Gehäuse- und Chassistechnologie anbetrifft, setzen die Dänen auf Bewährtes und können sich in den eigenen Regalen wunderbar bedienen. Wie eingangs bereits kurz erwähnt, liefert die passive Kompaktbox Excite X 14 ihr wertig und resonanzarm-stabil verarbeitetes Gehäuse so wie ihren langhubig ausgelegten Tiefmitteltontreiber und die Gewebekalotte für die oberen Etagen. Für beide Wandler verwenden die Dänen Schwingspulen aus extrem leichtem Aluminiumdraht und vergleichsweise groß dimensionierte Magnete, womit ein spontanes Ansprechverhalten und eine unverfälschte Wiedergabe erreicht werden sollen. Der geringe Abstand beider Treiber auf der Schallwand soll dagegen das akustische Zeitverhalten optimieren. Wer Dynaudio kennt, weiß, dass die Entwickler zumindest in der Regel derlei Ansprüche nicht formulieren, wenn sie sie nicht auch einlösen können. Was ihnen wieder einmal gelungen ist. Aber beim Klangteil sind wir ja noch nicht …
Dynaudios Xeo-Link erlaubt die Einbindung weiterer Hörzonen
Interessant sind die verfügbaren Systemerweiterungen in Form der beiden optional erhältlichen Devices „Link“ und „Extender“ (je 150 Euro): Ersteres erlaubt die Einbindung weiterer Hörzonen auch in anderen Räumen, wobei analoge und digitale Geräte angesprochen werden können. Ich habe den „Link“ exemplarisch mit einem aktiven Subwoofer des Hauses (Dynaudio Sub 250 Compact) verbunden, wobei mich weniger der Kellerarbeiter selbst interessierte, sondern vielmehr die Frage, ob die „zweite Zone“, die der Woofer testweise symbolisieren sollte, über die Funkstrecke möglicherweise latenzbehaftet ist. Kurze Antwort: Nein! Und zwar überhaupt nicht. Die Wiedergabe des Aktivbasses fügte sich so nahtlos ins akustische Gesamtbild ein, als wäre er in einem konventionellen 2.1-Setup integriert gewesen. Zeitverzögerungen in der Signalübertragung scheint „Xeo“ nicht zu kennen. Oder aber sie sind so gering, dass sie nicht wahrgenommen werden können. Wobei das menschliche Ohr auf der Zeitachse nur ganz schwierig zu überlisten ist.
Sollten längere Funkstrecken über 50 Meter überwunden werden müssen, hilft der Extender, in seiner Funktionsweise einem WLAN-Repeater ähnlich. Wer möchte, kann sich also auch ein mehrstöckiges Einfamilienhaus mit Xeo-Lautsprechern ausrüsten, die kompakte Dynaudio Xeo 4 lässt sich bei Bedarf auch fröhlich mit der größeren Schwester Xeo 6 kombinieren, wobei das unter audiophilen Gesichtspunkten natürlich weniger zu empfehlen ist. Aber: Möglich wäre es.
Bei allen technischen Möglichkeiten, die mir Dynaudios Xeo-Konzept bietet, vermisse ich als bekennender Apfeljünger allerdings die Möglichkeit, die schnieken Funklautsprecher via AirPlay von einem iPhone oder iPad direkt ansteuern zu können. Oder wenn schon nicht damit, dann wenigstens via Bluetooth. Sogar beides zu integrieren wäre technisch sicher kein Problem gewesen und hätte das ohnehin sehr durchdachte System um zwei Features erweitert, die nicht nur, aber auch lifestyleorientierten Kunden heute wichtig sind. Schade. Natürlich lässt sich etwa Apples „AirPort Express“ mittels Lichtwellenleiterkabel digital mit Dynaudios Hub verbinden und vom Smartphone oder Tablet aus ansprechen, man kann auch einen externen Bluetooth-Receiver (zum Beispiel den BTX 1000 von Oehlbach) anschließen, was im Endeffekt aufs Gleiche hinausläuft. Nur sind das eben Umwege, die noch einmal zusätzliche – wenn auch nicht irre teure – Investitionen erfordern. Aber wer weiß, vielleicht lassen sich die dänischen Ingenieure mittelfristig überzeugen und integrieren es einfach? Mich würde das freuen. Und ich wäre wahrscheinlich nicht der Einzige.
Etwas Kritik muss sich auch die Lautstärkeregelung des Systems gefallen lassen, die ich als etwas grobstufig empfunden habe. Im Test gelang es mir selten, den für mich passenden Pegel auf Anhieb zu finden. Entweder war es mir zu leise oder eben ein Quäntchen zu laut. Keine Beinbruch, aber ich würde eine feinere Rasterung auf den Wunschzettel einer Modellpflege setzen.
Test: Dynaudio Xeo 4 | Aktivlautsprecher, Kompaktlautsprecher