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Test: Dynaudio Contour 20 | Kompaktlautsprecher

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  1. 1 Test: Dynaudio Contour 20 | Kompaktlautsprecher

 

März 2017 / Ralph Werner

Award Siegel 2018Abwechslungsreich ist das Testerleben: Hatte ich es gerade noch mit einem Standlautsprecher inklusive Horn und 15-Zoll-Dipolbass zu tun (JaWil Audio Ragnarök 2), so ist nun eine sehr hochwertige, klassische Kompaktbox zu Gast. Abgesehen davon, dass es sich in beiden Fällen um Zweiwegler handelt, könnten die technischen Konzepte kaum unterschiedlicher sein – was sich natürlich auch klanglich niederschlägt, doch dazu später mehr.

Der aktuelle Proband ist Mitglied der zur High End 2016 vorgestellten dritten Generation von Dynaudios Contour-Baureihe, einer Lautsprecherserie, der man aufgrund der relativ weiten Verbreitung und langen Tradition – 1989 kam sie erstmals auf den Markt – durchaus Klassikerstatus nachsagen kann.

Der neuen Contour 20 sieht man direkt an, was Roland Hoffmann, seines Zeichens Senior Manager bei Dynaudio, damit meint, wenn er sagt, man habe die Serie nicht einfach etwas weiterentwickeln, sondern komplett neu bauen wollen. Statt des rechteckigen Gehäuses mit vorgesetzter, nach unten hin schmaler werdender Schallwand und „auf dem Kopf stehender“ Treiberanordnung wie noch bei der Anfang 2003 eingeführten MK-2-Version, sitzt der Tweeter nun wieder oben – und insgesamt herrschen runde, organische Formen vor, sei’s beim sich nach hinten verjüngenden Gehäuse, sei’s bei der Alufront. Die neue Optik dürfte vergleichsweise massenkompatibler sein. Spontan kommt mir das Wörtchen „Understatement“ in den Sinn, was zur Marke und Preisklasse ja auch ganz gut passen dürfte, aber das sind nur die Äußerlichkeiten. Treiber, Frequenzweiche und Gehäuse wurden ebenfalls von Grund auf neu entwickelt.

Dynaudio Contour 20 - LautsprechergehäuseDie Lautsprecherbehausung wird aus MDF gefertigt und besitzt im Innern zwei resonanzminimierende Verstrebungen, eine über, eine unter dem 18-cm-Tiefmitteltöner. Die Gehäusewandungen sind an der Front 28 mm, seitlich 16 mm und im hinteren Bereich sogar 38 mm stark. Vorne kommt dann auch noch die 14-mm-Aluminium-Schallwand hinzu. Auf meine Nachfrage, ob bei dieser Angabe nicht ein Komma vergessen wurde, denn eigentlich sehe das von außen ja eher nach 1,4 mm aus, schickte mir Roland Hoffmann folgendes Foto:

Dynaudio Contour 20: die Schallwand

Diese Vollmetallplanke wird also zum größten Teil in den Lautsprecher versenkt, statt – wie man es im Highend-Bereich ja eher gewohnt ist – zur Schau gestellt. Ich sage es ja: Understatement. Die den MDF-Korpus und die Aluminiumschallwand verbindende Zwischenschicht aus dünnem Kunststoff besitzt noch eine zusätzlich dämpfende Wirkung, welche die „an sich schon hervorragend Resonanzen minimierende Verbindung der Werkstoffe weiter optimiert“, so Hoffmann. Im Ergebnis habe man es mit einem Materialcompound zu tun, welches quer über das Frequenzband hinweg ausgezeichnete akustische Eigenschaften besitze. Und dass die Alufront an den Seiten abgerundet wurde, ist auch nicht lediglich ein Designtrick, sondern minimiert Beugungseffekte. Ähnliches machen auch andere Hersteller, die kürzlich getestete Nubert nuVero 60 fällt mir da beispielsweise ein.

Blick ins Innere der Dynaudio Contour 20
Blick ins Innere der Dynaudio Contour 20

Die neue, kompakte Contour besitzt wie gesagt auch eine ganz andere Treiberbestückung als die Vorgängerin – wobei der Hochtöner keine wirkliche Neuentwicklung darstellt, sondern der Dänen bestes Stück für diesen Frequenzbereich: Die „Esotar²“ genannte Kalotte findet sich nämlich genau so auch im ultrateuren Dynaudio-Flaggschiff Evidence wieder. Nicht jeder Kostenverantwortliche bei Dynaudio wäre mit der Entscheidung glücklich gewesen, denn der mit 28-mm-Gewebekalotte, in Form gefrästen Neodymmagneten und Vollaluminiumgehäuse versehende Tweeter sei sehr aufwendig in der Produktion, nicht zuletzt wegen der minimalen Fertigungstoleranzen, die hierbei geduldet würden, so Hoffmann. Allerdings habe es akustisch keine wirkliche Alternative gegeben, da die Neuentwicklung des Tiefmitteltöners einen derartigen Klangfortschritt gebracht habe, dass nur im Verbund mit der besten Kalotte ein wirklich passendes Zusammenspiel erreicht wurde. Klingt natürlich nach einer 1a-Marketingstory! Aber das kann ich tolerieren, wenn mir im Gegenzug das Gourmetstück des Hauses serviert wird.

Mit Blick auf den besagten Tiefmitteltöner hat sich im Vergleich zum Vorgängerin der Tat so einiges geändert. Da fällt es fast leichter, die Konstanten zu benennen. Geblieben sind das Dynaudio Contour 20Membranmaterial – Magnesiumsilikat-Polymer (MSP), Dynaudios Antwort auf die Frage nach den geeignetsten Parametern für geringes Gewicht, Steifheit und innere Dämpfung – sowie der „Monocoque“-Ansatz: Das, was in der Mitte wie eine Staubschutzkalotte ausschaut, ist keine, sondern integraler Bestandteil der einen Membran. Es gibt also keine Klebestellen oder Ähnliches, was akustische Vorteile bringen soll. Das ist dann aber auch schon fast alles, was geblieben ist.

So exzessiv seien die Einzelbestandteile eines Chassis mittels Laser-Interferometrie noch nie bei ihnen vermessen worden, sagt Roland Hoffmann, und die dergestalt erzeugten, riesigen Datenmengen über das Verhalten des Treibers dienten im Anschluss als Basis für computergestützte Simulationen anhand der Finite-Elemente-Methode. Entwicklungsschritte, die früher durch zeitintensiven Prototypenbau und Hörvergleiche stattfanden, seien durch Rechenpower und geeignete Messtechnik nun wesentlich schneller und vor allem präziser machbar.

Beispiel: Eine Zielstellung war, den maximal möglichen Hub des Chassis zu steigern, um so den dynamischen Headroom im Tiefton zu vergrößern. Hierfür ist unter anderem eine längere Spule nötig – was, wenn denn alles andere gleich bleibt, mit einem höheren Gesamtgewicht einhergeht. Um das nun zu vermeiden, ließe sich der Spulendurchmesser verkleinern – was allerdings den Kraftschluss an der Verbindungsstelle Schwingspulenträger/Membran verringern könnte, sodass die Antriebskraft nicht mehr ganz so gut an die Membran gebracht wird. Man kann sich leicht vorstellen, dass die Lösung einer solchen Optimierungsaufgabe mit geeigneter Software- und Messtechnik besser gelingt als „zu Fuß“, also mit vielen zeitaufwendigen und im Zweifel ungenaueren Prototyping/Hören-Arbeitsschritten. Letztlich ist der Schwingspulen-Durchmesser nun um 20 mm verkleinert worden, während die Länge um 5 mm zugelegt hat.

Noch so ein Fall: Es sei ihnen auch schon zuvor bekannt gewesen, dass eine etwas geringere Membranstärke klangliche Vorteile im Mittelton bringen könne. Man habe davon aber bisher Abstand genommen, da als Nebenwirkung Stabilitätsprobleme bei tieferen Frequenzen aufgetreten seien. Durch die Finite-Elemente-Simulation sei es nun aber gelungen, die MSP-Membran um 0,1 mm zu verjüngen, was offenere, transparentere Mittellagen ermögliche, so Hoffmann, wobei die geringere Stabilität aufgrund des dünneren Materials durch eine neu berechnete, spezielle Formung der Membran wieder aufgefangen werde.

Und so geht das bei vielen Stellen des neuen Treibers weiter: Statt einer normalen, halbrunden Sicke habe sich die Bauweise als halbe Ellipse als geeigneter „errechnet“, statt einer gleichmäßig gefalteten Zentrierspinne kommt nun eine zum Einsatz, die im inneren Bereich kleinere „Wellen“ hat als im äußeren – und sich deshalb bei bestimmten Frequenz/Lautstärke-Kombinationen linearer und neutraler verhalte usw.

Dynaudio Contour 20 Spinne
Innen, nahe der Spule, sind bei der Zentrierspinne kleinere Faltungen zu sehen als außen

So sei schließlich ein neuer Tiefmitteltöner entstanden, der die an sich eigentlich konträren Anforderungen nach einer transparenteren, offenen Mittenwiedergabe und gesteigerten Fähigkeiten im Tiefton unter einen Hut bekomme. Das will ich mir jetzt natürlich auch anhören!

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Test: Dynaudio Contour 20 | Kompaktlautsprecher

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