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Der Vorgänger unseres aktuellen Probanden war der erste Lautsprecher von Blumenhofer Acoustics, den ich getestet habe. Seinerzeit war mir zwar noch nicht bewusst, dass ich ein paar Jahre drauf das kostspielige Spitzenmodell der Genuin-Serie erwerben würde – doch gefallen hatte mir schon die „kleine“ Genuin FS 3: Ihr kohärent-natürlicher Duktus in Kombination mit dem besonderen Dynamik-Kick sprach meinen Hörgeschmack sofort an.
Und nun steht die Blumenhofer Acoustics Genuin FS 3 MK 2 vor mir (Preis: 9.750 Euro, Web: www.blumenhofer-acoustics.com). Das MK-Anhängsel zeugt davon, dass in Augsburgs Westlichen Wäldern (siehe Firmenbericht Blumenhofer) kein großes Gewese um Produktnamen gemacht wird – oder ist das einer gewissen Fantasielosigkeit geschuldet? Wie dem auch sei, die aktuelle Genuin FS 3 hat jedenfalls kein reines „Facelift“ bekommen, wie man vermuten könnte, an ihr ist so gut wie alles neu: Treiberbestückung, Frequenzweiche, Gehäuseaufbau. Gut, die Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 ist ein Zweiwegekonzept mit Hochtonhorn und Bassreflexgehäuse geblieben, wobei der Reflexkanal nun auf den Boden zielt, nicht mehr nach vorne. Und auch der Kennschalldruck (92 dB/W/m), die Nominalimpedanz (8 Ohm) sowie die Möglichkeit zur Impedanzlinearisierung qua Steckbrücke wurden beibehalten. Mehr aber auch nicht.
Optisch am auffälligsten ist das neue Hochtonhorn. Tatsächlich fand ich das alte schicker, denn es war liebevoll furniert. Der jetzige Look dürfte polarisieren – die einen werden den DIY-Charme als „krude“ bewerten, die anderen finden den Lautsprecher gerade deshalb „irgendwie cool und audiophil-authentisch“. Mich darf man da nicht fragen, seit gut drei Jahren schaue ich mir meine Genuin FS 1 MK 2 an und denke mal das eine, mal das andere. Naja, im Grunde ist mir die Optik eh wurscht, ist doch der Klang das Entscheidende.
Doch einerlei, funktional hat das Horn auf jeden Fall gewonnen, denn bei der aktuellen Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 lässt es sich zum Zwecke des Time-Alignments nun vor und zurück justieren, der Spielraum beträgt circa 36 mm. Beim Vorgänger war es fix montiert. Typisch Blumenhofer ist, dass nicht ein einziges Wort darüber verloren wird, wie man denn bei der Hornjustage vorgehen soll. Während andere lang und breit über Zeitrichtigkeit im Allgemeinen und Besonderen fabulieren, gibt’s hier nur Schweigen. Nun, es ist ja auch keine Raketenwissenschaft, mit einem Inbus und zwei aufmerksamen Ohren kriegt man das schon hin, doch trotzdem finde ich diese kommunikative Kargheit irgendwie recht eigen.
Für die, die es interessiert, ein kleiner How-to-Exkurs:
Man nehme ein klassisches audiophiles Girl-with-a-guitar-Stück, denn der Cross-over-Punkt zwischen Woofer und Hochtonhorn liegt in den oberen Mitten/unteren Höhen. Da ist solche Musik ziemlich entlarvend. Als erstes höre man sich den Song an, während das Horn in der mittleren Ausgangsstellung (18 mm) steht.
Sodann wiederholt man die Übung: einmal mit dem Horn ganz vorne, einmal ganz hinten. In die Richtung, die einem mehr zusagt, sollte die neue Mitte liegen, also genau zwischen der alten Ausgangsstellung und ganz vorne bzw. hinten. Von diesem neu gefundenen Punkt aus fängt der Spaß von vorne an. Man pendelt mit dem Horn also um den neuen Punkt herum, allerdings mit geringerer „Schrittbreite“ als zuvor, und hört sich die Unterschiede an – und entscheidet sich für das, was besser gefällt und bekommt so den nächsten (dritten) Punkt. Und so weiter.
Das Optimum ist schneller erreicht, als Sie jetzt denken, schließlich werden die Schritte immer kleiner. Achten Sie insbesondere darauf, dass die Impulswiedergabe natürlich klingt und gleichzeitig die Abbildung maximal plastisch gerät. Wenn Sie nicht mehr weiterkommen – es mit einer Positionsveränderung des Horns also entweder zwar impulsiver klingt, aber gleichzeitig weniger körperlich, oder die Griffigkeit nicht mehr steigt, aber Transienten immer milder geraten –, sind Sie am Ziel.
Die Hornmündung scheint mir nicht wesentlich größer oder kleiner geworden zu sein als beim Ursprungsmodell, der Hornverlauf wurde allerdings angepasst – an den neuen Kompressionstreiber, der nun eine 44 mm messende Membran aus Mylar statt Titan besitzt, die auf eine 1-Zoll-Öffnung arbeitet. Dass der Hochtöner mit Bananas, die in entsprechenden Buchsen auf der Oberseite des Gehäuses gesteckt werden, Kontakt zur Weiche aufnimmt, finde ich okay. Auf der Seite zum Kompressionstreiber hin hätte man aber schon verlöten dürfen, dito beim Tiefmitteltöner. Und wo wir schon mal dabei sind: Holzschrauben zur Befestigung des Woofers? Sorry, das ist echt nicht standesgemäß.
Apropos Woofer: Der Tiefmitteltöner ist gewachsen, in der Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 kommt jetzt statt eines 8-Zöllers ein 10er zum Einsatz. Und wenn Membranfläche durch nichts zu ersetzen ist, wie es so schön heißt (und was ich unterschreiben würde), dann ist das doch ein Schritt in die richtige Richtung. Getrennt werden die beiden Wege übrigens 2. Ordnung bei recht tiefen 1.200 Hz, die oberen Mitten werden also ganz wesentlich auch vom Horn verantwortet.
War der Grundriss des Lautsprechergehäuses bei der ursprünglichen Genuin FS 3 noch klassisch viereckig und folgte der Aufbau wesentlich der Maxime „Nichts darf schwingen!“, so ist bei der MK 2 nun von „harmonischer Konstruktion“ die Rede. Was sich etwas verschwurbelt liest, meint, dass sich Schwingungen und Resonanzen in einem (Holz-)Lautsprechergehäuse nie ganz vermeiden lassen und es deshalb klüger sei, sie zu „lenken“ statt „zu Tode zu dämpfen“. Daher das achteckige Layout mit sich nach hinten verjüngenden Seitenteilen bzw. Facetten. Diese sollen nicht nur stehende Wellen im Lautsprecherkabinett minimieren, sondern auch dafür sorgen, dass sich keine dominierende Gehäuseresonanz ausbildet, sondern mehrere, im Pegel geringere, „harmonisch“ verteilte Resonanzen. Diese Idee findet sich auch bei den größeren Modellen Genuin FS 2 und FS 1 verwirklicht.
Klangeindrücke und -vergleiche
Nach ein paar Songs über die Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 wird mir klar, dass ich persönlich in diesem Leben wohl nicht mehr von wirkungsgradstarken Boxen, Hörnern – oder allgemein: von Lautsprechern, die ihr Klangbild von der dynamischen Seite her aufziehen – loskommen werde. So sehr ich es schätze, wenn die Tonalität balanciert, die Raumdarstellung präzise wie großzügig und das Auflösungsvermögen hoch ist – das nützt mir alles nichts, wenn’s dafür an der dynamischen Ansprache hapert. Umgekehrt bin ich eher zu Kompromissen bereit. Wenn eine Box sehr unmittelbar und „livelike“ spielt, kann ich zur Not Abzüge in anderen Bereichen akzeptieren.
Prioritäten & Nebenwirkungen: Bass
Eben fiel das Wort „Kompromiss“. Vielleicht sollte man auch im Rahmen von HiFi-Tests öfter davon statt von vermeintlicher Kompromisslosigkeit reden, denn jedes Design, jede Entwicklung setzt Prioritäten und muss eben damit zu Zugeständnissen in anderen Bereichen bereit sein. Beispiel Bass: Man kann bei gegebener Lautsprechergröße nicht gleichzeitig den Wirkungsgrad und den Tiefgang einer passiven Box maximieren wollen.
Das Gehäuse der Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 ist nun mit einem knappen Meter Höhe und circa 70 Liter Volumen für einen Lautsprecher dieser Preisklasse ziemlich „übersichtlich“. Hinzu kommt, dass Tom Blumenhofer eigentlich immer versucht, seinen Lautsprechern hohe Dynamik anzutrainieren, auch im tonalen Untergeschoss. Folgerichtig hat er in dieses recht kleine Gehäuse einen vergleichsweise großen 10-Zoll-Woofer mit starkem Antrieb und leichter Papier-Schaum-Sandwichmembran eingebaut. Und so klingt das dann auch, nämlich sehr schnell, unmittelbar, trocken sowie klangfarblich angenehm differenziert, was im Tiefton ja leider immer noch viel zu selten ist. Hinzu kommt diese Leichtfüßigkeit, diese „Instant-Ansprache“ bei Bass-Impulsen, die so wohl nur mit einem Mindestmaß an Treiberfläche in der Hinterhand zu realisieren ist. Mit einer anderen Prioritätensetzung beim Lautsprecherdesign hätte man aus dieser Gehäusegröße – vor allem aber für dieses Geld – natürlich auch noch mehr Tiefgang und Substanz in die unteren Lagen bringen können. Das dann aber entweder zulasten der dynamischen Ansprache oder der kompakten Gehäuseabmessungen.
Zurück zum Ursprungsthema „Kompromiss“: Mir sind schon doppelt so große Lautsprecher mit Back-loaded-Basshörnern untergekommen, die in Sachen Antrittsschnelligkeit/Leichtfüßigkeit im Tiefton genau so gut, vielleicht sogar besser waren, doch in Bass-Substanz und -Tiefgang lange nicht mit der Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 mithalten konnten. Und genau dieser kluge Balanceakt (vulgo: Kompromiss) ist das Gute an der Blumenhofer: schnell und federnd untenrum, wie das für einen Lautsprecher mit Hochtonhorn sein muss, damit es timingtechnisch kongruent tönt – ja. Doch nicht zulasten eines glaubwürdigen Fundaments, wenngleich dieser Punkt – für sich allein genommen – in Relation zum Preis eher im guten Mittelfeld liegt.
Tatsächlich hat mich das Bassvolumen und nicht die flotte Gangart am meisten an der Genuin FS 3 MK 2 überrascht, denn im meinem 30-qm-Altbauzimmer können Lautsprecher dieser Größe schon mal etwas dünner wirken. Kein Thema bei der Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 – sogar wenn man herausfordernde Dub-Tracks (Burnt Friedman & The New Dub Player, Album: Can’t Cool, auf Amazon) bei richtig hohen Pegeln spielt, lässt sich das genießen, und zwar physisch. Hätte ich so nicht für möglich gehalten. Klar geht da noch mehr, mein Grinsen wird noch breiter, wenn ich zu meiner FS 1 zurückkehre – eine banale Erkenntnis. Doch gerade in normaler dimensionierten, also kleineren Hörräumen, für die die Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 besser geeignet scheint, wird mehr Basspower eher kontraproduktiv sein.
Tonale Geschmackssachen: Mitten und Hochton
Es mag unfair wirken, die Blumenhofer Genuin FS 3 mit der zweieinhalbmal so teuren FS 1 zu vergleichen. Doch es ist verlockend, schließlich stammen sie nicht nur vom gleichen Hersteller, sondern aus derselben Baureihe. Und wann hat man schon mal die Gelegenheit, zwei Lautsprecher von Blumenhofer Acoustics gegeneinander antreten zu lassen?
Zumal mit dem Preisschild in erster Linie die Größe des Lautsprechers, die des Woofers und damit einhergehend die Bassquantität und -qualität sowie der grobdynamische Headroom skalieren. Und natürlich das Vermögen, auch größere Hörräume substanziell zu bespielen. Doch umgekehrt gilt: In einem 20-qm-Raum werden Sie mit dem Spitzenmodell der Genuin-Baureihe weniger glücklich als mit der vermeintlich kleinen FS 3.
Doch auch davon einmal abgesehen, ist manches sowieso Geschmackssache. Wenn Sie der Ansicht sind, dass solche hochpreisigen Lautsprecher im Mitten-/Hochtonband maximal linear durchs Frequenzband surfen sollten, sind Sie mit unserem aktuellen Probanden vielleicht besser dran. Die große FS 1 zeigt hier nämlich dank leichter Oberbass-/Grundtonbetonung ein eher wärmeres Profil – wofür man natürlich auch empfänglich sein kann –, während die FS 3 straight vorgeht. Man darf das ziemlich neutral nennen.
Wenn überhaupt eine leichte Abweichung zu konstatieren ist, dann im Präsenzbereich. In den oberen Mitten gehen die Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 einen Tick expressiver vor, gerade soviel, dass beispielsweise Frauenstimmen oder Gitarrenpicking einen halben Schritt weiter auf mich zukommen als über die Genuin FS 1 (die auch nicht gerade an der Grundlinie klebt, sondern tendenziell nach vorne spielt) und auch etwas heller, frischer, knackiger wirken, aber nie ins Quengelige/Nervige abdriften. Übrigens ist dieses Mini-Tendenzchen der Genuin FS 3 MK 2 ins Frischere geringer als das der Genuin FS 1 ins Wärmere. Wer soll da sagen, was besser ist? Balanciert sind beide, aber unterschiedlich akzentuiert. Ihr Gusto entscheidet.
Im Hochton zieht die Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 linear durch. Auch im Superhochtonbereich scheint sie noch voll da zu sein, jedenfalls ist jede Menge „Luft“ im Klangbild, es wirkt immer offen und transparent. Natürlich ist die Impulswiedergabe über so ein Hochtonhorn schon ein anderer Schnack als über eine konventionellere Bestückung. Kennt man nur 1-Zoll-Soft-Dome-Tweeter, wird man sich womöglich erschrecken ob der Energie, die im Spiel ist, wenn ein Schlagzeuger aufs Becken drischt. Wer sich daran partout nicht gewöhnen kann, sollte besser auch Livekonzerte meiden. Denn dort klingt‘s im Vergleich zum üblichen HiFi-Sound vielfach härter, im durchaus positiven Sinne, wie ich finde. So auch die Blumenhofer. Mit Verzerrungen hat das wenig, mit filterfreier Transientenwiedergabe dagegen viel zu tun. Wer einmal wenige Meter von einem angeschlagenen Becken gestanden hat, wird leicht nachvollziehen können, wovon die Rede ist.
Auflösung
Was das Auflösungsvermögen angeht, bewegt sich die Genuin FS 3 MK 2 im Rahmen ihrer Preisklasse – und das heißt konkret: Man bekommt jede Menge geboten. Vielleicht war eine KEF Reference 3 im Mittel-/Hochtonband noch etwas expliziter unterwegs, das kann schon sein. Aber viel fehlt da nicht, ich fühle mich stets gut informiert über Klangtexturen akustischer Instrumente, feindynamische Modulationen einer Stimme, Raumnachhall usw. Manche meinen ja, Hornlautsprecher seien per se Spaßboxen, deren lebendig-ruppige Gangart feinere Nuancen des Klangbildes prinzipiell unterschlagen. Kann ich so für die Blumenhofer-Lautsprecher generell nicht nachvollziehen – und eben auch nicht für die Genuin FS 3 MK 2, die diesbezüglich vielleicht nicht Klassenprimus wird, sich aber sauber ins Preisfeld einsortiert. Und das bedeutet auch, dass eine kürzlich getestete, ungefähr halb so teure Betonart Audio Syno diesbezüglich nicht ganz mithalten kann – und die ist für sich genommen verdammt gut.
Akkurate Rampensau
Mit der Blumenhofer Genuin FS 3 MK 2 geht‘s nach vorne, das steht mal fest. Und das auch in räumlicher Hinsicht. Sie bleibt also nicht zwanghaft auf der Grundlinie, sie kommt gerne einen Schritt auf den Hörer zu, und das passt gut zu ihrem dynamischen Naturell. Meine große Blumenhofer ist da ähnlich, aber die FS 3 geht einen halben Schritt weiter, wie mir immer wieder auffällt, sei‘s beim Saxophonspiel von Charles Lloyd (auf Amazon hören), der Stimme Beth Gibbons‘ oder dem sphärischen Klangraum, den Radiohead auf „In Rainbows“ (auf Amazon anhören) transportieren.
Die große Genuin kann dafür den insgesamt deutlich größeren Bühnenraum aufbauen, insbesondere in der Breite. Hier bleibt die Genuin FS 3 MK 2 gesitteter, während mit der FS 1 bei der entsprechenden Musik irgendwann „alles Klang sein kann“, sich geradezu ozeanische Weiten auftun. Was die Kleine der Großen aber voraushat, ist: die bessere Tiefenstaffelung bzw. Vorne-hinten-Separation, die klarere Abgrenzung der einzelnen Musiker sowie – verdammt noch mal! – ihre plastischere, griffigere Modellierung. Die FS 3 ist hierin richtig gut!
Zwar nun auch nicht gleich besser als eine Dynaudio Contour 20, die genannte Betonart Audio Syno oder gar eine Wilson Sabrina. Aber für einen auf anspringende Dynamik gezüchteten Lautsprecher ist das wohl die „ordentlichste“ Art der Raumdarstellung, die mir bis dato untergekommen ist. Da kommen weder die mir bekannten Modelle von ZU Audio oder DynamiKKs, Lautsprecher der Hornmanufaktur oder die von Blumenhofer Acoustics selbst heran. Sehr dynamisch aufspielende Boxen sind häufig keine ausgemachten Raumtalente. Diese hier schon.
Test: Blumenhofer Acoustics Genuin FS 3 MK2 | Standlautsprecher