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Test: B.M.C. Audio PureVox | Standlautsprecher

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  1. 1 Test: B.M.C. Audio PureVox | Standlautsprecher

August 2014 / Ralph Werner

Wenn Carlos Candeias von B.M.C. Audio (www.bmc-audio.de) ein neues Produkt kreiert, kann man fast sicher sein, dass etwas Ungewöhnliches dabei herauskommt. Der umtriebige Ingenieur hat seinen eigenen Kopf, sei’s was die optische Gestaltung angeht, sei’s hinsichtlich technischer Detaillösungen. Beispiele gefällig? Gerne:

Seine Phonostufe etwa – in die ich nur mal kurz hineinhören wollte und dann klanglich so überzeugte, dass ich sie kaufen musste – nimmt ausschließlich Signale von MC-Systemen entgegen, dieses auch nur symmetrisch, und statt eines Spannungseingangs besitzt sie einen Stromeingang. Wenn Candeias ein CD-Laufwerk konstruiert, dann hat das einen riemengetriebenen Antrieb, und wenn dieses dann Verbindung mit dem DAC (siehe Test BMC DAC1) aufnehmen soll, präferiert er eine „Superlink“ genannte Schnittstelle, realisiert natürlich konsequenterweise mittels vier voneinander getrennter (!) Digitalkabel. Apropos: Ein eigenes USB-Kabel hat’s auch im Programm. An dessen einem Ende hängt ein ominöses Kästchen, welches Signalübertragungsverformungen entfernen soll – da wollte der Kollege Jörg Dames mal reinhorchen, und seitdem rückt er’s nicht wieder raus. Ein letztes Beispiel: Soll im Verstärker die Lautstärke geregelt werden, dämpft Candeias nicht das Quellsignal in der Vorstufe, sondern schafft diese im Grunde ganz ab (zumindest im Rahmen einer konsequenten BMC-Anlage) und variiert den Verstärkungsfaktor in der Endstufe, welche zu diesem Zweck Steuersignale über Lichtleiter zugesandt bekommen. Sie merken: Konventionell geht anders. Da freut man sich natürlich, wenn so einer jetzt anfängt, Boxen zu bauen.

BMC PureVoxWobei das nicht ganz korrekt ist, schließlich zählten Lautsprecher zu den ersten Produkten des Mitte der Achtzigerjahre gegründeten Unternehmens „Candeias Audio Engineering“ – und die PureVox, um die es hier geht, ist der zweite Lautsprecher von B.M.C. Audio. Die Arcadia, das Flaggschiff im Portfolio, war zuerst da, sie wurde 2011 gelauncht, doch richtet sie sich mit einem Paarpreis ab 26.000 Euro und einem Gesamtgewicht von deutlich über 200 kg an eine ganz andere Zielgruppe. Mit gut 27 kg pro Box und knapp unter 5.000 Euro Paarpreis gibt sich die neue PureVox jedenfalls um einiges volksnäher. Wenig verwunderlich, gehört sie doch zur recht neuen „PureLine“-Serie, die den Einstieg in die B.M.C. Audio-Welt darstellt – und dessen DAC/Kopfhörer-Amp wir kürzlich testeten. Der Autor musste ihn dann kaufen, weil … Sie können sich’s denken.

Volksnäher gibt er sich also – aber keinesfalls gewöhnlich, wie schon nebenstehendes Bild zeigt. Man könnte die PureVox einen Standlautsprecher nennen, schließlich schält man sie aus dem Karton, schraubt die Füße drunter, stellt sie auf den Boden – und fertig. Aber die Bezeichnung „Kompaktmonitor mit integriertem Ständer“ wird der Sache wohl gerechter, optisch wie auch vom Gehäusevolumen her, welches mit 30 l angegeben wird. Genauso auffällig wie die Formgebung dürfte das Gehäusematerial sein – Aluminium nämlich statt des allgegenwärtigen MDFs beziehungsweise anderer Holzwerkstoffe; das sieht man, zumal zu diesem Preispunkt, wirklich nicht allerorten. Der helle Silberton unseres Testmusters macht was her, es gibt die PureVox zudem auch in einem fast schon schwarz wirkenden Blau, an der dritten Farbvariante „Champagner“ wird noch gearbeitet.

Nicht nur der Ersteindruck überrascht, auch das generelle Konzept des Lautsprechers ist ungewöhnlich. Die B.M.C. Audio ist ein Zweiwegler – gut, dergleichen gibt’s oft –, arbeitet mit einem geschlossenen Gehäuse – schon seltener vorzufinden – und besitzt einen bipolaren Aufbau, ist also vorne und hinten mit den gleichen Chassis bestückt, die das Musiksignal phasengleich wiedergeben. Ich kann mich nicht erinnern, dass überhaupt je ein Bipol-Lautsprecher Thema auf unseren Seiten war. Solche mit Dipol-Charakteristik – ja, klar. Auch seltener als einfache Direktstrahler, aber Dipole kamen schon öfter vor – man denke an Vollbereichs-Flächen wie die Martin Logan Electromotion ESL oder die Silberstatic Nr. 1 oder an klassische elektrodynamische Wandler von Ascendo oder auch Nubert, die zuschaltbar im Hochton diese Abstrahlung bieten. Nur kurz zur Erinnerung: Bipol- und Dipol-Abstrahlcharakteristik unterscheiden sich darin, dass die jeweils doppelte Signalabstrahlung entweder phasengleich oder, nämlich beim Dipol, phaseninvertiert erfolgt. Candeias Motivation, weshalb er aufs Bi- statt des Dipol-Prinzips setzt, liegt darin, dass er den akustischen Kurzschluss, der sich vor allem im Bassbereich negativ auswirken kann, vermeiden möchte, und ein solcher tritt bei einem Dipol nun mal zwangsläufig auf.

Rückseite der BMC Audio PureVox

Warum aber überhaupt das Signal auch Richtung Rückwand abstrahlen, statt es bei einer ganz normalen, einfachen Bestückung auf der Front des Lautsprechers zu belassen? Originalton Candeias:

„Anstatt das Bipolar-Konzept zu begründen, ist es sicher einfacher zu beschreiben, wie sich sogenannte ‚Direktstrahler‘ verhalten. Zunächst suggeriert die Bezeichnung, dass ein solcher Lautsprecher den Raum weitgehend ausblendet, da der Schall wie aus einem Wasserschlauch kommt. Aus Erfahrung sollte jeder wissen, dass dem nicht so ist! Was stimmt, ist, dass solche Lautsprecher einen ‚Sweet-Spot‘ haben, oder zumindest eine mehr oder weniger kleine ‚Sweet-Zone‘. Natürlich hört man außerhalb dieser Zone noch Musik, jedoch ganz und gar nicht natürlich, sondern mit unausgewogener Klangbalance. Ein Rundgang im Wohnzimmer lässt das leicht überprüfen und ganz im Gegensatz zur Namens-Suggestion kann man neben oder hinter dem Lautsprecher auch noch Musik hören, jedoch sicher nicht genießen.

Carlos Candeias auf der diesjährigen High End. Mit im Bild: der PureAmp genannte Integrierte, der die PureLine in Kürze verstärkerseitig komplettieren soll
Carlos Candeias auf der diesjährigen High End. Mit im Bild: Der PureAmp genannte Integrierte, der die PureLine in Kürze verstärkerseitig komplettieren soll

Die ‚Sweet-Zone‘ ist ein Problem, welches man nicht dadurch abtun kann, dass man eh nur auf der Couch hören würde. Die Folgen ziehen weitere Kreise. Wie hören wir Raum? […] Ein Direktschall-Anteil, der sich auf beide Ohren unterschiedlich verteilen kann, wird mit reflektiertem Schall und dessen Nachhallzeiten zusammen wahrgenommen und wir bestimmen daraus Richtung und Entfernung des akustischen Ereignisses. Allerdings gibt es ein Problem mit der unausgewogenen Frequenzverteilung des reflektierten Schalls und das stört die Bühnenwahrnehmung erheblich! In der Mitte, wo der Direktschall dominiert, hört man bei Direktstrahlern eine angenehme Tiefenstaffelung, die jedoch zu den Seiten hin deutlich abnimmt. Die Bühnendarstellung ähnelt eher einem Halbkreis.

Als Konsequenz sollte der Frequenzgang im Raum möglichst gleichmäßig sein. Der Bipol mit wenig Bündelung löst das Problem recht einfach ohne die Nachteile vieler omnidirektionaler Konzepte, wie Reflexionskegel oder Biegewellen mit unakzeptablem Wirkungsgrad […] und auch die Aufstellung ist nicht schwerer als bei anderen Lautsprechern.“

Nebenbei bemerkt: Um die Aufstellung auch in kleineren Räumen mit meist einhergehender Wandnähe möglichst praktikabel zu halten, wurde die treiberbestückte Rückwand der PureVox um 45° angewinkelt – so könnten die Vorteile des Konzepts besser ausgespielt werden.

Wie alles an BMCs PureVox sind auch die Chassis Eigenentwicklungen, die man „sicher nicht in anderen Lautsprechern finden“ wird, so Candeais. Aufgrund der höheren Stückzahlen würden diese aushäusig gefertigt, im Gegensatz zu den sehr aufwendigen Modellen der Arcadia.

Tiefmitteltöner der BMC PureVox
Tiefmitteltöner der BMC PureVox

Der 17,5 cm messende Tiefmitteltöner besitzt eine aus Kevlar und Glasfaser gewebt Membran. Durch den Mix ließen sich materialspezifische Resonanzen minimieren, gleichzeitig sei die innere Dämpfung aber deutlich niedriger als etwa bei Polypropylen-Membranen, welche neben Resonanzen leider auch „viel Musik wegdämpfen“, so B.M.C. Audio. Die oberen Lagen bespielen zwei AMT-Hochtöner.

AMT-Hochtöner der BMC PureVox
AMT-Hochtöner der BMC PureVox

Sie setzen ab 2.300 Hz ein, womit man erreichen möchte, dass die Tiefmitteltöner nicht überfordert werden und auch nicht zu stark bündeln (was sie naturgemäß täten, wenn sie noch höhere Frequenzen übertragen müssten). Um ein gutes Antriebs-/Masse-Verhältnis und damit über einen weiten Frequenzgang eine sehr gute Auflösung zu erreichen, sei der Antrieb recht stark ausgelegt worden. Neben der guten Auflösung sieht man bei BMC als weiteren Vorteil der Air Motion Transformer, dass sie von PureVox in Bläulich-SchwarzHause aus eine recht große effektive Abstrahlfläche mitbringen. Klar, dank des Ziehharmonika-artigen Aufbaus der Membran ist diese deutlich größer als die optisch erscheinende Fläche – anders als bei Magneto- oder Elektrostaten. Und da bei der PureVox zudem nun mal zwei AMT pro Box verbaut würden, sehe sie auch dynamisch forderndem Programm wie scharfen Bläser-Einsätzen oder lauten Sopranstimmen gelassen entgegen.

Zurück zum Gehäuse, in dem diese Treiber stecken. Mit Material- und Formwahl wollte man mehr erreichen als nur einen Hingucker. Das verwendete Aluminium sei hinsichtlich Dämpfung und Resonanzanfälligkeit bei niedrigen Frequenzen sowieso schon sehr gut, besser jedenfalls als die gängigen Holzwerkstoffe, meint Candeias. Hinzu komme, dass die Struktur der PureVox-Wandungen dafür sorge, dass die Resonanzen ab dem Mittenbereich sehr klein seien – man könnte die Gehäusewände als „wellblechartig“ bezeichnen, allerdings sind die „Wellen“ im Innern bewusst größer und die Radien rund gehalten, während sie außen kleiner ausfallen und runde Täler mit flachen Bergen wechseln, zudem variiert die Wandstärke zwischen 6 und 10 mm.

Blick ins Innere der BMC PureVox
Blick ins „nackte“ Innere der BMC PureVox

Um das noch verbliebene minimale Eigenleben des Materials zu unterbinden, wird mit Heißluft Dämpfungsmaterial auf die Wände geschmolzen. Durch die Welligkeit sei die Verteilung dieser Dämpfung nicht homogen, was hinsichtlich der Resonanzen ebenfalls günstig sei.

Hier wurde das Dämpfungsmaterial schon aufgeklebt
Hier wurde das Dämpfungsmaterial aufgeklebt

Schließlich werden noch Querverstrebungen im Gehäuse angebracht und mit einer Extramenge des Wandbedämpfungsmaterials versehen – sowie der gesamte Innenraum des Lautsprechers mit „stark entölter Schafwolle“ definiert befüllt, dem vorgeblich besten Material für diesen Zweck.

Blick auf die Streben im Innern der BMC-Box
Blick auf die Streben im Innern der BMC-Box

Wichtig ist dem BMC-Chef, dass durch die Summe der Maßnahmen zweierlei erreicht wird: zum einen ein deutlich ruhigeres Gehäuse als bei normalen aus Holz gefertigten Boxen, zum anderen dass dem Musiksignal deutlich weniger Energie entzogen wird, was Candeias als positiv erachtet.

Integraler Bestandteil der B.M.C. Audio PureVox ist der fest mit dem eigentlichen Lautsprechergehäuse montierte Ständer inklusive Bodenplatte. An der aus dem gleichen Material gefertigten Strebe fällt dreierlei auf: Innen ist sie hohl, also bietet sie den perfekten Platz für die Frequenzweiche, die so dem Schalldruck im Lautsprecherinnern und damit stärkeren Mikrofonieeffekten entzogen wird.

Der Sockel bietet Platz für die Frequenzweiche
Der Sockel bietet Platz für die Frequenzweiche

Des Weiteren befindet sich auf dem Terminal rechter Hand ein kleiner Kippschalter, mit dem man die Klangbalance des Lautsprechers ein wenig wärmer oder heller gestalten kann. Dies erfolgt nicht durch direktes Anheben/Absenken des Hochtons, sondern mittels der Beeinflussung der Flankensteilheit der Filter bei der Übergangsfrequenz. Und drittens schließlich gibt’s neben den üblichen Polklemmen auch noch meinen persönlichen Lieblings-Lautsprecheranschluss, nämlich den im Pro-Lager allgegenwärtigen und im HiFi-Bereich extrem selten vorzufindenden Speakon-Anschluss. Mich freut’s, denn so kann ich mein fis-Audio-Studioline-Lautsprecherkabel weiterverwenden, welches ich extra für die ebenfalls mit Speakon bewehrte Dynamikks Monitor 8.12 – nicht zuletzt aus klanglichen Gründen – so habe konfektionieren lassen.

Wird selten gesichtet: Speakon-Lautsprecheranschluss
Wird selten gesichtet: Speakon-Lautsprecheranschluss

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