Inhaltsverzeichnis
März 2017 / Martin Mertens
Totgesagte leben länger. Das scheint im Bereich der gehobenen Unterhaltungselektronik in besonderem Maße zu gelten. Die Schallplattentechnik zum Beispiel wollten viele in den 1980er Jahren für immer beerdigen – zu offensichtlich schienen die Vorteile der Audio-CD. Und jetzt? Können Sie richtig Geld verdienen, falls Sie noch irgendwo eine Schneidemaschine für Schallplatten-Matrizen im Keller haben oder ein Presswerk eröffnen. Zehn-zwanzig Jahre vorher ging es der Röhrentechnik ähnlich. Als sich die Transistorelektronik durchsetzte, galt die Verstärker-Röhre als erledigt. Heute machen findige Unternehmer Röhren-Werke auf und entwickeln sogar neue Modelle. Und der kleine Röhrenvollverstärker Triode 25 von Unison Research (Vertrieb: www.tad-audiovertrieb.de) ist sowieso quicklebendig.
Ich gebe zu, ich habe ein Faible für Röhrenverstärker. Lange habe ich glücklich mit einem Jadis Orchestra Blacksilver Musik gehört – und dieser kleine Verstärker gehört zu den wenigen HiFi-Komponenten, denen ich im Nachhinein hinterher trauere. Denn auch, wenn er nicht perfekt war – mit ihm Musik zu hören war vor allem eines: niemals langweilig. In grauer Vorzeit besaß ich sogar mal ein Paar Röhrenmonos der Marke Kebschull, die ich damals besser fand als preislich vergleichbare Transistorendstufen – und fürs gleiche Geld gab es damals sehr namhafte japanische „Dickschiffe“.
Aber ich mag die Technik, ich mag den Blick auf die glühenden Röhren – ich mag es zu sehen, wo die Musik verstärkt wird. Und vor allem mag ich den Klang. Röhrenverstärker empfinde ich sehr oft als „musikalischer“ und vor allem als schneller, ansatzloser, unmittelbarer als viele Transistorgeräte. Ok, mit entsprechendem Aufwand können die das auch. Doch wenn der Aufwand vertretbar, will sagen bezahlbar bleiben soll, finde ich im Röhren-Lager meist eher eine Komponente, die mich klanglich anspricht. Dabei muss es keine exotische Uralt-Technik sein. Mag sein, dass ein Single Ended-300B-Röhrenverstärker mit 8 Watt Ausgangsleistung noch mal einen ganz eigenen Charme hat. Ich persönlich werde aber auch mit zwei EL34 pro Kanal im Push-Pull-Betrieb glücklich. Das ist meist für irgend etwas zwischen 35 bis 45 Watt gut und somit für die meisten HiFi-Zwecke vollkommen ausreichend. Hochwirkungsgradlautsprecher braucht man dafür nicht unbedingt, auch wenn es vorteilhaft ist, wenn der Impedanzverlauf der angeschlossenen Boxen nicht allzu extrem schwankt und tendenziell eher im hochohmigen Bereich liegt.
Der hier zum Test anstehende Unison Triode 25 passt genau in mein Beuteschema. Denn auch, wenn er die Bezeichnung „Triode“ im Namen trägt, arbeitet er in der Leistungsabteilung mit den bewährten EL34, die bauartbedingt Pentoden sind. Allerdings kann man bei ihm Schirm- und Bremsgitter auch einfach ausschalten und schon arbeiten seine Pentoden wie Trioden. Zu dem Preis, dass sie eine geringere Leistungsausbeute bieten: Der Triode 25 bringt es so nur noch auf 2 x 23 Watt. Dass das in die Nähe von 25 Watt kommt, ist übrigens nicht der Grund, weshalb der Verstärker Triode 25 heißt. Vielmehr hat Unison Research ihn zum 25jährigen Firmenjubiläum herausgebracht.
Flexibles Kerlchen: Der Unison Triode 25 lässt dem Besitzer die Wahl zwischen hohem und niedrigem (eigentlich: geringem und sehr geringem) Feedback sowie dem Pentoden- und Trioden-Modus (oben). Eine Messvorrichtung zur Einstellung des Ruhestroms ist ebenfalls mit an Bord (mitte & unten)
Der große Vorteil bei der Verwendung von Pentoden ist, dass sie natürlich auch als solche arbeiten können. In der entsprechenden Betriebsart steht dann mit 2 x 45 Watt die doppelte Leistung zur Verfügung. Und der Triode 25 bietet eine weitere interessante Option: Die unter Hardcore-Röhrenenthusiasten verpönte Gegenkopplung lässt sich zwischen 1,8 und 5 dB umschalten. Bei einer Single-Ended-Schaltung kann man, wenn sorgfältig gearbeitet wird, komplett auf eine Gegenkopplung verzichten – ja, man muss das teilweise auch, damit von den beispielsweise drei bis fünf Watt, die eine 2A3 in dieser Betriebsart leistet, noch etwas übrig bleibt. Bei einer Push-Pull-Schaltung ist man für den praxisgerechten Einsatz jedoch auf ein Minimum an Gegenkopplung angewiesen. Die 1,8 dB, mit der der Unison-Verstärker in der Einstellung „Low“ arbeitet, sind sehr wenig. Der Triode 25 kommt damit unterschiedlichen Wünschen entgegen. Wer Röhre lieber „klassisch“ will, kann ihn im Trioden-Betrieb mit niedriger Gegenkopplung laufen lassen. Wer Röhre „modern“ mag, nimmt dagegen den Pentoden-Betrieb mit höherer Gegenkopplung und wer „exotisch“ präferiert, experimentiert mit Triode mit hoher Gegenkopplung oder Pentode mit niedriger Gegenkopplung.
Der Triode 25 ist auch mit Schutzgitter ein Hingucker
Ein viel diskutiertes Thema im Zusammenhang mit Röhrenverstärkern ist die Einstellung des Ruhestroms der Leistungsröhren, auch Bias genannt. Herstellungsbedingt haben auch Röhren des gleichen Modells leicht unterschiedliche Arbeitspunkte. Deshalb benötigt jede einzelne Röhre eine individuelle Ruhestromeinstellung. Zu allem Überfluss kann sich der Arbeitspunkt einer neuen Röhre, wenn sie altert, verschieben. Eine Möglichkeit damit umzugehen besteht darin, vorgealterte beziehungsweise „eingebrannte“ Röhren zu verwenden, deren Arbeitspunkt sich nicht mehr allzu groß verändert, und den Ruhestrom für jede Röhre ab Werk fest einzustellen. Ein Röhrentausch, der je nach Nutzung etwa alle 5 bis 10 Jahre fällig wird, muss dann beim Hersteller oder Fachhändler erfolgen, wo der Bias für die neuen Röhren wieder individuell eingestellt wird. Eine andere Möglichkeit ist dem Besitzer Kontrolle und Justage des Bias zu überlassen. Das erfordert eine Messeinrichtung, die einige Hersteller gleich einbauen, sowie von außen zugängliche Regler für den Ruhestrom. Hier besteht allerdings die Gefahr, dass der Besitzer den Ruhestrom falsch einstellt. Im einfachsten Fall leidet der Klang, im schlimmsten kommt es zu Schäden an den Röhren oder am Verstärker. Schließlich gibt es auch Schaltungen, die den Bias automatisch regeln. Die sind jedoch aus klanglicher Sicht umstritten.
Blick ins Innere des Unison Triode 25
Unison Research hat sich beim Triode 25 für einen Kompromiss entschieden. Zum einen sind 1/3 des Ruhestroms fest eingestellt, sodass dem Nutzer ein Regelbereich von 2/3 bleibt und dadurch beim Einstellen nicht in Gefilde kommen kann, in denen Gefahr für Röhren oder Verstärker besteht. Zum anderen lässt sich der Ruhestrom immer nur gemeinsam für ein Röhren-Paar einstellen. Das hat den Vorteil, dass man die Push-Pull-Schaltung nicht aus dem Gleichgewicht bringen kann, was hohe Verzerrungen verursachen würde – und den Nachteil, dass sich nur „matched Pairs“ verwenden lassen, also Paare, die vorgealtert und dann im Hinblick auf gleiche Ruhestrom-Werte selektiert wurden. Insgesamt eine praxisgerechte Lösung. So hat der Besitzer die Kontrolle und kann selber die Röhren wechseln, ohne Gefahr zu laufen, ernsthafte Schäden anzurichten. Er muss lediglich darauf achten, selektierte Röhrenpaare zu kaufen – was im Fall der EL34 kein Problem darstellt. Selbst aus alten Produktionen, „New Old Stock“ (NOS) genannt, gibt es noch üppige Bestände, aus denen entsprechende Paare zusammengestellt werden können. Der deutsche Unison-Vertrieb TAD empfiehlt aus klanglichen Gründen gematchte Röhren des Herstellers Mullard – und hält solche für den Triode 25 auf Lager.
Test: Unison Research Triode 25 | Vollverstärker