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November 2011 / Ralph Werner
Nun, jeder Beruf geht wohl mit einer gewissen „Deformation“ einher, und damit meine ich nicht, dass der Handwerker Schwielen an den Händen und der Büromensch ähnliches am Hintern bekommt, sondern eher so eine Art geistige Schwiele durch Gewöhnung ans jeweilige Aufgabenfeld:
Fragte mich jemand, welcher Bestandteil in meiner Anlage so um die anderthalbtausend Euro kostet, müsste ich zunächst mal etwas überlegen … und käme dann wohl auf meine NF-Verbinder. Wahrscheinlich fügte ich noch treuherzig hinzu: „Die sind aber viel besser als man bei dem schlanken Kurs vermuten sollte!“, und spätestens jetzt käme es zu scheibenwischerartigen Armbewegungen vorm Kopf des Fragenden – sollte der nicht zufällig auch ein High-End-Spinner sein.
Vor einer professionellen snobistischen Deformation schützt den HiFi-Tester der Umgang mit (relativ) günstigen Produkten; hat man sich erst einmal an „Cost-no-Object“-Kreationen aus dem High-End-Himmel gewöhnt, staunt man nämlich, was mit dem Bruchteil des Budgets alles möglich ist. Nun wusste ich zwar noch nichts über die akustischen Qualitäten unseres Testkandidaten Kef Q900 (www.kef.com) als ich ihn zu mir hochtrug, gleichwohl hätte ich doch deutlich niedlicher dimensionierte Kartons erwartet; und dass mich nach dem Auspacken und Aufstellen gleich acht (!) Achtzöller anstarren, lässt mich schon die Augenbrauen lupfen. Ja, ich weiß, klanglich sagt dies ebenfalls nicht viel aus, aber ich habe auch wirklich schon mal weniger Materialeinsatz fürs Geld gesehen.
„Designed and Engineered in the UK“, steht auf dem Karton – und in zehnmal kleinerer Schrift „Made in China“. Lustig. Nun, vielleicht reflektiert es den Umstand, dass sich das in dieser Preisklasse sowieso von selbst versteht, und warum auf Selbstverständlichkeiten groß den Fokus legen? Die Q900 ist das größte Standmodell der „New Q-Serie“, die insgesamt zwei Kompakte, drei Standboxen, zwei Center, einen Subwoofer sowie einen Rear-Dipollautsprecher umfasst (übrigens wird der Vorgänger dieser Lautsprecherfamilie noch unter dem Namen „Classic Q-Serie“ angeboten). Mit 1,1 Meter Höhe ist die Q900 in der Tat ein ausgewachsenes Exemplar, und da sie sich, wie ich schon mal verraten kann, auch akustisch groß gibt, sollte man ihr ein wenig Auslauf gönnen: In einer 15-qm-Hörkabine dürfte sie sich als „oversized“ erweisen. Doch dazu später mehr, zunächst einmal etwas Technik …
Test: Kef Q900 | Standlautsprecher