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Oktober 2013 / Frank Hakopians
Nordost. Ein Name, der seit vielen Jahren hoch gehandelt wird, wenn es um hochwertige Kabelverbindungen geht. Interessierte werden wissen, dass die Amerikaner ihre Produkte gerne mit Namen aus der nordischen Mythologie versehen. So gehört das legendäre Valhalla aus der Top-Klasse des Herstellers seit vielen Jahren zu den bestverkauften Hochpreiskabeln weltweit. Aber auch darunter präsentiert Nordost ein breitgefächertes Angebot. Wie beispielsweise die Norse-Serie, die sich in die „Sparten“ Tyr, Frey sowie – hier zum Test anstehend – Heimdall aufteilt und bereits reichlich vom, bitte wörtlich nehmen, sagenhaften Nordost-Klang bieten soll.
Von Connect Audio, seit Jahren der hiesige Vertrieb des amerikanischen Kabelherstellers, habe ich mir ein Päckchen schnüren lassen, in welchem sich nicht nur Lautsprecher- und Signalkabel (RCA sowie XLR) der Heimdall-Reihe finden, sondern auch Netzkabel. Damit lässt sich meine Anlage komplett verkabeln – auch wegen des Aufspürens möglicher Synergieeffekte hilfreich.
Die Heimdall-Leiter sind Nordosts Einstiegsofferte aus der Norse-Serie und wurden nach dem Gott des Lichtes und Hüter der einzigen Brücke nach Asgard, dem Wohnsitz der nordischen Gottheiten, benannt. Übrigens handelt es sich genau genommen um die Serie Heimdall „2“ – eine seit knapp zwei Jahren erhältliche Generation. Gleiches gilt für die anderen Norse-Kabel. Darüber hinaus wird inzwischen auch ein Valhalla 2 angeboten. Allerdings hat es die ursprüngliche Variante geschafft, als Valhalla Classic im Programm zu bleiben. Laut Vertrieb existiert eine weiterhin ungebrochene Nachfrage nach diesem Klassiker. Außerdem ist der Preissprung vom Tyr zum weiterentwickelten Valhalla 2 wohl ungewöhnlich üppig ausgefallen, so dass eine empfindliche Lücke im Portfolio aufzureißen drohte.
Die Kabel kommen in hochwertig gemachten Verpackungen ins Haus und es fühlt sich ein wenig wie Weihnachten an, als ich beginne sie auszupacken. Mitten auf der Schachtel prangt eine Art Streitaxt oder ist es gar Thors Hammer? Der mythologische Marketing-Aufhänger wird also konsequent durchgezogen …
Die Strippen selbst wirken dann allerdings keineswegs so mythisch umwoben, wie es das Marketing gerne suggerieren möchte. Die einzige Skurrilität, die sich die Heimdall 2 leisten, ist ihre etwas extravagante, rot eingefärbte Hülle. Ansonsten herrscht der Eindruck schnörkelloser Qualitätsarbeit. Wer schon mal mit sogenannten Manufakturkabeln zu tun hatte, deren Stecker sich bereits nach dem zehnten Umstöpseln problemlos vom Kabel lösen ließen, weiß das zu schätzen. Die Stecker, sowohl die der NF- als auch der Stromkabel, sind robust und von guter Qualität. Aus dem allererlesensten Topsegment stammen sie aber nicht, dass bleibt den aufwändigeren und deutlich teureren Valhalla- und Odin-Kabeln vorbehalten. Die Lautsprecherkabel werden – wie bei unserem Testmuster – mit massiven, vergoldeten Spades oder auf Wunsch auch mit Hohlbananas konfektioniert. Alles wirkt professionell und mit Umsicht gefertigt. Das Kennzeichnen der Laufrichtungen ist bei Nordost eine Selbstverständlichkeit.
Schrumpfschlauch sorgt bei den Heimdalls für ausreichend Stabilität im Bereich der Kontaktierungen, welche noch zusätzlich zum Schutz vor Oxidation mittels eines speziellen Silikons versiegelt werden. Exhibitionistisch geben sich die Lautsprecherkabel mit ihrem farblosen FEP-Außenmantel. Fluorethylenpropylen, der Handelsname Teflon dürfte den meisten geläufiger sein, zeichnet sich durch seine ausgeprägte Transparenz und hohe UV-Beständigkeit aus. Darüber hinaus ist FEP ein hervorragender elektrischer Isolator, mechanisch ausgesprochen stabil und thermoplastisch leicht zu verarbeiten.
Im Falle des Heimdall 2 umschließt der Mantel achtzehn parallel verlaufende Hohlräume in denen die Leiter des Lautsprecherkabels verlaufen. Das Leitermaterial ist das häufig anzutreffende hochreine OFC-Kupfer, welches Nordost zusätzlich mit einer 0,06 Millimeter dicken Silberschicht überzieht und anschließend poliert. Ein dünner, roter, um den Leiter geschlungener FEP-Faden weist das Kabel nicht nur farblich als Heimdall aus, sondern stellt auch einen definierten Abstand zum Außenmantel her. Damit gelingt es den amerikanischen Kabelspezialisten ihre Signalleiter fast völlig mit der im Hohlraum befindlichen Luft – gemeinhin als optimaler Isolator anerkannt – zu umgeben.
Bei Nordost nennt sich dieser Aufbau „Micro-Monofilament-Technologie“. Klingt schön technisch und darf als klare Absage an jede Form des Kabelvoodoos verstanden werden.
Bei den NF- und Stromkabeln gerät der Aufbau zwar etwas komplexer, prinzipiell folgt Nordost aber auch hier seinem Konzept mit Signalleitern aus versilbertem OFC-Kupfer und Luft als Isolator. Allerdings werden die Leiter hier verdrillt. Wieder sorgen FEP-Fäden dafür, dass sich die Leiter nicht berühren und reichlich Luft zwischen ihnen verbleibt.
Die rötlich-transparente Außenhülle der Netzkabel erlaubt zudem den Blick auf diesen wohlgeordnet in Spiralen verlaufenden Innenaufbau aus Massivleitern. Bei den NF-Kabel ist dann aber Schluss mit der Offenherzigkeit. Die verfügen nämlich zwecks besserer HF-Einstreufestigkeit noch über eine zusätzliche blickdichte Schirmung.
In der täglichen Praxis erweisen sich die Kabel als mechanisch belastbar und erlauben auch enge Radien. Knicken sollte man aber speziell die Lautsprecherkabel besser nicht. Die Solid-Core-Leiter sind recht dünn und könnten brechen. Kollege Jörg Dames hat darüber hinaus auch Bedenken bezüglich der Trittfestigkeit der flachen Strippen angemeldet. Gegenüber meinem Gewicht (hoher zweistelliger Bereich) geben sich die flachen Lautsprecherkabel ausreichend widerstandsfähig. Sollten in ihrem Haushalt allerdings Stilettos zur üblichen Fußbekleidung zählen, sieht die Sache natürlich etwas anders aus. Da trifft es sich gut, dass Nordost empfiehlt, die Lautsprecherkabel aus klanglichen Gründen hochkant liegend zu betreiben.
Alle Nordostkabel zeichnen sich letztlich durch ihr klares, fast möchte man sagen: nordisch-klares Bauprinzip aus. Die strikte Umsetzung dieses Konzeptes ermöglicht es dem Hersteller auf übliche Füllstoffe wie Baumwolle, PVC, Schaumstoffe oder Metallfolien zu verzichten. Die Füllstoffe sollen laut Nordost den Klang herkömmlicher Kabel regelrecht „aufplustern“ und damit deutlich verschlechtern. Variiert werden bei Nordost je nach Anwendungszweck und Position innerhalb der Produkthierarchie die Anzahl der Leiter, Art und Güte des Leitermaterials nebst deren Oberflächenbehandlung und nicht zuletzt die Art und Weise des Verdrillens bei den Netz und NF-Kabeln, womit diese eine mehr oder weniger komplexe dreidimensionale Struktur erhalten.
Test: Nordost Heimdall 2 | Kabel