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Ein Kabel ist ein Kabel ist ein Kabel? Denkste. Gerade bei der Übertragung der zarten Phonosignale zum Phono-Vorverstärker hat das signalleitende Element einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Wohl und Wehe des Endresultats. Kein Wunder also, dass Boaacoustic (Web: www.boaacoustic.de), einer der jüngsten und gleichzeitig umtriebigsten Anbieter hochwertiger Musiksignalverbinder, in seinen beiden Kabel-Serien „Kupfer“ und „Silber“ auch entsprechende Angebote führt. Nur die brandneue Einstiegsserie „Blueberry“ muss (noch?) ohne dedizierten Phonoverbinder auskommen. Das Topmodell aus der Silber-Serie besitzt den galaktischen Namen „Boaacoustic Silver Galaxy“, wobei ein „A“ in der Nomenklatur für den Einsatz eines im 90°-Winkel abgehenden SME-Steckers steht – preislich liegt es bei 400 Euro/1 m. Ohne diesen Buchstabenzusatz kommt das Silver Galaxy mit einem geraden SME-Stecker und kostet 20 Euro weniger, als reine RCA-Version, sinnigerweise Silver Galaxy RCA getauft, wechselt das Phonokabel für 430 Euro/1 m den Besitzer.
Fließender Übergang
Boaacoustic hat sich entschieden, im Phonokabel Silver Galaxy sogenanntes OCC-Kupfer für den Signalleiter zu verwenden. Dieses „Ohno Continuous Casting“-Kupfer besitzt, so die Theorie, eine besonders gleichmäßige und damit das Signal weniger beeinflussende Kristallstruktur mit sehr reduzierter Anzahl an Kristallgrenzen. Die Folge sollen geringere Streuverluste des Signals sein.
Zusätzlich zur Verwendung von möglichst reinem Kupfer (natürlich reden wir auch beim OCC-Kupfer von einer Sauerstofffreiheit um 99,9999 %, es handelt sich also um sogenanntes 6N-Kupfer) veredelt der Hersteller JIB die einzelnen Litzen mit einer Versilberung. Von diesen Litzen finden sich 19 Stück mit einem Querschnitt von jeweils 0,127 mm² in einem Leiter, was sich zu einer Gesamtquerschnittsfläche von 2,41 mm² addiert. Zur (akademischen) Diskussion über die Versilberungs-Maßnahme habe ich bereits ein wenig im Test des Boaacoustic Silver Digital Xeno gesagt, sodass ich Ihnen das hier ersparen möchte.
Der Vollständigkeit halber sei aber kurz erwähnt, dass Silberkabeln nicht zuletzt dank des sehr guten Leitwerts des Materials vor allem im Hochton beste Eigenschaften nachgesagt werden, und wer schon mal was vom Skineffekt gehört hat, weiß, dass Signale umso weiter außen im Leiter fließen, je höher ihre Frequenz ist. Sollte also Boaacoustics Silver Galaxy mit dem aufs Kupfer aufgetragenen Silber den höchsten Frequenzen beste Bedingungen bereiten? Nun, das lässt sich wohl nur in der Praxis klären. Besonders hervorzuheben ist jedenfalls die mit knapp 21 pF pro Meter sehr niedrige Kapazität des Boaacoustic Silver Galaxy, die es auch für MM-Freunde interessant machen dürfte.
Schutzschild
Boaacoustic legt Wert auf einen besonders verlässlichen Schutz vor Fremdsignaleinstreuungen, daher setzt man bei allen Modellen auf eine mehrfache Abschirmung. Im Boaacoustic Silver Galaxy finden sich dann, wie schon im USB-Verbinder Silver Digital Xeno, gleich drei Schirmungsebenen und eine Filtermaßnahme: Hier wie da schützen ein OFC-Kupfergeflecht, eine Lage Aluminiumfolie sowie ein weiteres, diesmal verzinntes Kupfergeflecht das Signal vor Einstreuungen – und ein Ferritkernring soll dann noch vor Unbill wie Gleichtaktstörungen aus den Netzteilen der verwendeten Geräte dienen. Um dieses „elektromagnetische Bollwerk“ herum wickelt man in Blankenfelde-Mahlow bei Berlin noch eine Lage FPE sowie einen chlorfreien Baumwollmantel, der mir im Vergleich zum Silver Digital Xeno aufgrund des höheren Schwarzanteils besser gefällt. Das insgesamt acht Millimeter durchmessende Kabel ist ausreichend flexibel und fasst sich hochwertig an.
Höreindruck und Vergleich
Da mein Kuzma-Tonarm mit einem durchgehend verdrahteten Cardas-Kabel ausgestattet ist, kommt mir der Aufenthalt des jüngst getesteten Transrotor Alto zu Testzwecken sehr gelegen. Der ist nämlich mit dem Tonarm SME 5009 ausgestattet und das von Transrotor original beigelegte SME-Phonokabel wird laut Herrn Räke für 750 Euro angeboten – es handelt sich um ein Van den Hul D-501 Silver Hybrid. Kein leichter Sparringspartner für das Boaacoustic Silver Galaxy, dem ich dank einer freundlichen Leihgabe vom Kollegen Ralph Werner auch noch das „kleine“ SME-Phonokabel, das Van den Hul D-501 Hybrid (ohne Silver), als Kontrahenten beiseitestelle. Die einfache D-501-Variante ist im Prinzip baugleich mit dem Silver Hybrid, besitzt allerdings statt der Reinsilberleiter Litzen aus OFC-Kupfer und wird für freundlichere 350 Euro angeboten.
Der offen und leichtfüßig musizierende Transrotor Alto und sein SME-5009-Tonarm standen nach dem Test noch eine Weile bei mir, sodass ich ausgiebig Gelegenheit hatte, ihn mit den verschiedenen Verkabelungen zu hören. Einigermaßen baff bin ich, dass das Boaacoustic Silver Galaxy nun ausgerechnet in Sachen Offenheit im Hochton gegenüber der teureren D-501 Silber Hybrid-Verkabelung von Van den Hul ein Schippchen drauflegen kann. Das macht sich vor allem bei der Wiedergabe von Schlagzeugblechen, Glockenspielen und elektronisch generierten Impulsen bemerkbar, die das Boaacoustic-Phonokabel allesamt mit einer etwas strahlenderen Aura ausstattet. In „Take Five“ von Jazz at the Pawnshop scheinen die Transienten besonders leichtfüßig aus den Lautsprechern zu flirren, die Schlagzeugbleche besitzen etwas mehr Biss, Präsenz und zudem eine präzisere Abstufung feindynamischer Information. Die Van-den-Hul-Einstiegsverdrahtung lässt das Boaacoustic Silver Galaxy in all diesen Disziplinen mit deutlichem Abstand hinter sich, was vielleicht nicht allzu erstaunlich ist. Dass es aber auch gegenüber dem Van den Hul D-501 Silver Hybrid seine diesbezüglichen Kompetenzen ein wenig aktiver in die Sonne stellt, war nicht unbedingt zu erwarten.
Nach einigem Hören wird aber klar, dass dieser Eindruck zumindest auch ein wenig daher rührt, dass das Van-den-Hul-Kabel in den oberen Frequenzgefilden minimal sauberer spielt, was zu einem etwas weniger extrovertierten Hochton führt. Dennoch kann man hier von einem Gleichstand mit Charakterunterschieden in der Hochtonperformance sprechen – wer’s funkelnder mag, wird wohl das Boaacoustic vorziehen, wer auf höchste Reinheit Wert legt, das Van den Hul.
Gut geschnitten
Stellt das Boaacoustic Silver Galaxy die Verbindung vom SME-Arm zur Phonostufe her, scheint mir der gesamte Raum in den Links-Rechts- und Oben-Unten-Dimensionen ein paar Fingerbreit zuzulegen. Allerdings nicht an Volumen, denn dafür müsste die Ausdehnung auch in der Tiefendimension größer werden – was nicht geschieht. Stattdessen verschiebt sich die in zwei Dimensionen vergrößerte Bühne wie herangezoomt ein kleines bisschen in meine, also des Hörers, Richtung – und die einzelnen Klänge wirken dabei einen Hauch weniger dreidimensional und holografisch als mit dem teureren Van den Hul D-501 Silver Hybrid. Der Unterschied ist marginal, aber eben wahrnehmbar, und in Anbetracht des Preisunterschieds der beiden Kabel auch keine große Überraschung.
Dynamisch gibt sich das Boaacoustic Silver Galaxy alles andere als schüchtern und lässt das kleinere Van den Hul D-501 Hybrid geradezu vor Ehrfurcht erblassen. Dabei wird aber auch nicht übertrieben: Wo ein Wumms sein soll, ist auch einer, doch wo er nicht mit Nachdruck verlangt wird, kann es auch an sich halten – das Silver Galaxy ist kein ungestümer Jungspund. So vermittelt es zum Beispiel sehr gut, dass die Bassdrum auf Panteras „Far Beyond Driven“ mehr (von Limiter und Kompressor verhunzten) Schein als Sein darstellt, während es die mächtigen und ultratiefen Bassschläge in Sara K’s „Waterfalls“ vom gleichnamigen Album (auf Amazon anhören) ebenso markant und massiv weiterreicht wie es Tutti klassischer Orchester ohne auszufransen und unkomprimiert in den Raum stellen kann.
Bei elektronisch generierter Musik kann das Boaacoustic Silver Galaxy mit seiner offenen, schnellen Diktion noch besser punkten als, sagen wir mal, mit akustischen Besetzungen auf echten Bühnen. Die infamen Tischtennisbälle in Nicolas Jaars „Colomb“ (Album: Space Is Only Noise; auf Amazon anhören) besitzen, vom Silver Galaxy übertragen, nicht nur eine Extraportion Speed gegenüber dem kleinen Van den Hul, sondern lassen sich auch akustisch bestens voneinander unterscheiden. Zudem verleiht das Boaacoustic dem Ausklingen des Impulses eine gewisse Geschmeidigkeit, die mir zum ersten mal aktiv klargemacht wird und die ich so auch nicht mit der VdH-Silver-Hybrid-Variante realisiert habe. Es sind genau diese Momente, die das Feuer der HiFi-Passion immer wieder neu anfachen – herrlich!
Bon vivant
Ein angenehm farbiger, warmer Tiefton, der bis in den Oberbass hinein eine wohlige Wärme ohne jeden Anflug von Askese vermittelt, definiert dieses Kabel ebenso wie die Detailfreude im strahlenden Hochton. Und ich glaube, dass es diese eher vollmundige Balance im sehr tief hinabreichenden Frequenzkeller ist, die das Silver Galaxy zu keinem Zeitpunkt nervig werden lässt, und zwar trotz seiner sehr hohen Auflösungsfähigkeiten. Das Van den Hul D-501 Silver Hybrid bemüht sich, hier ein wenig mehr Disziplin zu wahren, lässt beispielsweise die Sub-40-Hz-Bässe in „Colomb“ etwas weniger lange nachschwingen. Bassimpulse verrundet das Silver Galaxy jedoch ebenfalls nicht, gerade eine kräftig getretene (und entsprechend aufgenommene) Bassdrum und die Schlagzeug-Toms besitzen eine angenehme Balance von Punch und Resonanzraum – so saftig und druckvoll könnte ich Machine Heads erstes Album Burn My Eyes (auf Amazon anhören) dauernd hören!
Was dem Boaacoustic etwas abgeht, das sind die knackige Präsenz im Mittelton und die körperhafte Holografie des Van den Hul D-501 Silver Hybrid. Diese vor einem etwas saubereren, ruhigeren Hintergrund aufbauende Holografie macht es dem Hörer etwas leichter, einzelne Schallquellen auf der Bühne zu identifizieren und voneinander abzugrenzen; auch die subtile Klangfärbung von Instrumenten meine ich beim Van den Hul etwas natürlicher zu vernehmen. Im direkten Gegenzug jedoch muss das D-501 Silver Hybrid wieder klein beigeben, wenn es um die flüssige Geschmeidigkeit von Impulsen und deren Transitionen geht – Sie erinnern sich an die von mir so gerne zitierten Tischtennisbälle? Dieser Schuss „eleganter Fluidität“ balanciert gekonnt den tonal extrovertierteren Charakter des Boaacoustic aus und verleiht ihm den richtigen Schuss Distinguiertheit.
Testfazit: Boaacoustic Silver Galaxy
Das Phonokabel Boaacoustic Silver Galaxy klingt offen und frisch und komplementiert seinen durchsichtigen, für die Preisklasse herausragend detailreichen Hochton mit einem recht warmen und druckvollen Bassbereich sowie einem minimal zurückhaltenden Mittelton. Die Abbildung des Boaacoustic Silver Galaxy gerät in der räumlichen Links/Rechts-Ausdehnung sehr großzügig, dabei zoomt es die Bühne ein wenig an den Hörer heran und stellt den Raum einen Tick flächiger in Bezug auf die einzelnen Klangkörper dar, sodass es tendenziell den Fokus eher auf das große, eindrucksvolle Ganze legt als auf die individuell-körperhafte Präsentation isolierter Schallereignisse. Mit seinem überzeugenden Preis-Leistungs-Verhältnis dürfte sich das Boaacoustic Silver Galaxy viele Freunde machen, insbesondere unter Liebhabern großer Klangbilder, gewaltiger Tutti, Walls of Sound und jeder Art von extrovertierter Musik.
Fakten:
- Modell: Boaacoustic Silver Galaxy
- Konzept: Phonokabel
- Preis: ab 380 Euro (je nach Terminierung und Länge)
Vertrieb:
JIB-Germany
Am Großen Rohrpfuhl 25 | 12355 Berlin
Telefon: + 49 (0) 3379 – 590 33 87
E-Mail: kontakt@jib-germany.de
Web: www.boaacoustic.de
Test: Boaacoustic Silver Galaxy | Phono-Zubehör