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„Die Veränderung von Merkmalen über die Zeit und von Generation zu Generation durch Selektion.“ – So lässt sich der semantische Gehalt des Wörtchens „Evolution“ beschreiben, das der Hersteller JIB Germany der neuen Serie seiner Marke Boaacoustic (Web: www.boaacoustic.de) als Vornamen ins Stammbuch geschrieben hat: Evolution Black. Doch anders als in der Welt der Kreditkarten, liegt „Schwarz“ hier nicht an der Spitze der Hierarchie, sondern reiht sich zwischen den beiden anspruchsvollsten Serien von Boaacoustic ein. „Silber“ bleibt der Herr im Haus, während „Kupfer“ nun auf Platz 3 verschoben wird. Darunter rangieren wie gehabt zwei „Früchtchen“, die Einsteiger-Serien „Blueberry“ und „Blackberry“.
Die neue, schwarze Evolution besitzt schon zum Saisonbeginn Mannschaftsstärke, und einige Auswechselspieler sollen später nachkommen. Ende 2020 sind zunächst jeweils zwei symmetrische und unsymmetrische analoge NF-Kabel, je ein koaxiales und USB-Digitalkabel und gleich fünf Lautsprecherkabel inklusive Bi-Wiring- und Bi-Amping-Optionen am Start. Ein Netzkabel fehlt selbstverfreilich auch nicht. Hier im Test schlagen gleich vier Kabel auf:
Das erwähnte Netzkabel mit der Bezeichnung Boaacoustic Black.power-16 kostet 300 Euro für ein Meterstück, das RCA-Kabel Evolution Black.rca startet bei 300 Euro für ein Meter-Pärchen, das symmetrische Evolution Black.xlr-8 bei 275 Euro, und das Bi-Wiring-Lautsprecherkabel Evolution Black.sonic-17.biWire lässt sich ab 900 Euro für ein Paar in zwei Meter Länge bei Boaacoustic ordern; die klassischen „zwei mal drei Meter“ schlagen mit 1.300 Euro zu Buche. Das korrespondierende Single-Wiring-Modell Evolution Black.sonic-16 ist mit 650 Euro (2×2 Meter) beziehungsweise 950 Euro (2×3 Meter) um einiges günstiger.
Bis auf das Netzkabel ist allen hier vorgestellten Kabeln die laut Boaacoustic neue Innenleiterstruktur mit dem charmanten Namen „EVO.next.OCC“ gemein. Dabei kombiniert der Hersteller zu gleichen Teilen mehrlitzige Innenleiterstränge aus versilberten Kupferleitern (S-OCC/6N) und nicht-versilberte, materialreine Kupferleiter (OCC/6N) in einer „gezielten Anordnung“. Die versilberten Leiter waren bisher der Silber-Serie vorenthalten. Auch Elemente aus der Kupfer-Familie hat Boaacoustic verbaut, nämlich die dort bewährten Stecker und Hülsen. Eine Neuerung stellt dabei die „Tube-Banana“ der Lautsprecherkabel dar: Sie sollen mit ihrem Federstift für einen stabilen Sitz und dauerhaften Halt in den Verstärker- und Lautsprecher-Terminals sorgen. Spoiler: Je nach Terminal funktioniert das sehr gut oder mit ein bisschen Spiel. Die Tube-Bananas können bei Bedarf gegen die ebenfalls beigelegten Gabelschuhe ausgetauscht werden, und zwar in Sekundenschnelle, denn die 24k-vergoldeten und somit korrosionsfreien Stecker sind allesamt schraubbar.
Damit auch an den Verbindungen der Litzen mit den Steckern nichts schieflaufen kann, schützt Boaacoustic die Verlötung mit einer speziellen Umspritzung vor Umwelteinflüssen. So soll Sauerstoff keine Chance bekommen, diesen Bereich zu oxidieren. Die mehrteiligen Gehäusehülsen mit großflächigen Karbonelementen dienen zudem der Zugentlastung, so der Hersteller.
Damit dem Innenleben des eigentlichen Kabels keine Unbill widerfährt, wickelt Boaacoustic ein schwarzes Baumwollgewebe mit silbrigen Akzenten um die Innenleiter. Diese Hülle fühlt sich seidig-glatt-prall an und macht alle Kabel einigermaßen steif. Was wiederum in den meisten Fällen der mechanischen Integrität gegenüber Vibrationen guttun sollte (Stichwort Mikrofonie).
Auf dem Laufsteg
Schauen wir nun auf die einzelnen Kabel. Das Netzkabel Evolution Black.power-16 hat einen Durchmesser von 1,6 Zentimetern und eine mehrlitzige Innenleiterstruktur mit 3 x 3,862 mm² Querschnitt. Das Evolution Black.power-16 kommt, wie bereits gesagt, als einziges Modell der Serie allein mit einem Innenleiter aus OCC-Kupfer – versilberte Litzen jibbet hier nüscht. Die Isolierung und der Außenmantel bestehen aus chloriertem Polyethylen CPE. Die Standardlängen von 1 / 1,5 / 2 und 3 Metern dürften so ziemlich alle Bedürfnisse abdecken, doch sind auf Anfrage auch weitere Längen lieferbar.
Das koaxial aufgebaute NF-Kabel Boaacoustic Evolution Black.rca und das symmetrische XLR-Kabel Evolution Black.xlr-8 verfügen über die mehrlitzige EVO.next.OCC-Innenleiterstruktur und dürfen somit auch die erwähnten versilberten Litzen ins Feld führen. Die Schirmung erfolgt bei beiden NF-Kabeln durch Aluminiumfolie und ein verzinntes Kupfergeflecht. Die Kontaktflächen aller Stecker sind korrosionsbeständig mit 24k Gold beschichtet.
Das Lautsprecherkabel Boaacoustic Evolution Black.sonic-17.biWire besitzt gegenüber seiner Single-Wiring-Variante die doppelte Anzahl an Innenleitern, also pro Signalweg zweimal Plus und Minus. Das ergibt auch Sinn, denn einfach nur einen einzelnen Innenleiter vor dem Terminal aufzusplitten, bringt wenig Vorteile im Sinne des Bi-Wiring-Gedankens. Im Boaacoustic Evolution Black.sonic-17.biWire jedenfalls laufen die Signale für den Mittel-/Hochton- und Tiefton-Bereich getrennt. Die vier Innenleiter haben einen Querschnitt von jeweils 2,075 mm². Auch hier kommen je 50 % reines OCC und versilbertes OCC und damit die EVO.next.OCC-Konfiguration zum Einsatz. Wie das Netzkabel besitzen auch die Lautsprecherkabel ein festes Baumwollgeflecht um die Isolierungen, in diesem Fall mit einem Gesamtaußendurchmesser von 17 Millimetern.
Chapeau, Beaux!
Insgesamt liegen Materialanmutung und Verarbeitungsqualität der Evolution-Black-Serie auf einem sehr hohen Niveau. Ich muss gestehen, dass meine Audioquest-NF-Kabel – egal ob die etwas günstigeren Mackenzies oder die in etwa gleich teuren Yukon-Modelle – im Vergleich etwas, nun ja, einfach wirken. Von den eher hemdsärmelig gestalteten Norma Audio IC2 Interconnect (780 Euro/1 Meter) ganz zu schweigen. Steif sind die Evolution-Black-Kabel allerdings alle, und ordentlich Gewicht bringen vor allem das Lautsprecher- und das Netzkabel auf die Waage. Sehr leichtgewichtige Komponenten und Mini-Kompaktlautsprecher sollten also einen festen Stand haben, wenn man die Kabel daran anschließen möchte.
Boaacoustic Evolution Black: Klangtest und Vergleiche
In meiner Kette dürfen sich die diversen Kabel nach gut einer Woche Einspielzeit jeweils einzeln und dann in kompletter Formation beweisen.
Boaacoustic Evolution Black – Netzkabel
Ich fange mit dem Netzkabel Evolution Black.power-16 an, das zuerst die Vorstufe Norma REVO SC-2 samt integriertem D/A-Wandlermodul (7.400 Euro) und im zweiten Schritt die Endstufe Norma Audio REVO PA-150 (5.300 Euro) an den Steckdosen des Stromfilters Tsakiridis Super Athena (1.350 Euro) nuckeln lässt. Einmal an den gefilterten (Vorstufe) und einmal an den ungefilterten (Endverstärker) Ausgängen, versteht sich.
An beiden Geräten zeigt das Boaacoustic Evolution Black.power-16 eine recht eindeutige Signatur: im Hochton minimal zurückhaltend mit seidiger Textur, sehr rauschfreiem Hintergrund, solide und druckvoll im Bass. An der Endstufe einen Hauch mehr als an der Vorstufe, weshalb das Netzkabel dann auch für die weitere Beschäftigung am Leistungsabteil verweilen darf. Dort ersetzt es übrigens für diesen Test ein Audioquest Hurricane (1 Meter für ehemals 1.099 Euro). Ein direkter Vergleich fiele sicherlich etwas unfair aus – das Hurricane wirft eine Kombination aus dynamischer Wucht, Speed, gnadenloser Basskontrolle und mikroskopisch genauen analytischen Einsichten im trocken-neutralen Mittel- und Hochton in die Waagschale, der das ungleich günstigere Boaacoustic naturgemäß nicht gewachsen ist. Dennoch behauptet es sich erstaunlich wacker mit einer tonal vollständigen, dynamisch erwachsenen Vorstellung, der es nicht wirklich an Chuzpe fehlt, und mit Klangfarben und Schmelz im Mittelton, die Stimmen angenehmer klingen lässt. Und wenn es um die Textur der Hochtongespinste in „Lonesome Lover“ von Max Roach (Album: It’s Time; auf Amazon anhören) geht, begegnet es dem Audioquest gar auf Augenhöhe – auch wenn das fast viermal teurere Kabel absolut gesehen noch mehr Details und Obertonschwingungen herausschälen kann.
Ein zum preisähnlicheren Vergleich herangezogenes Audioquest NRG-2 (1,8 Meter für circa 185 Euro) zeigt zwar ebenfalls – wenn auch nur minimal – mehr Details im Hochton als das Boaacoustic, wirkt hier aber kristalliner, fast schon glasiger. Auch kontert das Evolution Black.power-16 den einen Hauch tiefer hinter die Lautsprecher reichenden Raum und den um ein Jota knackigeren Bass des NRG-2 mit seinem überaus farbstarken, homogenen und locker fließenden Gesamteindruck. Der volle, warme Bass des Evolution Black.power-16 verleiht seiner profunden Grobdynamik dabei eine satte Note, die Kanten und Ecken minimal abrundet. Ein charmantes Netzkabel, das Interesse an seinen Verwandten weckt. Also weiter!
Boaacoustic Evolution Black – NF-Kabel
Als nächstes ersetzt das symmetrische NF-Kabel Boaacoustic Evolution Black.xlr-8 das Audioquest Yukon (369 Euro für einen Stereometer) auf der Strecke von der Phono-Vorstufe Linnenberg Bizet zum Norma-Pre. Vorab: Wer die NF-Kabel der Evolution-Black-Serie ins Auge fasst und zu Hause Probe hört, sollte sich bis zu einem abschließenden Urteil insbesondere im Fach Tonalität etwas in Geduld üben. Denn zu Beginn spielt das NF-Kabel eine Stufe heller und funkelnder, nach längerer Einspielzeit stellt sich dann aber eine etwas sonorere Balance ein.
Und diese Balance ist wohlgewählt: Denn obwohl das Audioquest Yukon ein nicht gerade nervös klingendes Kabel ist, stellt sich mit dem Boaacoustic Evolution Black.xlr-8 schlagartig eine zusätzliche Beruhigung und Homogenisierung des Klangbilds ein. Warum? Nun, zunächst einmal eifert das NF-Kabel seinem Netzkabel-Bruder in Sachen Tonalität nach: Ein tiefer, profunder Bassbereich mit minimal abgerundeten Impulsen, aber dennoch ordentlich dynamischem Slam paart sich mit einem farbigen und durchaus transparenten Mittelton sowie einem leicht zurückgenommenen, seidig texturierten und bis in wirklich feinste Verästelungen unaufdringlich auflösenden Hochton.
Zudem halten mit dem Boaacoustic Evolution Black.xlr-8 zwei weitere Elemente Einzug ins Klangbild, die mir mit dem Netzkabel nicht ganz so deutlich aufgefallen sind, und die für ein XLR-Kabel dieser Preisklasse beileibe nicht selbstverständlich sind: Einerseits wäre da eine differenzierte und affenschnelle Feindynamik. Auf Devin Townsends neuem Live-Album Order of Magnitude: Empath Vol. 1 (auf Amazon anhören) spielen sich Bassist Nathan Navarro und Drummer Morgan Ågren im Track „Ain’t never Gonna Win“ in kurzen Soli die Seele aus dem Leib. Genial, wie mühelos nachvollziehbar das Evolution Black.xlr-8 das meisterliche Spiel der beiden Musiker in allen dynamischen Facetten – von einigen Zehntel Dezibel bis hin zu den heftigsten Lautstärkesprüngen – nachzeichnet. Und andererseits: Raum. Obertonschwingungen scheinen freier in einem in allen Dimensionen minimal größer dimensionierten Raum zu schweben als mit den Audioquest Yukon, wenn auch nicht mit ganz so viel Auslauf wie mit dem teuren Norma Audio IC2 Interconnect. Kehrseite der Medaille: Einzelne Klangereignisse erscheinen nicht ganz so kantenscharf wie mit den Audioquest-Kabeln und wirken eine Spur zweidimensionaler.
All das gilt auch für das unsymmetrische Boaacoustic Evolution Black.rca – und zwar zu einem nochmals etwas höheren Grad. Zumindest in meiner Kette. Das mag damit zu tun haben, dass die Norma-Komponenten intern unsymmetrisch arbeiten, symmetrisch zugeführte Signale also direkt hinter den Buchsen desymmetriert werden müssen und somit der Einfluss des symmetrischen Kabels nicht ganz so ungefiltert durchschlägt. Das ist jedoch Spekulation. Tatsache ist, dass gerade die unsymmetrische Verbindung das Klangideal der Evolution-Black-Familie – zu diesem Zeitpunkt wage ich es, von einem solchen zu sprechen – nochmals klarer und deutlicher transportiert, eine Extraportion substanziellen Schub und Druck sendet und noch besser ausdifferenziert, welche dynamischen Intimitäten Martin Tingvall in die Tasten seines Pianos hineinstreichelt.
Für beide Kabel gilt: Sie spielen insbesondere in Hinblick auf Feindynamik, Weite des virtuellen Raums und ruhiger, gefasster Souveränität über ihrer Preisklasse.
Boaacoustic Evolution Black – Lautsprecherkabel
In Einzelbereichen setzt sich der teuerste Verbinder im Feld, das Bi-Wiring-Lautsprecherkabel Boaacoustic Evolution Black.sonic-17.biWire, sogar noch von seinen Geschwistern ab. Zwar besitzt es grundsätzlich ein sehr ähnliches Naturell wie die anderen Familienmitglieder, strotzt genauso wie diese vor Klangfarben und spielt druckvoll und substanziell. Jedoch fügt es dem eine etwas trockenere, stämmigere Note hinzu, die ihm insbesondere mit knackigen Bassdrums wie in „Take the Power Back“ vom selbstbetitelten Rage Against the Machine-Debütalbum ausnehmend gut zu Gesicht steht und meinem günstigeren Bi-Wiring-Standardkabel Audioquest Rocket 22 (400 Euro) eine kleine Lehrstunde im Fach „Impulswiedergabe“ erteilt. Auch im bis an die Grenzen des Hörvermögens (beziehungsweise der Sehring S803) reichenden Tiefbass weicht das Black.sonic-17.biWire seine Solidität kaum auf und hält die Energie fokussiert zusammen – auch wenn ein Supra Sword Excalibur (1.600 Euro) die alleruntersten Oktaven von Yellos „Kiss the Cloud“ noch vehementer und gnadenloser in die Membranen prügelt.
Das Boaacoustic Black.sonic-17.biWire definiert das Geschehen in „Stille Nacht, Heilige Nacht“ auf Cantate Domino von Oscars Motettkör (auf Amazon anhören) sehr präzise umrissen und abgegrenzt in einem etwas kompakteren Raum, als ihn das überbordend weiträumig abbildende Supra Sword Excalibur entwirft. Letzteres vermag auch mit seinem offenen Mittelton und einer noch penibleren Auflösung im Mitten- und Hochtonbereich als das Boaacoustic zu punkten – zumindest an den ATC SCM19. Während das schwedische Kabel sehr harmonisch mit den kompakten Britinnen musiziert, weist das Boaacoustic Evolution Black.sonic-17.biWire hier eine kleine Betonung des Mitteltons auf.
Aber: An den Sehring S803 dreht sich das Blatt und das Boaacoustic präsentiert die E-Gitarren perfekt ausgewogen und druckvoll und den elektronisch erzeugten Hochton in Yellos „Kiss the Cloud“ (Album: Toy) seidiger, über alles stimmiger, angenehmer, feiner granuliert. Orchester fühlen sich mit dem Evolution Black.sonic-17.biWire an den Sehring „fully fleshed out“ an, wie man im Englischen sagen würde. Was soviel bedeutet wie „vollständig ausgearbeitet“. Entspannt, entspannend, sehr langzeittauglich, aber eben nicht langweilig. Von den NF-Kabeln übernimmt das Lautsprecherkabel dann auch noch die exzellente Impulsschnelle im oberen Mittelton und Präsenzbereich sowie die feindynamische Differenzierungsfähigkeit. Beeindruckend.
Test: Boaacoustic Evolution Black | Lautsprecherkabel, Netzkabel, NF-Kabel