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Oktober 2016 / Michael Bruß
Wenn es dem HiFi-Tester schwerfällt, eine Einleitung zu einem Testbericht zu schreiben, dann kann das an einer Schreibblockade liegen oder auch einfach daran, dass das Gerät kein besonders aufsehenerregendes Äußeres bietet, auf das er sich voller Inspiration beziehen könnte.
Beim HiFiAkademie PowerAmp P6 (http://hifiakademie.de) liegt die Ursache einer anfangs leicht schleppenden Autor-Gerät-Beziehung sicher in letzterem Umstand: Das schlichte Gehäuse des Endverstärkers P6 liefert nämlich nicht wirklich irgendwelche die Fantasie beflügelnden Eigenschaften, sondern gibt sich mit seiner glatten, rechteckigen und funktionalen Frontplatte aus drei Millimeter dickem Aluminium sowie dem nicht weniger pragmatischen, soliden Blechgehäuse ganz in der Realität eines dreistelligen Verkaufspreises verhaftet.
Die Hauptverantwortung fürs Gewicht des P6 liegt übrigens beim 500-VA-Ringkerntrafo. Selbiger sitzt im vorderen Teil des schmalen Gehäuses, direkt hinter der Frontplatte, und weiß hinter sich vier Elkos mit einer Gesamtkapazität von 40.000 µF bereitstehen.
Mit gut 250 Watt an 4 Ohm und immer noch 150 Watt an 8 Ohm pro Kanal sind dem Besitzer Sorgen um zu wenig Ausgangsleistung wohl so fern wie dem saudischen Ölscheich Geldprobleme. Dennoch kann man den P6 auch in einer nochmals stärkeren Variante mit satten 400 Watt an 4 Ohm beziehungsweise 250 Watt an 8 Ohm (1.075 Euro) bestellen – dann sorgt ein 800-VA-Trafo für die Stromversorgung. Die Schutzschaltung mischt sich bei beiden Versionen erst bei einem Ausgangsstrom von 25 Ampere ein. Dazu sind dann aber auch Impedanzen unter 2 Ohm nötig. Kaum ein moderner Lautsprecher wird einen Endverstärker mit solchen niedrigen Lasten quälen. Theoretisch ist laut HiFi-Chefakademiker Hubert Reith übrigens auch ein Brückenbetrieb machbar.
So viel Leistung aus so wenig (210x103x380 Millimeter, BxTxH) Gehäuse? Ganz klar, das kann nicht mit herkömmlichen Verstärkerschaltungen erreicht werden, und deshalb findet sich im HiFiAkademie PowerAmp P6 eine Class-D-Schaltung. Diese hat für mich spätestens seit den Erfahrungen mit den AVM-Monos M3.1 jeglichen negativen Beigeschmack verloren, denn zu den theoretischen Vorteilen gesellte sich ein angenehm fließender, sauberer Klang mit viiiiiiel Kraft. Nicht nur ist der Wirkungsgrad von Class-D-Konzepten generell im Vergleich zu Class AB deutlich besser – laut Hubert Reith liege ein weiterer Vorteil darin, dass die Belastung des Netzteiles fast unabhängig von der Ausgangsspannung und der Phasendrehung der Last sei, die Versorgungsspannung bleibe daher bei gleich dimensionierter Netzteilkapazität stabiler als bei anderen Schaltungskonzepten.
Nun gesellen sich zu den Vorteilen der Class-D-Technik auch einige theoretische Nachteile, die sogar Reith attestiert: Manche Konzepte böten auch aufgrund limitierter Bandbreite nur eine begrenzte Auflösung, es sei ein Ausgangsfilter erforderlich, die Technik sei insgesamt meist etwas komplexer als bei Class-A/B-Schaltungen und daher schwerer zu beherrschen – und sie verursache unter anderem deshalb bei kleineren Leistungen etwas höhere Kosten in der Entwicklung. Mit der neuesten P6-Version seines PowerAmps will Herr Reith aber viele dieser Nachteile ausgemerzt haben.
Für die Gegenkoppelung greifen die meisten Class-D-Verstärker das Signal vor dem Ausgangsfilter ab und führen es zurück – so war es bei den bisherigen PowerAmp-Versionen auch. Das hat zwar den Vorteil, dass diese Schaltungen extrem stabil sind, nachteilig ist jedoch, dass der Pegelverlauf in den Höhen von der Lastimpedanz der Lautsprecher abhängt und es so zu Überhöhungen oder Absenkungen des Frequenzgangs in diesem Bereich kommen kann.
Um eben dies zu verhindern oder abzumildern, gibt es Ansätze, das Signal sowohl vor wie hinter dem Filter abzugreifen. Damit wird der Pegelverlauf zwar schon etwas unabhängiger von der Lastimpedanz, doch die notwendige komplexe Regelschleife erzeugt einen erheblichen Aufwand; oft sind mehrstufige OP-Schaltungen nötig. „Im Rahmen der Überarbeitung des PowerAmp zum P6 habe ich solche Ansätze auch aufgebaut. Die Messwerte waren etwas besser als beim alten PowerAmp, klanglich war das aber nicht mein Ding. Beim P6 wird das Signal daher ausschließlich hinter dem Ausgangsfilter abgegriffen. Damit ging es klanglich in die Richtung, die mir am besten gefallen hat – also habe ich das konsequent weitergedacht und zu Ende entwickelt“, so Hubert Reith.
Multitalent
Den HiFiAkademie PowerAmp P6 gibt es übrigens nicht nur im schlanken, lediglich 21 Zentimeter breiten Gehäuse, sondern auch im Standardformat von 44 Zentimeter – schließlich passt die Midi-Größe nicht unbedingt in jede Kette. Der Aufschlag dafür ist mit 50 Euro moderat. Für einen etwas höheren Aufpreis packen die HiFi-Akademiker dann gleich noch zwei weitere Kanäle ins Full-Size-Paket (1.555 Euro für 4 x 250 Watt; 1.915 Euro für 4 x 400 Watt). Das macht den P6 dann im Bi-Amping zum absoluten Kraftpaket – oder zur kompakten, kraftvollen Basis für Multikanalsysteme. Eine schwarz eloxierte Front gibt’s schließlich für schlanke 20 Euro extra. Interessant ist sicher auch das DSP-Modul (240 Euro), das als aktiver Filter oder zur Linderung von Raumproblemen eingesetzt werden kann. Es lässt sich über ein PC-Interface einstellen und verwandelt den PowerAmp P6 fast schon zum Aktivlautsprechermodul. Noch weiter treiben lässt sich die Multifunktionalität mit dem HiFiAkademie PowerDAC, der für 1.990 Euro eben den PowerAmp P6 bietet und zusätzlich im 44-cm-Gehäuse noch einen Streaming-Client für Audiodaten integriert.
Es gibt die Endstufe auch im 44-cm-Gehäuse
Der P6 PowerAmp kommt in einer stabilen Verpackung und lässt sich mit seinen kompakten Maßen und dem nicht übertrieben hohen Gewicht von 7 kg in der 2-Kanal-250-Watt-Variante leicht alleine auspacken und aufstellen. Er steht dann auf vier soliden Füßen und kleinen darunter geklebten Oberflächenschonern aus Plastik. Viel Ausstattung bietet der P6 nicht – warum auch? Wie bei den gerade zuvor von mir getesteten SAC Igel der 2016er-Generation findet sich auf der Front des PowerAmp P6 kein Ein-/Ausschalter – der sitzt nämlich auf der Rückseite. Das nehme ich als deutlichen Hinweis darauf, dass man den P6 doch bitte dauerhaft am Netz nuckeln lassen sollte. Bei nur 12 Watt Leistungsaufnahme im Leerlauf (18 Watt bei der stärkeren Variante) ist das wahrlich auch keine ruinöse Praxis.
Hinten herrscht absolute Übersichtlichkeit, da braucht’s keine Beschriftung
Gut gefallen mir die mit transparentem Kunststoff umkapselten Lautsprecherkabelaufnahmen, die weit genug auseinanderstehen und so einen versehentlichen Kurzschluss unwahrscheinlich machen. Auf der schmucklosen Rückseite gibt es ansonsten nur noch ein Pärchen qualitativ anständiger Cinchbuchsen und die Klappe für die Netzsicherung. Minimalistischer geht es nicht, denn die HiFiAkademie verkneift sich sogar jegliche Beschriftung – für halbwegs geübte Hobbyisten dürfte das aber kein Problem darstellen. Die kleine weiße LED auf der Front ist das einzige optische „User Interface“-Element und stört auch in dunklen Umgebungen kaum (anders als viele der gleißend blauen und roten LEDs anderer Geräte).
Test: HiFiAkademie PowerAmp P6 | Endstufe