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Dual – zur traditionsreichen und wechselvollen Firmengeschichte, zu Meilensteinen der Plattenspieler-Entwicklung und eigenen Erfahrungen mit den Produkten könnte ich Bücher schreiben. Doch ich widme mich lieber gleich dem neuen Topmodell aus St. Georgen im Schwarzwald, dem CS 600 MK II (Preis: 1.399 Euro).
Halt! Eines möchte ich im Vorfeld doch noch loswerden. Der Dual Phono GmbH gelingt nämlich etwas, das selten ist: Sie kann sich auch im unteren Preissegment mit einer deutschen Fertigung behaupten. Die Details erspare ich Ihnen, sonst stecken wir schon mitten in der turbulenten, bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurückreichenden Firmengeschichte. Unser Testgerät Dual CS 600 MK II wurde jedenfalls in St. Georgen entwickelt und wird dort auch komplett hergestellt.
Konzept
Das Chassis des Dual CS 600 MK II besteht aus MDF und ist nur in Schwarz lieferbar. Wobei man die Wahl zwischen Struktur- und Hochglanzlack hat. Tellerlager, Motor und Tonarmbasis sind in der Grundplatte montiert, auf ein Subchassis wurde verzichtet. Der elektronisch geregelte Gleichstrommotor ist durch Dämpfungselemente vom Chassis entkoppelt und überträgt seine Kraft unterhalb des Haupttellers per Riemen auf einen Subteller aus Kunststoff.
Das Tellerlager besteht aus Messing, die 10 Millimeter starke Tellerachse steht auf einem Teflon-Spiegel. Der Hauptteller selbst besteht aus Aluminium, ist aus dem Vollen gedreht und wird am Rand durch eine schwingungsdämpfende Masse beruhigt.
Die Schallplattenauflage besteht aus Filz. Die Drehgeschwindigkeit wird mithilfe eines Knopfes auf der Chassis-Oberseite eingestellt. Zur Wahl stehen 33 1/3, 45 und 78 Umdrehungen pro Minute. Ein eigenes Thema ist der speziell für den CS 600 MK II entwickelte Tonarm – dazu später mehr.
Dual-Plattenspieler sind vornehmlich in der Einstiegsklasse angesiedelt – zumindest, wenn wir von HiFi-Plattenspielern reden und Spielzeuge, die es für wenige Euro gibt, außer Acht lassen. Entsprechend sind sie durchweg auf eine einfache Inbetriebnahme hin ausgerichtet. Die „kleinen“ Modelle werden gleich mit spielfertig montierten Tonabnehmern geliefert, sodass man sofort ohne Montage- und Justierarbeiten Schallplatten hören kann. Das Spitzenmodell Dual CS 600 MK II kommt dagegen ohne Tonabnehmer. So kann der Kunde ein System nach seinem Geschmack aussuchen.
Bei Dual hat man sich einige Gedanken gemacht, um den Einbau sowie die Justage des Pickups so einfach wie möglich zu machen. Und hier kommt der Tonarm ins Spiel, der mit vielen praxisgerechten Features punktet. Das beginnt mit der abnehmbaren Headshell, die die Montage des Systems enorm erleichtert. Um die kleinen Schräubchen festzuziehen, kann man Tonabnehmer und Headshell in der Hand halten oder auf einen Tisch legen und nach Belieben drehen und wenden. Schon an dieser Stelle erfolgt die Justage des Systems. Dazu liegt dem Plattenspieler eine dreidimensionale Kunststoffschablone bei, die wie ein überdimensionierter Nadelschutz aussieht und über Headshell und Tonabnehmer geklickt wird. Der Tonabnehmer wird dann einfach parallel zu den Kanten der Schablone ausgerichtet. Der Tonabnehmer-Nadel wird dabei so justiert, dass sie exakt in der Spitze einer v-förmigen Aussparung der Schablone sitzt. Fertig! Jetzt kann die Headshell wieder ans Armrohr geschraubt werden. Dann werden die Kabel angesteckt.
Als nächstes bringt man den Tonarm mithilfe des Gegengewichts in die Balance. Die Auflagekraft wird bei Dual traditionell durch Federspannung erzeugt. Wenn der Arm ausbalanciert ist, stellt man die gewünschte Auflagekraft einfach an einem Rädchen samt Skala am Tonarmlager ein.
Dann wird an einem kleinen Schieberegler das Antiskating passend eingestellt – den in Anhängigkeit von der Auflagekraft passenden Wert entnimmt man der Bedienungsanleitung. Ich habe alle Einstellungen per Schablone und Tonarmwaage kontrolliert – sie passen perfekt. Zuletzt kontrolliert man mit aufgelegter Platte noch, ob der Tonarm parallel zur Plattenoberfläche (siehe VTA) verläuft. Gegebenenfalls kann man die Tonarmhöhe anpassen, nachdem die Fixierschraube der Tonarmbasis, die hinten am Plattenspielerchassis zugänglich ist, gelöst wurde.
Ich habe zunächst mein MC-System ZYX R-100H Yatra eingebaut, das etwa so viel kostet wie der komplette Dual. Mal sehen, wie es sich hier schlägt. Vor dem Hörtest darf der Plattenspieler aber erst mal ein paar Tage vor sich hindrehen, damit sich Lager, Achse und Schmiermittel ein wenig „einlaufen“.
Dual CS 600 MK II: Klangeindruck
Der Dual CS 600 MK II macht mit den ersten Tönen klar, dass hier „analog“ spielt. Und zwar im besten Sinne. Worin liegt die Faszination analoger Musikwiedergabe? Was sie in meinen Ohren vor allem auszeichnet, ist eine sehr differenzierte, detailreiche Mittenwiedergabe, wie man sie „digital“ gerade mal mit Hi-Res-Daten und einem richtig guten DAC hinbekommt. Analog kann man oft schon in der Einstiegsklasse eine tolle Mittenwiedergabe erleben – erst recht bei einem so durchdachten Plattenspieler wie dem Dual.
Der transportiert beispielsweise Stimmen organisch, natürlich und glaubwürdig. Auf Vinyl höre ich gerne ältere Aufnahmen, die komplett analog produziert wurden – auf dem Plattenteller landet Amazing Grace von Aretha Franklin (auf Amazon anhören), das Album, mit dem die amerikanische Soul-Sängerin ihren Ruf als eine der besten Gospelsängerinnen der Welt manifestierte und einen Grammy-Award holte. Normalerweise ist das weniger meine Musik. Der Faszination von Frau Fanklins Stimme kann ich mich hier allerdings kaum entziehen. Auch den Chor setzt der Dual authentisch und differenziert in Szene. Das Ganze kommt mit einer Eindringlichkeit, die beinahe geeignet ist, mich zum Glauben zu bekehren – doch ich bleibe Agnostiker.
Im Vergleich zu meinem gewohnten Setup fällt eine leichte Rauigkeit auf. Meine etwa 6.500 Euro teure Laufwerk-Tonarm-Kombi von stst klingt geschmeidiger und bietet noch mehr Details und Nuancen. Doch das mag ich dem Dual angesichts des Preisunterschiedes definitiv nicht zur Last legen. Im Gegenteil, manchmal gibt sich das stst-Set schon fast zu smooth, sodass ich die leichte Ruppigkeit zusammen mit der dynamischen Gangart des CS 600 MK II als angenehm lebendig empfinde. Ganz ähnlich ging es mir übrigens beim Test des Rega Planar 6.
Tonal setzt der Dual CS 600 MK II genau da den Akzent, wo er seine Stärken hat: in den Mitten. Vom Grundton an und weiter runter zum Bass nimmt er sich etwas zurück und spielt eher schlanker, wobei er durchaus tiefe Töne aus den Rillen holt. Dass er hier weder den Druck noch die Kontrolle des stst bietet – geschenkt. Was der Dual liefert, ist völlig in Ordnung. Irgendwo muss ja noch Luft nach oben bleiben.
Um die anderen Frequenzbereiche auszuloten, greife ich auf moderneres Material zurück. Etwa das posthum erschienene Album Nightbird von Eva Cassidy (auf Amazon anhören). Die Live-Aufnahmen aus dem Blues Alley Club in Washington bringt der Dual CS 600 MK II plastisch und lebendig rüber. Der Drummer auf dem Album hat ein ausgesprochenes Faible für die Becken seines Schlagzeugs. Hier bin ich froh, dass der Dual sich Richtung Hochton etwas zurücknimmt. Die leichte Ruppigkeit, die mir in den Mitten zuweilen willkommen ist, könnte sonst in Schärfe umschlagen.
Auffällig ist zudem die gute und vor allem stabile Raumabbildung, die der Dual CS 600 MK II bietet. Die Bühne beginnt auf Höhe der Lautsprecher und hat konkrete, realistisch wirkende Dimensionen in Breite und Tiefe. Die Lokalisationsschärfe von Sängern und Instrumenten ist ziemlich gut. Auch dieser Aspekt passt ins Gesamtbild.
Systemwechsel
Das sind schon mal alles gute Anlagen, die der CS 600 MK II zeigt – doch ich muss zugeben, dass mich die Kombination aus Dual und ZYX-System auf Dauer nicht hundertprozentig glücklich machen würde. Freilich spielt bei der analogen Musikwiedergabe das Matching von Plattenspieler und Tonabnehmer auch eine große Rolle. Und ich habe in das Fahrwerk einer Golf-Klasse (Dual CS 600 MK II) einen Rennmotor (ZYX R-100H) eingebaut.
Da der Einbau eines Tonabnehmers beim Dual CS 600 MK II schnell erledigt ist, wandert für eine zweite Hörrunde ein Denon DL-103R unter die Headshell. Das preislich deutlich angemessenere System (circa 350 Euro) passt von seiner musikalischen Performance viel besser zum Dual-Flaggschiff. Das Denon löst nicht ganz so extrem auf, dafür mildert es die leichte Ruppigkeit im Klangbild. Die schöne Lebendigkeit bleibt aber erhalten, da der Dual die dynamischen Fähigkeiten des Denon kongenial herauskitzelt. Im Bass/Grundton hilft das in diesem Bereich etwas fülliger spielende DL-103R dem Dual CS 600 MK II ein wenig auf die Sprünge – auch das passt perfekt. Stimmen wirken körperhafter und geschmeidiger, Instrumente legen in Sachen Substanz zu und scharfe S-Laute wirken milder, da das Denon obenrum gnädiger agiert. Diese Kombi macht richtig Spaß!
Einordnung & Vergleiche
Der Dual CS 600 MK II steht angesichts dessen, was man fürs Geld bekommt, ziemlich alleine da. Der Thorens TD 1600, den ich zuletzt testen durfte, verhält sich tonal ähnlich und gibt sich insgesamt noch griffiger. Er bietet im Bass die souveränere Kontrolle und im Hochton eine feinere Zeichnung. Dafür kostet er aber auch 1.000 Euro mehr.
Der Rega Planar 6 dagegen wird für 100 Euro weniger angeboten. Der Engländer spielt noch etwas dynamischer und zackiger, gegen sein schon beinahe stürmisches Temperament wirkt selbst der dynamische Dual ein wenig ruhiger – dafür allerdings auch etwas entspannter, souveräner. Letztendlich ist der Dual wohl der mehrheitsfähigere Plattenspieler.
Testfazit: Dual CS 600 MK II
Fassen wir zusammen: Tonal legt der Dual CS 600 MK II einen Akzent auf die Mitten, wo er mit guter Auflösung und einer lebhaften Feindynamik aufwartet. Mit an sich schon drahtig-zackig spielenden Tonabnehmer kann das bisweilen in leichte Ruppigkeit umschlagen, deshalb sollten Sie auf die Wahl des passenden Systems Wert legen – dann kommen die Mitten schön ausdrucksstark und mit klaren Klangfarben.
Im Bass geht es tief herunter, wobei der Dual hier logischerweise nicht die Durchsetzungskraft eines Masselaufwerks bietet, auch wenn er insgesamt sauber und kontrolliert spielt. In den Höhen zeigt er eine leichte Zurückhaltung, die allerdings keine wirkliche Einschränkung bedeutet, sondern eher als „angenehme Freundlichkeit“ durchgeht. Räumlich macht er alles richtig.
Egal, ob der Dual CS 600 MK II für Sie nun der Aufstieg in ambitioniertere Sphären oder der Einstieg in ernsthaftes HiFi ist – er ist ein hervorragend gemachter und praxisgerecht ausgelegter Plattenspieler, mit dem Vinyl hören zum Genuss wird. Dank seiner klanglichen Talente und dem einfachen Setup ist der Dual CS 600 MK II eine echte Empfehlung für alle analogen Ein- und Aufsteiger.
Fakten:
- Modell: Dual CS 600 MK II
- Konzept: Plattenspieler mit Riemenantrieb
- Preis: 1.399 Euro mit Tonarm (ohne System)
- Ausführung: Zarge in Schwarz-Hochglanz oder Strukturlack
- Sonstiges: 33 1/3, 45 U/min und 78 U/min, geregelter Synchronmotor
- Maße & Gewicht: 440 x 135 x 370 mm, 9,1 kg
- Garantie: 2 Jahre
Vertrieb:
Sintron Distribution
Südring 14 | 76473 Iffezheim
Telefon: +49 (0) 7229 – 182950
E-Mail: info@sintron.de
Web: https://plattenspieler.sintron.de/
Test: Dual CS 600 MK II | Plattenspieler