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Juni 2014 / Tobias Zoporowski
Ursprünglich war „nur“ ein Test der beiden Mono-Endstufen „X-A220“ angedacht. Dennoch überraschte mich die Hannoveraner Quadral GmbH – die Advance Acoustic exklusiv in Deutschland vertreibt (www.advance-acoustic.com) – mit gleich drei Paketen. Eines beinhaltete den passenden Vorverstärker „X-Preamp“. Ob das nun eine Kommunikationspanne oder ein gewitzt-geschickter Schachzug des Vertriebs war, will ich gar nicht hinterfragen. In jedem Fall veranlasste mich das kurzerhand dazu, den Test um ebendiese Vorstufe zu erweitern.
Seitdem ich im Jahr 2005 erstmals im Rahmen eines Produkttests mit einem Verstärker des franko-asiatischen Unternehmens (Entwicklung in Frankreich, Fertigung in Asien) in Berührung kam, habe ich das stete Auf und Ab von Advance Acoustic auf dem hiesigen Markt beobachtet. Wurden die Komponenten anfangs als Preis-Leistungs-Knaller und schier unglaublich günstige Materialschlachtboliden gefeiert, verärgerten einige Qualitäts- und Serviceprobleme in der Folge zunächst die Kundschaft und dann den Fachhandel. Dieser hatte die neue Marke als willkommene und attraktive Alternative zu den Etablierten mit offenen Armen empfangen, wurde dann von einem recht plötzlichen Vertriebswechsel überrascht, was das Vertrauen in die Produkte nicht gerade förderte. Im Endeffekt führte das dazu, dass Advance-Acoustic-Geräte zwischenzeitlich nicht bundesweit verfügbar waren. Schade für die angepeilte, preisbewusste Klientel. So langsam aber sicher ändert sich das wieder, woran vor allem die neue „Vertriebsmutter“ Quadral ihren Anteil haben dürfte. So sollen die Qualitätsprobleme inzwischen der Vergangenheit angehören und das Produktportfolio wieder dem Anspruch genügen, mit dem es einst angetreten ist: highendiges Feeling zum fairen Kurs zu bieten.
Optisch lässt die zum Test angetretene Verstärkerkombi aus dem Vorverstärker „X-Preamp“ und zwei Mono-Endstufen „X-A 220“ in jedem Fall keinen Zweifel an ihren Ambitionen aufkommen. Gut, mit „viel Material“ und Masse wusste Advance Acoustic schon immer zu erfreuen, die neuen Komponenten der „X“-Serie mit ihren im ausgeschalteten Zustand nachtschwarzen Acrylglasfronten können aber nicht nur massiv, sondern auch edel. Rückschlüsse auf ihren Preis lassen sie nicht zu.
Wirkt die Verarbeitung bis auf Details – so fasst sich der zentral montierte Lautstärke-, Eingangswahl- und Setupdrehregler im „Gesicht“ der Vorstufe nicht ganz so wertig an wie er aussieht – bereits sehr routiniert und sauber, geht spätestens beim Einschalten der beiden jeweils deutlich über 20 Kilo schweren Endverstärker die Sonne auf. Ich konnte mir ein freudiges „Wow!“ einfach nicht verkneifen. Zu sehr erinnern die dominanten und leuchtend blau illuminierten Zeigerinstrumente auf der Front der Advance Acoustic X-A220 an die HiFi-Hochzeit bis etwa Mitte der Achtzigerjahre, als Geräte – vor allem große Amps – noch ganz ungeniert auf „dicke Hose“ machen durften. In dem Moment ist auch – zumindest mir – völlig egal, was die Dinger eigentlich anzeigen sollen oder wie präzise sie dies tun. Ihr rhythmisches Zucken ist ganz einfach großes Kino. Es soll ja Zeitgenossen geben, die derartige Features peinlich, aufdringlich und/oder überflüssig finden, ihnen sei gesagt: Man kann die Zappelei auch dimmen oder ganz abschalten.
Hinter der Showfassade versammelt sich solide und schnörkellose HiFi-Technik. Nichts Schräges oder Abgehobenes, dafür ordentlich bis großzügig dimensioniert (Trafo, Elkos) und vernünftig montiert. Das gefällt. Mit einem Vorverstärker verbinden lassen sich die Monoblöcke unsymmetrisch via robust ausgeführter Cinchbuchse oder symmetrisch mit einem XLR-Kabel.
Hinter dem Schiebeschalter mit der Bezeichnung „High Bias On/Off“ verbirgt sich eine Class-A-/Class-AB-Umschaltung, mit der sich die Klangcharakteristik der Endstufe dem eigenen Musikgeschmack, beziehungsweise der gehörten „Software“ moderat anpassen lässt. Im Class-A-Modus können etwa 45 Watt Leistung abgerufen werden, wobei hier tonal eine eher „röhrige“ Tendenz erreicht werden soll. Das gelingt, aber dazu später mehr. Wichtig zu wissen: Wenn Sie dauerhaft Class-A bevorzugen, werden die Monos sehr warm. Sie sollten daher möglichst frei und nicht unbedingt in einem Rack positioniert werden. Wird mehr Leistung benötigt, wechseln die Amps übrigens automatisch in den Class-AB-Betrieb und stellen so ihre volle Leistung – laut Hersteller bis zu 350 Watt an vier und 220 Watt an acht Ohm – zur Verfügung. Ein hundenapfgroßer 700-Watt-Ringkerntrafo soll dafür Sorge tragen, dass der Advance Acoustic X-A 220 auch bei Dynamikspitzen die Puste nicht ausgeht. Apropos Spitzen: Sie sollten darauf achten, die Endstufen – Mehrzahl, weil Sie ja zwei benötigen – schön nacheinander einzuschalten. Im Testzeitraum war ich anfangs zu ungeduldig, was die Sicherung meines Arbeitszimmers weniger lustig fand. Wenn Sie zwischen beiden Einschaltvorgängen ganz bewusst ein paar Sekunden innehalten, ist das aber kein Problem.
Die Vorstufe „X-Preamp“ ist das Multitalent im aktuellen Advance-Acoustic-Produktkatalog. Ihre schiere Ausstattungsvielfalt, sowohl in analoger als auch digitaler Hinsicht, ist ein Leckerbissen für alle HiFiisten, die umfangreiche Komponentenparks verwalten möchten. Den insgesamt fünf Cinch-Hochpegeleingängen stehen ein Phono-(MM)-Input und ein XLR-Buchsenpaar zur Seite, welches auf den CD-Eingang geroutet ist. Auf der digitalen Habenseite sind je zwei optische und koaxiale Schnittstellen, sowie ein USB-Port (Typ B, asynchron) zu verzeichnen. Überdies wartet der „X-Preamp“ gar mit einer AES/EBU-Buchse auf, einem symmetrisch ausgeführten Digitalanschluss, der im professionellen Tonstudioumfeld weit verbreitet, im Homeaudio-Bereich indes eher selten anzutreffen ist. Und ganz im Ernst: Man vermisst ihn nicht wirklich, wenn er fehlt. Hier ist er vorhanden. Auch schön.
Beim verbauten D/A-Wandler verlassen sich die französischen Entwickler übrigens auf keinen geringeren als den auch in weitaus höheren Preisregionen gern eingesetzten Rechenknecht „PCM 1796“ des Microcontroller-Spezialisten Burr Brown. Der Konverter nimmt Daten mit Wortbreiten und Abtastfrequenzen von bis zu 24 Bit und 192 Kilohertz entgegen. Absolut zeitgemäß und für die meisten externen Zuspieler völlig ausreichend. Zur serienmäßigen Mitgift der Vorstufe gehört eine Systemfernbedienung, die den Begriff „System“ durchaus als Auftrag versteht. Mit dem recht großen, dennoch gut in der Hand liegenden und bei aller Funktionsvielfalt logisch konzipierten Infrarotgeber lässt sich eine komplette Advance-Acoustic-Anlage steuern. In der Praxis wird man den Kommandanten schon allein zur Lautstärkeregelung regelmäßig nutzen wollen: Das entsprechende Poti an der Front des Preamps ist derart kleinschrittig ausgelegt, dass zumindest mich die Pegeljustage am Gerät selbst nach kurzer Zeit genervt hat. Wer allerdings das Gefühl liebt, mal so richtig – im Wortsinn! – aufdrehen zu können, wird’s mögen.
Test: Advance Acoustic X-Preamp und X-A220 | Vor-End-Kombi