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Glücklich kann sich schätzen, wer in kleinen bis mittelgroßen Räumen hört, denn für den stellen Kompakte eine echte Lautsprecheralternative dar, kann sich doch so deren prinzipbedingter Nachteil – mangelnde Tiefbassfestigkeit – in einen Vorteil verwandeln, da eben im Frequenzuntergeschoss der Raum nicht überladen wird. Ich selbst höre (meist) in einem 30-qm-Altbauzimmer, und so war mein erster Kommentar, als ich den Plus-50-Kilo-Trumm namens Ascendo System F an die Seite schob und Dynaudios Twenty-Five anleinte etwas burschikos: „Jaja, ich weiß, es fehlen nur anderthalb Oktaven – es fehlt eine ganze Welt!“
Nun, das bleibt zwar auch nach einem Stündchen Musikhören richtig, allein, die Erinnerung beziehungsweise der Kontrast zur dickeren Box verblasst schon ein wenig. Wie gut so ein Downsizing klappt ist schon erstaunlich, auch der HiFi-Freund ist ein Gewohnheitstier. Dass der Schwabenwandler mehr als das Dreifache kostet, konnte ich mir noch so gerade merken …
Freilich sagt das nichts über die Dynaudio Special Twenty-Five im Besonderen, sondern über Stand-/Kompaktlautsprecher-Vergleiche im Allgemeinen aus, und da ich nicht weiter philosophieren möchte, kommen wir doch gleich mal zur Sache:
Insbesondere soll nämlich nicht gesagt werden, dass die Special Twenty-Five in Anbetracht von Größe, Prinzip und Preis basstechnisch unterausgestattet sei. Im Gegenteil, meiner Meinung nach geht sie angesichts dessen sogar erstaunlich tief hinab. Um dies zu bemerken, sollte aber auch die entsprechende Musik gespielt und der entsprechende Pegel gefahren werden. Denn was die „25“ nicht tut, ist, auch nur ein Jota im Oberbass-/Grundton-Bereich draufzulegen, um so den Eindruck von Fülle und Tiefgang zu suggerieren – sie zwackt auch nix ab, keine Bange, aber ein gemütliches Bäuchlein gibt’s hier nicht.
Was die unteren Lagen auszeichnet – und das scheint mir allgemein das bestimmende Thema der Dynaudio zu sein – sind Struktur, hohes Differenzierungsvermögen und ja: Auflösung. Erstmals bemerkte ich dies, als einige sehr tiefe, perkussiv gespielte Klavierakkorde in einem Nik Bärtsch-Stück quasi nackt im Raum standen und ich neugiergetrieben zu meiner Thiel SCS4 eilte, um sie mit der Dänin unmittelbar zu vergleichen … nun, sie kostet ja auch nur die Hälfte, tröstete ich mich.
Die Dynaudio gab die Akkorde räumlich präziser umrissen, impulsiver, plötzlicher und differenzierter wieder – sowohl was den zeitlichen Verlauf der Töne als auch deren innere Zusammensetzung angeht. Eine Beobachtung, die sich in der Folgezeit wiederholte: Konturiert, trocken, definiert beschreibt den Sachverhalt schon. Aber da ist noch mehr, es ist gleichsam so, als malte die Special Twenty-Five ihr Klangbild mit einer üppiger bestückten Farbpalette als andere Boxen, weshalb mit ihr mehr Schattierungen und Zwischenwerte möglich sind – vielleicht weicht ein Ton vom anderen nur ein wenig ab, aber genau diese Nuance wird klar gefasst und vermittelt, statt im Ungefähren zu bleiben.
Im Player liegt das neue Album der Liars – je nach Tagesform finde ich Sisterworld extrem nervenzehrend oder faszinierend verstörend, Easy Listening geht echt anders – und der E-Bass zu Beginn des Songs „No Barrier Fun“ klingt nicht nur einfach sehr drahtig und definiert, jede Note scheint von der anderen präziser abgesetzt zu werden als beispielsweise über meine Thiel. Dieses Differenzierungstalent besitzt die Dynaudio quer übers Frequenzspektrum betrachtet – aber eben auch in den unteren Lagen. In die Gefahr, einen „One-Note-Bass“ zu hören, kommt man mit ihr nicht. Andererseits: Es gibt zweifellos auch voller oder „fetter“ tönende Kompakte fürs Geld.
Wobei ich das, was sie liefert, für neutral halte – dies gilt auch für die oberen Oktaven. Der Hochtonbereich ist nahtlos an die Mitten angebunden worden und gibt sich weder freundlich verrundet noch spektakulär funkelnd, sondern einfach straight vom Level her. Was aber durchaus durchsetzungsfähig meint. Sibilanten besitzen ihre natürliche Schärfe – es entsteht eben nicht der Eindruck, als würde nachgepfeffert oder diplomatisch in Watte gepackt. Wenn der Aufnahmeleiter es toll fand, Tori Amos‘ platzende Speichelbläschen in Close-up Manier festzuhalten, befindet man sich ab einem gewissen Pegel im Mund der Sängerin und kann sich so seine Gedanken über die sittliche Verfasstheit des Aufnahmeleiters machen …
Test: Dynaudio Special Twenty-Five | Kompaktlautsprecher