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Klang Diapason Karis

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  1. 3 Klang Diapason Karis

Diese Kombi ist es, die mir das eingangs erwähnte, wunderbar livehaftige Hörerlebnis mit dem Oscar Peterson Trio verschafft. Dabei kommt den Karis der Charakter der Aufnahme zugute. Die Räumlichkeit der Live-Aufnahme ist exzellent, bietet aber nicht die Lokalisationsschärfe und artifizielle Räumlichkeit, wie sie manche Studioproduktionen aufweisen.

Oscar Peterson Trio

Mit der authentischen Räumlichkeit der Live-Aufnahmesituation und der Akustik im Gürzenich können die kleinen Lautsprecher hervorragend umgehen. Nein, ich kann nicht mit dem Finger auf Diapason Karisjede einzelne Saite des Pianos zeigen. Ebenso erschließt sich mir nicht zentimetergenau die Position der einzelnen Toms und Drums des Schlagzeugs. Dafür transportieren die Karis jede Menge Atmosphäre, so dass ich kaum auf solche Details achte.

Publikumsgeräusche, das Vor-sich-hin-Singen Petersons, das markante Klavierspiel – ja, genau so muss es 1961 geklungen haben. Das Schlagzeug im Hintergrund besitzt nicht die Attacke moderner Aufnahmen, aber das kommt daher, dass es eben weiter hinten steht. Der Direkt- tritt etwas hinter den Diffusschall zurück und deshalb klingt es weicher. Jeder, der live bei einem Jazzkonzert war, kennt das. Moderne Aufnahmen kompensieren dergleichen, indem der Direktschall mit Hilfe von Stützmikrofonen direkt am Instrument abgenommen und beim Abmischen wohldosiert beigemischt wird. „Live“ ist das aber nicht mehr. Wie auch immer: Auf jeden Fall kommt der etwas weichere Bass den Talenten der Karis entgegen.

Besonders gefällt mir, dass die Lautsprecher Swing haben. Nicht nur beim Oscar Peterson Trio, auch bei anderen Alben wippt mein Fuß automatisch mit. So auch bei Paul Anka, Rock Swings. Das Schlagzeug, bei dieser Aufnahme deutlich direkter aufgenommen, Paul Ankaentwickelt nicht den Punch, den ich von meinen Geithains kenne. Dafür schwooft der Kontrabass in den unteren Lagen schön satt und bildet eine Basis, mit der ich sehr gut leben kann. Die keinen Boxen klingen richtig groß. Wenn man eine Zeitlang mit geschlossenen Augen gehört hat, irritiert es, die Augen auf zu machen und festzustellen, dass diese kleinen Lautsprecher das schaffen.

Dafür, dass die Lautsprecher so „groß“ wirken, hat der Vertrieb eine Erklärung. Grund seien die Lautsprechergehäuse. Aus der Verarbeitung der Hölzer und der Form der Lautsprecher ergäben sich unterschiedliche Wandstärken, deren akustische Eigenschaften Teil der Gesamtabstimmung der Lautsprecher seien. Dabei käme es dem Entwickler, Herrn Alessandro Schiavi, nicht darauf an, „klingende“ Lautsprechergehäuse zu bauen, wie manche anderen Lautsprecherhersteller das tun. Bei solchen Konzepten sollen mitschwingende Gehäusewände gezielt die Abstrahlung bestimmter Frequenzbereiche unterstützen. Aber auch das komplette Stilllegen der Gehäuse sei nicht das Ziel. Die meisten gängigen Maßnahmen zur Gehäusebedämpfung würden unerwünschte Schwingungen lediglich in einige schmale Frequenzbereiche verlegen, wo sie umso stärker störten.

Diapason Karis

Ziel der Konstruktion der Diapason-Gehäuse sei es hingegen, alle Frequenzbereiche gleichmäßig zu bedämpfen und die unvermeidlichen Reste gleichmäßig über das gesamte Frequenzspektrum verteilt abzugeben. Wenn das Gehäuse in allen Frequenzbereichen ein bisschen „mit musiziert“, erklärt das zum einen die wunderbar geschlossene Gesamtabbildung, aber auch die gehörte Größe, da eben nicht nur die Chassis, sondern auch die Gehäuse etwas zum Klang beitragen. Ja, sogar den warmen Charakter der Lautsprecher könnte man damit erklären: „Mitschwingen“ bedeutet immer auch Resonanz. Und Resonanz findet bei der Anregungsfrequenz statt, aber auch – in verringertem Maße – bei geradzahligen Vielfachen dieser Frequenz. Gewöhnlich nennt man das „Klirr“. Und einem ausgewogenen Maß an Klirr sagt man nach, das er gut für „schöne“ Klangfarben sei. Offensichtlich hat Herr Schiavi die Materie sehr weit durchdrungen und alle Faktoren zu einem erstaunlich homogen aufspielenden Lautsprecher zusammenfügen können.

Da ich nicht bereit bin, den Lautsprechern wegen ihrer bescheidenen Größe etwas zu ersparen, gibt es nun Synthie-Orgien à la Madonna. Die machen den kleinen Kistchen weniger aus, als ich erwartet hätte. Im Gegenteil, ich bin erstaunt, zu welchen Auslenkungen die Tiefmitteltöner fähig sind. Ja, klar habe ich das schon mal bissiger gehört. Die harten Synthie-Attacken (American Life) erfordern eher die Fähigkeit, Impulse zackig in den Raum zu stellen als Klangfarben subtil zu transportieren. Rückseite der Diapason KarisWenn ein Chassis so pumpen muss, verwaschen Bassimpulse eben etwas. Hier gilt das alte Sprichwort: Membranfläche ist nur durch eines zu ersetzen – durch mehr Membranfläche.

Richtig beeindruckt bin ich, mit welcher Energie die Karis das Klavierspiel Oscar Petersons in meinen Hörraum transportieren. Nein, das sind bei weitem keine anämischen Kistchen. Auch in den Mitten klingen sie substantiell. Das bestätigt sich auch bei anderen Aufnahmen. Und wieder ist es eine Live-Platte, die mich anderthalb Stunden in den Sessel fesselt: e.s.t. Live in Hamburg. Denn auch die moderne Aufnahme vermitteln die Karis so eindringlich und involvierend, wie ich es selten erlebe. Sie überzeugen dabei vor allem durch Rhythmus, Energie und Klangfarben und sorgen damit auch hier für ein wunderbares Live-Erlebnis. Höchstes Auflösungsvermögen und akribische Feinzeichnung sind nicht unbedingt ihre Paradedisziplinen. Allein: Ich vermisse es nicht groß.

Viel wichtiger ist, dass sie rhythmisch geschlossen und auf den Punkt spielen. So kommt es zum Beispiel, dass ich das Stück „Libertango“ auf dem Album Adios Nonino von Astor Piazolla völlig anders wahrnehme als über meine gewohnte Kette. Statt dem Stück in die feinsten Verästelungen der Melodielinien zu folgen, Lucinda Williams, World Without Tearsstellen die Karis die rhythmischen Strukturen in den Vordergrund. Auch bei Lucinda Williams, World Without Tears, geht mein Eindruck in diese Richtung: Da ich nicht sooo viele Details höre, wirkt das Klangbild aufgeräumter, klarer strukturiert. Die Stimme von Frau Williams tritt ein wenig hinter den satten Sound der E-Gitarren zurück und offenbart nicht ganz so viele Facetten wie über höher auflösende Lautsprecher. Zaz (Album Zaz) bestätigt das. Mit viel Energie und schönen Klangfarben schieben die Lautsprecher nach vorne. Die Stimme von Zaz klingt authentisch; die Sängerin steht greifbar im Raum, dennoch habe ich den Gesang schon eindringlicher gehört.

Bei den Bläsern und den Becken und der Hi-Hat auf Rock Swings fällt mir auf, dass die Karis auch eine gesunde Menge Hochtonenergie im Raum versprühen. Das verleiht ihrem tendenziell eher warmen Klangcharakter Glanz und Frische und gibt ihren kräftigen Klangfarben Strahlkraft. Auch im Hochtonbereich bleibt sie sich treu: Höchstes Auflösungsvermögen steht bei ihrer Performance nicht im Vordergrund. Unkontrolliert klingt der Hochton dabei keineswegs, vielmehr schafft die Karis hier den Spagat, trotz einem recht präsenten Hochtonbereich nicht scharf zu klingen. Sie setzt einfach den satten Bässen und den markanten Mitten die nötigen Glanzlichter auf. Beim Thema Hochton wage ich einen Blick auf das Chassis. Die 19-mm-Kalotte stammt von Scan Speak und setzt ziemlich hoch, bei einer Frequenz von etwa 4500 Hertz, ein. Vor der Kalotte sitzt eine kleine Schallführung. Auffallend ist, dass die Frontplatte der Kalotte mit einem weichen Schaum beschichtet ist. Wie beim Tiefmitteltöner wurde das Chassis nach Wünschen von Diapason modifiziert.

Hochtöner der Diapason

Dass sich die Karis nicht daran versuchen, Musik zu zergliedern, kommt ihnen auch bei der Wiedergabe klassischer Werke zugute. Sie lassen ein Orchester als komplexen Klangkörper erstehen. Auch hier beeindrucken mich die Lautsprecher wieder damit, wie groß sie klingen. Soloinstrumente stellen sie klar in den Vordergrund. Die einzelnen Instrumentengruppen sind durch ihre Klangfarben fein zu unterscheiden. Wer Klassik hauptsächlich mit gerunzelter Stirn hört und sich darauf konzentriert, ob er auch ja an einer bestimmten Stelle circa zwei Meter von der Mitte, etwa in der zweiten Reihe der Geiger den Stuhl knarren hört, wird mit den Karis vielleicht nicht ganz so glücklich. Wer aber Musik wegen der Musik und nicht wegen der Nebengeräusche hört, wird sich mit den kleinen Diapason schnell anfreunden. Sie verstehen es wunderbar, die einzelnen Themen der Musik zu verfolgen. So bin ich überrascht, wie durchdacht die einzelnen Motive der Scheherazade von Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow auf die Instrumente verteilt sind und wie wunderbar Rimski-Korsakow mit den Klangfarben der verschiedenen Instrumente spielt.

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Test: Diapason Karis | Kompaktlautsprecher

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