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Klangliches zur Audiodata Avancé (Teil 1)

Inhaltsverzeichnis

  1. 3 Klangliches zur Audiodata Avancé (Teil 1)

Wo anfangen? Manchmal ist genau das die Frage, insbesondere dann, wenn es sich um ein Allround-Talent handelt, ohne dominierenden Charakterzug, der sich einem aufdrängen würde.

Audiodata Avance

Bei der Audiodata Avancé bietet sich als Antwort an: Ganz am Anfang, beim ersten Track, der frisch nach dem Auspacken eigentlich nur zum Funktionscheck diente, ob denn auch alle Chassis arbeiten … Regina Spektors „Poor Little Rich Boy“. Die kurze Nummer ist weder übertrieben komplex noch üppig orchestriert, zeigt aber doch im Kern auf, was für ein erstaunlicher Lautsprecher diese Avancé ist.

Regina Spektor / Soviet KitschDie in Moskau geborene und in New York lebende Songwriterin sitzt singend am Klavier, welches sie einhändig spielt, da sie mit der anderen Hand für Percussion sorgt: Mit einem Drumstick wird ein Stuhl bearbeitet, der auf einem, so vermute ich zumindest, Holzboden steht, welcher zwischendurch noch den ein oder anderen rhythmischen Fußstampfer mitkriegt (hier eines der viele Videos des Songs). Simples Ding, macht sogar über ‘nen Laptop gesehen und gehört Spaß. Aber andererseits, wenn man die akustischen Ansprüchen einmal hochschraubt und vor seiner „erwachsenen“ Anlage sitzt, muss man auch zugeben: Sooo simpel ist das dann doch alles nicht.

Warum? Nun, gerade das Geklacker des Sticks und die Fußstampfer sind eine harte Nuss für manchen Lautsprecher. Irgendwie bekommt man es natürlich immer mit, aber dass dieses transiente, trockene, harte Holz-trifft-Holz-Klack-Geräusch so überraschend echt erscheint, ist selten. Und dass die Übertragung des Drumstickschlags auf den Stuhl, durch ihn hindurch in den Boden, der angeregt wird und, recht tieffrequent, mit- und ausschwingt, überhaupt akustisch so differenziert nachgezeichnet wird – geschweige davon, dass diese Bühnenbodenanregung natürlich noch einmal anders tönt als jene via Fersenkick -, ist es ebenfalls. Einschwingvorgänge und Percussion leben ja fast nur von solchen Transienten, sind komplex, und dieses komplizierte Frequenzgemisch möglichst natürlich zu übertragen ist eine Domäne zeitrichtiger Lautsprecher; druckvolle Tiefbasswiedergabe mit Eigenschaften wie Tempo, Kontur, Unmittelbarkeit zu verheiraten, gelingt ebenfalls nicht jedem Wandler, um vorsichtig zu formulieren. Rückseite der AvancéMeine Ascendo System F ist in beiden Disziplinen weit vorn, ja, sogar richtig gut. Doch über Audiodatas Avancé gehört, gerät die Percussion in Poor Little Rich Boy nochmals deutlich überzeugender.

Wieso ist das so? Nicht so sehr, weil das Initial-Klack scharf, pointiert, unzerfasert und aus dem Nichts kommend präsentiert wird – so ist’s bei der Ascendo auch, allerdings scheint’s mit der noch mal schärfer zuzugehen, im Sinne von präsenter; das ist was Tonales, ich komme später im Text darauf zu sprechen. Vielmehr vermittelt die Audiodata die sich im Bassbereich abspielende Bodenanregung derartig hartverdrahtet mit dem auslösenden Moment, dem Schlag, derartig unmittelbar und fast schon perfide echt, dass es eine Wonne ist. Da ist anscheinend null Zeitverzug zwischen der Anregung via Drumstick und der Antwort des Bodens – relativ hierzu habe ich das Lied bisher immer etwas „langsamer“ gehört, was mich überhaupt nicht störte, es fällt jetzt aber im Direktkontrast auf – und vor allem scheint es da auch null Nachschwinger der Lautsprecherchassis zu geben, sondern nur die des Bühnenbodens. Natürlich kann ich das nicht formal beweisen, jeder Lautsprecher liefert letztlich nur eine Interpretation, die „Wahrheit“ ist unhörbar, vielleicht drückt die Audiodata ja auch zu schnell auf die Bremse und präsentiert den Song trockener als er abgemischt wurde. Allerdings halte ich das für unwahrscheinlich. Eher glaube ich daran, dass die elektronische Regelung im Bassbereich der Avancé genau hier die gewollte Klangrendite abwirft.

Vielleicht ist es die geschilderte Kombination – Timing-Kohärenz quer übers Frequenzband plus äußerste Präzision sowie Nachdruck im Bassbereich – die diesen mit einigem Recht „charakterlos“ zu nennenden Lautsprecher dann doch ein klangliches Naturell, ein Erkennungsmerkmal verleiht. Sehr schön ist das zum Beispiel auch bei Klavierspiel auszumachen. Es gibt Lautsprecher die rhythmisch, flüssig, pointiert und leicht anschlagsbetont zu Werke gehen – denen es aber abgeht, einen Flügelkörper in ganzer Pracht und Größe darzustellen, denn dafür agieren sie etwas zu ätherisch. Andere Boxen können genau das, aber wehe, der Pianist spielt zu schnell und kompliziert, der große Klangkörper kommt da kaum noch hinterher … das mag jetzt gewollt übertrieben erscheinen – geschenkt -, aber der Tendenz nach kennt diesen „Zielkonflikt“ doch jeder, oder?

Koax der Audiodata

Die Avancé hingegen tut so, als wäre das alles kein Thema, bildet körperlich und groß ab, mit Wucht und Durchsetzungsvermögen, wenn es sein muss, behält immer den Durchgriff, bleibt dabei strukturiert und offen und nimmt jeden schnellen Schlenker mit, die akustische Größe des Instruments verdeckt hier kein noch so kleines Anschlagsdetail. Das klingt schlicht großartig, vor allem dort, wo’s sonst schwierig wird, wenn sich nämlich der Pianist zum linken Rand der Klaviatur vorarbeitet: so weit unten, so massiv, gleichwohl so viel Durchzeichnung!

Keine ganz so harte Nuss wie die Wiedergabe eines gut aufgenommenen Klaviers stellt wohl ein Soulsong wie Bag Lady (Erykah Badu / Mama’s Gun) dar, doch nehme ich das Ding trotzdem ganz gerne für so eine Art Gretchenfrage: „Sag, wie hältst Du es mit dem Tiefton?“

Erykah Badu / Mama’s Gun

Der Beat muss hart und mächtig, der E-Basslauf voluminös, dabei aber auch mit so einer knurrenden inneren Struktur versehen rüberkommen. Vor der Thiel CS 3.7 sitzend, hat man mit Härte und Durchzeichnung im Bass nun wirklich kein Problem, allein – HiFi-Redakteure sind weinerlich -, ich könnte noch etwas mehr Schub verkraften, einfach mehr physischen Impact. Den bekomme ich mit der Ascendo System F geliefert, fein. Aber so im Direktvergleich fällt auf, dass das Knurren Richtung Schnurren geht, ein wenig weicher tönt, und der Beat hat jetzt zwar mehr Wucht, noch ansatzloser kam er aber bei der Thiel. Also der klassische Trade-off zwischen Bassvolumen und Basspräzision? Nö. Man muss einfach noch mehr Geld in die Hand nehmen, 720 Watt an vier Zwanziger schnallen, die dann penibel überwachen – und schon geht’s! Ernsthaft, ich werd‘ noch zum Teilaktivfreund, wenn das hier die Folgen sind: Die Avancé lässt den E-Bass nämlich noch böser knurren als die Thiel, gibt sich dabei – zumindest potentiell, also je nach Einstellung am Verstärkermodul – noch kräftiger als die Ascendo, und klingt im Übrigen so, als würde sie eine Oktave tiefer in den Frequenzkeller marschieren können als die beiden anderen Lautsprecher. Drei hervorragende Standboxen – interessanterweise alle auf Zeitrichtigkeit getrimmt -, aber im Untergeschoss hab ich einen klaren Favoriten: Audiodata.

Basschassis der Audiodata

Tatsächlich würde ich im Tiefton nämlich von „besser“ und nicht von „Geschmackssache“ wie ab Mittelton aufwärts sprechen. Lässt man sich auf die Idee ein, die Güte der Bassperformance als Summe der Kriterien Volumen, Tiefgang, Kontur und timingmäßiger Ankopplung an den Mitten-/Hochtonbereich zu definieren, kommt man um diese Aussage kaum herum. Lassen wir es dabei bewenden und kommen zu den tonalen Geschmackssachen …

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Test: Audiodata Avancé | Aktivlautsprecher, Standlautsprecher

  1. 3 Klangliches zur Audiodata Avancé (Teil 1)