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Test: Larsen 8 | Standlautsprecher

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  1. 1 Test: Larsen 8 | Standlautsprecher

Martin Mertens / Juni 2015

Der Einfluss der Raumakustik auf die Musikwiedergabe im heimischen Wohn- oder Hörzimmer ist immens und sehr komplex. Je nach Größe, Beschaffenheit und Möblierung finden Lautsprecher ganz unterschiedliche Arbeitsbedingungen vor. Viele Lautsprecherhersteller ignorieren diesen schwer zu kalkulierenden Aspekt deshalb. Andere beziehen die Akustik des Hörraums gezielt bei der Konstruktion ihrer Lautsprecher ein. Wie etwa die Firma Larsen HiFi (deutscher Vertrieb: www.tomhabke.de).

Die wesentlichen Aspekte zum Einfluss des Hörraums auf die Musikwiedergabe hat der Kollege Nick Mavridis bereits in seinem Artikel über die Grundlagen der Raumakustik dargestellt. Der Umgang der Lautsprecherentwickler mit dem Thema gestaltet sich sehr unterschiedlich.

Larsen 8

Bei den meisten Lautsprecherherstellern ist die sogenannte Freifeldmessung das Maß der Dinge. Vereinfacht kann man sagen, dass man dabei den Einfluss des Hörraums ignoriert. Man misst Lautsprecher so, als ob überhaupt kein Raum da wäre – ohne irgendwelche Begrenzungsflächen, wie eben auf freiem Feld. Das ist in der Praxis natürlich nicht zu machen, aber mit Hilfe einiger technischer Tricks kann man sich einer Freifeldmessung unter Laborbedingungen recht gut nähern, etwa in einem reflexionsarmen („schalltoten“) Raum. Die ermittelten Messdiagramme sind nachvollziehbar und leicht verständlich. Jeder HiFi-Einsteiger lernt: Je glatter und je ausgedehnter der Amplituden-Frequenzgang eines Lautsprechers ist, desto besser. Lautsprecher, die so entwickelt wurden, klingen im Idealfall, also ohne umgebenden Raum, optimal. Und wenn die Lautsprecher in der Realität nicht optimal klingen, dann liegt das eben am Hörraum. Jedem HiFi-Enthusiasten bleibt es überlassen, wie viel Aufwand er dabei treiben will, sein Zimmer für die Musikwiedergabe zu optimieren.

Einige Entwickler sagen jedoch: „Quatsch, ein HiFi-Lautsprecher wird immer in einem Raum spielen. Es ist Unsinn, diesen zu ignorieren. Besser ist es, den Raum bei der Konstruktion der Lautsprecher einzubeziehen.“ Natürlich gehen die Meinungen darüber, wie das am besten umzusetzen ist, weit auseinander. Die Konzepte reichen von dem Bestreben, das Abstrahlverhalten der Lautsprecher zu bündeln und den Schall möglichst ausschließlich auf den Hörer zu fokussieren, um damit den Raumeinfluss weitgehend auszuschalten, bis zu Rundumstrahlern, die den Schall gleichmäßig in alle Richtungen abstrahlen und so den kompletten Raum in die Wiedergabe einbeziehen. Zwischen diesen beiden Extremen ist reichlich Platz für weitere Konzepte. Fast immer geht es darum, Einflüsse der Raumakustik zu berücksichtigen, sie zu unterdrücken oder zu nutzen. In diese Kategorie fallen zum Beispiel die meisten Flächenstrahler wie Elektrostaten oder Magnetostaten, aber auch Open-Baffle-Konstruktionen. Diverse Hersteller haben eigene Ideen zum Umgang mit der Raumakustik entwickelt, etwa Bose (man denke an die Klassiker 901), Shahinian (von den Shahinian Compass habe ich lange geträumt, konnte sie mir aber nie leisten), Stereofone (jetzt Raumklang-Manufaktur Bayreuth) oder, genau, Larsen.

Hochtöner

Die Lautsprecher von Larsen beruhen auf Forschungen und Entwicklungen des schwedischen Lautsprecherentwicklers Stig Carlsson. Carlsson beschäftigte sich intensiv mit der Schallabstrahlung von Lautsprechern in normalen Hörumgebungen. Dabei maß er der Schallreflexion an Wänden, Decke und Boden eine hohe Bedeutung für die Musikwiedergabe bei. Die von ihm unter anderem für die bekannte Marke Sonab entwickelten Lautsprecher arbeiteten mit bis zu 16 Treibern, die in verschiedene Richtungen strahlten und so gezielt die Raumakustik einbezogen. Gemeinsames Merkmal fast aller seiner Lautsprecher waren die halb liegend, halb stehend eingebauten Tiefmitteltöner sowie die angewinkelt montierten Hochtöner. John Larsen, namensgebender Chef und Mastermind von Larsen HiFi, hat 16 Jahre – bis zu dessen Tod 1997 – mit Stig Carlsson zusammengearbeitet. Gemeinsam mit einem weiteren Anhänger von Carlssons Ideen, Anders Eriksson, entwickelt und fertigt er seit 2007 Lautsprecher, die auf Weiterentwicklungen von Carlssons Konzepten beruhen.

Tom Habke, der die Larsen Lautsprecher in Deutschland vertreibt, lässt es sich nicht nehmen, mir die aktuell größten Modelle von Larsen HiFi, die Larsen 8, persönlich vorbeizubringen und aufzustellen. Was er übrigens jedem Interessenten anbietet, der im Umkreis von bis zu 200 km um Hamburg herum wohnt. Wer weiter entfernt wohnt, bekommt die Lautsprecher per Paketdienst geliefert. Die notwendigen Hinweise zur Aufstellung gibt es dann schriftlich oder per Telefon.

Ein Blick auf die Akustikdecke in meinem Arbeitszimmer sorgt für Stirnrunzeln bei Herrn Habke. Neben den sichtbar hinter einer Art akustischer Linse (in diesem Fall sollte man wohl besser von akustischer Brille sprechen) herauslugenden Hochtonkalotten der Larsen 8 befinden sich unter den waagerecht vor dem Tiefmitteltönern angebrachten Absorbern nämlich noch je zwei weitere Hochtonkalotten. Die strahlen den Schall durch Aussparungen im Dämmmaterial quasi direkt gegen die Decke, wo er reflektiert werden und für mehr „Air“ sorgen soll. Das könnte meine Akustikdecke verhindern. Die Absorberflächen unten vor und oben hinter den Tiefmitteltönern sollen übrigens eine unerwünschte Schallabstrahlung zum Boden oder zur Rückwand dämpfen.

Lautsprecher: Treiber

Der dicke Teppich in meinem Hörraum erntet dagegen das Wohlwollen Herrn Habkes, da er Schallreflexionen am Boden verhindere.

Mir gefällt, dass die Larsen 8 direkt vor einer Wand stehen müssen und damit weniger Platz beanspruchen als die meisten konventionell konstruierten Lautsprecher, die Abstand zur Rückwand benötigen. Ein erster Hörcheck ergibt, dass die Akustikdecke wohl kein Problem darstellt. Der Hochton klingt stimmig. Allerdings meint Herr Habke, dass die Lautsprecher im Bass unter anderen Bedingungen noch mehr könnten. Angesichts der Tatsache, dass in jeder Box neben dem oben schräg eingebauten 18-Zentimeter-Tiefmitteltöner von Scanspeak noch ein zweites, seitlich eingebautes Exemplar in einem eigenen Bassreflexgehäuse als Subwoofer arbeitet, habe ich keine Zweifel an der Basspotenz der Larsen. Die Bassreflexgehäuse sind aber so abgestimmt, dass der Bass ab 300 Hertz abfällt. Und um den gewollten Bassabfall auszugleichen, benötigen die Larsen 8 eine Wand im Rücken. Wir führen die von Herrn Habke in meinem Hörraum konstatierte Bassschwäche darauf zurück, dass die Wand, vor der die Lautsprecher bei mir stehen, eine Trockenbauwand ist. Trockenbauwände stehen in den Ruf, Bassenergie zu schlucken. Das ist bei konventionell konstruierten Lautsprechern oft ein Vorteil (auf freiem Feld gibt es keine Reflexionen einer Rückwand), bei den Larsen, die so abgestimmt sind, dass sie die Reflexionen bei der Basswiedergabe nutzen, aber nicht. Also verspreche ich, die schwedischen Preziosen auch probehalber mal in einem anderen Raum vor einer massiven Ziegelwand aufzubauen.

Lautsprecher

Ein eigenes Kapitel ist unsere Diskussion über Design und Fertigungsqualität der Larsen 8. Wenn man die im High End Bereich üblichen Preise gewohnt ist, kann man die Larsen 8 durchaus als günstig bezeichnen. Standboxen, bestückt mit Chassis der angesagten Marken aus Norwegen und Dänemark, in kleinen Serien in Schweden hergestellt und nach eigenständigen, sorgfältig entwickelten und verfeinerten akustischen Prinzipien konstruiert – da mutet ein Verkaufspreis von rund 4.490 Euro schon fast preiswert an. Betrachtet man mit den 4.490 Euro im Hinterkopf das Design und die Fertigungsqualität, wird die Sache jedoch schwieriger. Gut, über Design kann man streiten. Und ich gebe zu, ich bin hin und her gerissen. Einerseits gefällt mir diese „pragmatische“ Qualität. Die Larsen 8 unterscheiden sich damit angenehm vom gesichtslosen Mainstream wohlgerundeter, perfekt glatter Polyesterfronten, elegant bündig eingelassener Chassis und spiegelnder Edel-Anschlussterminals. Außerdem habe ich das gute Gefühl, das Geld bei den Larsen nicht in Blink-Blink, sondern in klangrelevante Technik zu investieren. Auf der anderen Seite sind 4.490 Euro auch nicht wenig Geld. Und dafür erfreue ich mich auch gerne an gediegen verarbeiteten Objekten. Schließlich sind Lautsprecher ja auch Einrichtungsgegenstände. Wie Sie es in diesem Punkt halten, müssen Sie selber entscheiden. Immerhin verriet mir Herr Habke, dass John Larsen gerade an zwei neuen Lautsprechermodellen arbeite, bei denen er deutlich mehr Aufwand in Sachen Design treiben würde. Das werde sich allerdings auch in den Preisen niederschlagen.

Frequnezweiche Lautsprecher

Nachdem sich Herr Habke verabschiedet hat, setze ich mich an meinem Rechner, um noch lästigen Bürokram zu erledigen. Die Larsen 8 lasse ich im Hintergrund laufen, damit sie sich ein bisschen akklimatisieren können. Ich gebe zu, üblicherweise kann ich nicht gut bei Musik arbeiten. Wenn, dann höchstens bei Barockmusik, und das auch nicht lange. Doch mit den Larsen ist das anders. Anstatt dass mich die Musik irgendwann anfängt zu nerven, empfinde ich Ragna Schirmers Interpretation der Klaviersonaten von Händel (Berlin Classics) als ausgesprochen entspannend. Irgendwie ist da nichts Künstliches im Raum. Frau Schirmer scheint wirklich irgendwo bei mir im Zimmer am Flügel zu sitzen und zu spielen. Ganz selbstverständlich und vor allen ganz authentisch. Das macht mich neugierig …

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Test: Larsen 8 | Standlautsprecher

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